Das erste Buch Samuel

Kapitel 1: Die letzten Richter – Eli und Samuel

Samuels Eltern

1 Einst lebte ein Mann aus Ramatajim, ein Zufiter vom Gebirge Efraim, namens Elkana, ein Sohn Jerohams, des Sohnes Elihus, des Sohnes Tohus, des Sohnes Zufs, ein Efraimiter.

2 Er hatte zwei Frauen. Die eine hieß Hanna, die andere Peninna. Peninna hatte Kinder, Hanna aber war kinderlos.

3 Dieser Mann zog alljährlich von seinem Wohnort hinauf, um in Schilo den Herrn der Heerscharen anzubeten und ihm zu opfern. Die beiden Söhne Elis, Hofni und Pinhas, waren dort Priester des Herrn.

4 Sooft Elkana das Opfer darbrachte, konnte er seiner Frau Peninna mit all ihren Söhnen und Töchtern mehrere Opferanteile geben,

5 der Hanna aber, welcher der Herr Kinder versagt hatte, konnte er zu seinem Kummer nur einen Anteil geben, wiewohl er Hanna lieber hatte.

6 Dazu kränkte ihre Nebenbuhlerin sie, um sie zu reizen, weil der Herr ihr keine Kinder geschenkt hatte.

7 So ging es Jahr für Jahr. Sooft sie zum Haus des Herrn hinaufzog, kränkte jene sie so sehr, daß sie weinte und nichts aß.

8 Ihr Mann Elkana suchte sie dann zu trösten: "Hanna, warum weinst du? Warum ißt du nichts? Weshalb bist du so betrübt? Bin ich dir nicht mehr wert als zehn Kinder?"

 

Hannas Gelübde

9 Als man wieder einmal in Schilo die Opfermahlzeit gehalten und getrunken hatte, stand Hanna auf. Eben saß der Priester Eli auf einem Stuhl an einem der Türpfosten des Heiligtums des Herrn.

10 In tiefer Betrübnis betete sie unter heißen Tränen zum Herrn

11 und gelobte folgendes: "Herr der Heerscharen, wenn du das Elend deiner Magd ansiehst und meiner gedenkst und deine Magd nicht vergißt, sondern deiner Magd einen Sohn schenkst, so will ich ihn für sein ganzes Leben dem Herrn weihen, und kein Schermesser soll auf sein Haupt kommen."

12 Wie sie so lange vor dem Herrn betete, beobachtete Eli ihren Mund.

13 Hanna sprach nämlich leise vor sich hin; nur ihre Lippen bewegten sich, ihre Stimme konnte man aber nicht hören. Darum hielt Eli sie für betrunken.

14 Eli fragte sie: "Wie lange bist du noch betrunken? Sieh zu, daß du wieder nüchtern wirst!"

15 Hanna entgegnete: "Ach nein, mein Herr, ich bin eine Frau, deren Geist beschwert ist. Wein und berauschendes Getränk habe ich nicht getrunken, sondern ich habe mein Herz vor dem Herrn ausgeschüttet.

16 Halte deine Magd nicht für eine Tochter Belials! Nur vor lauter Kummer und Gram habe ich so gebetet."

17 Eli antwortete ihr: "Gehe hin in Frieden! Der Gott Israels wird dir deine Bitte erfüllen, die du an ihn gerichtet hast."

18 Sie erwiderte: "Möge deine Magd Gnade finden in deinen Augen!" Dann ging die Frau ihres Weges und aß und war nicht mehr traurig.

 

Samuel Geburt und Weihe

19 Nachdem sie am anderen Morgen in der Frühe vor dem Herrn ihre Anbetung verrichtet hatten, kehrten sie in ihr Haus nach Rama zurück. Elkana erkannte seine Frau Hanna, und der Herr gedachte ihrer.

20 Als ein Jahr vergangen war, gebar Hanna, die guter Hoffnung geworden war, einen Sohn. Sie nannte ihn Samuel; "denn", sagte sie, "vom Herrn habe ich ihn erbeten."

21 Als ihr Mann Elkana mit seiner ganzen Familie wieder hinaufzog, um dem Herrn das jährliche Opfer und das, was er gelobt hatte, darzubringen,

22 ging Hanna nicht mit hinauf, sondern sagte zu ihrem Mann: "Wenn der Knabe entwöhnt ist, will ich ihn hinbringen, damit er vor dem Herrn erscheint und für immer dort bleibt."

23 Ihr Mann Elkana erwiderte ihr: "Tue, was du für gut hältst! Bleibe, bis du ihn entwöhnt hast! Möge der Herr sein Versprechen erfüllen!" So blieb die Frau zurück und stillte ihren Sohn bis zu seiner Entwöhnung.

24 Sobald sie ihn entwöhnt hatte, führte sie ihn mit sich hinauf samt einem dreijährigen Rind, einem Efa Mehl und einem Schlauch Wein. So brachte sie ihn in das Heiligtum des Herrn in Schilo. – Der Knabe war damals noch sehr jung.

25 Als man das Rind geschlachtet und den Knaben zu Eli gebracht hatte,

26 sagte sie: "Verzeihe, Herr! So wahr du lebst, mein Herr! Ich bin die Frau, die hier bei dir stand, um den Herrn anzuflehen.

27 Um diesen Knaben habe ich gebetet. Nun hat mir der Herr die Bitte gewährt, die ich an ihn richtete.

28 So übergebe ich ihn dem Herrn. Für sein ganzes Leben sei er dem Herrn geweiht!" – Dann betete sie dort den Herrn an.

 

Kapitel 2: Hannas Lobgesang

1 Hanna sprach folgendes Gebet: "Im Herrn jubelt auf mein Herz, übergroß ist im Herrn mein Glück. Nun kann meinen Mund ich auftun vor meinen Feinden; denn deiner Hilfe darf ich mich freuen.

2 Keiner ist heilig wie der Herr; denn keiner ist außer dir. Wie unser Gott ist kein anderer Gott!

3 Laßt euer prahlend Getue! In eurem Mund ersterbe jegliches freche Wort! Denn der Herr ist ein allwissender Gott, von ihm werden gewogen die Taten.

4 Zerbrochen wird der Bogen der Starken, doch mit Kraft gürten sich die Schwachen.

5 Es müssen die Satten um Brot sich verdingen, übergenug hat jetzt, wer hungerte. Sieben Kinder wird haben, die unfruchtbar war, doch die mit Kindern gesegnet, wird vor Trauer vergehen.

6 Der Herr ist es, der tötet und wieder ins Lebens ruft, der in die Unterwelt führt und wieder heraufbringt.

7 Arm und reich macht der Herr, er erniedrigt und er erhöht.

8 Aus dem Staub hebt er den Schwachen empor und zieht aus dem Schmutz den Armen, neben Fürsten richtet er ihnen den Sitz, weist ihnen Ehrenplätze an. Des Herrn sind ja die Säulen der Welt, darauf den Erdkreis er stellte.

9 Seiner Frommen Schritte behütet er wohl, doch die Frevler verschwinden in Finsternis; denn durch eigene Kraft kommt der Mensch nicht zum Sieg.

10 Der Herr wird zerschmettern, wer gegen ihn streitet, am Himmel rollen lassen den Donner. Richten wird der Herr die Enden der Erde; Kraft wird er leihen seinem König, erhöhen die Macht seines Gesalbten."

11 Elkana kehrte nach Rama in sein Haus zurück. Der Knabe besorgte den Dienst des Herrn unter der Aufsicht des Priesters Eli.

 

Elis Verwerfung. Samuels Berufung.

Die Schuld der Söhne Elis

12 Die Söhne Elis waren nichtswürdige Menschen. Sie kümmerten sich weder um den Herrn

13 noch um die gesetzlichen Vorschriften für die Priester dem Volk gegenüber. Sooft nämlich jemand ein Opfer darbrachte, kam, während das Fleisch kochte, der Diener des Priesters, mit einer dreizackigen Gabel in der Hand,

14 und stach damit in den Kessel oder Topf, in die Pfanne oder die Schüssel. Alles, was die Gabel heraufbrachte, nahm der Priester für sich. So machten sie es bei allen Israeliten, die dorthin nach Schilo kamen.

15 Sogar bevor man das Fett verbrannte, erschien der Diener des Priesters und sagte zu dem Opfernden: "Gib Fleisch her zum Braten für den Priester! Er will von dir kein gekochtes Fleisch haben, sondern rohes."

16 Entgegnete aber jener: "Man muß doch zuerst das Fett verbrennen. Dann kannst du dir nehmen, was du magst", antwortete der: "Nein, gib es sofort her, sonst nehme ich es mit Gewalt!"

17 So war die Sünde der jungen Männer sehr schwer vor dem Herrn, weil sie die Leute vom Opfer des Herrn abhielten.

 

Hannas Mutterglück

18 Der Knabe Samuel versah, mit einem linnenen Schurz bekleidet, den Dienst vor dem Herrn.

19 Seine Mutter machte ihm immer aufs neue einen kleinen Rock und brachte ihn alljährlich mit, wenn sie mit ihrem Mann hinaufzog, um das jährliche Opfer darzubringen.

20 Dann segnete Eli den Elkana und dessen Frau mit den Worten: "Möge der Herr dir Kinder schenken von dieser Frau an Stelle dessen, den sich der Herr erwählt hat!" Hierauf kehrten sie heim.

21 Da nahm sich der Herr Hannas an. Sie wurde guter Hoffnung und gebar noch drei Söhne und zwei Töchter. Der junge Samuel aber wuchs heran im Heiligtum des Herrn.

 

Eli ermahnt seine Söhne

22 Eli war sehr alt. Als er hörte, was seine Söhne alles an ganz Israel verübten, und daß sie sich mit den Frauen vergingen, die am Eingang des Offenbarungszeltes Dienste taten,

23 sagte er zu ihnen: "Warum treibt ihr solche Dinge, daß ich von allen Leuten hier eure Schandtaten zu hören bekomme?

24 Nein, meine Söhne, das Gerücht ist nicht gut, das ich vom Volk des Herrn über euch verbreiten höre.

25 Wenn sich ein Mensch gegen einen Menschen vergeht, so entscheidet Gott als Richter über ihn. Vergeht sich aber ein Mensch gegen den Herrn, wer kann dann als Richter für ihn auftreten?" Indes hörten sie nicht auf ihres Vaters Worte; denn der Herr hatte beschlossen, sie sterben zu lassen.

26 Der junge Samuel aber wuchs heran und gewann an Gunst beim Herrn und bei den Menschen.

 

Weissagung über den Untergang des Hauses Eli

27 Eines Tages kam ein Gottesmann zu Eli und sagte zu ihm: "So spricht der Herr: Ich offenbarte mich der Familie deines Vaters, als sie noch in Ägypten dem Haus des Pharao dienstbar war,

28 und erwählte sie mir aus allen Stämmen Israels zu Priestern, die zu meinem Altar emporsteigen, Räucherwerk anzünden und das Schulterkleid in meinem Heiligtum tragen sollten. Ich überwies dem Haus deines Vaters alle Feueropfer der Israeliten.

29 Warum tretet ihr meine Opfer und Gaben, die ich in meiner Wohnung angeordnet habe, mit Füßen? Warum ehrst du deine Söhne mehr als mich, daß ihr euch mästet mit den besten Stücken aller Opfergaben meines Volkes Israels?

30 Deshalb lautet der Spruch des Herrn, des Gottes Israel: Wohl habe ich gesagt: Dein Haus und deines Vaters Haus sollen immer den Dienst in meinem Heiligtum verrichten. Jetzt aber, spricht der Herr, sei das fern von mir! Denn wer mich ehrt, den ehre ich. Wer mich aber verachtet, der soll in Schande geraten.

31 Siehe, die Zeit wird kommen, wo ich dich und das Haus deines Vaters demütigen werden, so daß es in deiner Familie keinen Mann von Ansehen mehr geben wird.

32 Dann wirst du voll banger Erwartung auf jeden schauen, der Israel Gutes tut. Nie mehr wird es in deinem Haus einen Mann von Ansehen geben.

33 Wenn ich den einen oder anderen nicht wegraffe vom Dienst an meinem Altar, so doch nur, um seine Augen verschmachten und sein Herz sich abhärmen zu lassen. Die ganze Brut deines Hauses soll in tiefer Erniedrigung sterben!

34 Dies sei das Zeichen, das an deinen beiden Söhnen Hofni und Pinhas eintreffen wird: an einem Tag werden beide sterben!

35 Ich aber werde mir einen zuverlässigen Priester bestellen, der nach meinem Sinn und Willen handelt. Ihm werde ich ein Haus bauen, das Bestand hat, damit er allezeit vor mir als mein Gesalbter wandle.

36 Wer dann von deinem Haus noch übrig ist, wird kommen und sich vor ihm niederwerfen, um ein Geldstück oder einen Laib Brot zu erbetteln, und sagen: Teile mich einer deiner Priesterschaften zu, damit ich ein Stück Brot zu essen habe!"

 

Kapitel 3: Gottes Offenbarung an Samuel

1 Der junge Samuel verrichtete den Dienst des Herrn unter Elis Aufsicht. In jener Zeit war eine Offenbarung des Herrn etwas Seltenes; ein Gesicht kam nicht häufig vor.

2 Eines Tages nun geschah folgendes: Eli schlief in seinem Gemach. Seine Augen waren schwach geworden, so daß er nicht mehr sehen konnte.

3 Die Gotteslampe war aber noch nicht erloschen. Samuel schlief im Heiligtum des Herrn, wo die Gotteslade stand.

4 Da rief der Herr den Samuel. Dieser antwortete: "Hier bin ich",

5 lief zu Eli und sagte: "Hier bin ich. Du hast mich gerufen." Jener erwiderte: "Ich habe dich nicht gerufen. Lege dich wieder schlafen!" Da ging er und legte sich schlafen.

6 Der Herr aber rief wiederum den Samuel. Samuel stand auf, ging zu Eli und sagte: "Hier bin ich. Du hast mich gerufen." Jener erwiderte: "Ich habe dich nicht gerufen, mein Sohn. Lege dich wieder schlafen!"

7 Samuel hatte nämlich den Herrn noch nicht kennengelernt; es war ihm noch keine Offenbarung des Herrn zuteil geworden.

8 Der Herr rief nun den Samuel zum dritten Mal. Dieser stand auf, ging zu Eli und sagte: "Hier bin ich. Du hast mich gerufen." Jetzt erkannte Eli, daß der Herr den Knaben rief.

9 Daher sagte Eli zu Samuel: "Geh, lege dich schlafen! Wenn man dich ruft, so antworte: Rede, Herr, dein Diener hört!" Samuel ging und legte sich an seinem Platz schlafen.

10 Da kam der Herr, stellte sich hin und rief wie die vorigen Male: "Samuel, Samuel!" Samuel antwortete: "Rede, dein Diener hört!"

11 Nun sagte der Herr zu Samuel: "Ich will in Israel etwas ausführen, daß jedem, der davon hört, beide Ohren gellen sollen.

12 Dann werde ich an Eli alles in Erfüllung gehen lassen, was ich seinem Haus angedroht habe, von Anfang bis zu Ende.

13 Ich habe ihm kundtun lassen, daß ich sein Haus für alle Zeit verurteilt habe. Er wußte, daß seine Söhne an mir schändlich handelten, und bestrafte sie dennoch nicht.

14 Darum habe ich dem Haus Eli geschworen: Niemals soll die Schuld des Hauses Eli durch Opfer oder Gaben gesühnt werden!"

 

Mitteilung der Offenbarung an Eli

15 Samuel blieb bis zum Morgen liegen. Dann öffnete er die Tore am Heiligtum des Herrn. Samuel fürchtete sich, Eli das Gesicht mitzuteilen.

16 Eli rief daher Samuel zu sich und sagte: "Samuel, mein Sohn!" Der antwortete: "Hier bin ich."

17 Jener fragte: "Was hat er zu dir gesagt? Verhehle es mir nicht! Gott möge dir dieses und jenes antun, wenn du mir etwas von dem verhehlst, was er zu dir gesagt hat!"

18 Nun erzählte ihm Samuel die ganze Offenbarung, ohne ihm etwas zu verschweigen. Jener erwiderte: "Es ist der Herr. Er tue, was ihm wohlgefällt!"

 

Samuel als Prophet anerkannt

19 Samuel wuchs heran, und der Herr war mit ihm und ließ keine seiner Ankündigungen unerfüllt.

20 Ganz Israel von Dan bis Beerscheba erkannte, daß Samuel wahrhaft ein Prophet des Herrn war.

21 Der Herr erschien auch weiterhin in Schilo; denn der Herr offenbarte sich dem Samuel in Schilo durch das Wort des Herrn.

 

Kapitel 4: Die Bundeslade im Philisterkrieg

Verlust der Bundeslade

1 Nun galt Samuels Wort in ganz Israel. Damals zogen die Israeliten zum Kampf gegen die Philister und lagerten sich bei Eben-Eser, während die Philister bei Afek ihr Lager hatten.

2 Die Philister stellten sich gegen die Israeliten auf. Der Kampf zog sich lange hin. Schließlich wurden die Israeliten von den Philistern geschlagen. Diese hieben auf dem Kampfplatz gegen 4.000 Mann nieder.

3 Als das Heer ins Lager zurückgekehrt war, fragten die Ältesten der Israeliten: "Warum hat uns der Herr heute durch die Philister eine Niederlage erleiden lassen? Wir wollen die Bundeslade des Herrn aus Schilo zu uns holen lassen. Wenn sie in unsere Mitte kommt, wird er uns aus der Hand unserer Feinde befreien."

4 Also sandte das Volk nach Schilo, und man holte von dort die Bundeslade des Herrn der Heerscharen, der über den Kerubim thront. Die beiden Söhne Elis, Hofni und Pinhas, begleiteten die Bundeslade Gottes.

5 Als die Bundeslade des Herrn im Lager eintraf, erhob ganz Israel ein solches Jubelgeschrei, daß die Erde erdröhnte.

6 Die Philister hörten den lauten Jubel und fragten: "Was bedeutet das laute Jubelgeschrei im Lager der Israeliten?" Sie erfuhren, daß die Lade des Herrn ins Lager gekommen sei.

7 Nun gerieten die Philister in Furcht und sagten: "Gott ist ins Lager gekommen." Und sie riefen: "Wehe uns! Denn so etwas ist früher nicht geschehen.

8 Wehe uns! Wer rettet uns aus der Hand dieser mächtigen Gottheit? Das ist derselbe Gott, der die Ägypter mit allerlei Plagen in der Wüste schlug.

9 Rafft euch auf und zeigt euch als Männer, ihr Philister! Sonst müßt ihr den Hebräern dienen, wie sie euch gedient haben! Seid Männer und kämpft!"

10 So kämpften die Philister, und die Israeliten wurden geschlagen. Sie flohen ein jeder in seine Heimat. Die Niederlage war sehr schwer. Es fielen von den Israeliten 30.000 Mann Fußvolk.

11 Auch die Lade Gottes wurde erbeutet, und die beiden Söhne Elis, Hofni und Pinhas, fielen.

 

Tod Elis und seiner Schwiegertochter

12 Ein Mann aus Benjamin eilte vom Schlachtfeld weg und gelangte noch am selben Tag mit zerrissenen Kleidern und mit Erde auf dem Haupt nach Schilo.

13 Bei seiner Ankunft saß Eli voller Erwartung auf einem Stuhl neben dem Torweg; denn sein Herz bangte um die Lade Gottes. Als der Mann angelangt war und der Stadt die Nachricht gebracht hatte, schrie die ganze Stadt auf.

14 Eli hörte das laute Geschrei und fragte: "Was bedeutet der laute Lärm?" Der Mann kam eilends herbei und brachte Eli die Kunde.

15 Eli war 98 Jahre alt, und seine Augen waren blind geworden, so daß er nichts mehr sehen konnte.

16 Der Mann sagte zu Eli: "Ich komme vom Schlachtfeld. Ich bin heute aus dem Kampf geflohen." Er fragte: "Wie ist es denn zugegangen, mein Sohn?"

17 Der Bote erwiderte: "Die Israeliten sind vor den Philistern geflohen. Das Heer erlitt eine schwere Niederlage. Auch deine beiden Söhne Hofni und Pinhas sind gefallen, und die Lade Gottes ging verloren."

18 Als er die Lade Gottes erwähnte, fiel jener rücklings vom Stuhl neben dem Tor, brach das Genick und verschied; denn er war alt und ein schwerer Mann. Vierzig Jahre war er Richter über Israel gewesen.

