Die Apostelgeschichte

Kapitel 1: Vorrede

1 Im ersten Buch, o Theophilus, habe ich über alles berichtet, was Jesus begonnen hat, zu tun und zu lehren

2 bis zu dem Tag, da er den Aposteln, die er auserwählt hatte, durch den Heiligen Geist seine Weisungen erteilte und dann in den Himmel aufgenommen wurde.

3 Nach seinem Leiden hatte er ihnen viele Beweise dafür gegeben, daß er lebe. Vierzig Tage hindurch erschien er ihnen und belehrte sie über das Reich Gottes.

 

Die Kirche bei den Juden

Abschiedsworte Jesu

4 Als er mit ihnen zusammen war, gebot er ihnen, sich von Jerusalem nicht zu entfernen, sondern die Verheißung des Vaters zu erwarten, "die ihr" (das waren seine Worte) "von mir vernommen habt.

5 Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber werdet jetzt nach wenigen Tagen mit Heiligem Geist getauft werden."

6 Als jene nun beisammen waren, fragten sie ihn: "Herr, richtest du in dieser Zeit das Reich für Israel wieder auf?"

7 Er antwortete ihnen: "Euch kommt es nicht zu, Zeit und Stunde zu kennen, die der Vater in seiner Macht festgesetzt hat.

8 Ihr werdet aber die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommt, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem, in ganz Judäa und Samaria, ja bis an die Grenzen der Erde."

 

Himmelfahrt Jesu

9 Nach diesen Worten ward er vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke entrückte ihn ihren Blicken.

10 Während sie noch unverwandt zum Himmel schauten, wie er hinging, siehe, da standen zwei Männer in weißen Gewändern bei ihnen

11 und sagten: "Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel hinauf? Dieser Jesus, der von euch weg in den Himmel aufgenommen ist, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel auffahren sehen."

12 Darauf kehrten sie von dem Berg, der Ölberg heißt, nach Jerusalem zurück; er liegt nahe bei Jerusalem, nur einen Sabbatweg entfernt.

13 Dort angekommen, stiegen sie in das Obergemach hinauf und verblieben dort. Es waren Petrus und Johannes, Jakobus und Andreas, Philippus und Thomas, Bartholomäus und Matthäus, Jakobus, der des Alphäus, Simon der Zelot und Judas, der des Jakobus.

14 Sie alle verharrten einmütig im Gebet zusammen mit den Frauen und Maria, der Mutter Jesu, sowie seinen Brüdern.

 

Wahl des Apostels Matthias

15 In jenen Tagen erhob sich Petrus inmitten der Brüder – es war eine Schar von etwa hundertzwanzig Personen beisammen – und sagte:

16 "Brüder, es mußte das Schriftwort in Erfüllung gehen, das der Heilige Geist durch den Mund Davids über Judas vorhergesagt hatte, der sich zum Führer für die hergab, die Jesus ergriffen.

17 Er zählte ja zu uns und hatte Anteil an diesem Dienst.

18 Dieser nun kaufte sich vom Lohn der Ungerechtigkeit einen Acker, und indem er kopfüber stürzte, barst er mitten entzwei, und alle seine Eingeweide traten heraus.

19 Das wurde allen Bewohnern von Jerusalem bekannt; man nannte darum jenes Grundstück in ihrer Sprache 'Hakeldamach', das heißt Blutacker.

20 Im Buch der Psalmen steht nämlich geschrieben: 'Sein Gehöft soll öde werden, niemand soll darin wohnen.' Und: 'Sein Amt soll ein anderer erhalten.'

21 So muß denn einer von den Männern, die mit uns die ganze Zeit zusammen waren, da der Herr Jesus unter uns ein- und ausging,

22 angefangen von der Taufe des Johannes bis zu dem Tag, da er von uns weg aufgenommen wurde – von diesen muß einer mit uns Zeuge seiner Auferstehung sein."

23 Sie stellten zwei auf: Josef, genannt Barsabbas, mit dem Beinamen Justus, und Matthias.

24 Dann beteten sie: "Du, o Herr, kennst die Herzen aller. Zeig an, wen von diesen beiden du erwählt hast,

25 diesen Dienst und das Apostelamt zu übernehmen, das Judas treulos aufgegeben hat, um an den ihm gebührenden Ort zu gehen."

26 Sie gaben ihnen Lose, und das Los fiel auf Matthias, und er wurde den elf Aposteln beigezählt.

 

Kapitel 2: Herabkunft des Heiligen Geistes

1 Während des Pfingstfestes waren alle beisammen.

2 Plötzlich erhob sich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein gewaltiger Sturm daherführe. Es erfüllte das ganze Haus, in dem sie waren.

3 Zungen wie von Feuer erschienen ihnen, verteilten sich und ließen sich auf einen jeden von ihnen nieder.

4 Alle wurden mit Heiligem Geist erfüllt. Sie begannen in fremden Sprachen zu reden, wie der Geist ihnen die Worte eingab.

5 In Jerusalem wohnten fromme Juden aus allen Völkern unter dem Himmel.

6 Als sich nun dieses Brausen erhob, strömte die Menge zusammen und wurde bestürzt; denn jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden.

7 Außer sich vor Verwunderung sagten sie: "Sind nicht alle, die da sprechen, Galiläer?

8 Wie kommt es, daß ein jeder von uns seine Muttersprache hört?

9 Ob Parther, Meder, Elamiter, ob Bewohner von Mesopotamien, von Judäa und Kappadozien, von Pontus und Asien,

10 von Phrygien und Pamphylien, von Ägypten und den Landstrichen Libyens gegen Zyrene hin, Pilger aus Rom,

11 Juden und Proselyten, Kreter und Araber – wir hören sie in unseren Sprachen die Großtaten Gottes verkünden."

12 Alle waren außer sich und fassungslos und einer sagte zum anderen: "Was soll das bedeuten?"

13 Andere dagegen spotteten: "Sie sind voll süßen Weines."

 

Ansprache des Petrus

14 Da trat Petrus mit den Elf auf und erklärte vor ihnen mit lauter Stimme: "Ihr Juden und all ihr Bewohner von Jerusalem! Das sei euch kundgetan! Vernehmt meine Worte!

15 Diese da sind nicht, wie ihr wähnt, trunken – es ist ja erst die dritte Tagesstunde;

16 vielmehr geht hier das Wort des Propheten Joël in Erfüllung:

17 'In den letzten Tagen, spricht Gott, werde ich ausgießen von meinem Geist über alles Fleisch. Da werden eure Söhne und eure Töchter weissagen, eure Jünglinge Visionen schauen und eure Greise Traumgesichte haben.

18 Selbst über meine Knechte und meine Mägde werde ich ausgießen meinen Geist in jenen Tagen, und sie werden weissagen.

19 Wunder werde ich wirken am Himmel oben und Zeichen unten auf der Erde: Blut und Feuer und qualmenden Rauch.

20 Die Sonne wird sich in Finsternis wandeln und der Mond in Blut, ehe anbricht der Tag des Herrn, der große und erhabene Tag.

21 Und es wird sein: Jeder, der anruft den Namen des Herrn, wird gerettet werden.'

22 Israeliten, vernehmt meine Worte! Jesus der Nazoräer wurde von Gott bei euch beglaubigt durch Machterweise, Wunder und Zeichen, die Gott durch ihn, wie ihr selber wißt, in eurer Mitte gewirkt hat.

23 Den habt ihr nach Gottes festgesetztem Ratschluß und Vorherwissen ausgeliefert und durch die Hände der Gesetzlosen ans Kreuz geschlagen und getötet.

24 Aber Gott hat die Wehen des Todes gelöst und ihn auferweckt. Denn unmöglich konnte er von diesem festgehalten werden.

25 Sagt doch David von ihm: 'Allezeit habe ich den Herrn vor Augen. Er steht mir zur Rechten, daß ich nicht wanke.

26 Des freut sich mein Herz und frohlockt meine Zunge. Auch mein Fleisch wird ruhen in Sicherheit,

27 denn meine Seele gibst du der Unterwelt nicht preis, und läßt deinen Heiligen nicht schauen die Verwesung.

28 Kund tust du mir die Pfade zum Leben, erfüllst mich mit Wonne vor deinem Angesicht.'

29 Brüder, ich darf doch mit Freimut zu euch über den Patriarchen David reden: Er ist gestorben und begraben, und sein Grabmal befindet sich unter uns bis auf diesen Tag.

30 Da er ein Prophet war und wußte, daß Gott ihm mit einem Eid zugesichert hatte, er werde einen seiner leiblichen Nachkommen auf seinen Thron erheben,

31 sagte er vorausschauend von der Auferstehung des Messias, dieser werde nicht der Unterwelt preisgegeben und sein Fleisch werde nicht die Verwesung schauen.

32 Eben diesen Jesus hat Gott auferweckt. Dafür sind wir alle Zeugen.

33 Zur Rechten Gottes erhöht, hat er den verheißenen Heiligen Geist vom Vater empfangen und ihn nun ausgegossen, wie ihr seht und hört.

34 Denn David ist nicht in den Himmel gefahren, und doch sagte er: 'Es sprach der Herr zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten,

35 bis ich deine Feinde als Schemel dir zu Füßen lege.'

36 Mit Sicherheit erkenne denn das ganze Haus Israel: Eben den Jesus, den ihr gekreuzigt habt, hat Gott zum Herrn und Messias gemacht!"

37 Als sie das hörten, ging es ihnen durchs Herz. Sie sagten zu Petrus und den anderen Aposteln: "Brüder, was sollen wir tun?"

38 Petrus erwiderte ihnen: "Bekehrt euch, und ein jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden; so werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen.

39 Denn euch und euren Kindern gilt die Verheißung, aber auch allen Fernstehenden, soviel ihrer der Herr unser Gott berufen wird."

40 Noch mit vielen anderen Worten legte er Zeugnis ab und ermahnte sie: "Laßt euch retten aus diesem verderbten Geschlecht!"

41 Die nun sein Wort annahmen, wurden getauft. An jenem Tag kamen gegen dreitausend Seelen hinzu.

 

Leben der ersten Christen

42 Sie hielten fest an der Lehre der Apostel und an der Gemeinschaft, am Brotbrechen und am Gebet.

43 Jedermann war von Furcht ergriffen; geschahen doch durch die Apostel viele Wunder und Zeichen.

44 Alle Gläubigen hielten zusammen und hatten alles gemeinsam.

45 Sie verkauften Hab und Gut und verteilten den Erlös an alle, je nachdem einer bedürftig war.

46 Täglich verharrten sie einmütig im Tempel, brachen in den Häusern das Brot und genossen ihre Speise in Frohsinn und Schlichtheit des Herzens.

47 Sie priesen Gott und waren beim ganzen Volk beliebt. Der Herr aber führte ihnen täglich die zu, die das Heil erlangen sollten.

 

Kapitel 3: Heilung eines Lahmgeborenen

1 Petrus und Johannes gingen zur neunten Stunde zum Gebet hinauf in den Tempel.

2 Da wurde ein Mann herbeigetragen, der von Geburt an lahm war. Tag für Tag setzte man ihn an das sogenannte Schöne Tor des Tempels, damit er von den Tempelbesuchern ein Almosen erbitte.

3 Als er sah, wie Petrus und Johannes in den Tempel gehen wollten, sprach er sie um ein Almosen an.

4 Da faßte ihn Petrus mit Johannes scharf ins Auge und sagte: "Sieh uns an!"

5 Er schaute sie an in der Hoffnung, etwas von ihnen zu erhalten.

6 Petrus aber sagte: "Silber und Gold habe ich nicht. Was ich aber habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi des Nazoräers steh auf und geh umher!"

7 Damit faßte er ihn an der rechten Hand und richtete ihn auf. Sogleich kam Kraft in seine Füße und Gelenke.

8 Er sprang auf und konnte stehen und gehen. Er ging mit ihnen in den Tempel, sprang ständig umher und lobte Gott.

9 Das ganze Volk sah, wie er umherging und Gott lobte.

10 Es erkannte in ihm den Mann, der des Almosens wegen am Schönen Tor des Tempels gesessen hatte, und wurde von Verwunderung ergriffen; es war ganz außer sich über das, was mit ihm geschehen war.

 

Rede des Petrus

11 Er hielt Petrus und Johannes fest, und so lief alles Volk voll Verwunderung in der sogenannten Halle Salomos bei ihnen zusammen.

12 Als Petrus das sah, sagte er zu dem Volk: "Israeliten, was wundert ihr euch darüber, oder warum starrt ihr uns an, als ob wir aus eigener Kraft oder Frömmigkeit diesen zum Gehen gebracht hätten?

13 Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, der Gott unserer Väter, hat seinen Knecht Jesus verherrlicht, den ihr ausgeliefert und vor Pilatus verleugnet habt, als dieser entschlossen war, ihn freizulassen.

14 Ihr habt den Heiligen und Gerechten verleugnet und euch einen Mörder losgebeten.

15 Ihr habt den Urheber des Lebens getötet. Aber Gott hat ihn von den Toten auferweckt. Dafür sind wir Zeugen.

16 Auf Grund des Glaubens an seinen Namen hat er diesem, den ihr seht und kennt, Kraft verliehen; durch den Glauben hat er ihm vor euer aller Augen die volle Gesundheit geschenkt.

17 Brüder, ich weiß, daß ihr aus Unwissenheit gehandelt habt, wie auch eure Vorsteher.

18 Gott aber hat auf diese Weise in Erfüllung gehen lassen, was er durch den Mund aller Propheten vorausverkündet hat, daß sein Messias leiden müsse.

19 So tut denn Buße und bekehrt euch, damit eure Sünden getilgt werden.

20 Dann kommen vom Herrn Zeiten der Erquickung, und er sendet den Messias, den er für euch bestimmt hat, Jesus.

21 Ihn muß freilich der Himmel aufnehmen bis zu der Zeit, da alles wiederhergestellt ist, wie es Gott von alters her durch den Mund seiner heiligen Propheten verkündet hat.

22 Mose hat gesagt: 'Einen Propheten wie mich wird euch der Herr unser Gott aus euren Brüdern erwecken. Auf ihn sollt ihr hören in allem, was er euch sagt.

23 Wer aber auf diesen Propheten nicht hört, soll aus dem Volk ausgerottet werden.'

24 Auch alle anderen Propheten, Samuel und die nach ihm gekommen waren, so viele ihrer auch geredet haben, haben auf diese Tage hingewiesen.

25 Ihr seid die Söhne der Propheten und gehört dem Bund an, den Gott mit euren Vätern geschlossen hat, da er zu Abraham sagte: 'Durch deinen Nachkommen sollen alle Stämme der Erde gesegnet werden.'

26 Für euch zunächst hat Gott seinen Knecht erweckt und ihn gesandt, daß er euch segne, wofern sich ein jeder unter euch von seinen Übeltaten abwendet."

 

Kapitel 4: Gefangennahme des Petrus und Johannes

1 Während sie noch zum Volk redeten, traten die Priester, der Tempelhauptmann und die Sadduzäer auf sie zu.

2 Sie waren ungehalten darüber, daß sie das Volk lehrten und in Jesus die Auferstehung von den Toten verkündeten.

3 Deshalb legten sie Hand an sie und ließen sie bis zum folgenden Tag in Gewahrsam bringen; denn es war bereits Abend.

4 Viele aber von denen, die die Predigt gehört hatten, wurden gläubig; so stieg die Zahl der Männer auf ungefähr fünftausend.

 

Verhör vor dem Hohen Rat

5 Am folgenden Tag versammelten sich ihre Vorsteher, die Ältesten und die Schriftgelehrten in Jerusalem,

6 sowie Hannas, der Hohepriester, und Kajaphas, Johannes, Alexander und überhaupt alle, die aus hohepriesterlichem Geschlecht waren.

