Das Buch Amos

Kapitel 1:

Die Botschaft vom Ende

1 Die Reden des Amos, der zu den Viehzüchtern von Tekoa gehörte. Er weissagte über Israel in den Tagen des Königs Usija von Juda und in den Tagen des Jerobeam, des Sohnes des Joasch, des Königs von Israel, zwei Jahre vor dem Erdbeben.

 

Gerichtsankündigung

2 Er sprach: Der Herr brüllt von Zion her. Aus Jerusalem dröhnt seine Stimme. Da trauern die Auen der Hirten, der Gipfel des Karmel verdorrt.

 

Über die heidnischen Nachbarvölker

Über die Syrer

3 So spricht der Herr: "Wegen drei Frevel von Damaskus, ja wegen der vier, will ich es nicht wenden: Weil sie mit eisernen Schlitten Gilead droschen,

4 werfe ich Feuer in Hasaëls Haus, daß es fresse Ben-Hadads Burgen.

5 Ich zerbreche den Riegel von Damaskus. Ich vernichte Bikat-Awens Herrscher sowie Bet-Edens Zepterträger. Arams Volk muß wandern nach Kir!" – Der Herr hat es gesprochen.

 

Über die Philister

6 So spricht der Herr: "Wegen drei Frevel von Gaza, ja wegen der vier, will ich es nicht wenden: Weil bis zum letzten Mann sie alle hinweggeführt, sie zu verkaufen an Edom,

7 werfe ich Feuer in Gazas Mauern, daß seine Burgen es fresse.

8 Ich vertilge die Bürger von Aschdod samt Aschkelons Zepterträgern. Gegen Ekron strecke ich aus meinen Arm. Umkommen wird der Rest der Philister." – Der allmächtige Herr hat es gesprochen.

 

Über die Phönizier

9 So spricht der Herr: "Wegen drei Frevel von Tyrus, ja wegen der vier, will ich es nicht wenden: Weil bis zum letzten Mann sie alle ausgeliefert an Edom, des Bruderbundes nicht gedenkend,

10 werfe ich Feuer in die Mauern von Tyrus, daß seine Burgen es fresse."

 

Über die Edomiter

11 So spricht der Herr: "Wegen drei Frevel von Edom, ja wegen der vier, will ich es nicht wenden: Weil mit dem Schwert es den Bruder verfolgte, das Mitleid erstickte, ewig festhielt seinen Grimm, seinen Groll stets bewahrte,

12 werfe ich Feuer nach Teman, daß es fresse die Burgen von Bozra."

 

Über die Ammoniter

13 So spricht der Herr: "Wegen drei Frevel der Ammoniter, ja wegen der vier, will ich es nicht wenden: Weil sie Gileads Schwangere aufgeschlitzt, als sie erweiterten ihr Land,

14 lege ich Feuer an Rabbas Mauern, daß seine Burgen es fresse beim Schlachtruf am Tag des Kampfes, beim Tosen am Tag des Sturms.

15 Da wandert gefangen ihr König fort, mitsamt seinen Fürsten."

 

Kapitel 2: Über die Moabiter

1 So spricht der Herr: "Wegen drei Frevel von Moab, ja wegen der vier, will ich es nicht wenden: Weil es zu Kalk verbrannt des Königs von Edom Gebeine,

2 werfe ich Feuer nach Moab, daß es fresse Kerijots Burgen. Moab soll sterben im Kampfesgetümmel beim Schlachtruf, beim Schall der Trompete.

3 Ich tilge den Herrscher aus seiner Mitte und würge mit ihm all seine Fürsten." – Der Herr hat es gesprochen.

 

Über Juda

4 So spricht der Herr: "Wegen drei Frevel von Juda, ja wegen der vier, will ich es nicht wenden: Weil des Herrn Gesetz sie verworfen, seine Satzungen nicht befolgt, von Lügengöttern sich ließen täuschen, denen schon ihre Väter gedient,

5 werfe ich Feuer nach Juda, daß es fresse Jerusalems Burgen."