19 Seine Schwiegertochter, die Frau des Pinhas, war hochschwanger. Als sie die Nachricht vom Verlust der Gotteslade und vom Tod ihres Schwiegervaters und ihres Mannes erhielt, sank sie nieder und gebar. Plötzlich waren nämlich die Wehen über sie gekommen.

20 Als es mit ihr zum Sterben ging, sagten die Frauen, die sie umstanden: "Sei getrost, du hast einem Sohn das Leben geschenkt!" Sie aber gab keine Antwort und achtete nicht darauf.

21 Den Knaben nannte sie Ikabod, indem sie sagte: "Dahin ist die Ehre für Israel." War doch die Gotteslade verloren nebst ihrem Schwiegervater und ihrem Mann.

22 Sie rief also aus: "Dahin ist der Ruhm Israels; denn die Lade Gottes ist weggenommen worden."

 

Kapitel 5: Die Bundeslade im Land der Philister

1 Nachdem die Philister die Lade des Herrn erbeutet hatten, brachten sie diese von Eben-Eser nach Aschdod.

2 Dann nahmen die Philister die Gotteslade, brachten sie in den Tempel Dagons und stellten sie neben Dagon auf.

3 Als aber die Einwohner von Aschdod am nächsten Morgen aufstanden, lag Dagon mit seinem Gesicht auf dem Boden vor der Lade des Herrn. Sie nahmen Dagon und stellten ihn wieder an seinen Platz.

4 Als sie am folgenden Morgen aufstanden, lag Dagon wieder mit seinem Angesicht am Boden vor der Lade des Herrn. Dagons Kopf und seine beiden Arme lagen abgeschlagen auf der Schwelle. Daneben lag Dagons Rumpf.

5 Daher treten die Priester Dagons und alle, die im Dagontempel Dienst tun, nicht auf die Schwelle Dagons in Aschdod bis auf den heutigen Tag.

6 Die Hand des Herrn aber legte sich schwer auf die Bewohner von Aschdod. Er setzte sie in Schrecken, indem er sie mit Pestbeulen schlug, Aschdod und sein ganzes Gebiet.

7 Als nun die Einwohner von Aschdod sahen, daß es so stand, sagten sie: "Die Lade des Gottes Israels darf nicht bei uns bleiben; denn seine Hand lastet schwer auf uns und unserem Gott Dagon."

8 Sie schickten deshalb hin, ließen alle Philisterhäuptlinge zu sich kommen und fragten: "Was sollen wir mit der Lade des Gottes Israels tun?" Diese antworteten: "Man schaffe die Lade des Gottes Israels hinüber nach Gat!" Man brachte nun die Lade des Gottes Israels dorthin.

9 Als man sie aber hingebracht hatte, ließ der Herr eine große Bestürzung über die Stadt kommen. Er schlug die Bewohner der Stadt, groß und klein, so daß Pestbeulen an ihnen hervorbrachen.

10 Nun sandten sie die Gotteslade nach Ekron. Als die Gotteslade nach Ekron kam, schrien die Bewohner von Ekron: "Man bringt die Lade des Gottes Israels zu uns, um uns mit dem ganzen Volk zu töten."

11 So sandten sie denn hin, ließen alle Philisterhäuptlinge zusammenkommen und baten: "Schickt die Lade des Gottes Israels fort! Sie soll an den Ort zurückkommen, wohin sie gehört. Sonst könnte sie uns und unser Volk töten." Denn es lag ein tödlicher Schrecken über der ganzen Stadt. Schwer lastete die Hand Gottes auf ihr.

12 Die Leute, die nicht starben, wurden mit Pestbeulen geschlagen, und das Wehgeschrei der Stadt stieg zum Himmel empor.

 

Kapitel 6: Rat der Priester und Wahrsager

1 Nachdem die Lade des Herrn sieben Monate im Gebiet der Philister geweilt hatte,

2 beriefen die Philister die Priester und Wahrsager und fragten: "Was sollen wir mit der Lade des Herrn machen? Tut uns kund, auf welche Weise wir sie an den Ort, wohin sie gehört, zurückschicken sollen!"

3 Diese erwiderten: "Wenn ihr die Lade des Gottes Israels zurücksenden wollt, schickt sie nicht leer zurück, sondern gebt ihm ein Sühnegeschenk! So werdet ihr geheilt werden, und es wird euch kund werden, warum seine Hand nicht von euch abläßt."

4 Sie fragten: "Was für ein Sühnegeschenk sollen wir ihm geben?" Jene erwiderten: "Gemäß der Zahl der Philisterhäuptlinge fünf goldene Beulen und fünf goldene Mäuse; denn die gleiche Plage traf euch alle und eure Häuptlinge.

5 Laßt also Abbildungen eurer Beulen und eurer Mäuse, die das Land verwüsteten, anfertigen und gebt dem Gott Israels die Ehre! Vielleicht läßt er dann seine Hand nicht mehr auf euch und eurem Gott und eurem Land lasten.

6 Warum solltet ihr eurer Herz verhärten, wie die Ägypter und Pharao ihr Herz verhärtet haben? Nicht wahr, als er ihnen übel mitspielte, mußte man sie ziehen lassen?

7 Laßt also jetzt einen neuen Wagen machen und besorgt zwei Milchkühe, auf die noch kein Joch gekommen ist! Spannt die Kühe an den Wagen und bringt ihre Kälber von ihnen weg in den Stall!

8 Dann nehmt die Lade des Herrn, setzt sie auf den Wagen und legt die Goldsachen, die ihr ihm als Sühnegeschenk gebt, in ein Kästchen neben sie!

9 Laßt sie dann des Weges ziehen! Gebt acht: wenn sie den Heimweg nach Bet-Schemesch antreten, so hat er dieses große Unglück über uns gebracht; wenn nicht, wissen wir, daß nicht seine Hand uns traf, sondern ein Zufall uns begegnet ist."

 

Die Rückkehr der Bundeslade nach Bet-Schemesch

10 Die Leute taten so. Sie nahmen zwei Milchkühe und spannten sie an den Wagen, während sie ihre Kälber im Stall zurückbehielten.

11 Sie setzten die Lade des Herrn auf den Wagen samt dem Kästchen mit den goldenen Mäusen und den Abbildern ihrer Geschwülste.

12 Die Kühe aber gingen geradewegs auf der Straße nach Bet-Schemesch. Sie blieben, immerfort brüllend, auf dem gleichen Weg, ohne nach rechts oder nach links abzubiegen. Die Philisterfürsten folgten ihnen bis an das Gebiet von Bet-Schemesch.

13 Die Bewohner von Bet-Schemesch hielten gerade Weizenernte im Talgrund. Als sie aufschauten und die Lade sahen, freuten sie sich bei ihrem Anblick.

14 Der Wagen kam bis zum Feld Joschuas aus Bet-Schemesch und blieb dort stehen. Hier lag ein großer Stein. Nun spalteten sie das Holz des Wagens und brachten die Kühe dem Herrn als Brandopfer dar.

15 Die Leviten aber nahmen die Lade des Herrn und das Kästchen neben ihr, in dem sich die Goldsachen befanden, und stellten sie auf den großen Stein. Die Leute von Bet-Schemesch brachten Brandopfer dar und schlachteten dem Herrn an jenem Tag Schlachtopfer.

16 Als die fünf Philisterfürsten dies sahen, kehrten sie am gleichen Tag nach Ekron zurück.

17 Das sind die goldenen Beulen, die die Philister dem Herrn als Sühnegeschenk gaben: eine für Aschdod, eine für Gaza, eine für Aschkelon, eine für Gat, eine für Ekron.

18 Dazu die goldenen Mäuse gemäß der Zahl aller Philisterorte der fünf Fürsten, sowohl der befestigten Städte als auch der offenen Dörfer. Der große Stein, auf den sie die Lade des Herrn niedersetzten, liegt bis auf den heutigen Tag auf dem Feld Joschuas von Bet-Schemesch.

 

Die Bundeslade in Kirjat-Jearim

19 Weil sie in die Lade des Herrn hineingeschaut hatten, suchte er die Bewohner von Bet-Schemesch heim, und zwar schlug er siebzig Mann aus dem Volk [– 50.000 Mann]. Das Volk trauerte darüber, daß der Herr ein so großes Unglück über das Volk hatte kommen lassen.

20 Und die Leute von Bet-Schemesch fragten: "Wer vermag vor dem Herrn, diesem heiligen Gott, Dienst zu tun? Zu wem soll er von uns hinziehen?"

21 Sie schickten darum Boten zu den Bewohnern von Kirjat-Jearim und ließen sagen: "Die Philister haben die Lade des Herrn zurückgebracht. Kommt herab und holt sie zu euch hinauf!"

 

Kapitel 7:

1 Da kamen die Bewohner von Kirjat-Jearim, holten die Lade der Herrn hinauf und brachten sie in das Haus Abinadabs auf dem Hügel. Seinen Sohn Eleasar bestimmten sie zum Hüter der Lade des Herrn.

 

Samuel Wirksamkeit als Richter

Israels Buße

2 Seit dem Tag, da die Lade sich in Kirjat-Jearim befand, verging ein lange Zeit, zwanzig Jahre. Das ganze Haus Israel wandte sich wieder voll Wehklagen dem Herrn zu.

3 Da sagte Samuel zum ganzen Haus Israel: "Wenn ihr von ganzem Herzen zum Herrn zurückkehren wollt, so entfernt die heidnischen Götzen und die Astartebilder aus eurer Mitte, richtet euer Herz auf den Herrn und dient allein ihm! So wird er euch aus der Gewalt der Philister erretten."

4 Die Israeliten schafften nun die Baale und Astarten fort und dienten dem Herrn allein.

5 Hierauf gebot Samuel: "Versammelt ganz Israel in Mizpa. Ich will für euch zum Herrn beten!"

6 So versammelten sie sich denn in Mizpa, schöpften Wasser, gossen es vor dem Herrn aus, fasteten an jenem Tag und bekannten dort: "Wir haben uns gegen den Herrn versündigt." Samuel aber sprach den Israeliten in Mizpa Recht.

 

Sieg über die Philister

7 Als die Philister erfuhren, daß sich die Israeliten in Mizpa versammelt hatten, zogen die Philisterfürsten gegen Israel heran. Auf die Kunde davon gerieten die Israeliten in Furcht vor den Philistern.

8 Die Israeliten baten Samuel: "Rufe ohne Unterlaß für uns zum Herrn, unserem Gott, daß er uns aus der Hand der Philister errettet!"

9 Samuel nahm ein Lamm, das noch gesäugt wurde, und brachte es dem Herrn als volles Brandopfer dar. Dabei betete Samuel laut für Israel zum Herrn, und der Herr erhörte ihn.

10 Während nämlich Samuel gerade das Brandopfer darbrachte, rückten die Philister gegen Israel zum Kampf heran. Aber der Herr ließ zur selben Zeit ein Gewitter mit fruchtbaren Donnergekrach über die Philister ausbrechen. Dadurch setzte er sie in solche Verwirrung, daß sie den Israeliten unterlagen.

11 Die Israeliten zogen von Mizpa aus, verfolgten die Philister und schlugen sie bis unterhalb Bet-Kar.

12 Samuel nahm dann einen Stein, stellte ihn zwischen Mizpa und Jeschana auf und nannte ihn Eben-Eser (Stein der Hilfe); denn er sagte: "Bis hierher hat uns der Herr geholfen."

 

Samuels friedliches Wirken

13 So wurden die Philister niedergeworfen und kamen fortan nicht mehr in Israels Gebiet. Denn solange Samuel lebte, war die Hand des Herrn gegen die Philister.

14 Die Städte, welche die Philister den Israeliten weggenommen hatten, kamen wieder an Israel zurück, von Ekron bis Gat. Auch das dazugehörige Landgebiet entriß Israel der Hand der Philister. Ebenso herrschte Friede zwischen Israel und den Amoritern.

15 Samuel waltete während seines ganzen Lebens als Richter in Israel.

16 Alljährlich zog er umher, besuchte Bet-El, Gilgal und Mizpa und sprach den Israeliten an all diesen Orten Recht.

17 Dann kehrte er nach Rama zurück; denn dort hatte er sein Haus und dort hielt er den Israeliten Gericht. Auch baute er dort dem Herrn einen Altar.

 

Kapitel 8: Einführung des Königtums in Israel

Israel verlangt einen König

1 Als Samuel alt geworden war, bestellte er seine Söhne zu Richtern über Israel.

2 Sein Erstgeborener hieß Joël, sein Zweitgeborener Abija. Sie walteten in Beerscheba als Richter.

3 Aber seine Söhne wandelten nicht auf seinen Wegen, sondern gingen auf Gewinn aus, nahmen Geschenke an und beugten das Recht.

4 Nun versammelten sich alle Ältesten Israels, kamen zu Samuel nach Rama

5 und sagten zu ihm: "Du bist nun alt geworden, und deine Söhne wandeln nicht auf deinen Wegen. Setze also einen König über uns ein, daß er uns regiere, wie es bei allen Völkern Sitte ist!"

 

Gottes Gewähren

6 Dem Samuel aber mißfiel ihr Verlangen: "Setze einen König über uns ein, daß er uns regiere!" – Als Samuel sich beim Herrn beklagte,

7 antwortete der Herr dem Samuel: "Höre auf das Verlangen des Volkes in allem, was es von dir fordert! Nicht dich haben sie verworfen, sondern mich, daß ich nicht länger König über sie sei.

8 Sie machen es mit dir genau so, wie sie es mit mir gemacht haben seit der Zeit, da ich sie aus Ägypten weggeführt habe, bis auf diesen Tag: sie verließen mich und dienten anderen Göttern.

9 Höre nur auf ihr Verlangen, aber verwarne sie ernstlich und stelle ihnen die Ansprüche des Königs vor, der über sie herrschen wird!"

 

Samuels Warnung – Die Rechte des Königs

10 Samuel teilte dem Volk, das von ihm einen König forderte, alle Worte des Herrn mit.

11 Er sagte: "Folgende Rechte wird der König, der über euch herrschen wird, beanspruchen: Eure Söhne wird er nehmen, um sie bei seinen Wagen und Rossen zu verwenden und sie vor seinen Wagen herlaufen zu lassen.

12 Er wird Oberste über tausend und Oberste über fünfzig einsetzen. Sie müssen sein Ackerland pflügen, seine Ernte einbringen und ihm Kriegsgeräte und Wagengeschirr anfertigen.

13 Eure Töchter wird er holen, damit sie Salben bereiten, kochen und backen.

14 Eure besten Äcker, Weinberge und Ölbaumgärten wird er nehmen und seinen Dienern geben.

15 Von euren Saatfeldern und Weinbergen wird er den Zehnten erheben und seine Hofleute und Beamten damit bezahlen.

16 Eure Knechte und Mägde, eure besten Rinder und eure Esel wird er nehmen und sie für seine Geschäfte verwenden.

17 Von euren Schafen wird er den Zehnten erheben, und ihr selbst werdet seine Knechte sein.

18 Wenn ihr dann über den König, den ihr euch erwählt habt, Klage führt, wird euch der Herr an jenem Tag nicht erhören!"

 

Das Beharren des Volkes auf seiner Forderung

19 Aber das Volk wollte auf Samuels Vorstellungen nicht hören, sondern rief: "Nein, ein König soll über uns herrschen!

20 Wir wollen so sein wie alle anderen Völker: Unser König soll uns Recht sprechen, vor uns herziehen und unsere Kriege führen!"

21 Samuel hörte alles, was das Volk verlangte, an und trug es dem Herrn vor.

22 Der Herr aber sagte zu Samuel: "Gib ihrem Verlangen nach und setze einen König über sie ein!" Da sagte Samuel zu den Israeliten: "Geht, ein jeder in seine Stadt!"

 

Kapitel 9: Saul wird König in Israel

1 Damals lebte ein Mann aus Benjamin namens Kisch, ein Sohn des Abiël, des Sohnes Zerors, des Sohnes Bechorats, des Sohnes Afiachs, ein wohlhabender Benjaminiter.

2 Er hatte einen Sohn namens Saul, jung und schön. Keiner der Israeliten war schöner als er. Von der Schulter an aufwärts überragte er alle anderen.

 

Saul auf der Suche nach den Eselinnen

3 Als einst dem Kisch, dem Vater Sauls, Eselinnen abhanden gekommen waren, sagte Kisch zu seinem Sohn Saul: "Nimm einen der Knechte mit dir und mache dich auf den Weg, die Eselinnen zu suchen!"

4 So durchzog er das Gebirge Efraim und durchquerte die Landschaft Schalischa, ohne sie zu finden. Nun durchstreiften sie das Gebiet von Schaalim, aber vergebens. Dann ging es durch das Gebiet von Benjamin, aber sie fanden sie nicht.

 

Sauls Einkehr bei Samuel

5 Als sie in die Gegend von Zuf kamen, sagte Saul zu dem Knecht, der bei ihm war: "Komm, wir wollen heimkehren! Sonst wird sich mein Vater um uns statt um die Eselinnen Sorge machen."

6 Jener erwiderte ihm: "Hier in dieser Stadt lebt ein Mann Gottes. Er ist hoch angesehen. Alles, was er sagt, trifft sicher ein. Gehen wir gleich hin! Vielleicht gibt er uns Bescheid in der Sache, derentwegen wir unterwegs sind."

7 Saul antwortete seinem Knecht: "Was müssen wir, wenn wir hingehen, dem Mann mitbringen? Das Brot in unseren Beuteln ist ausgegangen, und wir haben kein Geschenk, um es dem Gottesmann zu geben. Was haben wir sonst?"

8 Doch der Knecht erwiderte dem Saul noch einmal: "Hier habe ich noch einen silbernen Viertelschekel. Ich will ihn dem Gottesmann geben, damit er uns in unserer Sache Bescheid gibt."

9 Früher sagte man in Israel, wenn man Gott befragen ging, so: "Kommt, wir gehen zum Seher!" Denn die jetzt Propheten heißen, nannten man vor Zeiten Seher.

10 Saul antwortete seinem Knecht: "Dein Vorschlag ist gut. Komm, wir gehen!" So gingen sie in die Stadt, wo der Gottesmann wohnte.

11 Als sie den Weg, der zur Stadt anstieg, hinaufgingen, trafen sie Mädchen, die herauskamen, um Wasser zu holen.

12 Sie fragten diese: "Ist der Seher da?" Sie antworteten ihnen: "Ja, da vor dir. Beeile dich aber; denn er kam heute in die Stadt, weil heute das Volk auf der Höhe eine Opferfeier hält.

13 Wenn ihr in die Stadt kommt, werdet ihr ihn gerade noch antreffen, bevor er auf die Höhe zum Opfermahl hinaufgeht. Denn das Volk beginnt das Opfermahl nicht, bevor er da ist. Erst wenn er das Mahl gesegnet hat, essen die Geladenen. Geht also hinauf; denn jetzt könnt ihr ihn noch antreffen."

14 So gingen sie zur Stadt hinauf. Gerade als sie in die Stadt eintreten wollten, kam Samuel heraus, ihnen entgegen, um zur Anhöhe hinaufzusteigen.

15 Nun hatte der Herr am Tag, bevor Saul kam, dem Samuel folgende Offenbarung gegeben:

16 "Morgen um diese Zeit werde ich dir einen Mann aus dem Gebiet Benjamin schicken. Ihn salbe zum Fürsten über mein Volk Israel! Er wird mein Volk aus der Gewalt der Philister befreien. Denn ich will meinem Volk gnädig sein. Sein Hilferuf ist zu mir gedrungen."

17 Als Samuel den Saul erblickte, tat ihm der Herr kund: "Dies ist der Mann, von dem ich dir sagte: Er soll über mein Volk herrschen!"

18 Da trat Saul im Tor an Samuel heran und fragte: "Sage mir doch, wo das Haus des Sehers ist!"

19 Samuel antwortete dem Saul: "Ich bin der Seher. Gehe mit mir zur Höhe hinauf! Ihr sollt heute mit mir essen. Morgen früh lasse ich dich ziehen. Dann gebe ich dir Bescheid über alles, was du auf dem Herzen hast.

20 Wegen der Eselinnen, die dir vor drei Tagen abhanden gekommen sind, brauchst du dir keine Sorge zu machen. Sie haben sich gefunden. Wem übrigens gilt die ganze Sehnsucht Israels? Doch dir und deinem ganzen Vaterhaus?"