7 Man stellte sie in die Mitte und fragte sie: "Mit welcher Vollmacht oder in wessen Namen habt ihr das getan?"

8 Da sagte Petrus, vom Heiligen Geist erfüllt, zu ihnen: "Vorsteher des Volkes und Älteste, hört!

9 Wenn wir heute vernommen werden wegen einer Wohltat an einem kranken Mann, darüber, durch wen er geheilt worden ist,

10 so sei euch allen und dem ganzen Volk Israel kund: Durch den Namen Jesu Christi des Nazoräers, den ihr gekreuzigt habt, den aber Gott von den Toten auferweckt hat: durch ihn steht dieser Mann gesund vor euch.

11 Jener ist der Stein, der von euch Bauleuten verworfen ward, der aber zum Eckstein geworden ist.

12 In keinem anderen ist das Heil. Denn es ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir das Heil erlangen sollen."

13 Als sie den Freimut des Petrus und Johannes sahen und erfuhren, daß es ungelehrte und einfache Männer waren, wunderten sie sich. Sie erkannten sie als frühere Jünger Jesu.

14 Da sie auch den Geheilten bei ihnen stehen sahen, wußten sie nichts zu entgegnen.

15 Sie ließen sie aus der Versammlung wegführen. Dann berieten sie miteinander.

16 Sie sagten: "Was sollen wir mit diesen Menschen anfangen? Denn daß offenbar ein Wunder durch sie geschehen ist, ist allen Bewohnern Jerusalems bekannt. Wir können es nicht leugnen.

17 Damit sich die Sache aber nicht noch weiter im Volk verbreitet, wollen wir ihnen unter Drohungen einschärfen, daß sie mit keinem Menschen mehr von diesem Namen reden."

18 Sie riefen sie wieder herein und verboten ihnen, je wieder im Namen Jesu zu predigen und zu lehren.

19 Aber Petrus und Johannes erwiderten ihnen: "Ob es vor Gott recht ist, mehr auf euch als auf Gott zu hören, darüber urteilt selbst.

20 Denn wir können unmöglich darüber schweigen, was wir gesehen und gehört haben."

21 Unter erneuten Drohungen gaben sie sie frei. Denn sie fanden keinen Grund, sie zu bestrafen, schon wegen des Volkes, weil alle ob des Geschehenen Gott priesen,

22 denn der Mann, der so wunderbar geheilt worden war, war schon über vierzig Jahre alt.

 

Gebet der Gemeinde

23 Als sie freigelassen waren, gingen sie zu den Ihren und berichteten ihnen alles, was die Hohenpriester und die Ältesten zu ihnen gesagt hatten.

24 Dies gehört habend, erhoben alle einmütig ihre Stimme zu Gott und beteten: "Herr, du bist der Schöpfer des Himmels und der Erde, des Meeres und aller Wesen!

25 Du hast durch den Heiligen Geist durch den Mund unseres Vaters David, deines Knechtes, gesagt: 'Was toben die Heiden und sinnen Eitles die Völker?

26 Der Erde Könige erheben sich, zusammen tun sich die Fürsten wider den Herrn und wider seinen Gesalbten.'

27 Ja, wahrlich versammelt haben sich in dieser Stadt Herodes und Pontius Pilatus mit den Heiden und den Stämmen Israels gegen deinen heiligen Knecht Jesus, deinen Gesalbten.

28 Doch sollten sie nur ausführen, was deine Hand und dein Ratschluß im voraus bestimmt hatten.

29 Und nun, o Herr, sieh, wie sie drohen! Gib darum deinen Knechten, daß sie mit allem Freimut dein Wort verkünden.

30 Strecke deine Hand aus, daß durch den Namen deines heiligen Knechtes Jesus Heilungen, Zeichen und Wunder geschehen."

31 Nach ihrem Gebet erbebte die Stätte, wo sie versammelt waren. Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und verkündeten mit Freimut das Wort Gottes.

 

Christliches Gemeindeleben

32 Die Gemeinde der Gläubigen war ein Herz und eine Seele. Keiner nannte etwas von seinem Besitztum sein eigen. Alles hatten sie vielmehr gemeinsam.

33 Mit großer Kraft legten die Apostel Zeugnis ab von der Auferstehung des Herrn Jesus, und reiche Gnade ruhte auf ihnen allen.

34 Bedürftige gab es nicht unter ihnen, denn wer Grundstücke oder Häuser besaß, veräußerte sie, brachte den Erlös aus dem Verkauf

35 und legte ihn den Aposteln zu Füßen; davon wurde dann jedem zugeteilt, was er nötig hatte.

36 So verkaufte der Levit Josef aus Zypern, der von den Aposteln den Beinamen Barnabas, das heißt "Sohn des Trostes", erhalten hatte,

37 ein Grundstück, das er besaß, brachte das Geld und legte es den Aposteln zu Füßen.

 

Kapitel 5: Hananias und Saphira

1 Aber ein Mann namens Hananias verkaufte zusammen mit seiner Frau Saphira ein Grundstück

2 und behielt, mit Wissen seiner Frau, einen Teil von dem Erlös zurück, den anderen brachte er und legte ihn den Aposteln zu Füßen.

3 Da sagte Petrus: "Hananias, warum hat der Satan von deinem Herzen Besitz genommen, daß du den Heiligen Geist belogen und einen Teil von dem Erlös des Grundstückes auf die Seite geschafft hast?

4 Blieb es nicht dein Eigentum, wenn es unverkauft blieb? Und wenn du es verkauftest, konntest du nicht frei über den Erlös verfügen? Wie konntest du dir nur so etwas in den Sinn kommen lassen? Du hast nicht Menschen belogen, sondern Gott!"

5 Bei diesen Worten fiel Hananias um und gab den Geist auf. Große Furcht kam über alle, die es hörten.

6 Die jungen Männer standen auf, hüllten ihn ein, trugen ihn hinaus und begruben ihn.

7 Es vergingen etwa drei Stunden. Da kam auch seine Frau herein, ohne zu wissen, was vorgefallen war.

8 Petrus sprach sie an und fragte: "Sag mir, habt ihr das Grundstück für soviel verkauft?" Sie erwiderte: "Ja, für soviel."

9 Da sagte Petrus zu ihr: "Warum habt ihr euch verabredet, den Geist des Herrn zu versuchen? Schon stehen die Füße derer, die deinen Mann zu Grabe trugen, vor der Tür, um auch dich hinauszutragen."

10 Sogleich fiel sie vor seinen Füßen um und gab den Geist auf. Die jungen Leute traten ein und fanden sie tot. Sie trugen sie hinaus und bestatteten sie neben ihrem Mann.

11 Große Furcht kam über die ganze Kirche und über alle, die das hörten.

 

Wunder der Apostel

12 Durch die Hände der Apostel geschahen viele Zeichen und Wunder unter dem Volk. Einmütig hielten sich alle in der Halle Salomos auf.

13 Von den anderen wagte niemand, sich ihnen anzuschließen; doch beim Volk standen sie hoch in Ehren.

14 Immer mehr wuchs die Zahl der Männer und Frauen, die den Glauben an den Herrn annahmen.

15 So brachte man sogar die Kranken auf die Straßen und legte sie auf Betten und Bahren, damit wenigstens der Schatten des Petrus beim Vorübergehen auf den einen oder anderen von ihnen falle.

16 Auch aus den umliegenden Städten strömte das Volk nach Jerusalem und brachte Kranke und von unreinen Geistern Geplagte. Alle wurden geheilt.

 

Gefangennahme der Apostel

17 Voll Eifersucht erhoben sich der Hohepriester und alle seine Anhänger, die Partei der Sadduzäer.

18 Sie legten Hand an die Apostel und ließen sie in das öffentliche Gefängnis werfen.

19 Allein in der Nacht öffnete ein Engel des Herrn die Türen des Gefängnisses, führte sie hinaus und sagte:

20 "Geht hin, tretet im Tempel auf und kündet dem Volk alle Worte dieses Lebens."

21 Auf diese Weisung hin gingen sie bei Tagesanbruch in den Tempel und lehrten. – Als der Hohepriester und seine Anhänger erschienen, beriefen sie den Hohen Rat, alle Ältesten der Israeliten, ein und befahlen, die Apostel aus dem Gefängnis herbeizuführen.

22 Die Gerichtsdiener gingen hin und fanden sie nicht im Gefängnis. Sie kehrten zurück und meldeten:

23 "Wir fanden das Gefängnis mit aller Sorgfalt verschlossen und die Wächter auf ihrem Posten an den Türen. Wir öffneten, fanden aber niemand darin."

24 Bei dieser Nachricht fragten sich der Tempelhauptmann und die Hohenpriester ratlos, was da wohl geschehen sei.

25 Da kam jemand mit der Meldung: "Die Männer, die ihr ins Gefängnis gebracht habt, befinden sich im Tempel und lehren das Volk!"

26 Da ging der Hauptmann mit den Gerichtsdienern hin und holte sie herbei, doch ohne Gewalt; denn sie fürchteten, vom Volk gesteinigt zu werden.

 

Bekenntnis des Petrus

27 Sie führten sie also herbei und stellten sie vor den Hohen Rat. Der Hohepriester verhörte sie

28 und sagte: "Wir haben euch doch streng verboten, in diesem Namen zu lehren. Gleichwohl erfüllt ihr Jerusalem mit eurer Lehre und wollt das Blut dieses Menschen über uns bringen."

29 Petrus und die anderen Apostel erwiderten: "Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen.

30 Der Gott unserer Väter hat Jesus auferweckt, den ihr ans Kreuzesholz gehängt und getötet habt.

31 Ihn hat Gott zu seiner Rechten zum Herrscher und Retter erhöht, um Israel Bekehrung und Vergebung der Sünden zu gewähren.

32 Für diese Tatsachen sind wir Zeugen und der Heilige Geist, den Gott denen verliehen hat, die ihm gehorchen."

33 Bei diesen Worten gerieten jene in Wut und wollten sie töten.

 

Rat des Gamaliel

34 Da erhob sich im Hohen Rat ein Pharisäer namens Gamaliel, ein Gesetzeslehrer, der beim ganzen Volk angesehen war. Er hieß die Männer auf kurze Zeit hinausführen.

35 Dann sagte er zu ihnen: "Israeliten, überlegt euch wohl, was ihr mit diesen Leuten tun wollt.

36 Denn vor einiger Zeit erhob sich Theudas, gab sich für etwas Besonderes aus und gewann einen Anhang von etwa vierhundert Mann. Aber er wurde getötet, und alle seine Anhänger wurden zersprengt und vernichtet.

37 Nach ihm erhob sich Judas von Galiläa in den Tagen der Volkszählung und verleitete viel Volk zum Abfall. Auch er kam um, und alle seine Anhänger wurden zerstreut.

38 Im Hinblick darauf sage ich euch jetzt: Laßt ab von diesen Leuten und laßt sie. Denn stammt dieses Vorhaben oder dieses Unternehmen nur von Menschen, so geht es zugrunde,

39 stammt es aber wirklich von Gott, so könnt ihr es nicht zerstören; ja, ihr könntet sogar als Widersacher Gottes dastehen." – Sie hörten auf ihn.

40 Sie riefen die Apostel herein, ließen sie geißeln und verboten ihnen, im Namen Jesu zu reden. Darauf ließ man sie frei.

41 Diese aber gingen voll Freude vom Hohen Rat hinweg, weil sie würdig befunden waren, um des Namens (Jesu) willen Schmach zu leiden.

42 Sie hörten nicht auf, Tag für Tag im Tempel und in den Häusern zu lehren und die frohe Botschaft von Jesus als dem Messias zu verkünden.

 

Kapitel 6: Einsetzung von Diakonen

1 Als in jenen Tagen die Zahl der Jünger wuchs, kam es dazu, daß die Hellenisten den Hebräern gegenüber ihre Unzufriedenheit äußerten, weil ihre Witwen bei der täglichen Versorgung zurückgesetzt würden.

2 So beriefen die Zwölf die Gemeinde der Jünger und erklärten: "Es ist nicht recht, daß wir das Wort Gottes vernachlässigen und für den Tisch sorgen.

3 Darum, Brüder, seht euch um und wählt aus eurer Mitte sieben Männer von gutem Ruf und voll Geist und Weisheit; die wollen wir für diese Aufgabe bestellen.

4 Wir aber wollen dem Gebet und dem Dienst am Wort obliegen."

5 Der Vorschlag gefiel der ganzen Versammlung. Sie wählten Stephanus, einen Mann voll des Glaubens und des Heiligen Geistes, ferner Philippus, Prochorus, Nikanor, Timon, Parmenas und Nikolaus, einen Proselyten aus Antiochia.

6 Die nun stellten sie den Aposteln vor, die ihnen unter Gebet die Hände auflegten.

7 Das Wort Gottes breitete sich immer mehr aus, und die Zahl der Jünger nahm in Jerusalem stark zu. Auch eine große Menge von Priestern unterwarf sich dem Glauben.

 

Anklage gegen Stephanus

8 Stephanus, voll Gnade und Kraft, wirkte große Wunder und Zeichen unter dem Volk.

9 Da erhoben sich einige von der sogenannten Synagoge der Libertiner, der Zyrenäer, der Alexandriner und derer aus Zilizien und Asien und stritten mit Stephanus.

10 Aber sie vermochten der Weisheit und dem Geist nicht standzuhalten, mit dem er sprach.

11 Da stifteten sie Männer an, die aussagen mußten: "Wir haben ihn Lästerungen gegen Mose und gegen Gott führen hören."

12 So wiegelten sie das Volk, die Ältesten und die Schriftgelehrten auf. Dann überfielen sie ihn und schleppten ihn vor den Hohen Rat.

13 Dort ließen sie falsche Zeugen aussagen: "Dieser Mensch hört nicht auf, Reden gegen diese heilige Stätte und das Gesetz zu halten.

14 So haben wir ihn sagen hören: Jesus, der Nazoräer, wird diese Stätte zerstören und die Satzungen abändern, die Mose uns überliefert hat."

15 Alle, die im Hohen Rat saßen, richteten ihren Blick auf ihn, und sein Antlitz schien ihnen wie das Antlitz eines Engels.

 

Kapitel 7: Verteidigungsrede des Stephanus:

Die Zeit der Patriarchen

1 Der Hohepriester fragte: "Verhält sich das so?"

2 Er antwortete: "Brüder und Väter, hört! Der Gott der Herrlichkeit ist unserem Vater Abraham erschienen, als er noch in Mesopotamien lebte, bevor er sich in Haran niedergelassen hatte.

3 Er sagte zu ihm: Zieh weg aus deinem Land und aus deiner Verwandtschaft und komm in das Land, das ich dir zeigen werde.

4 Da zog er weg aus dem Land der Chaldäer und ließ sich in Haran nieder. Von dort ließ ihn Gott nach dem Tod seines Vaters in das Land übersiedeln, in dem ihr jetzt wohnt.

5 Doch gab er ihm darin keinen Fußbreit zu eigen, verhieß ihm jedoch, es ihm und seinen Nachkommen zum Besitz zu geben, obwohl Abraham noch keinen Sohn hatte.

6 Und doch sagte Gott: 'Seine Nachkommen werden als Fremdlinge in einem fremden Land leben. Vierhundert Jahre lang wird man sie knechten und bedrücken.

7 Aber das Volk, dem sie dienstbar werden, will ich richten', sagte Gott. 'Danach sollen sie ausziehen und mir an diesem Ort dienen.'

8 Dann schloß er mit ihm den Bund der Beschneidung; Abraham zeugte Isaak und beschnitt ihn am achten Tag, und Isaak den Jakob und Jakob die zwölf Stammväter.

9 Die Stammväter aber waren eifersüchtig auf Josef und verkauften ihn nach Ägypten. Doch Gott war mit ihm.

10 Er rettete ihn aus allen seinen Bedrängnissen und verlieh ihm Gunst und Weisheit vor Pharao, dem König von Ägypten, der ihn zum Herrscher über Ägypten und über sein ganzes Haus bestellte.