 

Das frevlerische Treiben Israels

6 So spricht der Herr: "Wegen drei Frevel von Israel, ja wegen der vier, will ich es nicht wenden: Weil um Geld sie den Frommen verkaufen, um ein Paar Sandalen den Armen,

7 weil sie im Staub zertreten das Haupt der Geringen, weil sie vom Weg abdrängen den Armen, zur Dienstmagd laufen Vater und Sohn, zu entweihen meinen heiligen Namen,

8 weil neben jedem Altar auf gepfändeten Kleidern sie lagern, weil sie im Haus ihrer Götzen das Bußgeld Bestrafter verzehren.

 

Gottes Huld

9 Dabei war ich es, der vor euren Augen die Amoriter vertilgte, deren Höhe war wie die der Zedern, deren Stärke wie die der Eichen. Oben riß ich die Früchte ab, vernichtete unten die Wurzeln.

10 Ich bin es gewesen, der aus Ägypten euch geführt, der euch in der Wüste vierzig Jahre lang geleitet, damit ihr erobern konntet das Land der Amoriter.

11 Aus euren Söhnen habe ich Propheten erweckt, aus euren Jünglingen Nasiräer. Ist es nicht so, Kinder Israels?" – Spruch des Herrn.

12 "Doch ihr gabt Wein zu trinken den Nasiräern, 'weissagt nicht!' befahlt ihr den Propheten

 

Heimsuchung und Strafe

13 Seht, niederwalzen will ich euch, wie der Dreschwagen niederwalzt die aufgeschütteten Garben.

14 Da kann nicht mehr fliehen der Flinke, dem Starken versagt die Kraft, nicht vermag sich zu retten der Krieger.

15 Der Bogenschütze wird nicht bestehen, der Schnelläufer kann nicht entrinnen, es kann sich nicht retten der Reiter.

16 Nackt flieht an jenem Tag selbst der mutigste der Helden." – Spruch des Herrn.

 

Kapitel 3: Erste Strafrede gegen Israel: Israels Züchtigung; Samarias Zerstörung

Erwählung besagt Verantwortung

1 Hört das Wort, das der Herr zu euch, Kinder Israels, spricht, zum ganzen Geschlecht, das ich hergeführt aus Ägypten:

2 "Euch allein habe ich aus allen Völkern der Erde erkannt. Darum lasse ich euch büßen eure Schuld."

 

Der Ernst der prophetischen Drohung

3 Wandern wohl zwei zusammen, ohne einander zu kennen?

4 Brüllt wohl ein Löwe im Wald, ohne Beute zu haben? Gibt der junge Löwe Laut in der Höhle, bevor einen Fang er gemacht?

5 Fällt ein Vogel zur Erde ins Netz, ohne daß ihn ein Wurfholz getroffen? Schnellt die Falle vom Boden empor, ohne zu schnappen?

6 Stößt man in die Trompete in der Stadt, ohne daß die Leute erschrecken? Trifft ein Unheil die Stadt, ohne daß der Herr es getan?

7 Nein, nichts tut der allmächtige Herr, ohne zuvor seinen Plan den Propheten, seinen Knechten, zu offenbaren.

8 Wenn der Löwe brüllt, wer sollte sich da nicht fürchten? Wenn der Herr, der Allmächtige, redet, wer sollte da nicht prophezeien?

 

Ankündigung der Zerstörung Samarias

9 Ruft es aus in den Burgen von Aschdod, in den Burgen im Land Ägypten! Sprecht: "Kommt zusammen auf Samarias Höhen! Schaut das wilde Treiben darin, die Bedrückungen in seinem Inneren!

10 Sie haben verlernt, das Rechte zu tun" – Spruch des Herrn. – "Sie häufen an in ihren Palästen Frevel und Bluttat."

11 "Darum" – so spricht der allmächtige Herr, "wird ringsum der Feind verwüsten das Land und deiner Pracht dich entkleiden. Deine Burgen werden geplündert."

12 So spricht der Herr: "Wie der Hirt aus dem Rachen des Löwen zwei Beinchen bloß oder ein Ohrläppchen nur rettet: so werden nur wenige sich retten von Israels Söhnen, die in Samaria auf ihrem Diwan und auf Polstern aus Damaskus sitzen."

 

Zerstörung der Altäre von Bet-El und der Paläste

13 "Hört und bezeugt es dem Haus Jakob!" – Spruch des allmächtigen Herrn, des Gottes der Heerscharen.