21 Saul entgegnete: "Ich bin nur ein Benjaminiter, aus einem der kleinsten Stämme Israels, und mein Geschlecht ist das geringste unter allen Geschlechtern des Stammes Benjamin. Warum redest du so zu mir?"

22 Samuel nahm nun Saul und dessen Knecht, führte sie in die Halle und wies ihnen einen Platz an der Spitze der Geladenen an, deren es etwa dreißig Mann waren.

23 Samuel sagte dann zum Koch: "Bringe das Stück her, das ich dir gab mit dem Auftrag, es beiseitezulegen!"

24 Da nahm der Koch die Keule mit dem, was an ihr war, und setzte sie dem Saul vor. Samuel aber sagte: "Das wurde aufgehoben. Lege dir vor und iß! Denn für diesen Augenblick wurde es für dich aufgespart, schon als ich sagte: Ich habe die Gäste eingeladen."

25 So aß Saul an jenem Tag mit Samuel. Als sie von der Anhöhe zur Stadt herabgestiegen waren, redete er noch mit Saul auf dem Dach.

 

Sauls Salbung

26 Sie standen früh auf. Als die Morgenröte anbrach, rief Samuel zu Saul auf das Dach hinauf: "Steh auf! Ich will dich begleiten." Da stand Saul auf, und beide, er und Samuel, gingen hinaus.

27 Während sie der Grenze des Stadtgebietes zuschritten, sagte Samuel zu Saul: "Laß den Knecht uns weit vorausgehen!" – Der ging voraus. – "Du selbst aber bleibe stehen! Ich habe dir ein Gotteswort zu verkünden."

 

Kapitel 10:

1 Nun nahm Samuel die Ölflasche, goß sie über Sauls Haupt aus, küßte ihn und sagte: "Hiermit salbt dich der Herr zum Fürsten über sein Eigentum.

 

Die drei Zeichen

2 Wenn du jetzt von mir weggehst, wirst du zu Zelzach beim Grab der Rahel an der Grenze von Benjamin zwei Männer treffen, die dir sagen werden: Die Eselinnen, die du suchen gingst, haben sich wieder gefunden. Dein Vater denkt jetzt nicht mehr an den Vorfall mit den Eselinnen. Er macht sich aber um euch Sorge und sagt: Was soll ich wegen meines Sohnes tun?

3 Wenn du dann von dort weitergehst und zur Tabor-Eiche kommst, werden dir dort drei Männer begegnen, die zum Heiligtum nach Bet-El hinaufziehen. Der eine trägt drei Böcklein, der andere drei Laibe Brot und der dritte einen Schlauch Wein.

4 Sie werden dich grüßen und dir zwei Brote anbieten. Nimm sie von ihnen an!

5 Wenn du dann zum 'Hügel Gottes' gelangst, wo die Philisterposten sind, wirst du dort beim Eintritt in die Stadt einer Schar von Propheten begegnen. Sie kommen von der Höhe. Vor ihnen her ertönen Harfen, Pauken, Flöten und Zithern. Sie selbst sind in Verzückung.

6 Da wird der Geist des Herrn über dich kommen. Du wirst mit ihnen in Verzückung geraten und in einen anderen Menschen verwandelt werden.

7 Wenn diese Zeichen bei dir eintreffen, so tue, was deine Kraft zu leisten vermag; denn Gott ist mit dir.

8 Dann gehe mir voran nach Gilgal hinunter! Ich werde zu dir hinabkommen, um Brandopfer darzubringen und Friedopfer zu schlachten. Warte sieben Tage, bis ich zu dir komme und dir mitteile, was du tun sollst!"

 

Saul unter den Propheten

9 Nachdem er den Rücken gekehrt hatte, um von Samuel wegzugehen, wandelte ihm Gott sein Herz um; und noch am selben Tag trafen alle jene Zeichen ein.

10 Als Saul und sein Knecht nach Gibea kamen, begegnete ihnen eine Schar von Propheten, und der Geist Gottes kam über Saul, so daß er mitten unter ihnen in Verzückung geriet.

11 Als nun alle, die ihn von früher her kannten, sahen, wie er mit den Propheten in Verzückung geraten war, fragten die Leute einander: "Was ist denn mit dem Sohn des Kisch geschehen? Ist Saul auch unter den Propheten?"

12 Da erwiderte ein Mann von dort: "Wer ist denn schon deren Vater?" – So entstand das Sprichwort: "Ist Saul auch unter den Propheten?"

13 Als seine Verzückung vorüber war und er auf die Höhe kam,

14 fragte Sauls Onkel ihn und seinen Knecht: "Wohin seid ihr gegangen?" Er antwortete: "Die Eselinnen zu suchen. Als wir sahen, daß sie nicht da waren, gingen wir zu Samuel."

15 Sauls Onkel bat ihn: "Erzähle mir, was Samuel zu euch gesagt hat!"

16 Saul entgegnete seinem Onkel: "Er teilte uns mit, daß sich die Eselinnen wiedergefunden haben!" – Was ihm aber Samuel von der Königswürde gesagt hatte, verriet er nicht.

 

Sauls Wahl zum König

17 Eines Tages, als Samuel das Volk zum Herrn nach Mizpa berufen hatte,

18 sagte er zu den Israeliten: "So spricht der Herr, der Gott Israels: Ich habe Israel aus Ägypten weggeführt und euch errettet aus der Gewalt der Ägypter und aller Königreiche, die euch bedrängten.

19 Ihr aber verwerft jetzt euren Gott, der euch aus allen Nöten und Bedrängnissen befreit hat, indem ihr von ihm verlangt: Setze einen König über uns ein! Nun denn, so stellt euch vor dem Herrn auf nach euren Stämmen und Tausendschaften!"

20 Als Samuel alle Stämme Israels hatte antreten lassen, wurde der Stamm Benjamin durch das Los getroffen.

21 Er ließ nun den Stamm Benjamin nach seinen Geschlechtern antreten, und das Los fiel auf das Geschlecht Matri. Dann fiel das Los auf Saul, den Sohn des Kisch. Als man nach ihm suchte, konnte man ihn nicht finden.

22 Sie befragten daher noch einmal den Herrn: "Ist er überhaupt hierher gekommen?" Der Herr antwortetet: "Ja, er hat sich beim Gepäck versteckt."

23 Man eilte hin und holte ihn von dort. Als er mitten unter das Volk trat, überragte er alle anderen von der Schulter an aufwärts.

24 Samuel sagte zu allem Volk: "Seht ihr, dem, den der Herr erwählt hat, kommt keiner gleich im ganzen Volk!" Da brach das Volk in lautem Jubel aus und rief: "Es lebe der König!"

25 Samuel trug nun dem Volk die Rechte des Königtums vor, schrieb sie in ein Buch und legte es vor dem Herrn nieder. Dann entließ Samuel das ganze Volk, einen jeden in seine Heimat.

26 Auch Saul kehrte in seine Heimat nach Gibea zurück. Die Schar derer, denen Gott das Herz gerührt hatte, geleitete ihn.

27 Einige nichtswürdige Menschen aber sagten: "Was kann der uns helfen?" Sie verachteten ihn und brachten ihm kein Geschenk. Er aber tat, als merke er nichts.

 

Kapitel 11: Die Belagerung von Jabesch-Gilead

1 Der Ammoniter Nahasch zog aus und belagerte Jabesch-Gilead. Die Leute von Jabesch ließen nun dem Nahasch sagen: "Schließe einen Vertrag mit uns, so wollen wir uns dir unterwerfen!"

2 Der Ammoniter Nahasch aber antwortete ihnen: "Unter der Bedingung will ich einen Vertrag mit euch schließen, daß ich jedem von euch das rechte Auge aussteche und damit ganz Israel beschimpfe."

3 Die Ältesten von Jabesch erwiderten ihm: "Gewähre uns eine Frist von sieben Tagen, damit wir Boten in das ganze Gebiet von Israel senden! Wenn niemand uns zu Hilfe kommt, wollen wir uns dir ergeben."

 

Sauls Sieg über die Ammoniter

4 Als die Boten nach Gibea kamen, wo Saul wohnte, und die Sachlage dem Volk vortrugen, brach das ganze Volk in lautes Weinen aus.

5 Saul kam gerade hinter den Rindern her vom Feld heim. "Was haben die Leute, daß sie weinen?" fragte Saul. Man berichtete ihm die Lage der Bewohner von Jabesch.

6 Da kam der Geist Gottes über Saul, als er diese Nachricht vernahm, und er geriet in heftigen Zorn.

7 Er ergriff ein Paar Rinder, zerstückelte sie, sandte die Stücke durch die Boten in ganz Israel umher und ließ verkünden: "Wer nicht mit Saul und Samuel auszieht, dessen Rindern soll es gerade so ergehen!" Ein gewaltiger Schrecken befiel das Volk, so daß es auszog wie ein Mann.

8 Als er sie bei Besek musterte, waren es 300.000 Israeliten und 30.000 Judäer.

9 Den Boten, die gekommen waren, sagte man: "Meldet den Bewohner von Jabesch-Gilead: Morgen, wenn die Sonne am höchsten steht, soll euch Hilfe werden!" Als die Boten heimkamen und es den Bewohnern von Jabesch berichteten, freuten sich diese.

10 Und die Bewohner von Jabesch ließen Nahasch sagen: "Morgen wollen wir uns euch ergeben. Dann könnt ihr mit uns machen, was euch gefällt."

11 Am folgenden Morgen teilte Saul die Schar in drei Heerhaufen. Diese drangen zur Zeit der Morgenwache in das Lager ein und schlugen die Ammoniter, bis der Tag heiß wurde. Was übrigblieb, wurde zersprengt, so daß nicht zwei von ihnen zusammenblieben.

12 Daraufhin sagte das Volk zu Samuel: "Wer hat gesagt: Saul soll über uns nicht König sein? Übergib uns die Männer, daß wir sie töten!"

13 Saul aber entgegnete: "An diesem Tag soll niemand getötet werden! Denn heute hat der Herr Israel Sieg verliehen."

 

Bestätigung Sauls als König

14 Samuel sagte zum Volk: "Kommt, laßt uns nach Gilgal ziehen und dort das Königtum bestätigen!"

15 Da zog das ganze Volk nach Gilgal. Dort vor dem Herrn in Gilgal setzten sie Saul zum König ein. Sie schlachteten dort Friedopfer vor dem Herrn, und Saul feierte da mit allen Israeliten ein großes Freudenfest.

 

Kapitel 12: Samuel legt das Richteramt nieder

Samuels Rechenschaftsablage

1 Nun wandte sich Samuel an ganz Israel: "Seht, ich habe in allem, was ihr mir vortrugt, euer Verlangen erfüllt und habe einen König über euch gesetzt.

2 Nun wird der König vor euch einherziehen. Ich bin alt und grau geworden. Meine Söhne sind unter euch. Von meiner Jugend an bis heute lag mein Wandel offen vor euch.

3 Hier stehe ich. Tretet gegen mich auf vor dem Herrn und seinem Gesalbten! Wem habe ich seinen Ochsen weggenommen? Wem habe ich seinen Esel fortgeführt? Wen habe ich bedrückt? Wem Gewalt angetan? Von wem habe ich Bestechungsgeld angenommen und ein Auge ihm gegenüber zugedrückt? Ich will es euch zurückerstatten."

4 Sie antworteten: "Du hast uns nicht bedrückt, hast uns keine Gewalt angetan und hast von keinem etwas angenommen."

5 Er sagte zu ihnen: "Der Herr sei mein Zeuge euch gegenüber, und Zeuge sei sein Gesalbter am heutigen Tag, daß ihr kein unrechtes Gut in meinem Besitz gefunden habt." Sie riefen. "So ist es."

 

Samuel erinnert an Gottes Wohltaten

6 Da sagte Samuel zum Volk: "Der Herr ist es, der Mose und Aaron bestellt und eure Väter aus Ägypten geführt hat.

7 Nun tretet heran, damit ich euch vor dem Herrn alle Wohltaten vorhalte, die der Herr euch und euren Vätern erwiesen hat!

8 Als Jakob nach Ägypten gekommen war und eure Väter zum Herrn um Hilfe schrien, sandte der Herr den Mose und Aaron. Diese führten eure Väter aus Ägypten fort und gaben ihnen Wohnsitze in diesem Land.

9 Sie aber vergaßen den Herrn, ihren Gott. Nun ließ er sie in die Gewalt Siseras fallen, des Heerführers des Königs der Moabiter, als diese sie bekriegten.

10 Als sie aber zum Herrn um Hilfe schrien und bekannten: Wir haben gesündigt dadurch, daß wir den Herrn verlassen und den Baalen und Astarten gedient haben; nun aber errette uns aus der Gewalt unserer Feinde, so wollen wir dir dienen, –

11 da sandte der Herr den Jerubbaal, Barak, Jiftach und Samuel und befreite euch aus der Gewalt eurer Feinde ringsum, so daß ihr in Sicherheit wohnen konntet.

 

Samuel mahnt zur Treue gegen Gott

12 Als ihr aber saht, daß der Ammoniterkönig Nahasch gegen euch heranrückte, sagtet ihr zu mir: Nein, ein König soll über uns herrschen. Und doch ist euer König der Herr, euer Gott.

13 Nun denn, da ist der König, den ihr erwählt, den ihr gewollt habt. Seht, der Herr hat euch einen König bestellt.

14 Möchtet ihr den Herrn fürchten und ihm dienen, seinen Willen befolgen und dem Befehl des Herrn nicht widerstreben! Möchtet sowohl ihr als der König, der über euch herrscht, dem Herrn, eurem Gott, folgsam sein.

15 Wenn ihr den Willen des Herrn nicht befolgt und dem Befehl des Herrn widerstrebt, wird die Hand des Herrn wider euch sein wie gegen eure Väter.

16 Nun aber gebt acht und seht, welch großes Wunder der Herr vor euren Augen geschehen läßt!

17 Ist jetzt nicht Weizenernte? Ich werde den Herrn anrufen, er möge Donner und Regen senden. Dann werdet ihr erkennen und sehen, wie groß in den Augen des Herrn das Unrecht war, das ihr begangen habt, als ihr für euch einen König verlangtet."

18 Als Samuel zum Herrn rief, sandte der Herr noch am gleichen Tag Donner und Regen. Das ganze Volk geriet in große Furcht vor dem Herrn und Samuel.

19 Und das ganze Volk bat Samuel: "Lege für deine Knechte Fürbitte ein bei dem Herrn, deinem Gott, damit wir nicht sterben! Denn wir haben zu all unseren Sünden noch das Unrecht hinzugefügt, einen König für uns zu verlangen."

20 Samuel erwiderte dem Volk: "Fürchtet euch nicht! Ihr habt zwar all dieses Unrecht begangen. Aber laßt jetzt wenigstens nicht mehr vom Herrn ab, sondern dient dem Herrn mit eurem ganzen Herzen!

21 Fallt nach mir nicht wieder zu den nichtigen Götzen ab, die nicht helfen und nicht retten können, weil sie nichts sind!

22 Denn dann wird der Herr sein Volk um seines großen Namens willen nicht verstoßen; hat es doch dem Herrn gefallen, euch zu seinem Volk zu machen.

23 Auch von mir sei es fern, am Herrn mich zu versündigen, indem ich aufhöre, Fürbitte für euch einzulegen. Vielmehr will ich euch den guten und rechten Weg lehren.

24 Nur fürchtet den Herrn und dient ihm aufrichtig mit ganzem Herzen; denn seht, was Großes er an euch getan hat!

25 Wenn ihr aber doch böse handelt, so werdet ihr samt eurem König hinweggerafft werden."

 

Kapitel 13: Sauls Krieg gegen die Philister

Ausbruch des Krieges

1 Saul war Jahre alt, als er König wurde, und ... Jahre herrschte er über Israel.

2 Saul wählte sich 3.000 Mann aus Israel aus: 2.000 blieben bei Saul in Michmas und auf dem Gebirge von Bet-El, 1.000 standen unter Jonatan bei Gibea-Benjamin. Den Rest des Volkes entließ er, jeden in seine Heimat.

3 Jonatan zertrümmerte die Philistersäule, die in Gibea stand. Die Philister erfuhren es. Nun ließ Saul im ganzen Land in das Widderhorn stoßen und verkünden: "Die Hebräer sollen es hören!"

4 Ganz Israel vernahm die Kunde: "Saul hat die Philistersäule zertrümmert, und ganz Israel hat sich dadurch bei den Philistern in Verruf gebracht." So wurde das Volk aufgeboten, Saul nach Gilgal zu folgen.

5 Die Philister sammelten sich nun zum Kampf gegen Israel: 30.000 Streitwagen und 6.000 Wagenkämpfer, das Fußvolk so zahlreich wie der Sand am Ufer des Meeres. Sie zogen heran und lagerten sich bei Michmas östlich von Bet-Awen.

 

Sauls Opfer in Gilgal – Die Verwerfung des Hauses Saul

6 Als die Israeliten sahen, daß sie in eine schlimme Lage gerieten und das Volk hart bedrängt wurde, versteckten sie sich in Höhlen, Erdlöchern, Felsspalten, Gräbern und Zisternen.

7 Sie flohen sogar über die Jordanfurten in das Land Gad und Gilead. – Saul weilte immer noch in Gilgal. Das Volk war ihm eiligst dahin gefolgt.

8 Er wartete sieben Tage bis zu der Zeit, die Samuel bestimmt hatte. Aber Samuel kam nicht nach Gilgal.

9 Als das Volk anfing, ihm davonzulaufen, befahl Saul: "Bringt mir das Brand- und die Friedopfer!", und er brachte das Brandopfer dar.

10 Kaum war er mit der Darbringung des Brandopfers fertig, als Samuel erschien. Saul ging ihm entgegen, um ihn zu begrüßen.

11 Samuel aber fragte: "Was hast du getan?" Saul antwortete: "Weil ich sah, daß die Leute mir davonliefen und du zur bestimmten Zeit nicht kamst, die Philister aber in Michmas versammelt sind,

12 dachte ich: Jetzt werden die Philister gegen mich nach Gilgal herabziehen, bevor ich noch den Herrn günstig gestimmt habe. So faßte ich mir ein Herz und brachte das Brandopfer dar."

13 Da sagte Samuel zu Saul: "Du hast töricht gehandelt, daß du den Befehl des Herrn, deines Gottes, den er dir gab, nicht befolgt hast. Dann hätte der Herr dein Königtum über Israel für immer bestätigt.

14 So aber wird dein Königtum keinen Bestand haben. Der Herr hat sich einen Mann nach seinem Herzen gesucht. Ihn hat der Herr zum Fürsten über sein Volk bestellt, weil du nicht befolgt hast, was der Herr dir geboten hat."

15 Dann machte sich Samuel auf und ging von Gilgal nach Gibea-Benjamin hinauf. Saul musterte die Leute, die sich noch bei ihm befanden: ungefähr 600 Mann.

16 Saul weilte mit seinem Sohn Jonatan und den Leuten, die ihnen zu Gebot standen, zu Gibea-Benjamin, während die Philister sich in Michmas gelagert hatten.

 

Wehrlosigkeit der Israeliten

17 Da zog aus dem Lager der Philister eine plündernde Schar in drei Abteilungen aus: die eine Abteilung wandte sich auf den Weg nach Ofra nach dem Gebiet von Schual;

18 die andere schlug den Weg nach Bet-Horon ein, die dritte zog nach dem Grenzweg, der über das Hyänental nach der Wüste hinabschaut.

19 Es gab damals keinen Schmied im ganzen Land Israel; denn die Philister dachten sich: "Sonst könnten sich die Hebräer Schwerter und Lanzen anfertigen."

20 Daher mußten alle Israeliten zu den Philistern hinabgehen, wenn jemand sich eine Pflugschar, eine Hacke, eine Axt oder einen Ochsenstachel schmieden lassen wollte.

21 oder wenn die Schneiden der Pflugscharen, Hacken, Äxte stumpf geworden und die Ochsenstecken gerade zu machen waren.

22 So gab es bei Ausbruch des Krieges weder Schwert noch Lanze in der Hand des ganzen Kriegsvolkes, das bei Saul und Jonatan war. Nur bei Saul und seinem Sohn Jonatan fanden sich solche.

 

Jonatans Heldentat

23 Ein Posten der Philister war nach dem Paß von Michmas vorgerückt.

 

Kapitel 14:

1 Eines Tages sagte Jonatan, der Sohn Sauls, zu seinem Waffenträger: "Komm, wir gehen hinüber, auf den Posten der Philister los, der dort drüben steht!" Seinem Vater aber sagte er nichts davon.