11 Da kam eine Hungersnot über ganz Ägypten und Kanaan. Das Elend war groß, und unsere Väter fanden keine Nahrung.

12 Als Jakob hörte, in Ägypten gebe es Getreide, sandte er unsere Väter zum erstenmal dorthin.

13 Beim zweitenmal gab sich Josef seinen Brüdern zu erkennen, und dem Pharao wurde Josefs Herkunft bekannt.

14 Josef ließ dann seinen Vater Jakob und die ganze Verwandtschaft zu sich kommen, fünfundsiebzig Seelen.

15 So zog denn Jakob hinab nach Ägypten, wo er starb, ebenso unsere Väter.

16 Man überführte sie nach Sichem und setzte sie in dem Grab bei, das Abraham von den Söhnen Hamors in Sichem für eine Summe Geldes gekauft hatte.

 

Die Zeit des Mose

17 Als die Zeit der Verheißung nahte, die Gott dem Abraham zugesagt hatte, mehrte sich das Volk in Ägypten und wurde sehr zahlreich.

18 Schließlich gelangte ein anderer König zur Herrschaft über Ägypten, der von Josef nichts wußte.

19 Dieser verfuhr arglistig mit unserem Volk. Er zwang unsere Väter, ihre neugeborenen Kinder auszusetzen, damit sie nicht am Leben blieben.

20 In dieser Zeit wurde Mose geboren, und er war Gott wohlgefällig. Drei Monate wurde er im Vaterhaus aufgezogen.

21 Als man ihn dann aussetzte, nahm ihn die Tochter Pharaos zu sich und erzog ihn als ihren Sohn.

22 So wurde Mose in aller Weisheit der Ägypter unterwiesen und war mächtig in Wort und Tat.

23 Als er vierzig Jahre alt war, kam ihm der Gedanke, sich nach seinen Brüdern, den Israeliten, umzusehen.

24 Er sah, wie einem Unrecht geschah. Er schritt ein, verschaffte Recht dem Unterdrückten und erschlug den Ägypter.

25 Er glaubte, seine Brüder würden merken, daß Gott ihnen durch seine Hand Rettung bringen wolle. Aber sie merkten es nicht.

26 Am folgenden Tag erschien er bei ihnen, als sie im Streit lagen. Er wollte sie miteinander versöhnen und Frieden schaffen und sagte: 'Ihr Männer, ihr seid doch Brüder! Warum tut ihr einander Unrecht?'

27 Doch der dem Nächsten Unrecht tat, stieß ihn zurück mit den Worten: 'Wer hat dich zum Oberhaupt und Richter über uns bestellt?

28 Willst du mich etwa umbringen, wie du gestern den Ägypter getötet hast?'

29 Auf dieses Wort hin ergriff Mose die Flucht und lebte als Fremdling im Land Midian, wo er zwei Söhne zeugte.

30 Vierzig Jahre waren vergangen. Da erschien ihm in der Wüste am Berg Sinai ein Engel in der Flamme eines brennenden Dornbusches.

31 Voll Verwunderung sah Mose die Erscheinung. Als er hinzutrat, sie zu betrachten, erscholl die Stimme des Herrn:

32 'Ich bin der Gott deiner Väter, der Gott Abrahams und Isaaks und Jakobs.' – Mose erbebte und wagte nicht hinzuschauen.

33 Der Herr aber sagte zu ihm: 'Ziehe die Schuhe von deinen Füßen! Denn der Ort, auf dem du stehst, ist heiliges Land.

34 Wohl gesehen habe ich die Unterdrückung meines Volkes in Ägypten und sein Seufzen gehört. Darum bin ich herabgekommen, es zu befreien. So komm denn, ich will dich nach Ägypten senden.'

35 Diesen Mose, den sie mit den Worten abgewiesen hatten: Wer hat dich zum Oberhaupt und Richter bestellt?, gerade den sandte Gott als Oberhaupt und Befreier unter dem Schutz des Engels, der ihm im Dornbusch erschienen war.

36 Er führte sie heraus unter Wundern und Zeichen, die er im Land Ägypten, im Roten Meer und in der Wüste vierzig Jahre lang vollbrachte.

37 Dieser Mose ist es, der zu den Israeliten sagte: 'Einen Propheten wie mich wird euch Gott aus euren Brüdern erwecken.'

38 Er ist es, der bei der Gemeinde in der Wüste der Vermittler war zwischen dem Engel, der am Berge Sinai mit ihm redete, und unseren Vätern. Er empfing lebenspendende Offenbarungen, um sie uns mitzuteilen.

39 Doch unsere Väter wollten ihm nicht gehorchen. Sie lehnten ihn vielmehr ab, und kehrten sich innerlich wieder Ägypten zu.

40 Sie sagten zu Aaron: Mache uns Götter, die vor uns herziehen; denn wir wissen nicht, was mit diesem Mose geschehen ist, der uns aus Ägypten herausgeführt hat.

41 So fertigten sie denn in jenen Tagen ein Kalb an, brachten dem Götzenbild Opfer dar und ergötzten sich an dem Gebilde ihrer Hände.

42 Da wandte sich Gott von ihnen ab und ließ sie dem Dienst der Gestirne anheimfallen. Darüber steht im Buch des Propheten geschrieben: 'Habt ihr mir etwa Schlacht- und Brandopfer dargebracht die vierzig Jahre in der Wüste, Haus Israel?

43 Das Zelt des Moloch habt ihr mitgeführt und das Sternbild des Gottes Romfa, Bilder, die ihr verfertigt habt, um sie anzubeten. Darum will ich euch über Babylon hinaus verbannen.'

 

Die Zeit von Mose bis Salomo

44 In der Wüste hatten unsere Väter das Bundeszelt. So hatte es der angeordnet, der Mose befahl, es nach dem Bild herzustellen, das er gesehen hatte.

45 Dieses übernahmen unsere Väter und brachten es auch mit, als sie unter Josua das Land der Heiden besetzten, die Gott vor unseren Vätern vertrieben hatte. So blieb es bis zu den Tagen Davids.

46 Dieser fand Gefallen vor Gott und bat, für den Gott Jakobs eine Wohnstätte errichten zu dürfen.

47 Doch erst Salomo baute ihm ein Haus.

48 Indes wohnt der Allerhöchste nicht in Gebäuden von Menschenhänden. Sagt doch der Prophet:

49 'Mein Thron ist der Himmel und meiner Füße Schemel die Erde. Was für ein Haus wollt ihr mir bauen – spricht der Herr – oder was soll meine Ruhestätte sein?

50 Hat nicht meine Hand das alles geschaffen?'

 

Die Gegenwart

51 Ihr Halsstarrigen, unbeschnitten an Herz und Ohr! Allzeit widersteht ihr dem Heiligen Geist; wie eure Väter, so auch ihr.

52 Wo war ein Prophet, den eure Väter nicht verfolgt hätten? Sie haben jene getötet, die von der Ankunft des Gerechten weissagten. Dessen Verräter und Mörder seid ihr nun geworden.

53 Auf Anordnung von Engeln hin habt ihr das Gesetz empfangen, aber ihr habt es nicht gehalten."

 

Steinigung des Stephanus

54 Als sie dies hörten, ergrimmten sie in ihren Herzen und knirschten mit den Zähnen wider ihn.

55 Er aber blickte voll des Heiligen Geistes unverwandt zum Himmel auf, sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus zur Rechten Gottes stehen

56 und rief aus: "Ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen."

57 Da erhoben sie ein lautes Geschrei, hielten sich die Ohren zu und stürmten alle wie ein Mann auf ihn los.

58 Sie stießen ihn zur Stadt hinaus und steinigten ihn. Die Zeugen legten ihre Kleider zu Füßen eines jungen Mannes mit Namen Saulus nieder.

59 So steinigten sie Stephanus. Er aber betete: "Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!"

60 Er sank in die Knie und rief mit lauter Stimme: "Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an!" Mit diesen Worten entschlief er.

 

Kapitel 8: Verfolgung der Christen

1 Saulus aber war mit seiner Ermordung einverstanden. – An jenem Tag kam es zu einer großen Verfolgung der Kirche zu Jerusalem. Alle, mit Ausnahme der Apostel, wurden über das Land von Judäa und Samaria versprengt.

2 Den Stephanus bestatteten fromme Männer und hielten eine große Totenklage um ihn.

3 Saulus aber versuchte, die Kirche zugrunde zu richten. Er drang in die Häuser ein, schleppte Männer und Frauen weg und warf sie ins Gefängnis.

 

Übergang der Kirche zu den Heiden

Philippus in Samaria

4 Die Versprengten zogen nun umher und verkündeten das Wort.

5 So zog Philippus hinab in die Stadt Samaria und predigte dort vom Messias.

6 Die Volksscharen lauschten einmütig den Worten des Philippus, die sie hörten, da sie die Zeichen sahen, die er wirkte.

7 Denn aus vielen Besessenen fuhren die unreinen Geister mit lautem Geschrei aus, und viele Lahme und Krüppel wurden geheilt.

8 So war großer Jubel in jener Stadt.

9 Schon vorher hatte in der Stadt ein Mann namens Simon Zauberei getrieben und das Volk Samarias betört, da er sich für etwas Großes ausgab.

10 Alles, groß und klein, hing ihm an und sagte: "Das ist die Kraft Gottes, genannt 'die Große'."

11 Sie hingen ihm an, weil er sie lange Zeit mit seinen Zauberkünsten betört hatte.

12 Als aber Philippus die frohe Botschaft vom Reich Gottes und vom Namen Jesu Christi verkündete, ließen sich sowohl Männer als auch Frauen taufen.

13 Selbst Simon wurde gläubig. Nach seiner Taufe schloß er sich eng an Philippus an und kam nicht aus dem Staunen heraus, als er die großen Zeichen und Wunder sah, die da geschahen.

 

Petrus und Johannes in Samaria

14 Als die Apostel in Jerusalem hörten, Samaria habe das Wort Gottes angenommen, sandten sie Petrus und Johannes dorthin.

15 Diese zogen hinab und beteten für sie, damit sie den Heiligen Geist empfingen –

16 denn er war noch auf keinen von ihnen herabgekommen; sie waren nur getauft worden auf den Namen des Herrn Jesus. –

17 Dann legten sie ihnen die Hände auf, und sie empfingen den Heiligen Geist.

18 Als Simon sah, daß durch die Handauflegung der Apostel der Geist verliehen wurde, bot er ihnen Geld an

19 und sagte: "Gebt auch mir diese Vollmacht, daß jeder, dem ich die Hände auflege, den Heiligen Geist empfange."

20 Petrus jedoch entgegnete ihm: "Dein Geld fahre mit dir ins Verderben, weil du geglaubt hast, du könntest die Gabe Gottes für Geld erkaufen.

21 Du hast keinen Anteil und kein Anrecht darauf; denn dein Herz ist nicht aufrichtig vor Gott.

22 Laß also ab von deiner Bosheit und bete zum Herrn. Vielleicht wird dir dann deines Herzens Trachten vergeben.

23 Denn wie ich sehe, bist du voll bitterer Galle und von Bosheit umstrickt."

24 Da erwiderte Simon: "Betet ihr für mich zum Herrn, daß nichts von dem mich trifft, was ihr gesagt habt."

25 So bezeugten und predigten sie das Wort des Herrn. Darauf kehrten sie nach Jerusalem zurück und verkündeten noch in vielen Ortschaften der Samariter die frohe Botschaft.

 

Bekehrung des Äthiopiers

26 Ein Engel des Herrn sagte zu Philippus: "Mache dich auf und geh nach Süden auf die Straße, die von Jerusalem nach Gaza hinabführt; sie ist einsam."

27 Er machte sich auf und ging. Ein Äthiopier, ein Kämmerer und Würdenträger der Königin Kandake von Äthiopien, und ihr oberster Schatzmeister, war nach Jerusalem gekommen, um Gott anzubeten.

28 Jetzt war er auf dem Heimweg. Er saß auf seinem Wagen und las den Propheten Jesaja.

29 Da sagte der Geist zu Philippus: "Geh hin und halte dich an diesen Wagen!"

30 Philippus lief hin und hörte, wie jener den Propheten Jesaja las. Er fragte: "Verstehst du auch, was du liest?"

31 Der antwortete: "Wie könnte ich, wenn mich niemand anleitet?" Und er lud Philippus ein, aufzusteigen und bei ihm Platz zu nehmen.

32 Die Schriftstelle, die er gerade las, lautete: "Wie ein Schaf, das zur Schlachtbank geführt wird, und wie ein Lamm, das vor seinem Scherer verstummt, tut er seinen Mund nicht auf.

33 Durch seine Erniedrigung ward das Gericht über ihn aufgehoben. Wer mag sein Geschlecht beschreiben? Weggenommen von der Erde wird sein Leben."

34 Der Kämmerer fragte nun Philippus: "Ich bitte dich, von wem sagt dies der Prophet? Von sich oder von einem anderen?"

35 Da nahm Philippus das Wort und verkündete ihm die frohe Botschaft von Jesus, wobei er von dieser Schriftstelle ausging.

36 Als sie so des Weges dahinzogen, kamen sie an ein Wasser. Da sagte der Kämmerer: "Siehe, hier ist Wasser. Was hindert, daß ich getauft werde?"

37 [ Philippus erwiderte: "Wenn du von ganzem Herzen glaubst, darf es geschehen." Er sagte: "Ich glaube, daß Jesus Christus der Sohn Gottes ist."]

38 Er ließ den Wagen halten und beide, Philippus und der Kämmerer, stiegen ins Wasser hinab; und er taufte ihn.

39 Als sie dem Wasser entstiegen waren, entrückte der Geist des Herrn den Philippus. Der Kämmerer sah ihn nicht mehr. Doch voll Freude zog er seines Weges weiter.

40 Philippus aber befand sich in Aschdod. Er zog weiter und verkündete in allen Städten das Evangelium, bis er nach Cäsarea gelangte.

 

Kapitel 9: Bekehrung des Heidenapostels

1 Saulus schnaubte Drohung und Mord gegen die Jünger des Herrn. Er ging zum Hohenpriester

2 und erbat sich von ihm Briefe an die Synagogen in Damaskus. Falls er Anhänger dieser Lehre dort treffe, wollte er sie, Männer und Frauen, in Fesseln nach Jerusalem führen.

3 Während er dahinzog und sich Damaskus näherte, umstrahlte ihn plötzlich ein Licht vom Himmel.

4 Er stürzte zu Boden und vernahm eine Stimme, die ihm zurief: "Saul, Saul, warum verfolgst du mich?"

5 Er fragte: "Wer bist du, Herr?" Dieser antwortete: "Ich bin Jesus, den du verfolgst.

6 Steh auf und geh in die Stadt. Dort wird man dir sagen, was du tun sollst."

7 Seine Reisegefährten standen sprachlos da. Sie hörten zwar die Stimme, sahen aber niemand.

8 Saulus erhob sich vom Boden. Als er die Augen aufschlug, konnte er nicht sehen. Da nahmen sie ihn bei der Hand und führten ihn nach Damaskus.

9 Drei Tage blieb er blind und nahm weder Speise noch Trank zu sich.

10 In Damaskus lebte ein Jünger namens Hananias. Zu dem sagte der Herr in einer Erscheinung: "Hananias!" Er antwortete: "Hier bin ich, Herr."

11 Der Herr gebot ihm: "Mache dich auf, geh in die sogenannte Gerade Straße und frage im Haus des Judas nach einem Mann mit Namen Saulus aus Tarsus. Denn siehe, er betet.

12 In einem Gesicht hat er gesehen, wie ein Mann namens Hananias zu ihm kommt und ihm die Hände auflegt, damit er wieder sehend werde."

13 Hananias entgegnete: "Herr, ich habe von vielen Seiten gehört, wieviel Böses gerade dieser Mann deinen Heiligen in Jerusalem zugefügt hat.

14 Und hier hat er von den Hohenpriestern Vollmacht, alle, die deinen Namen anrufen, in Fesseln zu legen."

15 Der Herr aber sagte zu ihm: "Geh hin! Denn ein auserwähltes Werkzeug ist mir dieser, meinen Namen vor Heiden und Könige und vor die Israeliten zu tragen.

16 Ich selbst werde ihm zeigen, wieviel er für meinen Namen leiden muß."

17 Hananias machte sich auf den Weg. Er trat in das Haus und legte ihm die Hände auf mit den Worten: "Saul, Bruder, der Herr hat mich gesandt, Jesus, der dir auf dem Weg hierher erschienen ist. Du sollst wieder sehend werden und mit Heiligem Geist erfüllt werden."