14 "Wahrlich, wenn ich Israels Frevel bestrafe, bestrafe ich auch die Altäre von Bet-El. Abschlagen wird man die Hörner des Altars, und läßt sie fallen zu Boden.

15 Zertrümmern will ich das Winterhaus und das Sommerhaus; die Elfenbeinhäuser gehen zugrunde, die vielen Paläste verschwinden" – Spruch des Herrn.

 

Kapitel 4: Zweite Strafrede gegen Israel: Verschärfte Mahnungen, besonder an die führenden Kreise

Die genußsüchtigen Fürsten

1 Hört dies Wort, ihr Baschankühe auf dem Berg Samaria, die ihr die Armen bedrückt, vergewaltigt die Kleinen, die ihr zu euren Männern sagt: "Schafft her, daß wir trinken!"

2 Bei seiner Heiligkeit hat der allmächtige Herr es geschworen: "Siehe, Tage werden über euch kommen, da man euch fortschleppt am Haken, mit Angelhaken euren letzten Rest.

3 Durch die Breschen zieht ihr hinaus, einer am anderen. Zum Hermon treibt man euch hin" – Spruch des Herrn.

 

Gegen die Opferstätten in Bet-El und Gilgal

4 "Geht nur nach Bet-El und sündigt, nach Gilgal, sündigt noch mehr! Bringt jeden Morgen eure Schlachtopfer dar, eure Zehnten alle drei Tage!

5 Selbst gesäuertes Brot bringt als Dankopfer dar! Laut fordert auf zu freiwilligen Gaben! So liebt ihr es ja, Israels Söhne" – Spruch des allmächtigen Herrn.

 

Vergebliche Warnungen

6 "Ich habe euch Hungersnöte geschickt in all eure Städte, in all eure Orte Mangel an Brot. Doch ihr habt euch nicht zu mir bekehrt!" – Spruch des Herrn.

7 "Ich habe euch drei Monate vor der Ernte den Regen verweigert, auf die eine Stadt ließ ich es regnen, auf die andere nicht, das eine Feld erhielt das Naß, das andere, dem ich nicht Regen geschickt, verdorrte.

8 Zwei, drei Städte kamen wankend zu einer anderen Stadt, um Wasser zu trinken, und wurden nicht satt. Doch ihr habt euch nicht zu mir bekehrt!" – Spruch des Herrn.

9 "Ich habe euch geschlagen mit Kornbrand und Meltau, eure Gärten und Weinberge verwüstet, die Heuschrecken fraßen eure Feigen- und Ölbäume ab. Doch ihr habt euch nicht zu mir bekehrt!" – Spruch des Herrn.

10 "Ich habe euch die Pest gesandt wie gegen Ägypten, eure jungen Männer mitsamt euren schmucken Rossen geschlagen mit dem Schwert, euer Lager ließ ich in Flammen aufgehen voll Zorn über euch. Doch ihr habt euch nicht zu mir bekehrt!" – Spruch des Herrn.

11 "Ich habe bei euch Verwüstungen angerichtet wie Gott in Sodom und Gomorra, ihr wart wie ein Scheit, das man dem Feuer entriß. Doch ihr habt euch nicht zu mir bekehrt!" – Spruch des Herrn.

 

Ankündigung des Strafgerichtes

12 "Darum will ich nun, Israel, so an dir tun. Weil ich so an dir tue, Israel, mache dich bereit, entgegenzugehen deinem Gott!"

13 Denn siehe: Der die Berge bildet, den Wind erschafft und kundtut der Menschen Gedanken, der Morgenröte und Dunkelheit macht und hinschreitet über die Höhen der Erde: 'Herr, Gott der Heerscharen' ist sein Name!

 

Kapitel 5: Dritte Strafrede gegen Israel: hartnäckige Verstocktheit und unentrinnbare Strafe

Klagelied über Israel

1 Hört dies Lied, das ich als Trauerlied über euch anstimme, Haus Israel!

2 Die Jungfrau Israel fiel, erhebt sich nicht wieder, ist hingestreckt auf ihr Land, keiner hilft ihr auf.

3 Denn so spricht der allmächtige Herr: "Nur hundert behält die Stadt, die mit tausend ins Feld zog, und die, die mit hundert ins Feld zog, behält für das Haus Israel nur zehn."