2 Saul saß am anderen Ende von Gibea unter dem Granatbaum, der bei Migron steht. Ungefähr 600 Mann waren bei ihm.

3 Ahija, der Sohn Ahitubs, des Bruders Ikabods, des Sohnes des Pinhas, des Sohnes Elis, des Priesters des Herrn in Schilo, trug das Schulterkleid. Auch das Kriegsvolk wußte nicht, daß Jonatan weggegangen war.

4 Inmitten des Passes, den Jonatan überschreiten mußte, um an den Philisterposten heranzukommen, lag eine Felszacke hüben und eine Felszacke drüben. Die eine hieß Bozez, die andere Senne.

5 Die eine Felszacke erhob sich wie eine Säule auf der Nordseite Michmas gegenüber, die andere im Süden Geba gegenüber.

6 Jonatan sagte zu seinem Waffenträger: "Komm, wir gehen auf den Posten dieser Unbeschnittenen drüben los. Vielleicht hilft uns der Herr; denn für den Herrn besteht kein Hindernis, durch viele oder wenige Leute zum Sieg zu verhelfen."

7 Sein Waffenträger erwiderte ihm: "Tue alles, was du vorhast! Ich bin zu allem bereit, was du willst."

8 Jonatan sagte: "Gut, wir gehen zu den Leuten hinüber und zeigen uns ihnen.

9 Wenn sie uns zurufen: 'Steht still, bis wir zu euch kommen!', bleiben wir an der Stelle, wo wir sind, stehen und steigen nicht zu ihnen hinauf.

10 Wenn sie uns aber sagen: 'Kommt zu uns herauf!', steigen wir hinauf; denn dann hat der Herr sie in unsere Hand gegeben. Das soll uns als Zeichen dienen."

11 Als sich die beiden dem Philisterposten zeigten, spotteten die Philister: "Seht, da kommen die Hebräer aus den Löchern hervor, in die sie sich verkrochen haben."

12 Und die Leute des Postens riefen Jonatan und seinem Waffenträger zu: "Kommt herauf zu uns! Wir möchten euch etwas erzählen." Jonatan aber sagte zu seinem Waffenträger: "Folge mir nach; denn der Herr hat sie in die Hand Israels gegeben!"

13 Jonatan kletterte auf Händen und Füßen hinauf und sein Waffenträger hinter ihm her.

14 Da stürzten sie vor Jonatan nieder, und sein Waffenträger tötete sie vollends. Das erste Blutbad, das Jonatan und sein Waffenträger anrichteten, forderte ungefähr zwanzig Mann auf einer Strecke von ungefähr einem halben Morgen Länge.

15 Entsetzen erhob sich im Lager, auf dem freien Feld und unter dem ganzen Heer. Auch die Posten und die plündernde Schar erschraken. Dazu bebte die Erde, und es entstand ein Gottesschrecken.

 

Israels Sieg

16 Als nun die Späher Sauls, die sich zu Gibea-Benjamin befanden, Ausschau hielten, sahen sie, daß die Menge hin und her wogte.

17 Saul befahl den Leuten, die bei ihm waren: "Haltet Musterung und seht zu, wer von uns weggegangen ist!" – Als man die Musterung abhielt, zeigte sich, daß Jonatan und sein Waffenträger fehlten.

18 Saul bat nun Ahija: "Laß die Gotteslade herbringen!" – Denn damals war die Gotteslade unter den Israeliten.

19 Während Saul mit dem Priester redete, wurde das Getöse im Lager der Philister immer stärker. Daher bat Saul den Priester: "Laß es sein!"

20 Nun erhob auch Saul und alle Leute, die bei ihm waren, das Kriegsgeschrei. Als sie auf dem Kampfplatz eintrafen, fanden sie das Schwert des einen gegen den anderen gekehrt. Es herrschte eine ungeheure Verwirrung.

21 Die Hebräer, die es seit langem mit den Philistern gehalten hatten und mit ihnen ins Feld gezogen waren, fielen ab, um sich den Israeliten unter Saul und Jonatan anzuschließen.

22 Auch alle Israeliten, die sich im Gebirge Efraim versteckt hatten und von der Flucht der Philister hörten, setzten diesen nach, um sie zu bekämpfen,

23 und der Kampf setzte sich über Bet-Awen hinaus fort. – So verlieh der Herr an jenem Tag Israel den Sieg.

 

Sauls Fluch

24 Die Israeliten aber waren an jenem Tag in Bedrängnis geraten. Darum sprach Saul über das Kriegsvolk folgenden Fluch aus: "Verflucht sei der Mann, der vor Abend etwas zu sich nimmt, bis ich an meinen Feinden Rache genommen habe!" – Keiner von den Leuten genoß deshalb Speise.

25 Nun kam das ganze Kriegsvolk in einen Wald. Dort gab es auf einem freien Feld Honig.

26 Als das Kriegsvolk zu den Waben kam, die von Honig überflossen, führte dennoch keiner die Hand zum Mund, weil die Leute sich vor dem Fluch fürchteten.

27 Nur Jonatan hatte nicht gehört, wie sein Vater über das Volk einen Fluch ausgesprochen hatte. So streckte er die Spitze des Stabes aus, den er in der Hand hielt, tauchte sie in eine Honigwabe und führte seine Hand zum Mund. Da wurden seine Augen wieder hell.

28 Einer von den Kriegern aber wandte sich an ihn und sagte: "Dein Vater hat einen Fluch über das Volk ausgesprochen: 'Verflucht sei der Mann, der heute etwas zu sich nimmt!'" Die Leute waren nämlich todmüde.

29 Jonatan erwiderte: "Mein Vater stürzt das Land ins Unglück. Seht doch, wie klar meine Augen geworden sind, weil ich dies bißchen Honig genossen habe.

30 Wenn doch die Leute von der Beute ihrer Feinde, die sie machten, gegessen hätten, wie groß wäre dann die Niederlage der Philister geworden?"

 

Sauls Eintreten für das Gesetz

31 So schlugen sie an jenem Tag die Philister von Michmas bis Ajalon. – Da die Leute sehr erschöpft waren,

32 stürzten sie sich über die Beute her, nahmen Schafe, Rinder und Kälber, schlachteten sie am Boden und genossen sogar das Blut mit.

33 Als man Saul mitteilte: "Die Leute versündigen sich gegen den Herrn, indem sie das Blut mitgenießen", sagte er: "Ihr tut Unrecht. Wälzt mir, noch solange es Tag ist, einen großen Stein herbei!"

34 Dann gebot Saul: "Mischt euch unter die Leute und sagt ihnen: Ein jeder bringe sein Rind oder sein Schaf her zu mir und schlachte es hier! Dann könnt ihr essen, ohne euch durch den Genuß von Blut gegen den Herrn zu versündigen." Jeder von den Leuten brachte das Stück Vieh, das ihm zur Hand war, noch in der Nacht herbei, und sie schlachteten es dort.

35 Und Saul erbaute dem Herrn einen Altar. – Das war der erste Altar, den er dem Herrn errichtete.

 

Das Heer verhindert Jonatans Hinrichtung

36 Dann befahl Saul: "Wir wollen die Philister in der Nacht verfolgen und unter ihnen plündern, bis der Morgen anbricht! Keinen von ihnen wollen wir übriglassen!" Sie antworteten: "Tue, was immer dir gut scheint!"

37 Der Priester aber sagte: "Wir wollen erst Gott befragen!" – Nun fragte Saul bei Gott an: "Soll ich die Philister verfolgen? Wirst du sie in die Hand Israels geben?" – Doch er erteilte ihm an diesem Tag keine Antwort.

38 Da befahl Saul: "Tretet hierher, all ihr Häupter des Volkes! Untersucht sorgfältigst, von wem diese Versündigung heute begangen wurde!

39 Denn so wahr der Herr lebt, der Israel den Sieg verliehen hat, selbst wenn mein Sohn Jonatan schuldig ist, soll er sterben!"

40 Aber niemand aus dem Volk gab ihm Antwort. Nun befahl er allen Israeliten: "Ihr sollt auf der einen Seite stehen, ich und mein Sohn Jonatan wollen die andere Seite bilden." Das Volk antwortete: "Tue, was du für gut hältst!"

41 Saul betete nun zum Herrn: "Gott Israels, gib die Entscheidung!" Da fiel das Los auf Jonatan und Saul, das Volk aber ging frei aus.

42 Jetzt befahl Saul: "Lost zwischen mir und meinem Sohn Jonatan." – Nun fiel das Los auf Jonatan.

43 Saul gebot dem Jonatan: "Sage mir, was du getan hast!" Jonatan bekannte ihm: "Ich habe mit der Spitze des Stabes, den ich in meiner Hand hatte, nur ein wenig Honig gekostet. Ich bin bereit zu sterben."

44 Saul erwiderte: "Gott soll mir antun, was er will, wenn du nicht sterben mußt, Jonatan!"

45 Aber das Heer erklärte Saul: "Was? Jonatan, der diesen großen Sieg in Israel errungen hat, soll sterben? Das darf nicht sein! So wahr der Herr lebt, nicht ein Haar seines Hauptes soll zu Boden fallen! Denn mit Gottes Hilfe hat er den heutigen Sieg errungen." – So befreite das Heer Jonatan vom Tod.

46 Saul stand nun von der Verfolgung der Philister ab und zog hinauf. Die Philister aber kehrten in ihr Land zurück. –

 

Sauls weitere Kriegstaten

47 Nachdem Saul die Königswürde über Israel erlangt hatte, führte er Kriege ringsum gegen alle seine Feinde, gegen Moab, gegen die Ammoniter, gegen Edom, gegen die Könige von Zoba und gegen die Philister. Wohin er sich wandte, war er siegreich.

48 Er bewies Tapferkeit, schlug die Amalekiter und rettete Israel aus der Gewalt seines Plünderers.

 

Sauls Familie

49 Die Söhne Sauls waren Jonatan, Jischwi und Malkischua. Die ältere seiner beiden Töchter hieß Merab, die jüngere Michal.

50 Sauls Frau hieß Ahinoam und war eine Tochter des Ahimaaz. Sein Heerführer hieß Abner, er war ein Sohn Ners, des Onkels Sauls;

51 denn Kisch, der Vater Sauls, und Ner, der Vater Abners, waren Söhne Abiëls.

52 Solange Saul lebte, gab es schwere Kämpfe gegen die Philister. Wenn daher Saul irgendeinen tapferen und tüchtigen Mann sah, nahm er ihn in seine Dienste.

 

Kapitel 15: Der Krieg gegen die Amalekiter. Sauls Verwerfung

Gottes Befehl zum Kampf gegen Amalek

1 Eines Tages sagte Samuel zu Saul: "Der Herr hat mich gesandt, dich zum König über sein Volk Israel zu salben. Höre nun auf den Befehl des Herrn!

2 So spricht der Herr der Heerscharen: Ahnden will ich, was Amalek den Israeliten zugefügt hat, da es sich ihnen in den Weg stellte, als sie aus Ägypten heraufzogen.

3 Ziehe nun hin und schlage Amalek, vollziehe den Bann an ihm und an allem, was ihm gehört! Übe keine Schonung an ihm, sondern töte Mann und Frau, Kind und Säugling, Rind und Schaf, Kamel und Esel!"

 

Sauls Sieg und Verfehlung

4 Hierauf bot Saul das Volk auf und musterte sie in Telaim: 200.000 Mann Fußvolk und 10.000 Judäer.

5 Dann zog Saul gegen die Hauptstadt der Amalekiter und legte im Bachtal einen Hinterhalt.

6 Den Kenitern aber ließ Saul sagen: "Auf! Zieht euch eilends aus dem Bereich der Amalekiter zurück, damit ich euch nicht mit ihnen vernichte! Denn ihr habt euch gegen alle Israeliten, als sie aus Ägypten heraufzogen, freundlich erwiesen." So zogen sich die Keniter aus dem Bereich der Amalekiter zurück.

7 Saul schlug die Amalekiter von Hawila bis Schur, das östlich von Ägypten liegt.

8 Agag, den König der Amalekiter, nahm er lebendig gefangen und vollzog am ganzen Volk den Bann mit der Schärfe des Schwertes.

9 Saul und das Volk verschonten jedoch den Agag und die besten Tiere unter den Schafen und Rindern, die fetten Tiere und die Lämmer, überhaupt alles Wertvolle. Sie wollten daran den Bann nicht vollziehen. Nur an dem, was gering und wertlos war, vollstreckten sie den Bann.

 

Das Verwerfungsurteil über Saul

10 Nun erging das Wort des Herrn an Samuel also:

11 "Es reut mich, daß ich Saul zum König gemacht habe. Denn er hat sich von mir abgewandt und meine Befehle nicht durchgeführt." – Das schmerzte Samuel, und er flehte die ganze Nacht zum Herrn.

12 Als Samuel früh am anderen Morgen dem Saul entgegengehen wollte, wurde Samuel berichtet: "Saul hat sich nach Karmel begeben und sich dort ein Denkmal errichtet. Dann ist er umgekehrt und weiter nach Gilgal hinabgezogen."

13 Als Samuel zu Saul kam, sagte Saul zu ihm: "Sei gesegnet vom Herrn! Ich habe den Befehl des Herrn ausgeführt."

14 Samuel entgegnete: "Was ist das für ein Blöken von Schafen und Ziegen, das da an mein Ohr dringt, und was soll das Brüllen von Rindern, das ich höre?"

15 Saul gab zur Antwort: "Man hat sie von den Amalekitern mitgebracht. Das Volk hat nämlich die besten Tiere von den Schafen und Rindern verschont, um sie dem Herrn, deinem Gott, zu opfern. Das übrige habe wir gebannt."

16 Samuel erwiderte Saul: "Halt ein! Ich will dir verkünden, was der Herr mir in dieser Nacht offenbarte:" Er bat ihn: "Rede!"

17 Samuel sagte: "Bist du nicht, obgleich du dir selbst gering vorkamst, das Haupt der Stämme Israels geworden? Denn der Herr hat dich zum König über Israel gesalbt.

18 Nun hat der Herr dich hingesandt und dir befohlen: Ziehe hin und vollstrecke den Bann an den Frevlern, den Amalekitern, und bekämpfe sie, bis du sie vernichtet hast!

19 Warum hast du dem Befehl des Herrn nicht gehorcht, sondern dich über die Beute hergemacht und getan, was mißfällig war in den Augen des Herrn?"

20 Saul entgegnete Samuel: "Ich habe dem Befehl des Herrn gehorcht und den Zug unternommen, zu dem der Herr mich ausgesandt hat. Ich habe Agag, den König der Amalekiter, mitgebracht und an den Amalekitern den Bann vollstreckt,

21 Das Volk aber hat Schafe und Rinder von der Beute genommen, das Beste von dem Banngut, um es dem Herrn, deinem Gott, in Gilgal zu opfern."

22 Samuel aber sagte: "Hat der Herr an Brand- und Schlachtopfern ein größeres Gefallen als am Gehorsam gegen den Befehl des Herrn? Siehe, Gehorsam ist besser als Opfer, Folgsamkeit besser als das Fett von Widdern.

23 Denn Ungehorsam ist so schlimm wie die Sünde der Zauberei, Eigenwille so schlimm wie der Frevel mit Terafim. Weil du den Befehl des Herrn mißachtet hast, verschmäht er dich als König."

 

Sauls späte Reue

24 Saul sagte zu Samuel: "Ich habe gesündigt, indem ich den Befehl des Herrn und deine Weisungen übertreten habe. Ich fürchtete mich nämlich vor dem Volk und gab seiner Forderung nach.

25 Jetzt aber vergib mir meine Sünde und kehre mit mir um, damit ich den Herrn anbete!"

26 Doch Samuel erwiderte Saul: "Ich kehre nicht mit dir um. Weil du den Befehl des Herrn verschmäht hast, hat der Herr dich als König über Israel verworfen."

27 Als sich Samuel umwandte, um wegzugehen, erfaßte jener den Zipfel seines Mantels; der aber riß ab.

28 Samuel sagte zu ihm: "Der Herr hat heute die Königswürde über Israel von dir abgerissen und sie einem anderen gegeben, der besser ist als du.

29 Auch lügt der beständige Gott Israels nicht, noch empfindet er Reue; denn er ist nicht ein Mensch, daß ihn etwas gereuen könnte."

30 Jener erwiderte: "Habe ich auch gesündigt, so tue mir doch die Ehre an vor den Ältesten meines Volkes und vor Israel und kehre mit mir um, daß ich den Herrn, deinen Gott, anbete!"

31 Nun kehrte Samuel um und folgte Saul, und Saul betete den Herrn an.

 

Agags Tod. Samuel trennt sich von Saul

32 Dann befahl Samuel: "Bringt den Amalekiterkönig Agag her zu mir!" Freudig trat Agag zu ihm hin. Agag sagte: "So ist also des Todes Bitterkeit gewichen."

33 Samuel aber sprach: "So wie dein Schwert Frauen kinderlos machte, so werde auch deine Mutter kinderlos unter den Frauen!" Und Samuel hieb den Agag in Stücke vor dem Herrn in Gilgal.

34 Hierauf begab sich Samuel nach Rama, und Saul zog hinauf in seine Heimat nach Gibea.

35 Samuel sah den Saul nicht mehr bis zu seinem Tod; denn Saul tat dem Samuel leid, weil der Herr es bereute, daß er Saul zum König über Israel gemacht hatte.

 

Kapitel 16: Saul und David

Samuels Reise nach Betlehem

1 Eines Tages sagte der Herr zu Samuel: "Wie lange willst du noch um Saul trauern, da ich ihn doch verworfen habe? Er kann nicht weiter König über Israel sein! Fülle dein Horn mit Öl und mache dich auf den Weg! Ich sende dich zu Isai aus Betlehem; denn unter seinen Söhnen habe ich mir einen als König ersehen."

2 Samuel antwortete: "Wie kann ich hingehen? Wenn Saul davon hört, bringt er mich um!" Der Herr aber befahl: "Nimm ein junges Rind mit dir und sage: Ich komme, um dem Herrn ein Opfer zu bringen!

3 Zum Opfer lade Isai ein! Ich werde dir dann kundtun, was du tun sollst. Salbe den, den ich dir bezeichne!"

4 Samuel tat, was der Herr ihm befohlen hatte. Als er nach Betlehem kam, gingen ihm die Ältesten des Ortes voll Furcht entgegen und fragten: "Bedeutet dein Kommen Gutes?"

5 Er erwiderte: "Ja, ich komme, um dem Herrn ein Opfer darzubringen. Heiligt euch und findet euch bei mir zum Opfer ein!" Auch Isai und seine Söhne ließ er sich heiligen und lud sie zum Opfer ein.

 

Davids Salbung zum König

6 Als sie kamen und er den Eliab erblickte, dachte er: "Gewiß steht hier vor dem Herrn sein Gesalbter."

7 Der Herr aber sagte zu Samuel: "Schau nicht auf seine äußere Gestalt und seinen hohen Wuchs! Denn ihn habe ich nicht erkoren. Die Menschen sehen ja nicht. Die Menschen blicken auf das Äußere, der Herr aber schaut auf das Herz."

8 Da rief Isai den Abinadab und führte ihn vor Samuel. Der aber sagte: "Auch ihn hat der Herr nicht erkoren."

9 Nun führte Isai den Schima vor. Er aber sagte: "Auch ihn hat der Herr nicht erkoren."

10 So führte Isai dem Samuel seine sieben Söhne vor. Doch Samuel erklärte dem Isai: "Diese hat der Herr nicht erkoren."

11 Hierauf fragte Samuel den Isai: "Sind das alle deine Söhne?" Dieser erwiderte: "Es fehlt noch der jüngste; der hütet die Schafe." Samuel sagte zu Isai: "Sende hin und laß ihn holen! Denn wir setzen uns nicht eher zu Tisch, als bis er hierherkommt."

12 Er schickte hin und ließ ihn holen. Er war rotblond, hatte schöne Augen und eine schmucke Gestalt. Da sprach der Herr: "Auf! Salbe ihn, denn er ist es!"

13 Samuel nahm das Ölhorn und salbte ihn inmitten seiner Brüder. Von diesem Tag an und weiterhin kam der Geist des Herrn über David. Samuel aber machte sich auf und kehrte nach Rama heim.