18 Sofort fiel es wie Schuppen von seinen Augen. Er konnte wieder sehen. Er erhob sich und ließ sich taufen.

 

Erstes Auftreten des Heidenapostels

19 Nachdem er Nahrung zu sich genommen hatte, kam er wieder zu Kräften. Er blieb noch einige Zeit bei den Jüngern in Damaskus

20 und verkündete alsbald in den Synagogen, daß Jesus der Sohn Gottes ist.

21 Alle, die ihn hörten, staunten und sagten: "Ist das nicht der Mann, der in Jerusalem die Bekenner dieses Namens zu vernichten suchte? Ist er nicht hierher gekommen, um sie in Fesseln zu den Hohenpriestern zu bringen?"

22 Saulus aber trat immer kraftvoller auf und brachte die Juden in Damaskus außer Fassung, indem er nachwies, daß Jesus der Messias ist.

23 Geraume Zeit hernach faßten die Juden den Plan, ihn zu ermorden.

24 Doch ihr Anschlag wurde Saulus bekannt. Tag und Nacht bewachten sie aber auch die Tore, um ihn aus dem Weg zu räumen.

25 Da ließen ihn seine Jünger bei Nacht in einem Korb über die Mauer hinab.

 

Der Heidenapostel in Jerusalem

26 Er kam nach Jerusalem und suchte, mit den Jüngern in Verbindung zu treten. Aber alle fürchteten sich vor ihm. Sie konnten nicht glauben, daß er ein Jünger sei.

27 Da nahm sich Barnabas seiner an. Er führte ihn zu den Aposteln und erzählte ihnen, wie er unterwegs den Herrn gesehen, wie dieser mit ihm geredet und wie er dann in Damaskus freimütig im Namen Jesu gepredigt habe.

28 So ging er dann in Jerusalem bei ihnen ein und aus und predigte freimütig im Namen des Herrn.

29 Er redete auch mit Hellenisten und setzte sich mit ihnen auseinander. Die aber planten, ihn umzubringen.

30 Als die Brüder das erfuhren, geleiteten sie ihn nach Cäsarea hinab und entließen ihn nach Tarsus.

 

Petrus in Lydda

31 Die Kirche hatte nun in ganz Judäa, Galiläa und Samaria Frieden. Sie baute sich auf, lebte in der Furcht des Herrn und mehrte sich durch den Beistand des Heiligen Geistes.

32 Petrus zog überall umher und kam auch zu den Heiligen in Lydda.

33 Dort traf er einen Mann namens Äneas, der schon acht Jahre gelähmt zu Bett lag.

34 Petrus sagte zu ihm: "Äneas, der Herr Jesus Christus macht dich gesund. Steh auf und mache dir selbst dein Bett zurecht!" Sofort erhob er sich.

35 Alle Bewohner von Lydda und Scharon sahen ihn und bekehrten sich zum Herrn.

 

Petrus in Joppe

36 In Joppe lebte eine Jüngerin namens Tabita, das übersetzt "Gazelle" bedeutet. Sie war sehr reich an guten Werken und Almosen, die sie spendete.

37 In jenen Tagen nun wurde sie krank und starb. Man wusch sie und bahrte sie im Obergemach auf.

38 Lydda liegt in der Nähe von Joppe. Als daher die Jünger erfuhren, daß Petrus dort sei, sandten sie zwei Männer zu ihm mit der Bitte: "Komm unverzüglich zu uns!"

39 Petrus machte sich auf und ging mit ihnen. Nach seiner Ankunft führte man ihn in das Obergemach. Da kamen alle Witwen weinend zu ihm und zeigten ihm all die Röcke und Kleider, die Tabita für sie gemacht hatte, als sie noch unter ihnen war.

40 Petrus hieß alle hinausgehen. Dann kniete er nieder und betete. Alsdann wandte er sich dem Leichnam zu und sagte: "Tabita, steh auf!" Sie schlug ihre Augen auf, sah Petrus an und setzte sich auf.

41 Er reichte ihr die Hand und richtete sie auf. Dann rief er die Heiligen und die Witwen herein und stellte sie lebend vor.

42 Die Kunde davon verbreitete sich in ganz Joppe, und viele kamen zum Glauben an den Herrn.

43 In Joppe blieb er noch längere Zeit bei einem gewissen Simon, einem Gerber.

 

Kapitel 10: Vision des Hauptmanns Kornelius

1 In Cäsarea lebte ein Mann namens Kornelius, Hauptmann der sogenannten Italischen Kohorte.

2 Er war samt seinem ganzen Haus fromm und gottesfürchtig, spendete dem Volk reichlich Almosen und betete unablässig zu Gott.

3 In einem Gesicht sah er deutlich, wie um die neunte Stunde des Tages ein Engel Gottes bei ihm eintrat und ihn anredete: "Kornelius!"

4 Er blickte ihn starr an und fragte erschrocken: "Was ist, Herr?" Der antwortete ihm: "Deine Gebete und deine Mildtätigkeit sind als Opfergabe zu Gott emporgestiegen.

5 Sende nun Männer nach Joppe und laß einen gewissen Simon mit dem Beinamen Petrus kommen.

6 Er hält sich bei Simon dem Gerber auf, dessen Haus am Meer liegt."

7 Als der Engel, der mit ihm geredet hatte, weggegangen war, rief er zwei seiner Diener und einen frommen Soldaten aus seiner ständigen Umgebung.

8 Ihnen setzte er alles auseinander und entsandte sie nach Joppe.

 

Vision des Petrus

9 Als diese am folgenden Tag ihres Weges zogen und sich der Stadt näherten, stieg Petrus auf das Dach, um zu beten. Es war um die sechste Stunde.

10 Er ward hungrig und wünschte zu essen. Während man etwas zubereitete, kam eine Verzückung über ihn.

11 Er sah den Himmel offen und einen Behälter wie ein großes Leinentuch herunterkommen, der an den vier Enden auf die Erde herabgelassen wurde.

12 Darin waren allerlei vierfüßige und kriechende Tiere der Erde und Vögel des Himmels.

13 Und eine Stimme rief ihm zu: "Wohlan, Petrus, steh auf, schlachte und iß!"

14 Doch Petrus sagte: "Nie und nimmer, Herr! Noch nie habe ich etwas Unheiliges und Unreines gegessen."

15 Da richtete sich die Stimme zum zweitenmal an ihn: "Was Gott für rein erklärt hat, sollst du nicht unrein nennen!"

16 Das geschah dreimal. Und sogleich wurde der Behälter in den Himmel emporgezogen.

 

Petrus und die Boten des Kornelius

17 Petrus war noch im unklaren darüber, was das Gesicht, das er gesehen hatte, wohl bedeuten solle, da hatten die Boten des Kornelius das Haus des Simon ausfindig gemacht und standen am Tor.

18 Unter lautem Rufen fragten sie, ob Simon mit dem Beinamen Petrus sich hier aufhalte.

19 Petrus dachte noch immer über das Gesicht nach. Da sagte der Geist zu ihm: "Zwei Männer fragen nach dir.

20 Wohlan, geh hinab und zieh ohne Bedenken mit ihnen; denn ich habe sie gesandt."

21 Petrus ging also zu den Männern hinab und sagte: "Ich bin es, den ihr sucht. Was führt euch hierher?"

22 Sie antworteten: "Hauptmann Kornelius, ein rechtschaffener und gottesfürchtiger Mann, der bei der ganzen jüdischen Bevölkerung in gutem Ruf steht, hat von einem heiligen Engel den Auftrag erhalten, dich in sein Haus rufen zu lassen, um von dir Unterweisung zu empfangen."

23 Da ließ er sie eintreten und nahm sie gastfreundlich auf. Am folgenden Tag brach er auf und ging mit ihnen. Einige Brüder aus Joppe begleiteten ihn.

 

Petrus bei Kornelius

24 Tags darauf langte er in Cäsarea an. Kornelius erwartete sie und hatte seine Verwandten und vertrauten Freunde eingeladen.

25 Als Petrus eintreten wollte, ging ihm Kornelius entgegen und fiel ihm ehrfurchtsvoll zu Füßen.

26 Petrus aber hob ihn auf mit den Worten: "Steh auf! Auch ich bin nur ein Mensch."

27 Im Gespräch mit ihm trat er ein und bemerkte die vielen Menschen, die zusammengekommen waren.

28 Da sagte er zu ihnen: "Wie ihr wißt, ist es einem Juden nicht erlaubt, mit Fremdstämmigen zu verkehren oder ihnen zu nahen. Gott aber hat mir gezeigt, daß man keinen Menschen unheilig und unrein nennen darf.

29 Deshalb bin ich auch ohne Widerrede mitgegangen, als ihr mich rufen ließet. Nun frage ich: Warum habt ihr mich kommen lassen?"

30 Kornelius antwortete: "Gerade vor vier Tagen betete ich um die neunte Stunde in meinem Hause. Mit einem Mal stand ein Mann in glänzendem Gewand vor mir

31 und sagte: Kornelius, dein Gebet ist erhört, und deine Mildtätigkeit ist vor Gott wohlbekannt.

32 Schicke nun nach Joppe und lasse Simon mit dem Beinamen Petrus rufen. Er hält sich im Hause Simons des Gerbers am Meer auf.

33 Ich habe sofort nach dir geschickt, und du hast gut daran getan, daß du gekommen bist. Jetzt stehen wir alle vor Gott da, um das alles zu vernehmen, was dir vom Herrn aufgetragen ist."

 

Rede des Petrus

34 Da nahm Petrus das Wort und sagte: "Nun erkenne ich in Wahrheit, daß Gott nicht auf das Äußere schaut.

35 Vielmehr ist ihm in jedem Volk wohlgefällig, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist.

36 Er ließ sein Wort an die Israeliten ergehen und verkündete Frieden durch Jesus Christus: Dieser ist der Herr über alle.

37 Ihr wißt, was sich nach der Taufe, die Johannes predigte, im ganzen Land der Juden, angefangen in Galiläa, zugetragen hat;

38 wie Gott Jesus von Nazaret mit Heiligem Geist und mit Kraft gesalbt hat, wie er umherzog, Wohltaten spendend und alle heilend, die vom Teufel geknechtet waren: denn Gott war mit ihm.

39 Wir sind Zeugen von allem, was er im Land der Juden und in Jerusalem gewirkt hat. Man hat ihn ans Kreuzesholz geschlagen und getötet.

40 Gott hat ihn jedoch am dritten Tag auferweckt und ihn sichtbar erscheinen lassen,

41 nicht dem ganzen Volk, sondern nur den von Gott vorherbestimmten Zeugen, uns, die wir nach seiner Auferstehung von den Toten mit ihm gegessen und getrunken haben.

42 Er hat uns den Auftrag erteilt, dem Volk zu predigen und zu bezeugen, daß er der von Gott bestimmte Richter über die Lebenden und die Toten ist.

43 Von ihm bezeugen alle Propheten, daß jeder, der an ihn glaubt, durch seinen Namen Vergebung der Sünden empfängt."

 

Taufe des Kornelius

44 Während Petrus noch so redete, kam der Heilige Geist auf alle herab, die das Wort hörten.

45 Alle Gläubigen aus dem Judentum, die mit Petrus gekommen waren, staunten, daß auch über die Heiden die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen wurde.

46 Denn sie hörten sie in Sprachen reden und Gott lobpreisen. Da sagte Petrus:

47 "Kann man denen das Wasser der Taufe versagen, die wie wir den Heiligen Geist empfangen haben?"

48 Und er ordnete an, daß sie im Namen Jesu Christi getauft würden. Darauf baten sie ihn, einige Tage bei ihnen zu bleiben.

 

Kapitel 11: Der Eindruck in Jerusalem

1 Die Apostel und die Brüder in Judäa erfuhren, daß auch die Heiden das Wort Gottes angenommen hatten.

2 Als nun Petrus nach Jerusalem hinaufkam, machten die aus dem Judentum ihm Vorwürfe

3 und sagten: "Du bist bei Unbeschnittenen eingekehrt und hast mit ihnen gegessen."

4 Petrus setzte ihnen den Hergang Punkt für Punkt auseinander und sagte:

5 "Ich war in der Stadt Joppe und betete. In einer Verzückung hatte ich eine Vision: Ich sah einen Behälter wie ein großes Leinentuch herunterkommen, das an den vier Enden vom Himmel bis zu mir herabgelassen wurde.

6 Als ich ihn aufmerksam betrachtete, sah ich darin vierfüßige Tiere der Erde, wilde und kriechende Tiere sowie Vögel des Himmels.

7 Auch hörte ich eine Stimme zu mir sagen: Wohlan, Petrus, steh auf, schlachte und iß!

8 Doch ich sagte: Nie und nimmer, Herr! Noch nie ist etwas Unheiliges und Unreines in meinen Mund gekommen.

9 Aber die Stimme vom Himmel sprach zum zweitenmal: Du sollst nicht unrein nennen, was Gott für rein erklärt hat.

10 Das geschah dreimal. Dann wurde alles wieder in den Himmel hinaufgezogen.

11 Gleich darauf standen drei Männer vor dem Haus, in dem wir uns aufhielten, die aus Cäsarea zu mir gesandt waren.

12 Der Geist hieß mich, ohne Bedenken mit ihnen zu gehen. Mit mir reisten auch die sechs Brüder hier, und so kamen wir in das Haus des Mannes.

13 Der erzählte uns, wie er in seinem Haus einen Engel stehen sah, der ihm gebot: Sende nach Joppe und laß Simon mit dem Beinamen Petrus rufen.

14 Der wird dir Unterweisung geben, durch die du und dein ganzes Haus das Heil erlangen wirst.

15 Als ich dann zu reden begann, kam der Heilige Geist auf sie herab, wie im Anfang auch auf uns.

16 Da erinnerte ich mich an das Wort des Herrn: 'Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber werdet mit Heiligem Geist getauft werden.'

17 Wenn nun Gott ihnen die gleiche Gabe verliehen hat wie auch uns, als wir den Glauben an den Herrn Jesus Christus angenommen haben, wie hätte ich da Gott entgegenhandeln können?"

18 Als sie das hörten, beruhigten sie sich. Sie priesen Gott und sagten: "Also hat Gott auch den Heiden die Umkehr verliehen, die zum Leben führt."

 

Gründung der ersten heidenchristlichen Gemeinde

19 Jene also, die bei der Bedrängnis, die wegen Stephanus entstanden war, versprengt wurden, kamen bis nach Phönizien, Zypern und Antiochia. Doch verkündeten sie das Wort nur den Juden.

20 Einige aber von ihnen, die aus Zypern und aus Zyrene stammten, verkündeten nach ihrer Ankunft in Antiochia auch den Hellenisten die frohe Botschaft vom Herrn Jesus.

21 Die Hand des Herrn war mit ihnen. Eine große Anzahl wurde gläubig und bekehrte sich zum Herrn.

22 Die Kunde davon kam der Kirche in Jerusalem zu Ohren, und man entsandte Barnabas nach Antiochia.

23 Als er hinkam und das Walten der Gnade Gottes sah, freute er sich und ermahnte alle, mit festem Herzen dem Herrn treu zu bleiben.

24 Er war eben ein trefflicher Mann, voll Heiligen Geistes und Glaubens. So wurde eine große Anzahl für den Herrn gewonnen.

25 Dann begab er sich nach Tarsus, um Saulus aufzusuchen.

26 Er fand ihn und nahm ihn mit nach Antiochia. Sie blieben ein volles Jahr in der Gemeinde zusammen und unterrichteten eine große Menge. – In Antiochia bezeichnete man die Jüngern zum erstenmal als "Christen".

27 In jenen Tagen kamen Propheten aus Jerusalem nach Antiochia hinab.

28 Einer von ihnen namens Agabus trat auf und weissagte auf Antrieb des Geistes, eine große Hungersnot werde über die ganze Erde kommen. Sie trat dann auch unter Klaudius ein.