 

'Sucht mich, so werdet ihr leben!'

4 Ja, zum Haus Israel spricht so der Herr: "Sucht mich, so werdet ihr leben!

5 Doch sucht Bet-El nicht auf! Geht nicht nach Gilgal! Nach Beerscheba zieht nicht hinüber! Denn Gilgal wandert gefangen fort, und Bet-El wird völlig vernichtet.

6 Sucht den Herrn, so werdet ihr leben! Sonst wird er über Josefs Haus mit Feuer kommen, das frißt, und niemand kann löschen in Bet-El."

7 In Wermut verkehrt ihr das Recht und tretet die Gerechtigkeit mit Füßen.

8 Er, der das Siebengestirn schuf und den Orion, der Finsternis wandelt zum Morgen und den Tag verdunkelt zur Nacht, er, der die Wasser des Meeres ruft und sie ausgießt über die Erde: 'Herr' ist sein Name!

9 Er läßt Verderben über die Starken kommen, über die festen Städte hereinbrechen Verwüstung.

10 Sie hassen den, der Recht spricht im Tor, und den, der die Wahrheit sagt, schmähen sie.

11 Doch weil ihr den Armen mit Füßen tretet und Getreideabgaben von ihm erhebt, mögt ihr wohl Häuser aus Quadern bauen, doch sollt ihr nie darin wohnen; mögt ihr euch herrliche Weinberge pflanzen, doch sollt ihr nie Wein davon trinken!

12 Denn gar wohl kenne ich eure vielen Frevel, eure zahlreichen Sünden: Ihr bedrängt den Unschuldigen, nehmt Bestechung an und richtet unrecht die Armen.

13 Darum schweigt der Weise in dieser Zeit; denn es ist eine böse Zeit.

14 Sucht das Gute und nicht das Böse, auf daß ihr lebt! Alsdann wird der Herr, der Gott der Heerscharen, auch mit euch sein, wie ihr es sagt.

15 Haßt das Böse und liebt das Gute! Verschafft Geltung dem Recht im Tor! Vielleicht hat Erbarmen mit Josefs Rest der Herr, der Heerscharen Gott.

 

'Weh, wenn ich schreite durch eure Mitte!'

16 Darum spricht der Herr, der allmächtige Gott der Heerscharen: "Auf allen Straßen wird Wehklage sein. 'Weh!, Weh!' wird man schreien in den Gassen. Den Landmann wird man zur Trauer rufen, zu den Klageleuten den Winzer.

17 In allen Weinbergen wird Klage herrschen, wenn ich schreite durch eure Mitte", der Herr hat es gesprochen.

 

'Was ist der Tag des Herrn denn für euch?'

18 Weh denen, die nach dem Tag des Herrn verlangen! Was ist der Tag des Herrn denn für euch? Er ist Finsternis und nicht Licht!

19 Es wird sein, wie wenn einer flieht vor dem Löwen, aber auf einen Bären stößt. Er entkommt vielleicht in sein Haus und stützt seine Hand an die Wand, doch da beißt ihn die Schlange.

20 Wahrlich, Finsternis ist der Tag des Herrn und nicht Licht, ohne Helligkeit ist er und dunkel.

 

Wehe der falschen Frömmigkeit

21 "Ich hasse eure Feiern, ich verabscheue sie! Eure Feiern mag ich nicht riechen!

22 Denn, bringt ihr mir Brand- und Speiseopfer dar, so habe ich daran kein Gefallen. Eure Friedopfer von Mastkälbern mag ich nicht sehen.

23 Hinweg von mir mit dem Geplärr deiner Lieder! Das Geschwirr deiner Harfen mag ich nicht hören.

24 Wie Wasser wird einherfluten das Gericht, die Gerechtigkeit wie ein nieversiegender Bach!

25 Hast du mir etwa Schlacht- und Speiseopfer dargebracht während der vierzig Jahre in der Wüste, Haus Israel?

26 Ihr habt Sakkut als euren König umhergetragen und Kewan, euren Sterngott, eure Götzenbilder, die ihr euch angefertigt habt.

27 Darum lasse ich euch in die Verbannung führen über Damaskus hinaus." – Der Herr hat es gesprochen. – 'Gott der Heerscharen' ist sein Name!