 

David kommt an Sauls Hof

14 Der Geist des Herrn war von Saul gewichen. Dafür quälte ihn ein böser Geist vom Herrn.

15 Sauls Diener sagten nun zu ihm: "Siehe, dich quält ein böser Geist Gottes.

16 Unser Herr braucht nur ein Wort zu sprechen. Deine Knechte stehen dir zu Diensten. Sie werden jemand suchen, der die Zither zu spielen versteht. Wenn dann der böse Geist Gottes über dich kommt, soll jener die Saiten rühren, und es wird dir besser werden."

17 Saul erwiderte seinen Dienern: "Seht euch für mich nach jemand um, der schön spielen kann, und bringt ihn zu mir!"

18 Einer der Diener sagte: "Ich kenne da einen Sohn des Isai in Betlehem, der sich auf das Saitenspiel versteht. Er ist ein tüchtiger Krieger, kampferprobt, dazu redegewandt und von gutem Äußeren, und der Herr ist mit ihm."

19 Daraufhin sandte Saul Boten an Isai und ließ ihm sagen: "Schicke mir deinen Sohn David, der Schafhirte ist!"

20 Isai belud nun einen Esel mit Brot, einem Schlauch Wein und einem Ziegenböckchen und sandte ihn durch seinen Sohn David zu Saul.

21 So kam David zu Saul und trat in seine Dienste. Dieser schätzte ihn sehr, so daß er sein Waffenträger wurde.

22 Saul schickte zu Isai und ließ sagen: "Laß David in meinen Diensten bleiben; denn er gefällt mir wohl."

23 Sooft fortan der Geist Gottes über Saul kam, nahm David die Zither und spielte. Dann wurde es Saul leichter und besser, und der böse Geist wich von ihm.

 

Kapitel 17: David und Goliat

Israel im Philisterkrieg

1 Die Philister zogen ihre Truppen zum Kampf zusammen, und zwar sammelten sie sich bei Socho in Juda. Das Lager schlugen sie zwischen Socho und Aseka bei Efes-Dammim auf.

2 Auch Saul und die Israeliten sammelten sich, schlugen ihr Lager im Terebinthental auf und rüsteten sich zum Kampf gegen die Philister.

3 Die Philister stellten sich auf dem Berg jenseits, die Israeliten auf dem Berg diesseits auf, so daß das Tal zwischen ihnen lag.

 

Goliats Herausforderung

4 Da trat ein Mittelsmann aus den Reihen der Philister vor. Er hieß Goliat aus Gat. Er war sechs Ellen und eine Spanne hoch,

5 trug einen ehernen Helm auf dem Haupt und war mit einem Schuppenpanzer bekleidet. Das Gewicht des Panzers betrug 5.000 Schekel Erz.

6 An den Beinen hatte er eherne Schienen und einen ehernen Wurfspieß auf der Schulter.

7 Der Schaft seiner Lanze war wie ein Weberbaum, und die Spitze seiner Lanze wog 600 Schekel Eisen. Sein Schildträger schritt vor ihm her.

8 Der stellte sich nun hin und rief die Reihen der Israeliten also an: "Warum zieht ihr kampfgerüstet aus? Bin ich nicht der Philister, ihr aber Sauls Knechte? Wählt euch jemand aus, der zu mir herabkommt!

9 Wenn er imstande ist, mit mir zu kämpfen, und mich erschlägt, so wollen wir euch untertan sein. Bin ich ihm aber überlegen und erschlage ich ihn, so sollt ihr uns hörig sein und uns dienen!"

10 Der Philister spottete weiter: "Heute habe ich Israels Reihen Hohn geboten. Stellt mir einen Mann, daß wir miteinander kämpfen!"

11 Als Saul und alle Israeliten diese Reden des Philisters hörten, erschraken sie und fürchteten sich sehr.

 

Isai sendet David zum Lager

12 David war der Sohn jenes Efratiters aus Betlehem in Juda, der Isai hieß und acht Söhne hatte. Zu Sauls Zeiten war der Mann alt: er war unter die ältesten Männer vorgerückt.

13 Die drei ältesten Söhne Isais waren mit Saul in den Krieg gezogen. Seine drei Söhne, die ins Feld gezogen waren, hießen: der älteste Eliab, der zweite Abinadab, der dritte Schima.

14 David war der jüngste. Die drei ältesten waren in Sauls Gefolgschaft.

15 David ging öfters von Saul heim, um in Betlehem die Schafe seines Vaters zu hüten.

16 Der Philister aber trat morgens und abends auf und stellte sich hin, vierzig Tage lang.

17 Eines Tages sagte Isai zu seinem Sohn David: "Nimm für deine Brüder ein Efa von diesem gerösteten Korn und diese zehn Brote und bringe sie schnell deinen Brüdern ins Lager!

18 Diese zehn Milchkäse bringe dem Oberst! Erkundige dich nach dem Befinden deiner Brüder und laß dir ihre Löhnung mitgeben!

19 Saul und sie und alle Israeliten befinden sich im Terebinthental im Krieg gegen die Philister."

 

David im Lager

20 Früh am anderen Morgen übergab David die Herde einem Hüter, nahm die Sachen und machte sich auf den Weg, wie Isai ihm befohlen hatte. Als er zur Wagenburg kam, rückte das Heer eben in Schlachtordnung aus und erhob das Kriegsgeschrei.

21 Israeliten und Philister stellten sich zum Kampf auf, Reihe gegen Reihe.

22 David übergab seine Sachen dem Troßwächter und lief zur Schlachtreihe. Als er hinkam, erkundigte er sich bei seinen Brüdern nach ihrem Befinden.

23 Während er mit ihnen sprach, trat der Vorkämpfer der Philister Goliat, so hieß er, aus Gat, aus der Reihe der Philister und führte dieselben Reden wie früher, so daß David es hörte.

24 Alle Israeliten, die den Mann sahen, flohen vor ihm und fürchteten sich sehr.

25 Ein Israelit sagte: "Habt ihr den Mann gesehen, der da heraufkommt? Nur um die Israeliten zu verhöhnen, schreitet er daher. Wer ihn erschlägt, den will der König sehr reich machen, ihm seine Tochter geben und seine Familie steuerfrei machen in Israel."

26 David fragte die Männer, die neben ihm standen: "Was erhält der Mann, der diesen Philister erschlägt und die Schande von Israel nimmt? Wer ist denn dieser unbeschnittene Philister, daß er die Reihen des lebendigen Gottes verhöhnt?"

27 Die Leute wiederholten ihm das gleiche: "So wird man den belohnen, der ihn erschlägt."

28 Als nun sein ältester Bruder Eliab hörte, wie er mit den Männern sprach, geriet Eliab in Zorn über David und fuhr ihn an: "Wozu bist du eigentlich hergekommen? Wem hast du die paar Schafe in der Steppe überlassen? Ich kenne deine Frechheit und deine Bosheit. Du bist nur hergekommen, um dem Kampf zuzuschauen."

29 David erwiderte: "Was habe ich denn getan? Es war doch nur eine Frage!"

30 Er wandte sich von ihm ab einem anderen zu und stellte dieselbe Frage. Die Leute antworteten ihm wie zuvor.

 

David zum Zweikampf bereit

31 Als man hörte, was David gesprochen hatte, teilte man es Saul mit, und der ließ ihn zu sich kommen.

32 David sagte zu Saul: "Niemand verliere seinetwegen den Mut! Dein Knecht will hingehen und mit diesem Philister kämpfen."

33 Saul erwiderte dem David: "Du kannst diesem Philister nicht gegenübertreten und mit ihm kämpfen. Denn du bist noch ein Knabe, er aber ist ein Kriegsmann von Jugend auf."

34 David entgegnete dem Saul: "Dein Knecht hütete seinem Vater die Schafe. Wenn da ein Löwe oder ein Bär kam und sich ein Schaf aus der Herde holte,

35 lief ich ihm nach, schlug ihn und riß es ihm aus dem Rachen. Stellte er sich aber wider mich, so packte ich ihn an der Mähne und schlug ihn tot.

36 Löwen und Bären hat dein Knecht erschlagen, und diesem unbeschnittenen Philister wird es ergehen wie jenen allen; denn er hat die Schlachtreihen des lebendigen Gottes verhöhnt."

37 David fuhr fort: "Der Herr, der mich aus den Krallen des Löwen und Bären errettet hat, wird mich auch aus der Gewalt dieses Philisters erretten." Da sagte Saul zu David: "Gehe hin! Der Herr sei mit dir!"

 

Davids Sieg über Goliat

38 Saul ließ dann dem David seine Rüstung anlegen, setzte ihm einen ehernen Helm aufs Haupt und legte ihm einen Panzer an.

39 David gürtete dessen Schwert über seine Rüstung und bemühte sich zu gehen, weil es ihm ungewohnt war. Aber David mußte Saul gestehen: "Ich kann darin nicht gehen, weil ich nicht daran gewöhnt bin." – So legte David sie wieder ab,

40 nahm seinen Stock in die Hand und suchte sich fünf glatte Steine aus dem Bach. Die steckte er in die Hirtentasche, die er als Schleudertasche benutzte. Dann nahm er seine Schleuder zur Hand und trat dem Philister entgegen.

41 Der Philister kam immer näher an David heran. Sein Schildträger schritt vor ihm her.

42 Als der Philister aufschaute und sich David ansah, hatte er nur Verachtung für ihn, weil er noch so jung war, rotblond und von schmuckem Aussehen.

43 Der Philister rief David zu: "Bin ich denn ein Hund, daß du mit Stöcken zu mir kommst?" Dann verfluchte der Philister David bei seinen Göttern.

44 Hierauf rief der Philister dem David zu: "Komm her zu mir, daß ich dein Fleisch den Vögeln des Himmels und den Tieren des Feldes gebe!"

45 David aber erwiderte dem Philister: "Du kommst zu mir mit Schwert, Lanze und Spieß. Ich aber komme zu dir im Namen des Herrn der Heerscharen, des Gottes der Schlachtreihen Israels, die du verhöhnt hast. Heute wird dich der Herr in meine Hand geben.

46 Ich werde dich erschlagen und dir den Kopf abhauen. Ich werde die Leichname des Philisterheeres noch heute den Vögeln des Himmels und den Tieren der Erde preisgeben, damit alle Welt erkennt, daß es in Israel einen Gott gibt.

47 Wissen soll es diese ganze Schar, daß nicht durch Schwert und Speer der Herr den Sieg verleiht. Denn der Krieg ist Sache des Herrn. Er wird euch in unsere Hand geben."

48 Als der Philister sich in Bewegung setzte und immer näher auf David zukam, lief David schnell der Schlachtreihe der Philister entgegen.

49 Dabei griff David in die Tasche, nahm einen Stein heraus, schleuderte ihn und traf den Philister auf die Stirn. Der Stein drang in die Stirn ein, so daß er vornüber zu Boden stürzte.

50 So besiegte David den Philister mit Schleuder und Stein und schlug den Philister tot, ohne daß David ein Schwert in der Hand hatte.

51 Dann lief David hin, trat neben den Philister, nahm dessen Schwert, riß es aus der Scheide und tötete ihn, indem er ihm den Kopf damit abhieb. Als die Philister sahen, daß ihr Stärkster tot war, flohen sie.

 

Verfolgung der Philister

52 Da machten sich die Männer von Israel und Juda auf, erhoben das Kriegsgeschrei und verfolgten die Philister bis zum Tal und bis vor die Tore von Ekron. Erschlagene Philister bedeckten den Weg von Schaarajim bis nach Gat und Ekron.

53 Als dann die Israeliten von der Verfolgung der Philister zurückkehrten, plünderten sie deren Lager.

54 David nahm den Kopf des Philisters und brachte ihn nach Jerusalem, während er dessen Waffen in sein Zelt legte.

 

Saul erkundigt sich nach David

55 Als Saul sah, wie David dem Philister entgegentrat, fragte er seinen Feldherrn Abner: "Wessen Sohn ist der Jüngling, Abner?" Abner antwortete: "So wahr du lebst, o König, ich weiß es nicht."

56 Der König sagte: "Erkundige dich, wessen Sohn der junge Mann ist!"

57 Als David nach Besiegung des Philisters zurückkehrte, nahm ihn Abner und führte ihn vor Saul, während er noch den Kopf des Philisters in der Hand hatte.

58 Saul fragte ihn: "Wessen Sohn bis du, junger Mann?" David antwortete: "Der Sohn deines Knechtes Isai aus Betlehem."

 

Kapitel 18: Davids schwierige Stellung am Hof Sauls

Freundschaftsbund zwischen David und Jonatan

1 Als David sein Gespräch mit Saul beendet hatte, schloß Jonatan den David tief ins Herz, und Jonatan gewann ihn so lieb wie sich selbst.

2 Saul nahm ihn an jenem Tag zu sich und ließ ihn nicht mehr in sein Vaterhaus zurückkehren.

3 Jonatan schloß mit David einen Bund, weil er ihn liebte wie sich selbst.

4 Jonatan zog das Obergewand aus, das er trug, und gab es David, dazu seine Rüstung samt seinem Schwert, seinem Bogen und seinem Gürtel.

5 Sooft David auszog, hatte er Erfolg, wohin immer Saul ihn sandte. Deshalb setzte ihn Saul über die Kriegsleute. Er war beliebt beim ganzen Volk, auch bei den Hofleuten Sauls.

 

David wird als Sieger gefeiert

6 Als David nach der Erschlagung des Philisters zurückkehrte, kamen beim Einzug die Frauen aus allen Städten Israels singend und Reigen tanzend dem König Saul entgegen mit Pauken, Jubelgesang und Zimbeln.

7 Dabei sangen die tanzenden Frauen: "Saul hat seine Tausend erschlagen, David aber seine Zehntausend."

 

Sauls Neid und Eifersucht auf David

8 Saul geriet darüber in heftigen Zorn; denn dieses Lied mißfiel ihm sehr. Er sagte: "Dem David gaben sie zehntausend, mir dagegen nur tausend. Nun fehlt ihm nur noch die Königswürde."

9 Von jenem Tag an und weiterhin sah Saul den David mit Argwohn an.

 

Sauls erster Mordversuch an David

10 Am nächsten Tag kam ein böser Geist Gottes über Saul, so daß er im Palast raste. David spielte die Harfe wie alle Tage. Saul aber hatte den Speer in der Hand.

11 Da schleuderte Saul den Speer, indem er dachte: "Ich will David an die Wand spießen." Aber David wich ihm zweimal aus.

12 Saul fürchtete sich vor David, weil der Herr mit ihm war, während er sich von Saul abgewandt hatte.

13 Deshalb entfernte ihn Saul aus seiner Nähe und machte ihn zum Obersten über tausend. So zog er an der Spitze seiner Leute aus.

14 Bei allen seinen Unternehmungen hatte David Erfolg, weil der Herr mit ihm war.

15 Als Saul sah, daß jener viel Erfolg hatte, vermehrte sich seine Angst vor ihm noch mehr.

16 Aber ganz Israel und Juda liebte David, weil er an ihrer Spitze aus- und einzog.

 

Merab

17 Saul sagte zu David: "Siehe, ich will dir meine älteste Tochter Merab zur Frau geben. Du mußt dich aber als Held erweisen und die Kriege des Herrn führen." Saul dachte nämlich: "Ich selber mag nicht Hand an ihn legen, sondern die Philister sollen Hand an ihn legen!"

18 David entgegnete dem Saul: "Wer bin ich, daß ich des Königs Schwiegersohn würde?"

19 Als aber die Zeit kam, da Sauls Tochter Merab dem David gegeben werden sollte, wurde sie dem Adriël aus Mehola vermählt.

 

Michal

20 Sauls Tochter Michal liebte den David. Als man Saul dies berichtete, war es ihm recht.

21 Saul dachte nämlich: "Ich will sie ihm geben. Aber sie soll sein Untergang werden, und die Hand der Philister soll über ihn kommen." So sagte denn Saul zu David: "Mit der zweiten kannst du jetzt mein Schwiegersohn werden."

22 Saul wies nun seine Hofleute an: "Redet vertraulich mit David und sagt ihm: Siehe, der König hat Wohlgefallen an dir, und alle seine Hofleute haben dich gern. Du kannst jetzt des Königs Schwiegersohn werden."

23 Als die Hofleute Sauls dem David in dieser Weise zuredeten, entgegnete David: "Dünkt es euch so leicht, des Königs Schwiegersohn zu werden? Ich bin ja nur ein armer und geringer Mann."

24 Als Sauls Hofleute diesem berichteten: "So und so hat David gesprochen",

25 antwortete Saul: "Teilt David mit: Der König begehrt keine andere Heiratsgabe als hundert Philistervorhäute, um sich an den Feinden des Königs zu rächen." So gedachte Saul, David durch die Hand der Philister aus dem Weg zu schaffen.

26 Als seine Hofleute diese Worte David mitteilten, war David damit einverstanden, so des Königs Schwiegersohn zu werden. Noch ehe die Frist verstrichen war,

27 machte sich David auf, zog mit seinen Leuten hin und erschlug zweihundert Philister. David brachte ihre Vorhäute und zählte sie dem König vor, um des Königs Schwiegersohn zu werden. Da gab ihm Saul seine Tochter Michal zur Frau.

28 Saul sah nun deutlich, daß der Herr mit David war und daß auch Sauls Tochter Michal ihn liebte;

29 deshalb fürchtete er sich immer mehr vor David. So wurde Saul Davids Feind für immer.

30 Wenn die Philisterfürsten ins Feld zogen, hatte David, sooft sie ausrückten, mehr Erfolg als alle anderen Heerführer Sauls, so daß sein Name sehr berühmt wurde.

 

Kapitel 19: Michal rettet David

Jonatans Eintreten für David – Sauls Eid

1 Saul sprach zu seinem Sohn Jonatan und allen seinen Hofleuten davon, daß er David töten wolle. Weil aber Jonatan, Sauls Sohn, dem David sehr zugetan war, hinterbrachte es Jonatan dem David mit den Worten:

2 "Mein Vater Saul geht darauf aus, dich zu töten. Nimm dich daher morgen früh in acht, ziehe dich an einen verborgenen Ort zurück und halte dich versteckt!

3 Ich werde hinausgehen und auf dem Feld, wo du bist, neben meinen Vater treten und mit meinem Vater von dir sprechen. Was ich erfahre, werde ich dir mitteilen."

4 Jonatan redete aber vor seinem Vater Saul nur Gutes über David. Er sagte ihm: "Der König versündige sich nicht an seinem Knecht David! Denn er hat sich dir gegenüber nichts zuschulden kommen lassen, vielmehr brachte sein Verhalten dir großen Vorteil.

5 Er hat sein Leben aufs Spiel gesetzt und den Philister erschlagen. Du hast es gesehen und dich gefreut. Warum willst du dich also an unschuldigem Blut versündigen und David grundlos töten?"

6 Saul schenkte den Worten Jonatans Gehör. Daher schwur Saul: "So wahr der Herr lebt, er soll nicht getötet werden!"

7 Nun rief Jonatan den David, und Jonatan teilte ihm dies alles mit. Dann führte Jonatan David zu Saul. Er blieb nun wie ehedem in seiner Umgebung.

 

Erneuter Mordversuch Sauls

8 Als der Krieg von neuem ausbrach, zog David ins Feld, kämpfte gegen die Philister und brachte ihnen eine große Niederlage bei, so daß sie vor ihm flohen.

9 Eines Tages kam wieder der böse Geist des Herrn über Saul. Er saß in seinem Palast und hatte den Speer in der Hand, während David die Zither schlug.

10 Da suchte Saul den David mit seinem Speer an die Wand zu spießen. Aber dieser wich Saul aus, so daß der Speer in die Wand fuhr. David floh und entkam.

11 In jener Nacht schickte Saul Boten zu Davids Haus, um ihn zu bewachen und am anderen Morgen zu töten. Aber Michal, Davids Frau, berichtete es ihm und sagte: "Wenn du dich nicht noch diese Nacht in Sicherheit bringst, bist du morgen ein Leiche."

12 Michal ließ nun den David durch das Fenster hinab. Er machte sich auf die Flucht und entkam.

13 Michal nahm den Terafim, legte ihn ins Bett, verhüllte sein Haupt mit einem Geflecht von Ziegenhaaren und deckte ihn mit einer Decke zu.

14 Als Saul Boten schickte, um David holen zu lassen, sagte sie: "Er ist krank."

15 Aber Saul schickte die Boten zurück, um nach David zu sehen, mit dem Befehl: "Bringt ihn samt dem Bett zu mir, damit ich ihn töte!"