29 Da beschlossen die Jünger, ein jeder von ihnen solle je nach Vermögen den Brüdern in Judäa etwas zur Unterstützung zukommen lassen.

30 Das führten sie auch aus und sandten die Beiträge durch Barnabas und Saulus an die Ältesten.

 

Kapitel 12: Wunderbare Rettung des Petrus

1 Um jene Zeit ließ König Herodes einige Mitglieder der Kirche ergreifen und mißhandeln.

2 Jakobus, den Bruder des Johannes, ließ er mit dem Schwert hinrichten.

3 Als er bemerkte, daß das den Juden gefiel, ließ er auch noch Petrus festnehmen. – Es war in den Tagen der Ungesäuerten Brote. –

4 Er ließ ihn also ergreifen, ins Gefängnis werfen und durch eine vierfache Wache von je vier Soldaten bewachen. Nach dem Paschafest wollte er ihn dann dem Volke vorführen.

5 So wurde denn Petrus in Gewahrsam gehalten. Die Kirche aber betete unablässig für ihn zu Gott.

6 In der Nacht, bevor Herodes ihn vorführen wollte, schlief Petrus, mit zwei Ketten gefesselt, zwischen zwei Soldaten. Wächter vor dem Tor bewachten das Gefängnis.

7 Auf einmal erschien ein Engel des Herrn, und Licht erstrahlte in dem Raum. Er stieß Petrus in die Seite und weckte ihn mit den Worten: "Steh sogleich auf!" Da fielen die Ketten von seinen Händen.

8 Der Engel fuhr fort: "Gürte dich und zieh deine Sandalen an!" Das tat er. Und weiter gebot er ihm: "Wirf deinen Mantel um und folge mir!"

9 Er folgte ihm und ging hinaus, wußte aber nicht, daß es Wirklichkeit war, was durch den Engel geschah. Er meinte vielmehr, ein Traumgesicht zu haben.

10 Sie schritten an der ersten und zweiten Wache vorüber und kamen an das eiserne Tor, das in die Stadt führte. Es öffnete sich ihnen von selbst. Sie traten hinaus und gingen eine Gasse weiter. Plötzlich schied der Engel von seiner Seite.

11 Da kam Petrus zu sich und sagte: "Jetzt weiß ich wahrhaftig, daß der Herr seinen Engel gesandt und mich der Hand des Herodes und aller Erwartung des Volkes der Juden entrissen hat."

12 Als er seine Lage erfaßt hatte, ging er zum Haus von Maria, der Mutter des Johannes mit dem Beinamen Markus. Dort waren viele zum Gebet versammelt.

13 Er klopfte an die Hoftür. Eine Magd namens Rhode kam herbei, um zu horchen.

14 Als sie die Stimme des Petrus erkannte, vergaß sie vor Freude, das Tor zu öffnen. Sie lief hinein und meldete, Petrus stehe vor dem Tor.

15 Jene entgegneten ihr: "Du bist von Sinnen!" Doch sie bestand darauf, daß es sich so verhalte. Da sagten sie: "Es ist sein Engel."

16 Petrus aber fuhr fort zu klopfen. Nun machten sie auf, sahen ihn und gerieten außer sich.

17 Er winkte ihnen mit der Hand zu schweigen und erzählte ihnen, wie der Herr ihn aus dem Gefängnis herausgeführt habe. Er fügte hinzu: "Meldet das Jakobus und den übrigen Brüdern." Dann ging er hinaus und begab sich an einen anderen Ort.

18 Als es Tag geworden war, waren die Soldaten nicht wenig darüber bestürzt, was denn mit Petrus geschehen sei.

19 Herodes ließ nach ihm suchen. Man fand ihn aber nicht. Er verhörte die Wachen und befahl, sie abzuführen. Hierauf begab er sich von Judäa nach Cäsarea hinab und hielt sich dort auf.

 

Ende des Herodes

20 Er war gegen die Bewohner von Tyrus und Sidon sehr aufgebracht. Diese kamen gemeinsam zu ihm, gewannen den königlichen Kämmerer Blastus für sich und baten um Frieden, denn ihr Land bezog von dem des Königs die Lebensmittel.

21 An einem bestimmten Tag setzte sich Herodes, mit dem königlichen Gewand angetan, auf den Thron und hielt eine Ansprache an sie.

22 Das Volk rief ihm zu: "Eines Gottes, nicht eines Menschen Stimme!"

23 Auf der Stelle schlug ihn ein Engel des Herrn dafür, daß er nicht Gott die Ehre gegeben hatte. Von Würmern zerfressen, starb er hin.

 

Paulus und Barnabas kehren nach Antiochia zurück

24 Das Wort Gottes aber wuchs und breitete sich mehr und mehr aus.

25 Nachdem Barnabas und Saulus ihre Aufgabe erfüllt hatten, kehrten sie von Jerusalem zurück und nahmen Johannes mit, der den Beinamen Markus trug.

 

Kapitel 13: Die Kirche bei den Heiden

Paulus als Heidenmissionar

Aussendung des Barnabas und Saulus

1 In der Kirche von Antiochia waren Propheten und Lehrer: Barnabas, Simeon mit dem Beinamen Niger, Luzius aus Zyrene, Manaën, ein Jugendgefährte des Tetrarchen Herodes, und Saulus.

2 Während sie einmal den Gottesdienst vollzogen und fasteten, gebot ihnen der Heilige Geist: "Sondert mir doch Barnabas und Saulus zu dem Werk aus, zu dem ich sie berufen habe."

3 Da fasteten und beteten sie, legten ihnen die Hände auf und ließen sie ziehen.

 

Erste Missionsreise.

Auf Zypern

4 So vom Heiligen Geist ausgesandt, zogen sie nach Seleuzia hinab und fuhren von da nach Zypern.

5 In Salamis angelangt, verkündeten sie in den jüdischen Synagogen das Wort Gottes. Als Gehilfen hatten sie noch Johannes bei sich.

6 Sie durchwanderten die ganze Insel bis Paphos. Dort trafen sie einen jüdischen Zauberer und falschen Propheten namens Barjesus.

7 Er hielt sich beim Statthalter Sergius Paulus auf, einem verständigen Mann. Der ließ Barnabas und Saulus zu sich kommen und wünschte, das Wort Gottes zu hören.

8 Allein Elymas der Zauberer – dies bedeutet sein Name – trat ihnen entgegen und suchte den Statthalter vom Glauben abzuhalten.

9 Saulus aber, auch Paulus genannt, ward erfüllt von Heiligem Geist, faßte ihn scharf ins Auge

10 und sagte: "Du Sohn des Teufels, voll Falschheit und Bosheit jeder Art, du Feind aller Gerechtigkeit, hörst du nicht auf, die geraden Wege des Herrn zu durchkreuzen?

11 Siehe, die Hand des Herrn kommt über dich: Blind sollst du sein und eine Zeitlang die Sonne nicht mehr sehen!" Sogleich umfing ihn Dunkel und Finsternis. Er tappte umher und suchte nach jemand, der ihn an der Hand führe.

12 Als der Statthalter sah, was geschehen war, wurde er gläubig, ergriffen von der Lehre des Herrn.

 

In Antiochia

13 Von Paphos fuhren Paulus und seine Gefährten ab und kamen nach Perge in Pamphylien. Johannes aber trennte sich von ihnen und kehrte nach Jerusalem zurück.

14 Sie aber zogen von Perge weiter und gelangten nach Antiochia in Pisidien. Dort gingen sie am Sabbat in die Synagoge und nahmen Platz.

15 Nach der Lesung aus dem Gesetz und den Propheten ließen die Synagogenvorsteher ihnen sagen: "Ihr Brüder, wenn ihr ein Wort der Ermunterung an das Volk zu richten wißt, so redet."

 

Gottes Wohltaten an Israel

16 Da erhob sich Paulus, gab mit der Hand ein Zeichen zu schweigen und sagte: "Hört, ihr Israeliten und ihr Gottesfürchtigen!

17 Der Gott dieses Volkes Israel hat unsere Väter auserwählt und sie in der Fremde, im Land Ägypten, zu einem großen Volk gemacht. Mit starkem Arm führte er sie von dort heraus

18 und ertrug sie gegen vierzig Jahre in der Wüste.

19 Er vernichtete sieben Völker im Land Kanaan und gab ihnen deren Land zum Besitz

20 für ungefähr vierhundertfünfzig Jahre. Danach gab er ihnen Richter bis auf den Propheten Samuel.

21 Von da an verlangten sie einen König, und Gott gab ihnen Saul, den Sohn des Kisch aus dem Stamm Benjamin, für vierzig Jahre.

22 Nachdem er diesen verworfen hatte, erweckte er ihnen David zum König. Ihm gab er das Zeugnis: 'Ich habe David, den Sohn Isais, als einen Mann nach meinem Herzen gefunden, der meinen Willen in allem erfüllen wird.'

23 Aus seiner Nachkommenschaft hat Gott seiner Verheißung gemäß Jesus als Retter für Israel erweckt.

24 Vor dessen Auftreten predigte Johannes dem ganzen Volk Israel die Taufe der Buße.

25 Als Johannes seine Laufbahn vollendete, erklärte er: 'Ich bin nicht der, für den ihr mich haltet. Er kommt aber nach mir, und ich bin nicht wert, ihm die Schuhe von den Füßen zu lösen.'

 

Jesus der wahre Messias

26 Brüder, Söhne aus Abrahams Geschlecht und ihr Gottesfürchtigen hier! An uns ist die Botschaft von diesem Heil ergangen.

27 Denn die Bewohner von Jerusalem und ihre Vorsteher haben ihn nicht erkannt und so durch ihren Richterspruch die Worte der Propheten erfüllt, die an jedem Sabbat vorgelesen werden.

28 Obwohl sie keine Todesschuld an ihm fanden, forderten sie doch von Pilatus seinen Tod.

29 Nachdem sie alles vollbracht hatten, was über ihn geschrieben steht, nahm man ihn vom Holz ab und legte ihn ins Grab.

30 Aber Gott hat ihn am dritten Tag von den Toten auferweckt.

31 Eine Reihe von Tagen erschien er denen, die mit ihm von Galiläa nach Jerusalem hinaufgezogen waren. Sie sind jetzt seine Zeugen vor dem Volk.

32 Und so verkünden wir euch die frohe Botschaft, daß Gott die Verheißung, die an die Väter ergangen ist,

33 an uns, ihren Kindern, erfüllt hat, indem er Jesus hat auferstehen lassen. So heißt es auch im zweiten Psalm: 'Mein Sohn bist du, heute habe ich dich gezeugt.'

34 Daß er ihn aber von den Toten auferweckt hat, um ihn nicht mehr der Verwesung anheimfallen zu lassen, hat er also ausgesprochen: 'Euch will ich geben, was ich David unverbrüchlich verheißen habe.'

35 Deshalb sagte er auch an einer andern Stelle: 'Du wirst deinen Heiligen nicht schauen lassen die Verwesung.'

36 David ist aber, nachdem er seiner Generation dem Willen Gottes gemäß gedient hatte, entschlafen. Er wurde bei seinen Vätern beigesetzt und hat so die Verwesung geschaut.

37 Dagegen hat der, den Gott von den Toten auferweckte, die Verwesung nicht geschaut.

 

Angebot des Heils

38 Darum sei euch, Brüder, kundgetan: Durch diesen wird euch die Vergebung der Sünden verkündet. Und von allem, wovon ihr durch das Gesetz des Mose nicht gerechtfertigt werden konntet,

39 wird durch diesen ein jeder gerechtfertigt, der da glaubt.

40 Seht darum zu, daß auf euch nicht das Prophetenwort zutrifft:

41 'Schaut, ihr Verächter, staunt und vergeht! Ein Werk vollbringe ich in euren Tagen, ein Werk, das ihr nicht glauben würdet, wenn einer es euch erzählte.'"

 

Reicher Erfolg der Mission in Pisidien

42 Als sie aufbrachen, bat man sie, am folgenden Sabbat über diese Worte zu ihnen zu sprechen.

43 Dann löste sich die Versammlung auf, und viele Juden und fromme Proselyten folgten Paulus und Barnabas. Die ermahnten und ermunterten sie, in der Gnade Gottes zu verharren.

44 Am folgenden Sabbat fand sich fast die ganze Stadt ein, um das Wort Gottes zu hören.

45 Beim Anblick dieser Menge wurden die Juden von Eifersucht erfüllt, widersprachen den Worten des Paulus und stießen Schmähungen aus.

46 Paulus und Barnabas aber erklärten freimütig: "Euch mußte zuerst das Wort Gottes gepredigt werden. Weil ihr es jedoch abweist und euch selbst des ewigen Lebens für nicht würdig erachtet, so wenden wir uns an die Heiden.

47 Denn so hat uns der Herr befohlen: 'Ich habe dich zum Licht für die Heiden bestimmt, daß du zum Heil wirst bis an die Grenze der Erde'."

48 Als die Heiden das hörten, freuten sie sich und priesen das Wort des Herrn. Und alle, die zum ewigen Leben bestimmt waren, nahmen den Glauben an.

49 So breitete sich das Wort des Herrn in der ganzen Gegend aus.

50 Die Juden aber hetzten die vornehmen gottesfürchtigen Frauen und die angesehensten Männer der Stadt auf und erregten eine Verfolgung gegen Paulus und Barnabas. Man vertrieb sie aus ihrem Gebiet.

51 Sie schüttelten den Staub von ihren Füßen gegen sie ab und begaben sich nach Ikonion.

52 Die Jünger aber wurden erfüllt mit Freude und Heiligem Geist.

 

Kapitel 14: In Ikonion

1 In Ikonion gingen sie gleichfalls in die jüdische Synagoge und predigten mit solchem Erfolg, daß eine große Anzahl Juden und Heiden den Glauben annahm.

2 Die Juden aber, die ungläubig blieben, reizten und hetzten die Gemüter der Heiden gegen die Brüder auf.

3 (Trotzdem) verblieben sie geraume Zeit und predigten freimütig im Vertrauen auf den Herrn. Er bestätigte das Wort von seiner Gnade durch Zeichen und Wunder, die er durch ihre Hand geschehen ließ.

4 Indes spaltete sich die Bevölkerung der Stadt: die einen hielten es mit den Juden, die anderen mit den Aposteln.

5 Die Heiden und die Juden mit ihren Führern schickten sich an, sie zu mißhandeln und zu steinigen.

6 Als sie das merkten, flüchteten sie in die Städte von Lykaonien, nach Lystra und Derbe, und in die Umgegend.

7 Dort verkündeten sie die frohe Botschaft.

 

In Lystra und Derbe

8 In Lystra war ein Mann, der ohne Kraft in den Füßen dasaß. Von Geburt an lahm, hatte er noch niemals gehen können.

9 Dieser hörte Paulus predigen. Der schaute ihn fest an und merkte, daß er Vertrauen hatte, Heilung zu finden.

10 Und so sagte er mit lauter Stimme: "Stell dich aufrecht auf deine Füße!" Da sprang er auf und ging umher.

11 Als die Volksscharen sahen, was Paulus getan hatte, erhoben sie ihre Stimme und riefen auf lykaonisch: "Götter sind in Menschengestalt zu uns herabgekommen!"

12 Barnabas nannten sie Zeus und Paulus Hermes, weil er das Wort führte.

13 Der Priester des Zeus vor der Stadt ließ Stiere und Kränze an die Tore bringen und wollte samt den Volksscharen Opfer darbringen.

14 Als die Apostel Barnabas und Paulus davon hörten, zerrissen sie ihre Kleider, sprangen unter das Volk

15 und riefen: "Ihr Männer, was tut ihr da? Wir sind doch auch nur Menschen, der gleichen Art wie ihr. Wir verkünden euch als frohe Botschaft, daß ihr euch von diesen nichtigen Götzen zu dem lebendigen Gott bekehren sollt. Er ist der Schöpfer des Himmels und der Erde, des Meeres und all dessen, was darin ist.