 

Kapitel 6: Wehe den reichen Schlemmern!

1 Wehe den Unbesorgten in Zion und den Selbstsicheren auf dem Berg Samarias. Wehe den Vornehmen des ersten der Völker, auf die das Haus Israel hört:

2 Zieht doch nach Kalne hinüber und seht. Geht von dort nach Hamat, in die große Stadt! Steigt dann hinab nach Gat, ins Land der Philister! Seid ihr wohl stärker als diese Reiche, oder ist euer Gebiet größer als ihr Gebiet?

3 Sie wähnen sich fern dem Tag des Unheils und ziehen die Herrschaft der Gewalt herbei.

4 Sie liegen auf Elfenbeinlagern und strecken sich auf ihren Polstern aus. Sie verzehren die Lämmer der Herde und aus dem Stall die jungen Rinder.

5 Sie plärren zum Klang der Harfen, wie David ersinnen sie sich Instrumente zum Spiel.

6 Sie trinken den Wein aus den Schalen und salben sich mit dem besten Öl, doch Josefs Sturz kümmert sie nicht.

7 Darum sollen sie nun an der Spitze der Verbannten in die Verbannung ziehen, und schweigen wird das Gejohle der Schwelger.

 

Der Schwur Gottes

8 Geschworen hat bei sich selbst der allmächtige Herr – Spruch des Herrn, des Gottes der Heerscharen: "Ich verabscheue Jakobs Prunken und hasse seine Paläste und gebe preis die Stadt samt ihren Bewohnern."

 

Verwüstung von Stadt und Land

9 Und blieben zehn Männer übrig in einem Haus, so müßten auch diese sterben.

10 Nur wenig Entronnene wird es geben, um die Gebeine aus dem Haus zu schaffen, und fragt er einen, der sich im Innern des Hauses versteckt hat: "Ist noch jemand bei dir?" – so antwortet der: "Niemand!" – Und fügt hinzu: "Still! Sprich ja nicht den Namen des Herrn aus!" –

11 Denn siehe, der Herr gebietet, und man schlägt die Paläste in Trümmer und die Hütten in Splitter.

12 Laufen denn Rosse auf Felsen, oder pflügt man mit Ochsen das Meer, daß das Recht ihr verdreht in Gift, der Gerechtigkeit Frucht in Wermut?

13 Ihr habt Freude wegen Lo-Dabar und sprecht: "Haben wir nicht Karnajim mit unserer Kraft genommen?"

14 "Doch siehe, Haus Israel, ich lasse ein Volk gegen euch erstehen," – Spruch des Herrn, des Gottes der Heerscharen – "das wird euch bedrängen von Lebo-Hamat bis zum Steppenbach."

 

Kapitel 7: Die fünf Visionen vom kommenden Gericht

Erste Vision: Die Heuschrecken

1 So ließ der allmächtige Herr es mich schauen: Siehe, Heuschrecken ließ er entstehen, als das Spätgras zu sprießen begann – es war das Gras nach dem Schnitt für den König.

2 Als sie das Grün des Landes gänzlich gefressen hatten, bat ich: "Allmächtiger Herr, vergib! Wie soll Jakob bestehen? Es ist ja so klein!"

3 Da ließ es der Herr sich gereuen. "Es soll nicht geschehen!", sprach der Herr.

 

Zweite Vision: Die Dürre

4 So ließ der allmächtige Herr es mich schauen: Siehe, Feuer rief der allmächtige Herr zur Strafe. Es fraß die große Flut und verzehrte den Erbbesitz des Herrn.

5 Da bat ich: "Allmächtiger Herr, laß ab! Wie soll Jakob bestehen? Es ist ja so klein!"

6 Da ließ es der Herr sich gereuen. "Auch dieses soll nicht geschehen!", sprach der allmächtige Herr.

 

Dritte Vision: Das Brecheisen

7 So ließ er es mich schauen: Siehe, der Allmächtige stand vor einer Mauer. Ein Senkblei hielt er in seiner Hand.

8 Und der Herr fragte mich: "Was siehst du, Amos?" Ich antwortete: "Ein Senkblei." Da sagte der Allmächtige: "Siehe, ich lege ein Senkblei an in Israel, meinem Volk. Ich will nicht länger mehr schonend an ihm vorübergehen.