16 Als die Boten kamen, lag das Terafim im Bett, um seinen Kopf das Geflecht von Ziegenhaaren.

17 Da sagte Saul zu Michal: "Warum hast du mich so hintergangen und meinen Feind entkommen lassen, so daß er sich in Sicherheit brachte?" Michal erwiderte Saul: "Er drohte mir: Laß mich fort, sonst töte ich dich!"

 

David im Prophetenhaus in Rama

18 Nachdem David durch die Flucht entkommen war, begab er sich nach Rama zu Samuel und berichtete ihm alles, was Saul ihm angetan hatte. Dann ging er mit Samuel, und sie wohnten im Prophetenhaus.

19 Als Saul gemeldet wurde: "David ist im Prophetenhaus in Rama",

20 schickte Saul Boten aus, um David festnehmen zu lassen. Als diese die Schar der Propheten und Samuel an ihrer Spitze in Verzückung erblickten, kam der Geist Gottes auch über Sauls Sendlinge, und sie gerieten ebenfalls in Verzückung.

21 Als man Saul dies meldete, schickte er andere Boten, aber auch sie gerieten in Verzückung. Saul schickte nun ein drittes Mal Boten, aber auch diese gerieten in Verzückung.

22 Nun ging er selbst nach Rama. Als er zur großen Zisterne bei Sechu kam, fragte er: "Wo sind Samuel und David?" Man antwortete ihm: "Im Prophetenhaus in Rama."

23 Er ging also von dort zum Prophetenhaus in Rama. Aber auch über ihn kam der Geist Gottes, so daß er in Verzückung dahinging, bis er zum Prophetenhaus in Rama gelangte.

24 Auch er zog das Oberkleid aus und war vor Samuel verzückt. Den ganzen Tag und die ganze Nacht lag er entkleidet da. Deshalb pflegt man zu sagen: "Ist Saul auch unter den Propheten?"

 

Kapitel 20: Davids Heimkehr zu Jonatan

1 David floh nun aus dem Prophetenhaus in Rama und kehrte heim. Er sagte zu Jonatan: "Was habe ich verbrochen? Worin besteht meine Schuld und mein Vergehen gegen deinen Vater, daß er mir nach dem Leben trachtet?"

2 Er erwiderte ihm: "Das sei fern! Du wirst nicht sterben. Siehe, mein Vater tut nichts, mag es wichtig oder unwichtig sein, ohne es mir zu offenbaren. Warum sollte mein Vater mir dies verheimlichen? Es ist nichts daran."

3 Doch David beteuerte ihm wiederum: "Dein Vater weiß recht gut, daß du mich gern hast. Darum sagte er sich: Das soll Jonatan nicht erfahren, damit er sich nicht betrübt. Aber so wahr der Herr und du lebst, zwischen mir und dem Tod ist nur ein Schritt!"

4 Jonatan entgegnete dem David: "Wenn du etwas begehrst, will ich es dir tun."

 

Davids Vorschlag zur Ausforschung Sauls

5 Nun machte David dem Jonatan den Vorschlag: "Du weißt, morgen ist Neumond. Da muß ich mit dem König zu Tisch sitzen. Aber lasse mich gehen: Ich will mich auf dem Feld bis zum dritten Abend verbergen.

6 Sollte dein Vater mich vermissen, so sage ihm: David bat mich, in seine Vaterstadt Betlehem gehen zu dürfen. Dort findet nämlich das Jahresopfer für die ganze Familie statt.

7 Wenn er sagt: Gut, so ist dein Knecht ungefährdet. Gerät er aber in Zorn, so wisse, daß das Unheil bei ihm beschlossene Sache ist.

8 Dann erweise deinem Knecht folgende Gnade – du hast ja deinen Knecht einen Bund des Herrn mit dir schließen lassen: Liegt die Schuld an mir, so töte du mich, aber liefere mich nicht deinem Vater aus!"

9 Doch Jonatan erwiderte: "Mitnichten! Wenn ich erfahren sollte, daß von meinem Vater beschlossen ist, Unheil über dich zu bringen, so würde ich es dir ohne Zweifel mitteilen."

10 David entgegnete dem Jonatan: "Wer wird mir hinterbringen, ob dein Vater dir eine abweisende Antwort gegeben hat?"

11 Da sagte Jonatan zu David: "Komm, laß uns aufs Feld hinausgehen!" Als beide aufs Feld hinausgegangen waren,

12 sagte Jonatan zu David: "Beim Herrn, dem Gott Israels! Wenn ich morgen um diese Zeit oder übermorgen von meinem Vater Auskunft erhalte, daß es gut um David steht, und ich dann nicht zu dir schicke und es dir offenbare,

13 so möge der Herr den Jonatan dafür büßen lassen. Sollte aber mein Vater Unheil über dich bringen wollen, so werde ich es dir auch offenbaren und dich ziehen lassen. Ungefährdet wirst du gehen. Der Herr wird mit dir sein, wie er mit meinem Vater war.

14 Wenn ich dann noch am Leben bin, so erweise an mir die Barmherzigkeit des Herrn. Bin ich aber schon tot,

15 so entziehe meinem Haus niemals deine Gunst, auch dann nicht, wenn der Herr die Feinde Davids Mann für Mann vom Erdboden vertilgt.

16 Möchte dann Jonatan einen Bund haben mit dem Haus Davids, der Herr aber Rache nehmen an den Feinden Davids!"

17 Dann ließ Jonatan den David noch einmal schwören bei seiner Liebe zu ihm; denn er war ihm in herzlicher Liebe zugetan.

18 Hierauf sagte Jonatan zu ihm: "Morgen ist Neumond. Man wird dich vermissen, wenn dein Platz leer bleibt.

19 Übermorgen wird man dich aber erst recht vermissen. Dann begib dich an den Ort, wo du dich am Tag des Anschlags verbargst, und setze dich neben den Stein dort!

20 Ich werde drei Pfeile in seine Nähe schießen, als schösse ich nach einem Ziel.

21 Dann werde ich den Diener hinschicken mit den Worten: Geh, suche die Pfeile!

22 Rufe ich nun dem Diener zu: Die Pfeile liegen herwärts von dir, hole sie! – so komm, denn du bist ungefährdet, und es ist nichts, so wahr der Herr lebt. Rufe ich aber dem Knaben zu: Die Pfeile liegen hinwärts von dir! – so gehe, denn der Herr schickt dich fort.

23 Dessen, was wir, ich und du, miteinander besprochen haben, ist der Herr Zeuge zwischen mir und dir in Ewigkeit."

 

Das Festmahl bei Saul

24 Hierauf verbarg sich David auf dem Feld. Als der Neumond kam, setzte sich der König zum Mahl nieder.

25 Der König saß auf seinem gewöhnlichen Platz, auf dem Platz an der Wand. Jonatan hatte gegenüber Platz genommen, Abner saß neben Saul, Davids Platz aber blieb leer.

26 Saul sagte an diesem Tag nichts, weil er dachte: "Es ist ihm etwas begegnet, er wird nicht rein sein, weil er sich nicht hat reinigen lassen."

27 Als aber am zweiten Tag nach dem Neumond Davids Platz wieder leer blieb, fragte Saul seinen Sohn Jonatan: "Warum ist der Sohn Isais weder gestern noch heute zum Mahl gekommen?"

28 Jonatan antwortete dem Saul: "David hat sich von mir Urlaub nach Betlehem erbeten.

29 Er sagte: Laß mich gehen, denn wir haben ein Familienopfer in der Stadt. Mein Bruder hat mich eingeladen. Wenn du mir nun einen guten Dienst erweisen willst, so laß mich abkommen und meine Brüder besuchen! Darum ist er nicht an der Tafel des Königs erschienen."

30 Da geriet Saul in Zorn über Jonatan und sagte zu ihm: "Du ganz entarteter, widerspenstiger Mensch! Ich weiß wohl, daß du dem Isaisohn nachläufst zu deiner und deiner Mutter Schmach und Schande.

31 Denn solange der Sohn Isais auf Erden lebt, wirst weder du noch dein Königtum Bestand haben. Sofort schicke hin und lasse ihn zu mir holen; denn er ist ein Kind des Todes!""

32 Jonatan aber gab seinem Vater Saul zur Antwort: "Warum soll er sterben? Was hat er verbrochen?"

33 Da schwang Saul den Speer nach ihm, um ihn zu durchbohren. Nun erkannte Jonatan, daß der Tod Davids bei seinem Vater beschlossene Sache war.

34 In glühendem Zorn erhob sich Jonatan von der Tafel. Er aß am zweiten Neumondstag nichts; denn er grämte sich um David, weil sein Vater ihn beschimpft hatte.

 

Jonatan nimmt Abschied von David

35 Am Morgen ging Jonatan aufs Feld hinaus, gemäß der Verabredung mit David. Ein junger Diener begleitete ihn.

36 Er sagte zu seinem Diener: "Lauf und suche die Pfeile, die ich abschieße!" Während der Knabe hinlief, schoß er die Pfeile über ihn hinaus.

37 Als der Knabe an die Stelle kam, wo die Pfeile lagen, die Jonatan abgeschossen hatte, rief Jonatan dem Knaben nach: "Die Pfeile liegen hinwärts von dir!"

38 Dann rief Jonatan dem Knaben noch nach: "Rasch, eile dich! Halte dich nicht auf" Der Diener des Jonatan hob die Pfeile auf und brachte sie seinem Herrn.

39 Der Diener wußte von nichts, nur Jonatan und David wußten darum.

40 Jonatan übergab seine Geräte dem Diener, den er bei sich hatte, mit der Weisung: "Geh, bringe sie in die Stadt!"

41 Als der Diener gegangen war, erhob sich David im Hintergrund, warf sich mit dem Angesicht zur Erde nieder und verneigte sich dreimal. Darauf küßten sie einander und weinten, einer an den anderen geschmiegt; besonders David weinte gar bitterlich.

42 Jonatan sagte dann zu David: "Geh in Frieden! Was wir uns beide im Namen des Herrn zugeschworen haben, dafür ist der Herr Zeuge zwischen mir und dir, zwischen meinen und deinen Nachkommen, in Ewigkeit!"

 

Kapitel 21: Davids Wanderleben in Juda und den Nachbargebieten

David in Nob

1 Hierauf machte sich David auf und ging. Jonatan aber kehrte in die Stadt zurück.

2 David begab sich nach Nob zum Priester Ahimelech. Ahimelech kam David freudig entgegen und fragte ihn: "Warum kommst du allein? Weshalb ist niemand bei dir?"

3 David antwortete dem Priester Ahimelech: "Der König hat mir einen Auftrag gegeben und zu mir gesagt: Niemand darf etwas von der Sache wissen, derentwegen ich dich sende und die ich dir aufgetragen habe. Deshalb habe ich die Leute an den und den Ort bestellt.

4 Was hast du gerade bei der Hand? Gib mir fünf Brote oder was sich sonst findet!"

5 Der Priester erwiderte David: "Ich habe kein gewöhnliches Brot zur Hand, nur heiliges Brot ist da.

6 Haben sich die Leute der Frauen enthalten?" David erwiderte dem Priester: "Gewiß! Frauen waren uns in letzter Zeit versagt. Als ich auszog, war der Leib der Diener rein, obwohl es ein gewöhnliches Unternehmen war. Gewiß sind sie heute am Leibe rein."

7 Daraufhin gab ihm der Priester heiliges Brot: denn es war kein anderes Brot da als nur die Schaubrote, die man von dem Angesicht des Herrn weggenommen hatte, um frisches Brot am Tag, wo sie weggenommen wurden, aufzulegen.

8 Damals hatte sich dort einer von den Dienern Sauls im Heiligen vor dem Herrn abgesondert, ein Edomiter namens Doëg, der Aufseher der Hirten Sauls.

9 David fragte Ahimelech: "Hast du hier nicht einen Speer oder ein Schwert? Ich konnte nämlich weder mein Schwert noch meine Waffen mitnehmen, weil der Auftrag des Königs große Eile hatte."

10 Der Priester antwortete: "Das Schwert des Philisters Goliat, den du im Terebinthental erschlagen hast, liegt, in ein Tuch eingewickelt, hinter dem Efod. Willst du es dir nehmen, so nimm es, ein anderes ist sonst nicht da." David erwiderte: "Seinesgleichen findet sich nicht. Gib es mir!"

 

David in Gat

11 Nun machte sich David auf und floh an jenem Tag vor Saul und begab sich zu Achisch, dem König von Gat.

12 Da sagten die Hofleute des Achisch zu ihm: "Das ist ja David, der König des Landes! Das ist ja der, von dem man beim Reigen sang: "Saul hat seine Tausend erschlagen, David aber seine Zehntausend."

13 David wurde durch diese Worte bedenklich und geriet in große Furcht vor Achisch, dem König von Gat.

14 Deshalb verstellte er sich vor ihnen und gebärdete sich in ihrer Gegenwart wie ein Rasender. Er kritzelte auf die Torflügel und ließ seinen Speichel in den Bart fließen.

15 Da sagte Achisch zu seinen Hofleuten: "Ihr seht doch, daß der verrückt ist. Warum bringt ihr ihn zu mir?

16 Fehlt es mir etwa an Verrückten, daß ihr ihn herbringt, damit er vor mir tobe? Soll der in mein Haus kommen?"

 

Kapitel 22: David in Adullam und Moab

1 So machte sich David von dort weg und flüchtete sich in die Höhle Adullam. Als dies seine Brüder und seine ganze Familie erfuhren, kamen sie dorthin zu ihm hinab.

2 Auch sammelten sich um ihn allerlei bedrängte, verschuldete und unzufriedene Leute, und er wurde ihr Hauptmann. Etwa 400 Mann schlossen sich ihm an.

3 Von dort ging David nach Mizpe-Moab und bat den König von Moab: "Dürften nicht mein Vater und meine Mutter bei euch bleiben, bis ich weiß, was Gott mit mir vorhat?"

4 So ließ er sie beim König von Moab. Sie blieben bei diesem, solange David auf der Bergfeste war.

5 Als aber der Prophet Gad zur David sagte: "Bleibe nicht auf der Bergfeste! Mache dich auf und gehe ins Land Juda!" – machte David sich auf und begab sich nach Jaar-Heret.

 

Sauls Frevel an den Priestern von Nob

Der Verrat des Doëg

6 Als Saul hörte, daß David und die Leute, die bei ihm waren, gesehen worden seien – Saul saß gerade in Gibea, unter der Tamariske auf der Höhe, den Speer in der Hand, während alle seine Diener bei ihm standen,

7 sagte Saul zu seinen Dienern, die ihn umgaben: "Hört, ihr Söhne Benjamins! Wird der Sohn Isais euch allen wohl auch Äcker und Weinberge schenken, wird er euch alle zu Obersten über tausend und hundert machen,

8 daß ihr euch alle gegen mich verschworen habt und niemand es mir angezeigt hat, als sich mein Sohn mit dem Sohn Isais zusammentat? Niemand von euch hatte Mitgefühl mit mir und sagte es mir, als mein Sohn meinen Knecht zur Feindschaft gegen mich aufwiegelte, so wie es jetzt ist."

9 Der Edomiter Doëg, der beim Hofstaat Sauls stand, nahm das Wort und sagte: "Ich sah, wie der Sohn Isais nach Nob zu Ahimelech, dem Sohn Ahitubs, kam.

10 Dieser befragte für ihn den Herrn und gab ihm Verpflegung. Auch das Schwert des Philisters Goliat gab er ihm."

 

Das Blutbad von Gibea

11 Daraufhin ließ der König den Priester Ahimelech, den Sohn Ahitubs, und dessen ganzes Geschlecht, die Priesterschaft von Nob, rufen. Als sie alle zum König gekommen waren,

12 sagte Saul: "Höre, Sohn Ahitubs!" Der antwortete: "Hier bin ich, Herr."

13 Saul fragte ihn: "Warum habt ihr euch gegen mich verschworen, du und der Sohn Isais? Du gabst ihm Brot und ein Schwert und befragtest Gott für ihn, so daß er als Feind gegen mich auftreten konnte, wie er es nun ist."

14 Ahimelech erwiderte dem König: "Wer ist unter allen deinen Dienern so bewährt wie David? Schwiegersohn des Königs, Oberst deiner Leibwache, geehrt in deinem Haus!

15 Habe ich an dem Tag Gott für ihn das erste Mal befragt? Mitnichten! Möge doch der König seinem Knecht und dessen ganzem Geschlecht nichts unterschieben. Denn dein Knecht hat von alledem auch nicht das geringste gewußt."

16 Doch der König entgegnete: "Du mußt sterben, Ahimelech, du und dein ganzes Geschlecht!"

17 Und der König gebot den Trabanten, die ihn umstanden: "Los! Macht die Priester des Herrn nieder! Denn auch sie haben David geholfen und haben mir keine Mitteilung gemacht, obwohl sie wußten, daß er auf der Flucht war." – Allein die Diener des Königs weigerten sich, Hand anzulegen, um die Priester des Herrn niederzustoßen.

18 Da befahl der König dem Doëg: "Los! Stoße du die Priester nieder!" Und der Edomiter Doëg trat herzu und machte die Priester nieder. Fünfundachtzig Männer, die das linnene Schulterkleid trugen, tötete er an jenem Tag.

19 Die Priesterstadt Nob schlug er mit der Schärfe des Schwertes, Männer und Frauen, Kinder und Säuglinge, Rinder, Esel und Schafe mit der Schärfe des Schwertes.

 

Abjatar rettet sich

20 Nur ein einziger Sohn Ahimelechs, des Sohnes Ahitubs, namens Abjatar, entkam und floh zu David.

21 Abjatar berichtete dem David: "Saul hat die Priester des Herrn ermorden lassen."

22 Da sagte David zu Abjatar: "Ich wußte damals, weil der Edomiter Doëg dort war, daß er es Saul verraten würde. Ich trage die Schuld an all den Menschenleben in deinem Geschlecht.

23 Bleibe bei mir! Fürchte dich nicht! Denn der muß mir nach dem Leben trachten, der dir nach dem Leben trachtet. Bei mir bist du in Sicherheit."

 

Kapitel 23: Davids Aufenthalt in der Wüste Juda

David befreit Keïla

1 Man berichtete David: "Die Philister belagern Keïla und plündern die Tennen."

2 David befragte den Herrn: "Soll ich hingehen und diese Philister schlagen?" Der Herr antwortete David: "Ziehe hin, schlage die Philister und befreie Keïla!"

3 Davids Leute aber sagten zu ihm: "Siehe, wir sind hier in Juda schon voller Angst, wie sollten wir noch nach Keïla gegen die Philisterscharen ziehen?"

4 David befragte den Herrn noch einmal, und der Herr antwortete ihm: "Mache dich auf und ziehe nach Keïla hinab, denn ich werde die Philister in deine Hand geben!"

5 Hierauf zog David mit seinen Leuten nach Keïla, griff die Philister an, trieb ihr Vieh weg und brachte ihnen eine schwere Niederlage bei. So befreite David die Einwohner von Keïla.

6 Als Abjatar, der Sohn Ahimelechs, zu David nach Keïla floh, hatte er das Efod mit sich gebracht.

 

Davids Flucht aus Keïla

7 Als man Saul die Nachricht brachte, David sei nach Keïla gezogen, dachte Saul: "Gott hat ihn mir in die Hände geliefert; denn er hat sich selbst eingeschlossen, indem er sich in eine Stadt mit Toren und Riegeln begeben hat!"

8 Saul bot daher das ganze Volk zum Krieg auf, um nach Keïla hinabzuziehen und David und dessen Leute einzuschließen.

9 Als David erfuhr, daß Saul Böses gegen ihn im Schilde führe, bat er den Priester Abjatar: "Bringe das Efod herbei!"

10 Dann sagte David: "Herr Gott Israels! Dein Knecht hat erfahren, daß Saul nach Keïla zu ziehen beabsichtigt, um die Stadt meinetwegen zu vernichten.

11 Werden mich die Bewohner von Keïla ihm ausliefern? Wird Saul herabkommen, wie dein Knecht vernommen hat? Herr, Gott Israels, tue es deinem Knecht kund!" Der Herr antwortete: "Er wird herabkommen."

12 David fragte weiter: "Werden die Bewohner von Keïla mich und meine Leute an Saul ausliefern?" Der Herr gab zur Antwort: "Sie werden euch ausliefern."