16 In den vergangenen Zeiten ließ er alle Völker ihre eigenen Wege gehen.

17 Und doch hat er sich nicht unbezeugt gelassen. Er spendete Wohltaten, gab euch vom Himmel her Regen und fruchtbare Zeiten, Nahrung und erquickenden Trank euren Herzen."

18 Nur mit Mühe brachten sie durch diese Worte die Volksscharen davon ab, ihnen Opfer darzubringen.

19 Dann aber trafen Juden aus Antiochia und Ikonion ein und brachten das Volk auf ihre Seite. Paulus wurde gesteinigt und zur Stadt hinausgeschleppt, weil man ihn für tot hielt.

20 Als aber die Jünger ihn umringten, erhob er sich und begab sich in die Stadt. Am folgenden Tag zog er mit Barnabas weiter nach Derbe.

21 Sie verkündeten dieser Stadt die frohe Botschaft und gewannen viele Jünger. Danach kehrten sie nach Lystra, Ikonion und Antiochia zurück.

 

Heimkehr nach Antiochia

22 Sie bestärkten die Herzen der Jünger und ermahnten sie, im Glauben zu verharren. Sie sagten: "Es ist nötig, daß wir durch viele Drangsale in das Reich Gottes eingehen."

23 In jeder Gemeinde stellten sie unter Gebet und Fasten Älteste für sie auf und empfahlen sie dem Herrn, dem sie sich gläubig zugewandt hatten.

24 Dann zogen sie über Pisidien nach Pamphylien

25 und verkündeten das Wort des Herrn in Perge. Von dort gingen sie nach Attalia hinab

26 und segelten von da nach Antiochia. Dort waren sie der Gnade Gottes anbefohlen worden für das Werk, das sie nun vollendet hatten.

27 Nach ihrer Ankunft versammelten sie die Gemeinde und berichteten, was Gott alles durch sie gewirkt hatte und daß er den Heiden die Tür zum Glauben geöffnet habe.

28 Geraume Zeit verweilten sie dann bei den Jüngern.

 

Kapitel 15: Das Apostelkonzil

Anlaß

1 Aus Judäa kamen indessen einige herab und lehrten die Brüder: "Wenn ihr euch nicht nach dem Brauch des Mose beschneiden laßt, könnt ihr nicht zum Heil gelangen."

2 Mit diesen kamen Paulus und Barnabas in heftigen Streit und Wortwechsel. Man beschloß daher, Paulus und Barnabas und einige andere aus ihrer Mitte sollten wegen dieser Streitfrage zu den Aposteln nach Jerusalem hinaufgehen.

3 Von der Gemeinde zur Reise ausgerüstet, zogen sie durch Phönizien und Samaria und erzählten von der Bekehrung der Heiden. Damit bereiteten sie allen Brüdern eine große Freude.

4 In Jerusalem angekommen, wurden sie von der Gemeinde, den Aposteln und den Ältesten empfangen. Sie berichteten alles, was Gott durch sie gewirkt hatte.

5 Aber einige, die von der Partei der Pharisäer her zum Glauben gekommen waren, traten mit der Forderung auf: "Man muß sie beschneiden und anhalten, daß sie das Gesetz des Mose beobachten."

 

Das Konzil

6 Da versammelten sich die Apostel und die Ältesten, um hierüber zu beraten.

7 Nach langem Hin- und Herreden erhob sich Petrus und sagte zu ihnen: "Brüder, wie ihr wißt, hat Gott vor langer Zeit bei euch entschieden, daß die Heiden aus meinem Mund das Wort des Evangeliums vernehmen und zum Glauben kommen.

8 Gott, der die Herzen kennt, hat für sie Zeugnis abgelegt, indem er ihnen ebenso wie uns den Heiligen Geist verliehen hat.

9 Er hat zwischen uns und ihnen keinen Unterschied gemacht, da er durch den Glauben ihre Herzen gereinigt hat.

10 Was wollt ihr also Gott versuchen und den Jüngern ein Joch auf den Nacken legen, das weder unsere Väter noch wir zu tragen vermochten?

11 Wir glauben doch, ebenso wie jene, durch die Gnade des Herrn Jesus Christus das Heil zu erlangen."

12 Die ganze Versammlung schwieg. Sie hörten dann Barnabas und Paulus an, die erzählten, welch große Zeichen und Wunder Gott durch sie unter den Heiden gewirkt hatte.

13 Als sie damit zu Ende waren, ergriff Jakobus das Wort und sagte: "Brüder, hört mich an!

14 Simon hat dargelegt, wie Gott den ersten Schritt getan hat, um aus den Heiden ein Volk für seinen Namen zu gewinnen.

15 Damit stimmen die Worte der Propheten überein. Es steht ja geschrieben:

16 'Danach will ich wieder aufbauen Davids zerfallene Hütte, ihre Trümmer wiederherstellen, sie wieder aufrichten.

17 Dann sollen die übrigen Menschen den Herrn suchen, alle Völker, über die mein Name ausgerufen wird. So spricht der Herr, der dieses wirkt.

18 Bekannt ist es von alters her.'

19 Deshalb soll man nach meinem Dafürhalten den Heiden, die sich zu Gott bekehren, keine Last mehr aufbürden,

20 wohl aber ihnen schriftlich mitteilen, daß sie sich enthalten von Verunreinigung durch die Götzen, von Unzucht, von Ersticktem und von Blut.

21 Denn Mose hat von alters her in jeder Stadt seine Prediger. Wird er doch jeden Sabbat in den Synagogen vorgelesen."

 

Die Entscheidung

22 Hierauf beschlossen die Apostel und die Ältesten samt der ganzen Gemeinde, aus ihrer Mitte Männer auszuwählen und sie mit Paulus und Barnabas nach Antiochia zu senden, nämlich Judas mit dem Beinamen Barsabbas, und Silas, Männer, die unter den Brüdern eine führende Stellung einnahmen.

23 Man gab ihnen folgendes Schreiben mit: "Die Apostel und die Ältesten entbieten den Brüdern aus den Völkern in Antiochia, Syrien und Zilizien brüderlichen Gruß.

24 Wir haben erfahren, daß einige aus unserer Mitte ausgezogen sind, durch Reden euch verwirrt und eure Herzen beunruhigt haben; diese haben wir nicht beauftragt.

25 Darum sind wir übereingekommen und haben beschlossen, Männer auszuwählen und sie zusammen mit unseren geliebten Barnabas und Paulus zu euch zu senden,

26 Männer, die für den Namen unseres Herrn Jesus Christus ihr Leben eingesetzt haben.

27 Wir haben nun Judas und Silas abgesandt, die euch auch mündlich das gleiche verkünden sollen.

28 Denn der Heilige Geist und wir haben entschieden, euch keine weitere Last aufzulegen außer folgenden notwendigen Stücken:

29 Ihr sollt euch enthalten von Götzenopferfleisch, von Blut, von Ersticktem und von Unzucht. Wenn ihr euch davor bewahrt, so tut ihr wohl daran. Lebt wohl!"

30 Sie wurden nun verabschiedet und zogen hinab nach Antiochia. Dort versammelten sie die Gemeinde und überreichten das Schreiben.

31 Diese las es und freute sich über den Zuspruch.

32 Judas und Silas, gleichfalls prophetisch begabte Männer, ermunterten und stärkten die Brüder in eingehender Rede.

33 Erst nach einiger Zeit wurden sie von den Brüdern mit dem Friedensgruß zu denen entlassen, die sie entsandt hatten.

34 [Silas aber entschloß sich zu bleiben, und Judas kehrte allein nach Jerusalem zurück.]

35 Paulus und Barnabas blieben in Antiochia und lehrten und verkündeten noch mit vielen anderen das Wort des Herrn.

 

Zweite Missionsreise

36 Nach einigen Tagen sagte Paulus zu Barnabas: "Laß uns wieder hingehen und nachsehen, wie es den Brüdern in all den Städten geht, in denen wir das Wort des Herrn verkündet haben."

37 Barnabas wollte auch Johannes mit dem Beinamen Markus mitnehmen.

38 Paulus jedoch bestand darauf, diesen nicht mitzunehmen, weil er sie in Pamphylien verlassen und an ihrem Wirken nicht teilgenommen hatte.

39 Darüber kam es zu einer Verstimmung, so daß sie sich voneinander trennten. Barnabas nahm Markus zu sich und segelte nach Zypern ab,

40 Paulus aber wählte sich Silas und reiste ab, von den Brüdern der Gnade des Herrn anbefohlen.

41 Er durchzog Syrien und Zilizien und bestärkte die Gemeinden.

 

Kapitel 16:

1 So kam er auch nach Derbe und Lystra. Dort war ein Jünger namens Timotheus, der Sohn einer gläubig gewordenen Jüdin, aber eines griechischen Vaters,

2 der von den Brüdern in Lystra und Ikonion ein gutes Zeugnis erhalten hatte.

3 Paulus wollte ihn als Begleiter mitnehmen. Mit Rücksicht auf die Juden, die in jenen Gegenden lebten, ließ er ihn beschneiden; denn alle wußten, daß sein Vater ein Grieche war.

4 In den Städten, die sie durchzogen, übergaben sie den Gläubigen die von den Aposteln und Ältesten in Jerusalem festgelegten Beschlüsse zur Beobachtung.

5 So wurden die Kirchen im Glauben bestärkt und nahmen täglich an Zahl zu.

6 Sie durchwanderten Phrygien und die Landschaft Galatien, weil der Heilige Geist ihnen verwehrte, das Wort Gottes in Asien zu verkünden.

7 Nach Mysien gekommen, versuchten sie, nach Bithynien zu gelangen; aber der Geist Jesu gestattete es ihnen nicht.

8 So durchwanderten sie Mysien und kamen nach Troas hinab.

9 In der Nacht hatte Paulus eine Erscheinung. Ein Mazedonier stand da und bat ihn: "Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns!"

10 Nach dieser Erscheinung suchten wir alsbald nach Mazedonien zu fahren. Wir schlossen nämlich daraus, Gott habe uns dazu berufen, dort die frohe Botschaft zu verkünden.

 

In Philippi

11 So reisten wir von Troas ab und fuhren geradenwegs nach Samothrake, tags darauf nach Neapolis

12 und von da nach Philippi. Dies ist die erste Stadt des Bezirks von Mazedonien, eine Kolonie. In dieser Stadt hielten wir uns einige Tage auf.

13 Am Sabbat gingen wir zum Stadttor hinaus an den Fluß, wo wir ein Bethaus vermuteten. Wir ließen uns da nieder und sprachen zu den Frauen, die sich eingefunden hatten.

14 Eine Frau namens Lydia, eine Purpurhändlerin aus der Stadt Thyatira, eine Gottesfürchtige, hörte zu. Ihr schloß der Herr das Herz auf, daß sie den Worten des Paulus Aufmerksamkeit schenkte.

15 Sie ließ sich samt ihrem Haus taufen und bat daraufhin: "Wenn ihr überzeugt seid, daß ich wirklich an den Herrn glaube, so kommt in mein Haus und nehmt dort Wohnung." – Ja, sie nötigte uns.

16 Auf dem Weg zum Bethaus begegnete uns einmal eine Sklavin, die einen Wahrsagegeist hatte und durch ihre Wahrsagerei ihren Herren großen Gewinn einbrachte.

17 Sie lief Paulus und uns nach und rief mit lauter Stimme: "Diese Männer sind Diener des höchsten Gottes. Sie verkünden euch den Weg zum Heil."

18 So machte sie es viele Tage hindurch. Unwillig darüber wandte sich Paulus um und sagte zu dem Geist: "Ich befehle dir im Namen Jesu Christi, von ihr auszufahren." In demselben Augenblick fuhr er aus.

19 Als ihre Herren nun sahen, daß damit die Aussicht auf Gewinn geschwunden war, ergriffen sie Paulus und Silas und schleppten sie auf den Marktplatz vor die Obrigkeit.

20 Sie führten sie vor die Stadtvorsteher und erklärten: "Diese Menschen versetzen unsere Stadt in Aufregung. Juden sind sie!

21 Sie verkünden Gebräuche, die wir als Römer nicht annehmen und nicht befolgen dürfen."

22 Auch die Volksmenge erhob sich gegen sie. Da ließen die Stadtvorsteher ihnen die Kleider herunterreißen und sie mit Ruten schlagen.

23 Nachdem sie ihnen viele Schläge versetzt hatten, ließen sie sie ins Gefängnis werfen. Dem Gefängniswärter aber gaben sie den Befehl, sie in sicherem Gewahrsam zu halten.

24 Diesem Befehl zufolge warf er sie in das innerste Gefängnis und spannte ihnen die Füße fest in den Block.

25 Um Mitternacht beteten Paulus und Silas und sangen Gott Loblieder. Die andern Gefangenen hörten ihnen zu.

26 Plötzlich entstand ein starkes Erdbeben, so daß die Grundmauern des Gefängnisses erschüttert wurden. Sofort sprangen sämtliche Türen auf, und aller Fesseln lösten sich.

27 Als der Gefängniswärter aus dem Schlaf erwachte und die Türen des Gefängnisses offenstehen sah, zog er das Schwert und wollte sich das Leben nehmen; denn er meinte, die Gefangenen seien entflohen.

28 Paulus aber rief mit lauter Stimme: "Tu dir kein Leid an! Wir sind alle hier."

29 Er ließ Fackeln bringen, lief hinein und fiel Paulus und Silas zitternd zu Füßen.

30 Dann führte er sie hinaus und fragte: "Ihr Herren, was muß ich tun, um gerettet zu werden?"

31 Sie antworteten: "Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du und dein Haus gerettet werden."

32 Und sie verkündeten ihm und allen in seinem Haus das Wort des Herrn.

33 Noch in derselben Nachtstunde nahm er sie zu sich, wusch ihnen die Striemen ab und ließ sich sogleich mit all den Seinen taufen.

34 Hierauf führte er sie in seine Wohnung hinauf, bereitete ihnen ein Mahl und war mit seinem ganzen Haus voller Freude darüber, daß er zum Glauben an Gott gekommen war.

35 Als es aber Tag geworden war, sandten die Stadtvorsteher die Gerichtsdiener mit dem Befehl: "Laß diese Männer frei!"

36 Der Gefängniswärter meldete dies Paulus: "Die Stadtvorsteher haben hergeschickt, ihr sollt frei sein. So geht denn jetzt hinaus und zieht in Frieden!"

37 Allein Paulus ließ ihnen sagen: "Ohne Richterspruch haben sie uns, obwohl wir römische Bürger sind, öffentlich geschlagen und in den Kerker geworfen. Und jetzt wollen sie uns heimlich abschieben! Nein, sie sollen vielmehr selbst kommen und uns hinausgeleiten!"

38 Die Gerichtsdiener überbrachten diese Antwort den Stadtvorstehern. Die aber gerieten in Schrecken, als sie erfuhren, es seien römische Bürger.

39 Sie kamen und gaben ihnen gute Worte. Dann geleiteten sie sie hinaus mit der Bitte, die Stadt zu verlassen.

40 Da gingen sie aus dem Kerker hinaus und begaben sich zu Lydia. Dort trafen sie die Brüder, ermunterten sie und zogen dann weiter.

 

Kapitel 17: In Thessalonich

1 Auf dem Weg nach Amphipolis und Apollonia gelangten sie nach Thessalonich, wo eine Synagoge der Juden war.

2 Nach seiner Gewohnheit suchte Paulus sie auf und sprach drei Sabbate nacheinander mit ihnen an Hand der Schrift.

3 Er erklärte sie ihnen und legte dar, daß der Messias leiden und von den Toten auferstehen mußte, und versicherte: "Jesus, den ich euch verkünde, ist der Messias."

4 Einige von ihnen ließen sich überzeugen und schlossen sich Paulus und Silas an, desgleichen eine große Zahl gottesfürchtiger Griechen und eine Reihe der vornehmsten Frauen.

5 Das erregte die Eifersucht der Juden. Sie holten einiges Gesindel vom Straßenpöbel, veranlaßten einen Auflauf und brachten die Stadt in Aufruhr. Dann zogen sie vor das Haus des Jason und suchten sie vor die Volksversammlung zu führen.