9 Verwüstet werden sollen Isaaks Höhen und Israels Heiligtümer zertrümmert. Mit dem Schwert stehe ich auf gegen Jerobeams Haus."

 

Einschub: Die Ausweisung des Propheten

Verklagung des Propheten

10 Amazja, der Priester von Bet-El, sandte zu Jerobeam, dem König von Israel, und ließ ihm sagen: "Amos stiftet Aufruhr an wider dich im Haus Israel. Das Land kann all seine Reden nicht mehr ertragen.

11 Denn so hat Amos gesprochen: 'Jerobeam wird sterben durch das Schwert, und Israel wird aus seinem Land in die Verbannung wandern.'"

12 Und Amazja sprach zu Amos: "Seher, geh, mache dich fort ins Land Juda! Iß dort dein Brot und weissage dort!

13 Weissage nicht weiter in Bet-El; denn es ist ein königliches Heiligtum, ein Reichstempel."

 

Weissagung gegen Amazja

14 Da antwortete Amos dem Amazja: "Ich bin weder Prophet noch bin ich Prophetenschüler, sondern ich bin ein Rinderhirt und züchte Maulbeerfeigen.

15 Doch der Herr hat mich hinter der Herde weggeholt, und der Herr hat mir geboten: 'Gehe hin, weissage meinem Volk Israel!'

16 So vernimm denn jetzt das Wort des Herrn! Du sagst: 'Weissage nicht gegen Israel und zeuge nicht wider das Haus Isaak!'

17 Darum spricht der Herr: 'Deine Frau wird Schändliches tun in der Stadt. Deine Söhne und Töchter werden fallen durch das Schwert. Dein Land wird man mit der Meßschnur verteilen. Du selber aber wirst sterben in einem unreinen Land, und Israel muß aus seinem Land in die Verbannung wandern.'"

 

Kapitel 8: Vierte Vision: Der Korb mit den Feigen

1 So ließ der allmächtige Herr es mich schauen:

2 Siehe, da war ein Korb mit reifen Früchten. Und er fragte mich: "Was siehst du, Amos?" Ich antwortete: "Einen Korb mit reifen Früchten." Da sprach der Herr zu mir: "Das Ende kommt über mein Volk Israel. Ich will nicht länger mehr schonend an ihm vorübergehen.

3 Des Palastes Gesänge werden an jenem Tag zu Geheul" – Spruch des allmächtigen Herrn. – "Groß wird die Zahl der Leichname sein. An allen Orten wirft man sie hin. – Still!"

 

Gerichtsdrohungen

4 Hört dies, die ihr giert nach dem Armen, zugrunde richtet den kleinen Mann!

5 Ihr sagt: "Wann ist endlich der Neumond vorbei, damit wir mit Korn können handeln? Wann der Sabbat, damit wir öffnen können die Speicher? Wir möchten das Maß verkleinern, den Preis erhöhen, die Waage betrügerisch fälschen.

6 Wir wollen um Geld den Armen kaufen, um ein Paar Sandalen den Dürftigen. Auch den Abfall vom Getreide möchten wir machen zu Geld."

7 Doch der Herr hat geschworen bei Jakobs Zier: "Niemals will ich all ihr Treiben vergessen."

8 Muß darob nicht erbeben das Land, sollen nicht trauern all seine Bewohner? Sollte wie der Nil sich das Land nicht überall heben und wieder sinken wie Ägyptens Strom?

9 "An jenem Tag wird es geschehen"; Spruch des allmächtigen Herrn – "da lasse ich die Sonne am Mittag schwinden und verfinstere die Erde am lichten Tag.

10 Euer Fest will ich in Trauer verwandeln, in Totenklage all eure Lieder. Sacktuch lege ich an alle Hüften, mache kahl jedes Haupt. Ich versetze das Land in Trauer wie um den einzigen Sohn. Ein bitterer Tag wird sein Ende sein."

11 "Siehe, es werden Tage kommen" – Spruch des allmächtigen Herrn – "da sende ich Hunger ins Land, nicht Hunger nach Brot und nicht Durst nach Wasser, sondern danach, die Worte des Herrn zu hören.