13 Da machte sich David mit seinen Leuten, etwa 600 Mann, auf. Sie verließen Keïla und streiften da und dort umher. Als Saul gemeldet wurde, David sei aus Keïla entkommen, gab er den Zug auf.

 

David in der Wüste Sif und Maon

14 David hielt sich in der Wüste auf den Berghöhen auf, besonders weilte er auf dem Gebirge in der Wüste Sif. Saul suchte nach ihm die ganze Zeit, aber Gott ließ David nicht in seine Hände fallen.

15 David wußte, daß Saul ausgezogen war, ihm nach dem Leben zu trachten. Während sich David zu Horescha in der Wüste Sif befand,

16 machte sich Sauls Sohn Jonatan auf, ging zu David nach Horescha und ermutigte ihn in Gott,

17 indem er zu ihm sagte: "Fürchte dich nicht! Denn die Hand meines Vaters Saul wird dich nicht treffen, sondern du wirst König über Israel werden, und ich werde nach dir der zweite sein. Auch mein Vater Saul weiß dies."

18 Dann schlossen beide einen Bund vor dem Herrn. David blieb in Horescha, während Jonatan heimkehrte.

19 Eines Tages kamen Sifiter zu Saul nach Gibea und meldeten: "David hält sich bei uns auf den Berghöhen bei Horescha verborgen, auf dem Hügel Hachila, der südlich von der Wüste liegt.

20 So komm denn herab, o König, sobald es dir beliebt! Unsere Sache wird es dann sein, ihn in die Gewalt des Königs zu bringen."

21 Saul antwortete: "Seid gesegnet vom Herrn, weil ihr mir Teilnahme bewiesen habt.

22 Geht nun hin, paßt noch genauer auf und erkundet sorgfältig seinen Aufenthaltsort und wer ihn dort gesehen hat. Denn man sagte mir, er sei sehr schlau.

23 Erkundet genau sämtliche Schlupfwinkel, in denen er sich versteckt hält! Dann kehrt bestimmt zu mir zurück! Ich gehe dann mit euch, und wenn er noch im Land ist, werde ich ihn ausfindig machen unter allen Tausendschaften Judas."

24 Sie brachen auf und gingen dem Saul voran nach Sif. David befand sich damals mit seinen Leuten in der Wüste Maon, in der Steppe südlich von Jeschimon.

25 Nun rückte auch Saul mit seinen Leuten aus, ihn aufzusuchen. Sobald man es David hinterbrachte, zog er weiter hinunter zu den Felsen in der Wüste Maon.

26 Saul zog auf der einen Seite des Gebirges, David mit seinen Leuten auf der anderen. David beeilte sich, dem Saul zu entrinnen, während Saul mit seinen Leuten gerade im Begriff war, David und dessen Leute zu umzingeln, um sie gefangenzunehmen.

27 Da traf ein Bote bei Saul ein und meldete: "Komm eilends! Die Philister sind ins Land eingefallen."

28 Daraufhin stand Saul von der Verfolgung Davids ab und zog gegen die Philister. Darum nennt man jenen Ort "Fels der Trennung".

 

Kapitel 24: Davids Ehrfurcht vor dem Gesalbten des Herrn

1 Von dort zog David hinauf und hielt sich auf den Berghöhen von En-Gedi auf.

2 Als Saul von der Verfolgung der Philister zurückgekehrt war, meldete man ihm: "David ist jetzt in der Wüste von En-Gedi."

3 Da nahm Saul 3.000 auserlesene Leute aus ganz Israel und brach auf, David und dessen Leute östlich von den Steinbockfelsen zu suchen.

4 Als er zu den Schafhürden am Weg kam, war dort eine Höhle. Saul begab sich hinein, um seine Notdurft zu verrichten. David und seine Leute aber hatten sich hinten in der Höhle niedergelassen.

5 Davids Leute sagten zu ihm: "Siehe, das ist der Tag, von dem der Herr dir gesagt hat: Wohlan! Ich will deinen Feind dir in die Hände liefern, daß du mit ihm verfährst, wie es dir beliebt." David stand auf und schnitt unbemerkt einen Zipfel von Sauls Mantel ab.

6 Doch nachher schlug David das Gewissen, daß er Saul den Zipfel abgeschnitten hatte,

7 und er sagte zu seinen Leuten: "Der Herr bewahre mich, daß ich meinem Herrn, dem Gesalbten des Herrn, so etwas antue und mich an ihm vergreife! Er ist doch der Gesalbte des Herrn."

8 Und David tadelte seine Leute und erlaubte ihnen nicht, Saul ein Leid anzutun. – Als Saul die Höhle verlassen hatte und seines Weges weiterzog,

9 machte sich David alsbald auf, trat aus der Höhle und rief hinter Saul her: "Mein Herr und König!" Als Saul sich umwandte, warf sich David mit dem Angesicht zur Erde nieder und huldigte ihm.

10 Dann rief David dem Saul zu: "Warum hörst du auf die Reden der Leute, die sagen, David sinne auf dein Verderben?

11 Siehe, am heutigen Tag hast du mit eigenen Augen gesehen, daß der Herr dich heute in der Höhle in meine Hand gegeben hatte. Man redete mir zu, dich zu töten. Doch ich schonte deiner und sagte: Ich will mich nicht an meinem Herrn vergreifen, denn er ist der Gesalbte des Herrn.

12 Sieh doch, mein Vater, sieh hier den Zipfel deines Mantels in meiner Hand! Daran, daß ich nur den Zipfel deines Mantels abschnitt und dich nicht tötete, kannst du deutlich erkennen, daß ich nicht an Bosheit und Verrat denke und mich an dir nicht vergehe, obwohl du mir nach dem Leben trachtest.

13 Der Herr sei Richter zwischen mir und dir, der Herr räche mich an dir – meine Hand aber wird sich nicht an dir vergreifen.

14 Schon das alte Sprichwort sagt: 'Nur von Frevlern geht Frevel aus'. Aber meine Hand wird nicht wider dich sein.

15 Hinter wem zieht denn Israels König her? Wem jagst du nach? Einem toten Hund? Einem Floh?

 

Sauls Gesinnungswandel

16 So sei denn der Herr Richter und entscheide zwischen mir und dir! Er sehe nach dem Rechten, führe meine Sache und verschaffe mir Recht gegen dich!"

17 Als David mit dieser Rede an Saul zu Ende war, rief Saul: "Das ist ja deine Stimme, mein Sohn David!" Und Saul fing laut zu weinen an.

18 Er sagte zu David: "Du bist besser als ich; denn du erwiesest mit Gutes, während ich dir Böses tat.

19 Du hast mich nicht getötet, obwohl der Herr mich in deine Hand gegeben hat.

20 Wenn jemand seinen Feind trifft, läßt er ihn da friedlich seines Weges ziehen? Der Herr erweise dir Gutes für das, was du heute an mir getan hast.

21 Nun weiß ich gewiß, daß du König wirst und daß durch dich das Reich Israel Bestand haben wird.

22 So schwöre mir jetzt beim Herrn, daß du meine Nachkommen nach meinem Tod nicht ausrotten und meinen Namen aus meinem Vaterhaus nicht austilgen wirst."

23 David schwur es dem Saul zu. Dann kehrte Saul heim, während David sich mit seinen Leuten auf die Berghöhe begab.

 

Kapitel 25: Samuels Tod

1 Da starb Samuel. Ganz Israel versammelte sich und hielt ihm die Totenklage. Man begrub ihn bei seinem Haus in Rama. – Eines Tages machte sich David auf und zog in die Wüste Paran hinab.

 

Davids Auseinandersetzungen mit Nabal

Nabals Übermut gegen David

2 In Maon lebte ein Mann, der sein Anwesen in Karmel hatte. Der Mann war sehr reich. Er besaß 3.000 Schafe und 1.000 Ziegen. Er war gerade in Karmel mit der Schafschur beschäftigt.

3 Der Mann hieß Nabal, seine Frau Abigajil. Die Frau war klug und sehr schön, der Mann dagegen roh und bösartig, ein echter Kalebiter.

4 Als nun David in der Wüste vernahm, daß Nabal seine Schafe schere,

5 sandte er zehn Leute hin. David gab den Leuten den Auftrag: "Geht nach Karmel hinauf, begebt euch zu Nabal, grüßt ihn von mir

6 und sagt bei der Begrüßung: "Heil dir, Heil deinem Haus und Heil allem, was du besitzest!

7 Ich habe da gehört, daß du Schafschur hältst. Deine Hirten nun haben sich unter uns aufgehalten. Wir haben ihnen nie etwas zuleide getan. Nie wurde etwas von ihnen vermißt, solange sie in Karmel waren.

8 Frage nur deine Knechte, sie können es dir bestätigen. Darum sei gut zu den Leuten! Wir kommen ja zu einem Festtag. Gib also deinen Knechten und deinem Sohn David, soweit es dir reicht!"

9 Als Davids Leute hinkamen, sagten sie Nabal all dies im Namen Davids. Dann warteten sie.

10 Aber Nabal gab Davids Leuten zur Antwort: "Wer ist David? Wer ist der Sohn Isais? Heutzutage gibt es genug Knechte, die ihren Herren davonlaufen.

11 Soll ich mein Brot, mein Wasser und mein Schlachtvieh, das ich für meine Scherer geschlachtet habe, nehmen und es Leuten geben, von denen ich nicht einmal weiß, woher sie gekommen sind?"

 

Davids Zug gegen Nabal

12 Davids Leute machten sich auf den Rückweg und kehrten heim. Als sie zu David kamen, berichteten sie ihm den ganzen Vorfall.

13 Sofort befahl David seinen Leuten: "Ein jeder gürte sein Schwert um!" Jeder gürtete sein Schwert um; auch David legte sein Schwert an. Dann zogen sie unter Davids Führung aus, etwa 400 Mann; 200 blieben beim Gepäck.

 

Abigajils Beschwichtigungsversuch

14 Inzwischen brachte einer von den Knechten der Frau Nabals, Abigajil, die Kunde: "Eben hat David aus der Wüste Boten hergeschickte, um unseren Herrn grüßen zu lassen; der aber hat sie angefahren.

15 Die Leute waren doch sehr gut gegen uns. Sie haben uns nichts zuleide getan. Nie haben wir etwas vermißt, solange wir in ihrer Nähe umherzogen, wenn wir auf dem Feld waren.

16 Sie waren eine Mauer um uns bei Tag und Nacht, solange wir in ihrer Nähe die Schafe hüteten.

17 Überlege nun und sieh zu, was du tun willst; denn unserem Herrn und seinem ganzen Haus steht sicher Unheil bevor. Er selbst ist viel zu bösartig, als daß man mit ihm reden könnte."

18 Eilends nahm Abigajil 200 Brote, zwei Schläuche Wein, fünf zubereitete Schafe, fünf Maß Röstkorn, 100 getrocknete Trauben und 200 Feigenkuchen, lud alles auf Esel

19 und befahl ihren Knechten, ohne ihrem Mann Nabal etwas zu sagen: "Geht mir voraus; ich komme euch gleich nach!"

20 Als sie auf dem Esel, vom Berg gedeckt, abwärts ritt, kam gerade David mit seinen Leuten herunter, ihr entgegen. So traf sie mit diesen zusammen.

21 Eben dachte David: "Umsonst habe ich diesem Menschen seinen ganzen Besitz in der Wüste gehütet. Nie wurde etwas von all seiner Habe vermißt. Nun vergilt er Gutes mit Bösem.

22 Dies und das möge Gott den Feinden Davids antun, wenn ich von allem, was ihm gehört, bis zum Morgengrauen etwas Männliches übriglasse!"

23 Als Abigajil den David erblickte, stieg sie eilends vom Esel, warf sich vor David auf ihr Angesicht nieder und verneigte sich tief.

24 Dann fiel sie ihm zu Füßen und rief: "Ich will die Schuld auf mich nehmen, mein Herr. Laß, bitte, deine Magd vor dir reden! Schenke den Worten deiner Magd Gehör!

25 Mein Herr, gib nichts auf diesen bösartigen Menschen, den Nabal; denn was sein Name besagt, das ist er: 'Tor' heißt er, und voll Torheit ist er. Ich, deine Magd, habe die Leute nicht gesehen, die du, mein Herr, gesandt hast.

26 Nun denn, mein Herr, so wahr der Herr lebt und so wahr du lebst: Der Herr hat dich davor bewahrt, in Blutschuld zu geraten und dir eigenmächtig Recht zu verschaffen. Möge es wie Nabal denen ergehen, die dir feind sind und gegen dich, mein Herr, Böses sinnen.

27 Dieses Geschenk nun, das deine Magd dir, mein Herr, mitgebracht hat, ist für die Leute bestimmt, die dir, mein Herr, auf deinen Zügen folgen.

28 Vergib deiner Magd ihr Vergehen! Der Herr wird dir, mein Herr, ein Haus gründen, das Bestand hat, weil du, mein Herr, die Kämpfe des Herrn kämpfst. So möge sich denn kein Unrecht an dir finden, solange du lebst!

29 Wenn jemand sich erhebt, dich zu verfolgen und dir nach dem Leben zu trachten, so möge dein Leben, mein Herr, unantastbar bewahrt liegen im Beutel des Lebens beim Herrn, deinem Gott! Das Leben deiner Feinde hingegen möge er in die Schleuderpfanne legen!

30 Wenn dann der Herr dir, meinem Herrn, all das Gute geben wird, das er verheißen hat, und dich zum Fürsten über Israel bestellt,

31 dann wird es dir, mein Herr, nicht zum Anstoß und zur Gewissensnot gereichen, daß du grundlos Blut vergossen und dir, mein Herr, eigenmächtig Recht verschafft hast. Wenn dann der Herr dir, mein Herr, Glück verleiht, so gedenke auch deiner Magd!"

32 David erwiderte der Abigajil: "Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels, der dich jetzt mir entgegenschickt!

33 Gepriesen sei deine Klugheit, und gepriesen seist du selbst, die du mich jetzt davon zurückhieltest, in Blutschuld zu geraten und mir eigenmächtig Recht zu verschaffen.

34 Denn so wahr der Herr, der Gott Israels, lebt, der mich davor bewahrt hat, dir ein Leid anzutun: Wenn du mir nicht eilends entgegengekommen wärest, so wäre dem Nabal bis zum Morgengrauen nichts Männliches übriggeblieben!"

35 Hierauf nahm David aus ihrer Hand an, was sie ihm mitgebracht hatte, und sagte zu ihr: "Kehre in Frieden nach Hause zurück! Siehe, ich schenke dir Gehör und nehme Rücksicht auf dich."

 

Nabals Tod

36 Als Abigajil zu Nabal heimkam, hielt er gerade ein Gastmahl in seinem Haus, ein geradezu königliches Gelage. Nabal war in bester Stimmung und schon schwer berauscht. Daher erzählte sie ihm nicht das Geringste, bis der Morgen anbrach.

37 Am Morgen aber, als Nabals Rausch verflogen war, teilte ihm seine Frau mit, was sich begeben hatte. Da erstarb ihm das Herz im Leib, und er wurde wie ein Stein.

38 Nach etwa zehn Tagen schlug der Herr den Nabal, daß er starb.

39 Als David hörte, daß Nabal tot sei, rief er aus: "Gepriesen sei der Herr, der die mir von Nabal zugefügte Beschimpfung gerächt und mich, seinen Knecht, vom Bösen zurückgehalten hat. Der Herr ließ Nabals Bosheit auf diesen selbst zurückfallen!" Eines Tages sandte David hin und warb um Abigajil, um sie sich zur Frau zu nehmen.

40 Davids Leute kamen zu Abigajil nach Karmel und warben um sie mit den Worten: "David schickt uns zu dir; er möchte dich zur Frau nehmen."

41 Da erhob sie sich, verneigte sich mit dem Antlitz bis zur Erde und sagte: "Deine Magd ist gern bereit, deine Sklavin zu sein und den Knechten meines Herrn die Füße zu waschen."

 

Davids Frauen

42 Dann erhob sich Abigajil eilends und bestieg den Esel. Ihre fünf Mägde begleiteten sie. So folgte sie den Boten Davids und wurde seine Frau.

43 Aus Jesreel holte sich David die Ahinoam. So wurden sie beide seine Frauen.

44 Saul hatte unterdessen seine Tochter Michal, Davids Frau, dem Palti, dem Sohn des Lajisch aus Gallim, gegeben.

 

Kapitel 26: David verschont Saul zum zweitenmal

David im Lager Sauls

1 Die Sifiter kamen zu Saul nach Gibea und meldeten: "David hält sich auf der Anhöhe von Hachila gegenüber von Jeschimon versteckt."

2 Da machte sich Saul auf den Weg und zog in die Wüste Sif hinab mit 3.000 auserlesenen Israeliten, um nach David in der Wüste Sif zu suchen.

3 Saul lagerte sich auf der Anhöhe von Hachila, das am Rand der Wüste an der Straße liegt, während David sich in der Wüste aufhielt. Als er gewahrte, daß Saul ihm in die Wüste nachzog,

4 schickte David Kundschafter aus und erfuhr, daß Saul schon da sei.

5 Nun machte sich David auf und gelangte an den Ort, wo Saul lagerte. David konnte den Platz sehen, an dem Saul mit seinem Feldherrn Abner, dem Sohn Ners, lag. Saul lag nämlich in der Wagenburg, während das Kriegsvolk rings um ihn lagerte.

6 Da wandte sich David an den Hetiter Ahimelech und an Abischai, den Sohn der Zeruja, den Bruder Joabs, mit der Frage: "Wer will mit mir zu Saul ins Lager hinuntergehen?" Abischai antwortete: "Ich steige mit dir hinab."

7 Also schlichen sich David und Abischai des Nachts zu den Leuten (Sauls). Saul lag schlafend in der Wagenburg. Sein Speer steckte zu seinen Häupten im Boden. Abner und das Kriegsvolk lagen rings um ihn.

8 Abischai sagte zu David: "Heute hat Gott deinen Feind dir in die Hände geliefert. So will ich ihn mit seinem Speer durch einen einzigen Stoß an den Boden spießen. Ich brauche keinen zweiten."

9 David aber erwiderte dem Abischai: "Bringe ihn nicht um! Denn wer hätte je an den Gesalbten des Herrn Hand angelegt und wäre ungestraft geblieben?"

10 "So wahr der Herr lebt", fuhr David fort, "entweder schlägt ihn der Herr, oder es kommt sein Tag, wo er sterben muß, oder er zieht in den Krieg und wird hinweggerafft.

11 Aber der Herr bewahre mich davor, mich an dem Gesalbten des Herrn zu vergreifen! Nimm also den Speer zu seinen Häupten und die Wasserschale! Dann laßt uns gehen!"

12 So nahm David den Speer und die Wasserschale zu Sauls Häupten weg, und sie entfernten sich, ohne daß jemand es sah oder merkte oder erwachte, vielmehr schliefen alle, weil ein tiefer, vom Herrn gesandter Schlaf über sie gekommen war.

 

Davids Worte an Abner und Saul

13 David ging dann auf die gegenüberliegende Seite und stellte sich in einiger Entfernung auf den Gipfel des Berges, so daß ein großer Zwischenraum zwischen ihnen war.

14 Nun rief David dem Kriegsvolk und Abner, dem Sohn Ners, also zu: "Gibst du keine Antwort, Abner?" Abner erwiderte: "Wer bist du, daß du den König aufstörst?"

15 David erwiderte dem Abner: "Du bist doch ein Mann. Niemand kommt dir in Israel gleich. Warum gibst du auf deinen Herrn, den König, nicht acht? Es hat sich jemand eingeschlichen, um den König, deinen Herrn, zu ermorden.

16 Das macht dir keine Ehre, was du da getan hast. So wahr der Herr lebt, ihr habt den Tod verdient, weil ihr auf euren Herrn, den Gesalbten des Herrn, nicht achtgegeben habt. Schau doch nach des Königs Speer und der Wasserschale zu seinen Häupten!"

17 Da erkannte Saul die Stimme Davids und rief aus: "Ist das nicht deine Stimme, mein Sohn David?" David erwiderte: "Ja, mein Herr und König."

18 Er fuhr fort: "Warum verfolgt mein Herr seinen Knecht? Was habe ich getan? Welches Unrecht klebt an meiner Hand?

19 Möchte doch mein Herr und König jetzt den Worten seines Dieners Gehör schenken! Wenn der Herr dich gegen mich aufreizt, so soll er Opfer bekommen. Wenn es aber Menschen sind, so seien sie verflucht vor dem Herrn, weil sie mich jetzt vertreiben, daß ich nicht Anteil haben soll am Erbbesitz des Herrn, indem sie sagen: Geh! Diene anderen Göttern!