6 Aber sie fanden sie nicht. Daher schleppten sie Jason und einige Brüder vor die Stadtbehörden und schrien: "Diese Menschen bringen die ganze Welt in Aufruhr. Jetzt sind sie auch hierher gekommen.

7 Jason hat sie aufgenommen; und sie alle handeln den Verordnungen des Kaisers zuwider, denn sie behaupten, daß ein anderer König sei, nämlich Jesus."

8 So brachten sie das Volk und die Stadtbehörden, die das hörten, in Aufregung.

9 Diese ließen sich von Jason und den anderen eine Bürgschaft geben und gaben sie dann frei.

 

In Beröa

10 Noch während der Nacht schickten die Brüder Paulus und Silas nach Beröa. Nach ihrer Ankunft gingen sie in die Synagoge der Juden.

11 Diese waren edler gesinnt als die in Thessalonich. Mit aller Bereitwilligkeit nahmen sie das Wort auf und forschten täglich in der Schrift, ob es sich so verhalte.

12 Viele von ihnen wurden gläubig, ebenso eine große Anzahl von vornehmen griechischen Frauen und Männern.

13 Als aber die Juden von Thessalonich erfuhren, daß Paulus in Beröa ebenfalls das Wort Gottes verkünde, kamen sie auch dorthin und versetzten das Volk in Unruhe und Aufruhr.

14 Da sandten die Brüder alsbald Paulus weg mit der Weisung, bis ans Meer zu reisen. Silas und Timotheus aber blieben dort zurück.

15 Den Paulus brachten seine Begleiter bis nach Athen. Von dort kehrten sie wieder zurück mit dem Auftrag an Silas und Timotheus, so schnell als möglich nachzukommen.

 

In Athen

16 Während Paulus in Athen auf sie wartete, ward er innerlich erregt, als er die Stadt voller Götzenbilder sah.

17 In der Synagoge sprach er mit den Juden und den Gottesfürchtigen, auf dem Markt täglich mit denen, die sich dort gerade einfanden.

18 Auch einige der epikureischen und stoischen Philosophen unterhielten sich mit ihm und einige sagten: "Was will dieser Schwätzer denn sagen?" Andere dagegen: "Er scheint ein Verkünder fremder Götter zu sein." Denn er predigte ihnen die Frohbotschaft von Jesus und von der Auferstehung.

19 Sie ergriffen ihn nun, führten ihn zum Areopag und sagten: "Dürfen wir erfahren, was das für eine neue Lehre ist, die du uns vorträgst?

20 Du läßt uns ja seltsame Dinge hören. Darum möchten wir gern wissen, worum es dir geht."

21 Alle Athener nämlich und die dort ansässigen Fremden haben für nichts anderes Zeit, als das Allerneueste zu erzählen oder zu erfahren.

 

Die Areopagrede

22 Da trat Paulus in die Mitte des Areopags und sagte: "Ihr Männer von Athen! Ich finde, daß ihr in jeder Hinsicht sehr gottesfürchtige Menschen seid.

23 Denn als ich umherging und eure Heiligtümer betrachtete, fand ich auch einen Altar mit der Inschrift: 'Einem unbekannten Gott'. Was ihr da verehrt, ohne es zu kennen, das verkünde ich euch.

24 Gott, der die Welt und alles in ihr geschaffen hat, wohnt als der Herr des Himmels und der Erde nicht in Tempeln, die von Menschenhand erbaut sind.

25 Auch läßt er sich nicht von Menschenhand bedienen, als bedürfe er etwas. Er selbst vielmehr spendet allen Leben, Odem und alles andere.

26 Er ließ von einem Menschen das ganze Menschengeschlecht abstammen, damit es die ganze Oberfläche der Erde besiedle. Er setzte bestimmte Zeiten und die Grenzen ihres Wohnraumes fest.

27 Sie sollten Gott suchen, ob sie ihn etwa ertasten und finden könnten; da er doch nicht fern von einem jeden von uns ist.

28 Denn in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir, wie auch einige von euren Dichtern gesagt haben: 'Von seinem Geschlecht sind auch wir.'

29 Da wir also Gottes Geschlecht sind, dürfen wir nicht meinen, die Gottheit sei gleich Gold oder Silber oder dem Stein, einem Gebilde menschlicher Kunst und Erfindung.

30 Über die Zeiten der Unwissenheit hat Gott nun hinweggesehen und gebietet jetzt den Menschen, daß alle überall sich bekehren.

31 Denn er hat einen Tag bestimmt, an dem er die Welt in Gerechtigkeit richten wird durch einen Mann, den er dazu bestellt hat; ihn hat er vor allen beglaubigt, indem er ihn auferstehen ließ von den Toten."

32 Als sie aber von der Auferstehung der Toten hörten, spotteten die einen; die anderen sagten: "Darüber wollen wir dich ein andermal hören."

33 So ging Paulus aus ihrer Mitte weg.

34 Einige aber schlossen sich ihm an und wurden gläubig, darunter Dionysius, der Areopagit, eine Frau namens Damaris und andere mit ihnen.

 

Kapitel 18: In Korinth

1 Hierauf verließ Paulus Athen und begab sich nach Korinth.

2 Dort traf er einen Juden aus Pontus namens Aquila, der mit seiner Frau Priszilla unlängst aus Italien gekommen war. – Klaudius hatte nämlich verfügt, daß alle Juden Rom zu verlassen hätten. – Zu ihnen begab er sich.

3 Weil sie das gleiche Handwerk betrieben, blieb er bei ihnen und arbeitete. – Sie waren nämlich von Beruf Zeltmacher.

4 Jeden Sabbat sprach er in der Synagoge und suchte Juden und Heiden zu überzeugen.

5 Als dann Silas und Timotheus aus Mazedonien eintrafen, widmete sich Paulus ganz der Predigt und bezeugte vor den Juden, daß Jesus der Messias sei.

6 Da sie sich aber auflehnten und Lästerungen ausstießen, schüttelte er seine Kleider aus und sagte zu ihnen: "Euer Blut komme über euer Haupt! Ich trage keine Schuld. Von jetzt an wende ich mich an die Heiden."

7 So zog er von dort weg und begab sich in das Haus eines Mannes namens Titius Justus, eines Gottesfürchtigen, dessen Haus neben der Synagoge stand.

8 Der Synagogenvorsteher Krispus aber nahm mit seinem ganzen Haus den Glauben an den Herrn an. Auch viele Korinther, die ihn hörten, wurden gläubig und ließen sich taufen.

9 In einer Nacht sagte der Herr in einer Erscheinung zu Paulus: "Fürchte dich nicht! Rede nur weiter und schweige nicht!

10 Denn ich bin mit dir, und niemand wird dich antasten, um dir ein Leid zuzufügen; denn ich habe viel Volk in dieser Stadt."

11 So blieb er dort ein Jahr und sechs Monate und lehrte bei ihnen das Wort Gottes.

 

Gallio und Paulus

12 Als aber Gallio Statthalter von Achaia war, erhoben sich die Juden gemeinsam gegen Paulus, führten ihn vor den Richterstuhl

13 und behaupteten: "Dieser verführt die Leute zu einer gesetzwidrigen Gottesverehrung."

14 Schon wollte Paulus das Wort ergreifen, da sagte Gallio zu den Juden: "Wenn es sich um ein Verbrechen oder ein schlimmes Vergehen handelte, ihr Juden, so würde ich eure Klage ordnungsgemäß angenommen haben.

15 Wo es sich aber nur um Streitfragen über eine Lehre, über Personen oder euer Gesetz handelt, mögt ihr selbst zusehen. Darüber will ich nicht Richter sein."

16 Damit wies er sie vom Richterstuhl ab.

17 Nun fielen alle über den Synagogenvorsteher Sosthenes her und schlugen ihn vor dem Richterstuhl. Gallio beachtete das nicht.

 

Über Ephesus nach Antiochia

18 Paulus blieb noch längere Zeit. Dann nahm er Abschied von den Brüdern und fuhr mit Priszilla und Aquila nach Syrien. In Kenchreä ließ er sich das Haupt scheren, weil er ein Gelübde auf sich genommen hatte.

19 Als sie nach Ephesus kamen, ließ er jene dort zurück. Er selbst ging in die Synagoge und redete zu den Juden.

20 Sie baten ihn, noch länger zu bleiben. Aber er ging nicht darauf ein,

21 sondern nahm Abschied mit den Worten: "So Gott will, komme ich zu euch zurück." Dann fuhr er von Ephesus ab

22 und reiste nach Cäsarea. Dort ging er hinauf und begrüßte die Gemeinde. Dann zog er hinab nach Antiochia.

 

Dritte Missionsreise. Apollos in Ephesus.

23 Er verbrachte dort einige Zeit. Dann zog er wieder aus, durchwanderte nacheinander die Landschaft Galatien und Phrygien und bestärkte alle Jünger.

24 Inzwischen war ein Jude namens Apollos, aus Alexandrien gebürtig, ein redegewandter und schriftkundiger Mann, nach Ephesus gekommen.

25 Er war über den Weg des Herrn unterrichtet. Glühenden Geistes predigte und verkündete er die Lehre über Jesus; doch kannte er nur die Taufe des Johannes.

26 Mit Freimut predigte er in der Synagoge. Als Priszilla und Aquila ihn hörten, nahmen sie ihn zu sich und legten ihm noch genauer den Weg Gottes dar.

27 Als er nach Achaia reisen wollte, ermunterten ihn die Brüder dazu und schrieben den Jüngern, sie möchten ihn gut aufnehmen. Nach seiner Ankunft leistete er den Gläubigen mit Hilfe der Gnade große Dienste,

28 denn schlagend widerlegte er die Juden und bewies öffentlich an Hand der Schrift, daß Jesus der Messias sei.

 

Kapitel 19: Paulus in Ephesus

1 Während Apollos in Korinth war, durchwanderte Paulus das Binnenland und kam nach Ephesus.

2 Dort traf er einige Jünger und fragte sie: "Habt ihr den Heiligen Geist empfangen, als ihr gläubig wurdet?" Sie antworteten ihm: "Nein; wir haben nicht einmal gehört, daß es Heiligen Geist gibt."

3 Er fragte weiter: "Wie seid ihr denn getauft worden?" Sie antworteten: "Mit der Taufe des Johannes."

4 Da erklärte Paulus: "Johannes spendete eine Taufe zur Buße und mahnte das Volk, an den zu glauben, der nach ihm komme, das heißt an Jesus."

5 Als sie das hörten, ließen sie sich auf den Namen des Herrn Jesus taufen.

6 Paulus legte ihnen die Hände auf, und der Heilige Geist kam auf sie herab. Sie redeten in Sprachen und weissagten.

7 Es waren im ganzen ungefähr zwölf Männer.

8 Er ging sodann in die Synagoge, lehrte drei Monate lang mit allem Freimut und predigte überzeugend vom Reich Gottes.

9 Einige aber blieben verstockt und ungläubig und lästerten die Lehre des Herrn vor dem Volk. Daher trennte er sich von ihnen, sonderte die Jünger ab und hielt nun täglich seine Vorträge in der Schule eines gewissen Tyrannus.

10 Das geschah über zwei Jahre, so daß alle Bewohner Asiens, Juden und Griechen, das Wort des Herrn vernahmen.

 

Wunder des Paulus

11 Gott wirkte durch Paulus ganz ungewöhnliche Machttaten.

12 Man legte sogar Schweißtücher und Schürzen, die er getragen hatte, den Kranken auf; die Krankheiten wichen von ihnen, und die bösen Geister fuhren aus.

13 Da versuchten auch einige umherziehende jüdische Exorzisten den Namen des Herrn Jesus über die von bösen Geistern Besessenen anzurufen, indem sie sagten: "Ich beschwöre euch bei Jesus, den Paulus verkündet."

14 Das taten sieben Söhne eines gewissen Skeuas, eines jüdischen Oberpriesters.

15 Der böse Geist aber erwiderte ihnen: "Jesus kenne ich, auch Paulus ist mir bekannt. Wer aber seid ihr?"

16 Damit stürzte sich der Mann, in dem der böse Geist war, auf sie, überwältigte alle miteinander und ließ seine Macht an ihnen derart aus, daß sie nackt und verwundet aus jenem Haus fliehen mußten.

17 Das wurde allen Juden und Griechen in Ephesus bekannt und rief allgemeine Furcht hervor. Der Name des Herrn Jesus aber kam hoch zu Ehren.

18 Viele Gläubige kamen, bekannten und offenbarten ihre Untaten.

19 Viele, die sich mit Zauberkünsten abgegeben hatten, brachten die (Zauber)bücher herbei und verbrannten sie vor aller Augen, man berechnete ihren Wert auf etwa fünfzigtausend Silberdrachmen.

20 So breitete sich das Wort des Herrn mächtig aus und erstarkte.

21 Nach diesen Ereignissen nahm sich Paulus im Geist vor, über Mazedonien und Achaia nach Jerusalem zu reisen. "Wenn ich dort gewesen bin", sagte er, "muß ich auch Rom sehen."

22 Zwei von denen, die ihm dienten, Timotheus und Erastus, sandte er nach Mazedonien, während er selbst noch eine Zeitlang in Asien verblieb.

 

Aufstand des Demetrius

23 Um jene Zeit brach ein gewaltiger Aufruhr wegen der Lehre des Herrn aus.

24 Ein Silberschmied namens Demetrius verschaffte durch Anfertigung von silbernen Tempelchen der Artemis den Kunsthandwerkern reichen Verdienst.

25 Er rief diese und die anderen damit beschäftigten Arbeiter zusammen und sagte: "Ihr Männer, wie ihr wißt, fließt aus diesem Gewerbe unser Wohlstand.

26 Nun seht und hört ihr aber, wie dieser Paulus durch seine Lehre: 'Was Menschenhände gemacht haben, sind keine Götter!' – nicht nur in Ephesus, sondern in fast ganz Asien viel Volk verführt und abspenstig macht.

27 Es droht nicht nur Gefahr, daß unser Erwerbszweig in Verruf gerät, sondern auch, daß das Heiligtum der großen Göttin Artemis mißachtet wird, ja daß schließlich sie selbst sogar ihre Herrlichkeit einbüßt, die ganz Asien und der Erdkreis verehrt."

28 Bei diesen Worten gerieten sie in Wut und schrien: "Groß ist die Artemis von Ephesus!".

29 Die Aufregung teilte sich der ganzen Stadt mit, und alles stürmte zum Theater. Dabei riß man die Gefährten des Paulus, Gaius und Aristarch aus Mazedonien, mit.

30 Paulus wollte sich in die Volksversammlung begeben, aber die Jünger ließen ihn nicht fort.

31 Auch einige hohe Beamte, die ihm wohlgesinnt waren, warnten ihn, sich ins Theater zu begeben.

32 Dort schrie nun alles durcheinander. Die Versammlung war ein Wirrwarr, und die meisten wußten überhaupt nicht, weswegen sie zusammengekommen waren.

33 Aus der Menge heraus verhandelte man mit Alexander, den die Juden vorgeschickt hatten. Alexander winkte mit der Hand und wollte eine Verteidigungsrede vor der Volksversammlung halten.

34 Als die Menge aber erkannte, daß er ein Jude war, riefen alle wie aus einem Mund und schrien fast zwei Stunden lang: "Groß ist die Artemis von Ephesus!"

 

Rede des Stadtschreibers

35 Da beschwichtigte der Stadtschreiber die Menge und sagte: "Ihr Männer von Ephesus! Wer in aller Welt wüßte denn nicht, daß die Stadt Ephesus die Tempelhüterin der großen Artemis und ihres vom Himmel gefallenen Bildes ist?

36 Das kann niemand bestreiten. Darum müßt ihr Ruhe bewahren und dürft nichts Voreiliges tun.

37 Die Männer, die ihr da herbeigeführt habt, sind doch weder Tempelräuber noch Lästerer unserer Göttin.

38 Wenn Demetrius und seine Zunftgenossen gegen jemand Klage zu führen haben, so gibt es dafür Gerichtstage und Statthalter; dort sollen sie einander belangen.