12 Alsdann werden sie wanken von Meer zu Meer und schwanken von Nord nach Ost, um zu suchen das Wort des Herrn. Doch finden werden sie es nicht.

13 In jener Zeit sinken die blühenden Jungfrauen ohnmächtig nieder, und die Jünglinge verschmachten vor Durst:

14 Sie, die bei den Götzen von Samaria jetzt schwören und sprechen: 'So wahr dein Gott lebt, Dan! So wahr dein Gott lebt, Beerscheba!' Sie werden zusammenbrechen und nicht wieder aufstehen."

 

Kapitel 9: Fünfte Vision: Die Zerstörung des Tempels

1 Ich sah den Allmächtigen am Altar stehen, und er sprach: "Schlage an den Säulenfirst, daß die Balken erbeben, und zerschmettere sie, daß sie allen aufs Haupt fallen! Ich will mit dem Schwert die Überlebenden töten. Kein Flüchtling soll unter ihnen entkommen! Kein Entronnener soll von ihnen sich retten können!

2 Und brächen sie durch nach der Unterwelt, heraufholen wird sie auch von dort meine Hand. Und stiegen sie bis zum Himmel hinauf, auch von dort hole ich sie herab.

3 Und versteckten sie sich auf dem Karmel droben, ich werde sie dort erspähen und sie ergreifen. Und verbärgen sie sich vor mir auf dem Grund des Meeres, so werde ich dort den Meerestieren gebieten, sie zu vernichten.

4 Und wenn sie in Gefangenschaft ziehen vor ihren Feinden, werde ich dort das Schwert entbieten, sie niederzumachen. Mein Auge will ich richten auf sie zum Unheil, doch nicht zum Heil."

 

Gottes überwältigende Macht

5 Der allmächtige Herr der Heerscharen, der die Erde berührt, so daß sie zergeht und all ihre Bewohner trauern, daß sie sich hebt überall wie der Nil und sich senkt wie der Strom in Ägypten –

6 er, der im Himmel seine Hallen erbaut, sein Gewölbe auf die Erde gegründet – er, der die Wasser des Meeres ruft und sie ausgießt über die Erde: 'Herr' ist sein Name!

 

Ausblick zum Heil

Gott, der Herr aller Völker

7 "Sollt ihr mir denn mehr gelten als die Kuschiter, ihr Söhne Israels?" – Spruch des Herrn. – "Wohl habe ich Israel aus Ägypten geführt, doch ebenso die Philister aus Kaftor und aus Kir die Aramäer.

8 Siehe, auf das sündige Königreich sind die Augen des allmächtigen Herrn gerichtet: Von der Erde werde ich es vertilgen. Doch nicht völlig werde ich vertilgen Jakobs Haus" – Spruch des Herrn.

9 "Denn siehe, ich will Weisung geben und das Haus Israel schütteln durch alle Heidenvölker hindurch, wie man Getreide schüttelt im Sieb; kein gutes Körnchen wird auf den Boden fallen.

10 Durch das Schwert sollen sterben alle Frevler in meinem Volk, die da sagen: 'Uns wird das Unheil nicht treffen! Uns wird es nicht ereilen!'"

 

Gott, der Erneuerer Israels

11 Aufrichten werde ich in jener Zeit Davids zerfallene Hütte, ihre Risse schließen, ihre Trümmer aufrichten und sie aufbauen, wie sie war in den Tagen der Vorzeit,

12 damit sie besitzen, was von Edom noch übrig ist, und alle Völker, über die mein Name ausgerufen wird." – Spruch des Herrn, der solches vollbringt. –

13 "Siehe, es werden Tage kommen" – Spruch des Herrn – "da reiht sich an den Schnitter der Pflüger, an den Sämann der Traubenkelterer. Die Berge triefen von Most, und alle Hügel fließen über.

14 Dann will ich wenden Israels, meines Volkes, Geschick: Sie werden aufbauen die verwüsteten Städte und darin wohnen, Weinberge pflanzen und Wein daraus trinken, Gärten anlegen und ihre Früchte genießen.

15 Ich werde sie einpflanzen in ihr Land, und sie sollen nicht wieder ausgerissen werden aus dem Land, das ich ihnen gegeben", spricht der Herr, dein Gott.