20 Nein! Mein Blut soll nicht fern vom Angesicht des Herrn zur Erde fließen; denn der König von Israel macht Jagd auf einen Floh, wie man auf den Bergen das Rebhuhn jagt."

 

Saul geht in sich

21 Saul antwortete: "Ich habe unrecht getan. Kehre zurück, mein Sohn David! Denn ich will dir nie mehr ein Leid antun, weil mein Leben heute kostbar war in deinen Augen. Siehe, ich habe töricht gehandelt und mich schwer vergangen."

22 David erwiderte darauf: "Hier ist der Speer des Königs. Einer von den Dienern soll herüberkommen und ihn holen.

23 Der Herr vergilt jedem seine Gerechtigkeit und Treue. Der Herr hat dich heute in meine Hand gegeben. Ich aber wollte meine Hand nicht an den Gesalbten des Herrn legen.

24 Siehe, wie heute dein Leben wertvoll war in meinen Augen, so möge mein Leben wertvoll sein in den Augen des Herrn. Er rette mich aus aller Not!"

25 Da rief Saul dem David zu: "Sei gesegnet, mein Sohn David! Du wirst es ausführen und Erfolg haben." Hierauf ging David seines Weges, Saul aber kehrte nach Hause zurück.

 

Kapitel 27: David bei den Philistern

David bei Achisch

1 David sagte sich: "Eines Tages werde ich doch durch Sauls Hand hinweggerafft. Es bleibt mir nichts Besseres übrig, als in das Land der Philister zu fliehen. Dann wird Saul davon abstehen, mich noch weiter im ganzen Gebiet Israels zu suchen, und ich bin seiner Hand entronnen."

2 So machte sich denn David auf und zog mit den 600 Mann, die er bei sich hatte, zu Achisch, dem Sohn des Maoch, dem König von Gat.

3 David nahm seinen Wohnsitz bei Achisch in Gat, er und seine Leute, ein jeder mit seiner Familie, David mit seinen beiden Frauen, Ahinoam von Jesreel und Abigajil, der Frau Nabals, aus Karmel.

4 Als Saul die Nachricht erhielt, David sei nach Gat geflohen, verfolgte er ihn nicht weiter.

 

David in Ziklag

5 David sagte nun zu Achisch: "Habe ich Gnade gefunden in deinen Augen, so weise man mir zum Aufenthaltsort eine der Landstädte an, damit ich dort wohnen kann. Wozu soll dein Knecht bei dir in der Königsstadt wohnen?"

6 Da gab ihm Achisch an diesem Tag Ziklag. Ziklag gehört daher den Königen von Juda bis auf den heutigen Tag.

7 Die Zeit, die David im Land der Philister zubrachte, betrug zwei Jahre und vier Monate.

8 David zog nun mit seinen Leuten hinauf. Sie machten Einfälle bei den Geschuritern, Geresitern und den Amalekitern; denn das waren von alters her die Bewohner des Landes bis nach Schur und Ägypten hin.

9 Sooft David in das Land einfiel, ließ er weder Männer noch Frauen am Leben, nahm Schafe, Rinder, Esel, Kamele und Kleidungsstücke weg, machte kehrt und begab sich wieder zu Achisch.

10 Wenn Achisch dann fragte: "Wo seid ihr diesmal eingebrochen?", so antwortet David: "Im Süden von Juda" oder "Im Süden der Jerachmeëliter" oder "Im Süden der Keniter."

11 Die Männer und Frauen ließ David deshalb nicht am Leben, um sie nicht nach Gat bringen zu müssen; denn er dachte: "Sie sollen nicht gegen uns aussagen: So und so hat es David gemacht." Dieses Verfahren beobachtete David die ganze Zeit, die er im Gebiet der Philister zubrachte.

12 Achisch schenkte dem David Vertrauen, weil er dachte: "Er hat sich bei seinem Volk in Israel in Verruf gebracht. So wird er mir für immer Knecht sein."

 

Kapitel 28: Sauls Bedrängnis durch die Philister

1 In Jener Zeit zogen die Philister ihr Heer zu einem Kriegszug zusammen, um Israel anzugreifen. Achisch sagte zu David: "Wisse, daß du mit deinen Leuten mit mir ins Feldlager ziehen mußt."

2 David erwiderte dem Achisch: "Gut, nun wirst du sehen, was dein Knecht zu leisten vermag." Achisch entgegnete dem David: "Gut, ich mache dich für allezeit zu meinem Beschützer."

3 Samuel war gestorben, und ganz Israel hatte ihm die Trauerklage gehalten. Sie begruben ihn in seiner Stadt Rama. Saul aber hatte die Totenbeschwörer und Wahrsager aus dem Land verwiesen.

4 Als nun die Philister sich sammelten, heranrückten und bei Schunem das Lager bezogen, sammelte auch Saul ganz Israel. Die Israeliten lagerten auf dem (Bergland von) Gilboa.

5 Als Saul das Lager der Philister erblickte, geriet er in Angst und erschrak sehr.

6 Daher befragte Saul den Herrn. Aber der Herr gab ihm keine Antwort, weder durch Träume, noch durch die Urim, noch durch die Propheten.

7 Saul gab nun seinen Dienern den Befehl: "Sucht mir eine Frau, die die Toten beschwört! Ich will zu ihr gehen und sie befragen." Seine Diener antworteten ihm: "Siehe, in En-Dor ist eine Frau, die Tote beschwören kann."

 

Saul bei der Totenbeschwörerin

8 So machte sich denn Saul unkenntlich, zog andere Kleider an und begab sich in Begleitung von zwei Männern auf den Weg. Als sie in der Nacht bei der Frau angekommen waren, sagte er: "Wahrsage mir durch Totenbeschwörung und lasse mir den heraufkommen, den ich dir nenne!"

9 Die Frau erwiderte ihm: "Du weißt ja selbst, was Saul tat: Er hat die Totenbeschwörer und Wahrsager im Land ausgerottet. Warum stellst du mir eine Falle, um mich ums Leben zu bringen?"

10 Doch Saul schwur ihr beim Herrn. "So wahr der Herr lebt, es soll dich in diesem Fall keine Schuld treffen!"

11 Nun fragte ihn die Frau: "Wen soll ich dir heraufkommen lassen?" Er antwortete: "Laß mir Samuel heraufkommen."

12 Als die Frau Samuel sah, schrie sie laut auf. "Warum hast du mich betrogen?", rief die Frau Saul zu, "du bist ja selbst Saul."

13 Der König erwiderte ihr: "Fürchte dich nicht! Was siehst du denn?" Die Frau antwortet dem Saul: "Ein übermenschliches Wesen sah ich aus der Erde heraufkommen."

14 Er fragte sie: "Wie sieht es aus?" Sie antwortete: "Ein alter Mann steigt herauf, in einen Mantel gehüllt!" Daraus schloß Saul, daß es Samuel sei. Er neigte sich mit dem Antlitz zur Erde und warf sich nieder.

15 Samuel aber fragte den Saul: "Warum hast du meine Ruhe gestört und mich heraufkommen lassen?" Saul erwiderte: "Ich bin in großer Not. Die Philister stehen im Krieg gegen mich. Gott aber hat sich von mir gewandt und antwortet mir nicht mehr, weder durch Propheten noch durch Träume. Darum ließ ich dich rufen. Künde mir, was ich tun soll!"

16 Samuel antwortete: "Was fragst du mich, wenn sich der Herr von dir gewandt hat und dein Feind geworden ist?

17 Der Herr hat dir nur getan, was er durch mich vorhersagen ließ. Der Herr entreißt deiner Hand das Königtum und gibt es deinem Nebenbuhler David.

18 Weil du auf des Herrn Gebot nicht hörtest und seinen grimmigen Zorn an Amalek nicht vollstrecktest, deshalb tut der Herr dir dies heute.

19 Auch Israel gibt der Herr mit dir in die Gewalt der Philister. Morgen wirst du mit deinen Söhnen bei mir sein. Auch das Lager Israels wird der Herr in die Gewalt der Philister geben."

20 Da fiel Saul plötzlich seiner ganzen Länge nach auf den Boden, so sehr fürchtete er sich wegen der Worte Samuels. Auch hatte er ohnehin keine Kraft mehr, weil er den ganzen Tag und die ganze Nacht nichts zu sich genommen hatte.

21 Als die Frau zu Saul herantrat und sah, wie sehr er außer Fassung geraten war, sagte sie zu ihm: "Siehe, deine Magd hat dir gehorcht. Ich habe mein Leben aufs Spiel gesetzt und den Befehl befolgt, den du mir gabst.

22 So schenke nun auch du deiner Magd Gehör! Ich will dir einen Bissen Brot geben. Den iß, damit du zu Kräften kommst und deines Weges ziehen kannst."

23 Er aber weigerte sich und sagte: "Ich kann nichts essen." Da nun auch seine Diener samt der Frau in ihn drangen, schenkte er ihnen Gehör, stand vom Boden auf und ließ sich auf das Polster nieder.

24 Die Frau hatte ein Mastkalb im Haus. Dieses schlachtete sie eilends. Dann nahm sie Mehl, knetete es und buk Kuchen.

25 Dies setzte sie Saul und seinen Dienern vor. Nachdem sie gegessen hatten, machten sie sich auf und gingen in derselben Nacht fort.

 

Kapitel 29: Argwohn der Philister gegen David

1 Die Philister zogen ihre ganze Heeresmacht bei Afek zusammen, während Israel bei der Quelle lagerte, die in Jesreel liegt.

2 Als nun die Philisterfürsten mit ihren Hunderten und Tausenden heranrückten und auch David zuletzt mit seinen Leuten an Achisch vorüberzog,

3 sagten die Fürsten der Philister: "Was wollen diese Hebräer da?" Achisch erwiderte den Philisterfürsten: "Das ist ja David, der Diener Sauls, des Königs von Israels. Er ist sei Jahr und Tag bei mir, ohne daß ich an ihm, seitdem er zu mir übertrat, bis heute etwas gefunden hätte."

4 Aber die Philisterfürsten wurden über ihn ungehalten und verlangten von ihm: "Schicke den Mann zurück! Er soll an den Ort zurückkehren, den du ihm angewiesen hast! Er soll nicht mit uns in den Krieg ziehen, damit er uns nicht in der Schlacht zum Verräter wird! Womit könnte er sich besser die Gunst seines Herrn wiedergewinnen als mit den Köpfen dieser Leute?

5 Ist das nicht jener David, dem zu Ehren man in Reigen sang: Saul erschlug seine Tausend, David aber seine Zehntausend?"

 

Davids Ausschluß vom Kampf

6 Nun ließ Achisch den David rufen und sagte zu ihm: "So wahr der Herr lebt, du bist aufrichtig. Mir wäre es lieb, wenn du im Heerbann mit mir aus- und einzögest. Ich habe ja, seitdem du zu mir übergetreten bist, bis heute nichts Unrechtes an dir gefunden. Aber den Fürsten bist du nicht erwünscht.

7 So kehre denn um und ziehe in Frieden heim! Tu nichts, was den Philisterfürsten mißfällt!"

8 David frage den Achisch: "Was habe ich denn getan, und was hast du an deinem Knecht gefunden, seit der Zeit, da ich in deinen Dienst trat, bis auf den heutigen Tag, daß ich nicht mitziehen und gegen die Feinde meines Herrn, des Königs, nicht kämpfen soll?"

9 Achisch aber gab David zur Antwort: "Ich weiß, daß du mir so lieb bist wie ein Engel Gottes. Jedoch die Fürsten der Philister erklären: Er soll nicht mit uns in den Krieg ziehen!

10 So mache dich denn frühmorgens auf mit den Knechten deines Herrn, die mit dir gekommen sind! In aller Frühe, sobald es Tag wird, macht euch auf und zieht ab!"

11 So machte sich denn David mit seinen Leuten am Morgen in aller Frühe auf, um in das Land der Philister zurückzukehren. Die Philister aber zogen hinauf nach der Stadt Jesreel.

 

Kapitel 30: Davids Sieg über die Amalekiter

Zerstörung Ziklags durch die Amalekiter

1 Als David mit seinen Leuten am dritten Tag nach Ziklag kam, waren die Amalekiter in das Südland und in Ziklag eingefallen und hatten Ziklag geplündert und niedergebrannt.

2 Die Frauen und alles, was darin war, jung und alt, hatten sie gefangen genommen, ohne jemand zu töten. Sie führten sie beim Abzug mit sich.

3 Als David mit seinen Leuten zu der Stadt kam, war sie in Asche gelegt und ihre Frauen, Söhne und Töchter gefangen fortgeschleppt.

4 David und seine Leute hoben laut zu weinen an, bis sie keine Kraft mehr zum Weinen hatten.

5 Auch die beiden Frauen Davids, Ahinoam aus Jesreel und Abigajil, die Frau Nabals, aus Karmel, waren gefangen fortgeschleppt worden.

6 David war in großer Not; denn die Leute sprachen davon, ihn zu steinigen, da das ganze Kriegsvolk wegen der Söhne und Töchter äußerst erbittert war. Doch David ermannte sich im Herrn, seinem Gott.

7 David befahl also dem Priester Abjatar, dem Sohn Ahimelechs: "Bringe mir das Efod!" – Abjatar brachte das Efod zu David.

8 Da fragte David den Herrn: "Soll ich dieser Räuberschar nachjagen, und werde ich sie einholen?" Er antwortete ihm: "Nimm die Verfolgung auf! Du wirst sie sicher einholen und die Leute befreien."

 

David verfolgt und schlägt die Amalekiter

9 David machte sich nun mit den 600 Mann, die er bei sich hatte, auf, und sie kamen bis zum Fluß Besor. Dort machten einige, die zurückblieben, halt.

10 David setzte mit 400 Mann die Verfolgung fort, während die 200 Mann, die zu müde waren, den Fluß Besor zu überschreiten, zurückblieben.

11 Auf dem Feld trafen sie einen Ägypter. Sie brachten ihn zu David, gaben ihm Brot zu essen und ließen ihn Wasser trinken.

12 Auch gaben sie ihm ein Stück Feigenkuchen und zwei Rosinentrauben. Er aß, und seine Lebensgeister kehrten zurück. Drei Tage und drei Nächte hatte er nämlich nichts gegessen und nichts getrunken.

13 David fragte ihn dann: "Wem gehörst du und woher bist du?" Er entgegnete: "Ich bin ein ägyptischer Jüngling, der Sklave eines Amalekiters. Mein Herr ließ mich im Stich, weil ich heute vor drei Tagen krank wurde.

14 Wir machten einen Einfall in den Süden der Kereter und in den von Juda, ebenso in den Süden von Kaleb, und haben Ziklag niedergebrannt."

15 David fragte ihn: "Willst du mich zu dieser Räuberschar hinführen?" Er antwortete: "Schwöre mir bei Gott, daß du mich weder töten noch meinem Herrn ausliefern willst, so will ich dich zu dieser Räuberschar hinführen."

16 Als er ihn nun hinführte, hatten sie sich über die ganze Gegend hin ausgebreitet. Sie aßen, tranken und feierten wegen all der großen Beute, die sie aus dem Philisterland und aus dem Land Juda geholt hatten.

17 David schlug sie vom Nachmittag bis zum Abend des folgenden Tages, so daß keiner von ihnen entkam außer 400 Knechten, die sich auf die Kamele geschwungen hatten und entflohen waren.

18 So rettete David alles, was die Amalekiter geraubt hatten. Auch seine beiden Frauen befreite David.

19 Nichts fehlte ihnen vom Größten bis zum Kleinsten, weder Söhne noch Töchter, auch nichts von der Beute. Was sie mit sich genommen hatten, brachte David alles zurück.

20 David erhielt alle Schafe und Rinder. Sie trieben sie vor der anderen Herde her und sagten: "Das ist Davids Beute!"

 

Davids Edelmut

21 Als David zu den 200 Mann zurückkam, die zu müde gewesen waren, um mit David weiterzuziehen, und die man am Fluß Besor zurückgelassen hatte, kamen sie David und seinen Leuten entgegen. David ging auf die Leute zu und begrüßte sie.

22 Da hoben allerlei böse und nichtsnutzige Leute unter den Männern, die mit David gezogen waren, an und sagten: "Weil sie nicht mit uns gezogen sind, geben wir ihnen auch nichts von der Beute, die wir gerettet haben, außer jedem seine Frau und seine Kinder. Die mögen sie mitnehmen und abziehen!"

23 Doch David sagte: "Meine Brüder, geht nicht so mit dem, was der Herr uns gegeben hat, um! Er hat uns beschützt und die Räuberbande, die bei uns eingefallen war, in unsere Gewalt gegeben.

24 Wer kann in dieser Sache eurer Ansicht sein? Nein, wie der Anteil dessen, der in den Kampf zog, so sei auch der Anteil dessen, der beim Gepäck blieb! Sie sollen gleichen Anteil haben!"

25 So blieb es fürderhin von jenem Tag an. Er machte es zu einer Satzung und zu einem Brauch in Israel bis auf den heutigen Tag.

 

David beschenkt Judas Städte

26 Als David nach Ziklag zurückkam, schickte er von der Beute an die Ältesten von Juda, die ihm freundlich gesinnt waren, und ließ sagen: "Hier ist ein Geschenk für euch aus der Beute von den Feinden des Herrn!"

27 an die von Bet-El, an die von Ramat-Negeb und an die in Jattir,

28 an die in Aroër, in Sifmot und Eschtemoa,

29 an die in Karmel, in den Städten der Jerachmeëliter und in den Städten der Keniter,

30 an die in Horma, in Bor-Aschan und in Atach,

31 an die in Hebron und an alle Orte, wo David mit seinen Leuten umhergezogen war.

 

Kapitel 31: Sauls Niederlage und Tod auf dem Gebirge Gilboa

1 Unterdessen war es zwischen den Israeliten und Philistern zur Schlacht gekommen. Die Männer Israels waren vor den Philistern geflohen, viele lagen erschlagen auf dem Gebirge Gilboa.

2 Die Philister setzten Saul und seinen Söhnen nach. Dabei erschlugen die Philister Sauls Söhne Jonatan, Abinadab und Malkischua.

3 Auch für Saul wurde der Kampf sehr schwer. Schließlich trafen ihn die Bogenschützen, und er wurde von den Schützen schwer verwundet.

4 Da befahl Saul seinem Waffenträger: "Zücke dein Schwert und durchbohre mich, damit nicht diese Unbeschnittenen kommen, mich durchbohren und ihren Mutwillen mit mir treiben!" Doch sein Waffenträger weigerte sich, weil er sich zu sehr fürchtete. So nahm denn Saul selbst das Schwert und stürzte sich hinein.

5 Als sein Waffenträger sah, daß Saul tot sei, stürzte auch er sich in sein Schwert und starb mit ihm.

6 So starben Saul, seine drei Söhne, sein Waffenträger und alle seine Mannen zugleich an jenem Tag.

7 Als die Männer Israels jenseits des Tales und des Jordans erfuhren, daß die Israeliten geflohen und Saul und seine Söhne tot seien, verließen sie ihre Städte und ergriffen die Flucht. Nun kamen die Philister und ließen sie darin nieder.

 

Die Schändung des Leichnams Sauls

8 Am anderen Morgen kamen die Philister, um die Erschlagenen auszuplündern. Als sie Saul und seine drei Söhne auf dem Gebirge Gilboa liegend fanden,

9 hieben sie ihm den Kopf ab und zogen ihm die Rüstung aus. Dann sandten sie im Philisterland umher, um ihren Götzentempeln und dem Volk die Siegesbotschaft zu verkünden.

10 Seine Rüstung legten sie im Tempel der Astarte nieder, und seinen Leichnam hängten sie an der Mauer von Bet-Schean auf.

 

Die Tat der Bewohner von Jabesch-Gilead

11 Als die Bewohner von Jabesch-Gilead erfuhren, was die Philister dem Saul angetan hatten,

12 machten sich alle wehrhaften Männer auf, marschierten die ganze Nacht hindurch und holten die Leiche Sauls und die Leichen seiner Söhne von der Mauer von Bet-Schean. Sie brachten sie nach Jabesch und verbrannten sie dort.

13 Dann nahmen sie ihre Gebeine, begruben sie unter der Tamariske zu Jabesch und fasteten sieben Tage.