39 Habt ihr sonst noch eine Beschwerde, so wird über sie in der gesetzmäßigen Volksversammlung verhandelt werden.

40 Wir laufen ja Gefahr, wegen des heutigen Aufruhrs angeklagt zu werden, da kein Grund vorliegt, den wir für diesen Auflauf vorbringen könnten." Damit löste er die Versammlung auf.

 

Kapitel 20: Über Griechenland nach Troas

1 Nachdem sich der Tumult gelegt hatte, beschied Paulus die Jünger zu sich und munterte sie auf. Dann nahm er Abschied und trat die Reise nach Mazedonien an.

2 Auf dem Weg durch jene Gegenden ermunterte er die Jünger mit vielen Worten und begab sich nach Griechenland.

3 Dort brachte er drei Monate zu. Als er dann nach Syrien fahren wollte, planten die Juden einen Anschlag gegen ihn. Deshalb entschloß er sich, den Rückweg über Mazedonien zu nehmen.

4 Es begleiteten ihn Sopater, der (Sohn) des Pyrrhus aus Beröa, Aristarch und Sekundus aus Thessalonich, Gaius aus Derbe und Timotheus, ferner Tychikus und Trophimus aus Asien.

5 Diese reisten voraus und warteten auf uns in Troas.

6 Wir selber fuhren erst nach den Tagen der Ungesäuerten Brote von Philippi ab und holten sie fünf Tage später in Troas ein. Dort hielten wir uns sieben Tage auf.

 

Abschiedsfeier in Troas

7 Am ersten Tag der Woche waren wir zum Brotbrechen versammelt. Dabei sprach Paulus zu ihnen. Weil er tags darauf abreisen wollte, dehnte er seine Rede bis Mitternacht aus.

8 In dem Obersaal, wo wir versammelt waren, brannten zahlreiche Fackeln.

9 Ein Jüngling namens Eutychus saß auf der Fensterbank. Da die Predigt des Paulus sich länger hinzog, sank er in tiefen Schlaf. Vom Schlaf überwältigt, fiel er vom dritten Stock hinab und wurde tot aufgehoben.

10 Paulus ging hinab, beugte sich über ihn, nahm ihn in seine Arme und sagte: "Beunruhigt euch nicht! Es ist ja Leben in ihm."

11 Dann ging er wieder hinauf, brach das Brot und aß davon. Noch lange redete er weiter, bis zum Tagesanbruch; darauf reiste er ab.

12 Den Jüngling aber brachten sie lebend herbei und fühlten sich nicht wenig getröstet.

 

Von Troas nach Milet

13 Wir selbst gingen auf das Schiff und fuhren nach Assos voraus, wo wir Paulus aufnehmen sollten; so hatte er es bestimmt, da er selbst zu Fuß gehen wollte.

14 Als er in Assos mit uns zusammentraf, nahmen wir ihn an Bord und gelangten nach Mitylene.

15 Von dort fuhren wir weiter und erreichten tags darauf die Höhe von Chios. Am anderen Tag liefen wir Samos an und gelangten am folgenden Tag nach Milet.

16 Paulus hatte sich nämlich entschlossen, an Ephesus vorbeizufahren, um in Asien keine Zeit zu verlieren. Denn er beeilte sich, um wo möglich zu Pfingsten in Jerusalem zu sein.

 

Abschiedsrede in Milet

17 Von Milet sandte er nach Ephesus und beschied die Ältesten der Gemeinde zu sich.

18 Als sie bei ihm eingetroffen waren, sagte er zu ihnen: "Ihr wißt, wie ich vom ersten Tag an, da ich Asien betrat, die ganze Zeit bei euch weilte.

19 In aller Demut, unter Tränen und Prüfungen, die mir durch die Nachstellungen der Juden widerfuhren, habe ich dem Herrn gedient.

20 Nichts von dem, was dienlich sein konnte, habe ich euch vorenthalten. Ich habe es euch gepredigt und euch gelehrt, öffentlich und von Haus zu Haus.

21 Juden wie Griechen habe ich beschworen, sie möchten sich zu Gott bekehren und an unseren Herrn Jesus glauben.

22 Und nun, im Geist gedrängt, ziehe ich nach Jerusalem. Was mir dort begegnen wird, weiß ich nicht.

23 Nur das bezeugt mir der Heilige Geist von Stadt zu Stadt, daß Bande und Drangsale meiner harren.

24 Aber ich achte mein Leben nicht der Rede wert, wenn ich nur meinen Lauf vollende und meinen Dienst erfülle, den ich vom Herrn Jesus erhalten habe: Zeugnis abzulegen für die frohe Botschaft von der Gnade Gottes.

25 Und nun seht: Ich weiß, ihr werdet mich nicht mehr von Angesicht sehen, ihr alle, unter denen ich als Verkünder des Reiches Gottes umhergezogen bin.

26 Darum beteuere ich euch am heutigen Tag: Ich bin rein vom Blut aller.

27 Denn ich habe nichts verschwiegen, sondern euch den ganzen Ratschluß Gottes verkündet.

28 Habt acht auf euch und auf die ganze Herde, über die euch der Heilige Geist zu Bischöfen bestellt hat, die Kirche Gottes zu weiden, die er mit dem Blut des eigenen Sohnes erworben hat.

29 Ich weiß, nach meinem Weggang werden reißende Wölfe bei euch einbrechen, die die Herde nicht schonen.

30 Ja, aus eurer eigenen Mitte werden sich Männer erheben und versuchen, mit verkehrten Reden die Jünger auf ihre Seite zu ziehen.

31 Darum seid wachsam und denkt daran, wie ich drei Jahre lang Tag und Nacht nicht aufgehört habe, einen jeden von euch unter Tränen zu ermahnen.

32 Und nun empfehle ich euch Gott und seinem gnadenreichen Wort. Es hat die Kraft, zu erbauen und euch das Erbe bei allen Heiligen zu verleihen.

33 Silber oder Gold oder Kleider habe ich von niemand begehrt.

34 Ihr selber wißt, daß diese meine Hände mir und meinen Begleitern den Lebensunterhalt verschafft haben.

35 In allem habe ich euch gezeigt, daß man sich so abmühen und der Schwachen annehmen muß, eingedenk der Worte des Herrn Jesus, der gesagt hat: 'Geben ist seliger als Nehmen'."

36 Nach diesen Worten kniete er nieder und betete mit ihnen allen.

37 Alle brachen in lautes Weinen aus. Sie fielen Paulus um den Hals und küßten ihn.

38 Am meisten betrübte sie sein Wort, daß sie ihn von Angesicht nicht mehr sehen sollten. Dann geleiteten sie ihn zum Schiff.

 

Kapitel 21: Von Milet bis Tyrus

1 Nachdem wir uns von ihnen losgerissen hatten, liefen wir aus und kamen geradenwegs nach Kos, tags darauf nach Rhodos und von da nach Patara.

2 Dort fanden wir ein Schiff, das nach Phönizien hinüberfuhr. Wir bestiegen es und segelten ab.

3 Zypern, das wir sichteten, ließen wir zur Linken liegen, steuerten auf Syrien zu und gelangten nach Tyrus. Denn hier sollte das Schiff seine Fracht löschen.

4 Wir suchten die Jünger auf und blieben daselbst sieben Tage. Auf Eingebung des Geistes warnten sie Paulus, nach Jerusalem hinaufzugehen.

5 Gleichwohl machten wir uns nach Ablauf der Tage auf den Weg. Alle gaben uns mit Frauen und Kindern das Geleit bis vor die Stadt hinaus. Am Strand knieten wir nieder und beteten.

6 Dann nahmen wir voneinander Abschied und bestiegen das Schiff; jene aber kehrten nach Haus zurück.

 

Von Tyrus nach Jerusalem

7 So legten wir die letzte Strecke der Seefahrt zurück und gelangten von Tyrus nach Ptolemaïs. Dort begrüßten wir die Brüder und blieben einen Tag bei ihnen.

8 Tags darauf reisten wir weiter nach Cäsarea. Wir gingen in das Haus des Evangelisten Philippus, der einer von den Sieben war. Bei ihm blieben wir.

9 Er hatte vier Töchter, Jungfrauen, die die Prophetengabe besaßen.

10 Als wir schon mehrere Tage dort weilten, kam aus Judäa ein Prophet namens Agabus herab.

11 Er trat bei uns ein, nahm den Gürtel des Paulus, band sich damit Hände und Füße und sagte: "So spricht der Heilige Geist: Den Mann, dem dieser Gürtel gehört, werden die Juden in Jerusalem also binden und der Gewalt der Heiden ausliefern."

12 Als wir das hörten, drangen wir und die Einheimischen in ihn, doch nicht nach Jerusalem hinaufzugehen.

13 Da entgegnete Paulus: "Warum weint ihr denn und macht mir das Herz schwer? Ich bin doch bereit, für den Namen des Herrn Jesus in Jerusalem mich nicht nur fesseln zu lassen, sondern selbst den Tod zu erleiden."

14 Da er sich nicht überreden ließ, gaben wir nach und sagten: "Des Herrn Wille geschehe!" –

15 Nach jenen Tagen machten wir uns reisefertig und zogen hinauf nach Jerusalem.

16 Auch einige Jünger aus Cäsarea gingen mit uns und brachten uns zu einem gewissen Mnason aus Zypern, einem alten Jünger, bei dem wir gastliche Aufnahme finden sollten.

 

Paulus in Jerusalem

17 Nach unserer Ankunft in Jerusalem nahmen uns die Brüder mit Freuden auf.

18 Am folgenden Tag ging Paulus mit uns zu Jakobus; auch alle Ältesten fanden sich ein.

19 Er begrüßte sie und legte ihnen dann bis ins einzelne dar, was Gott durch seinen Dienst unter den Heiden gewirkt hatte.

20 Als sie das vernahmen, priesen sie Gott. – Doch sagten sie zu ihm: "Du siehst, Bruder, wie viele Tausende unter den Juden gläubig geworden sind. Sie alle sind eifrige Anhänger des Gesetzes.

21 Nun hat man ihnen von dir erzählt, du lehrtest alle Juden in der Heidenwelt den Abfall von Mose, forderst sie auf, ihre Kinder nicht beschneiden zu lassen und überhaupt nicht nach den gesetzlichen Gebräuchen zu leben.

22 Was ist da zu tun? Jedenfalls werden sie erfahren, daß du gekommen bist.

23 Tu also, was wir dir vorschlagen: Bei uns sind vier Männer, die ein Gelübde auf sich genommen haben.

24 Nimm sie zu dir, laß dich mit ihnen heiligen und trage für sie die Kosten, damit sie sich das Haupthaar scheren lassen können. Dann werden alle einsehen, daß an dem, was man ihnen von dir erzählt hat, nichts ist, daß du vielmehr auch selber das Gesetz treu beachtest.

25 Was aber die Gläubigen aus der Heidenwelt betrifft, so haben wir entschieden und schriftlich angeordnet, sie sollen sich hüten vor dem Genuß von Götzenopferfleisch, Blut und Ersticktem, sowie vor Unzucht."

26 Daraufhin übernahm Paulus die Männer, ließ sich mit ihnen weihen und ging tags darauf in den Tempel. Dort meldete er das Ende der Weihezeit an. Dann mußte noch für jeden von ihnen das Opfer dargebracht werden.

 

Paulus als Opfer seiner Missionstätigkeit

Gefangennahme des Paulus

27 Als die sieben Tage zu Ende gingen, erblickten ihn die Juden aus Asien im Tempel. Sie reizten die ganze Volksmenge auf, legten Hand an ihn

28 und schrien: "Israeliten, zu Hilfe! Da ist der Mensch, der überall vor aller Welt gegen das Volk, das Gesetz und diese Stätte seine Lehren verbreitet. Dazu hat er noch Heiden in den Tempel geführt und dadurch diese heilige Stätte entweiht."

29 Sie hatten nämlich zuvor Trophimus aus Ephesus mit ihm zusammen in der Stadt gesehen und meinten nun, Paulus habe ihn in den Tempel hineingeführt.

30 Die ganze Stadt geriet in Aufregung, und das Volk lief zusammen. Sie ergriffen Paulus und schleppten ihn aus dem Tempel. Und sogleich wurden die Tore geschlossen.

31 Schon wollten sie ihn töten, da wurde dem Obersten der Kohorte gemeldet, ganz Jerusalem sei in Aufruhr.

32 Sofort eilte dieser mit Soldaten und Hauptleuten zu ihnen hinab. Beim Anblick des Obersten und der Soldaten hörten sie auf, Paulus zu schlagen.

33 Der Oberst trat hinzu, ließ ihn festnehmen und mit zwei Ketten fesseln. Er fragte, wer er sei und was er getan habe.

34 In der Volksmenge schrie alles durcheinander. So konnte er bei dem Lärm nichts Sicheres erfahren. Deshalb ließ er ihn in die Kaserne bringen.

35 An der Treppe angekommen, mußte Paulus wegen des nachdrängenden Volkes von den Soldaten getragen werden.

36 Denn die Volksmasse lief hinterher und schrie: "Weg mit ihm!"

37 Als Paulus eben in die Kaserne gebracht werden sollte, fragte er den Obersten: "Darf ich ein Wort mit dir reden?" Dieser entgegnete: "Du verstehst Griechisch?

38 Bist du denn nicht der Ägypter, der unlängst einen Aufstand erregte und die viertausend Sikarier in die Wüste hinausgeführt hat?"

39 Da sagte Paulus zu ihm: "Ich bin ein Jude aus Tarsus in Zilizien, Bürger einer nicht unbedeutenden Stadt. Ich bitte dich, laß mich zum Volk sprechen."

40 Er gestattete es. Paulus stellte sich auf die Treppe und winkte mit der Hand dem Volk zu. Da trat tiefe Stille ein, und er hielt auf hebräisch folgende Rede:

 

Kapitel 22: Verteidigungsrede des Paulus

1 "Brüder und Väter, hört jetzt meine Verteidigung vor euch an!"

2 Als sie hörten, daß er hebräisch zu ihnen sprach, hielten sie noch mehr Ruhe. Er fuhr fort:

3 "Ich bin ein Jude, gebürtig aus Tarsus in Zilizien, auferzogen aber hier in dieser Stadt und unterrichtet zu Füßen Gamaliels streng nach dem väterlichen Gesetz. Ich war ein Eiferer für Gott, wie ihr alle es heute seid.

4 Als solcher habe ich diese Lehre bis auf den Tod verfolgt und Männer und Frauen gefesselt in die Gefängnisse gebracht.

5 Das bezeugen mir auch der Hohepriester und das ganze Kollegium der Ältesten. Von ihm hatte ich Briefe an die Brüder in Damaskus erhalten und bin dorthin gezogen, um auch von dort die Anhänger gefesselt zur Bestrafung nach Jerusalem zu bringen.

6 Als ich dahinzog und mich Damaskus näherte, umstrahlte mich plötzlich zur Mittagszeit vom Himmel her ein starkes Licht.

7 Ich stürzte zu Boden und hörte eine Stimme, die mir zurief: 'Saul, Saul, warum verfolgst du mich?'

8 Ich antwortete: 'Wer bist du, Herr?' Er sagte zu mir: 'Ich bin Jesus der Nazoräer, den du verfolgst.'

9 Meine Begleiter sahen zwar das Licht, die Stimme dessen aber, der mit mir redete, hörten sie nicht.

10 Ich fragte weiter: 'Herr, was soll ich tun?' Der Herr erwiderte mir: 'Steh auf und zieh nach Damaskus. Dort wird dir alles gesagt, was zu tun für dich bestimmt ist.'

11 Da ich aber wegen des Glanzes jenes Lichtes nicht mehr sehen konnte, wurde ich von meinen Begleitern an der Hand geführt und gelangte so nach Damaskus.

12 Ein gewisser Hananias, ein frommer, gesetzestreuer Mann, der bei allen dortigen Juden in gutem Ruf stand,

13 kam, trat vor mich hin und sagte: 'Bruder Saul, werde wieder sehend!' – In demselben Augenblick konnte ich ihn sehen.

14 Er fuhr fort: 'Der Gott unserer Väter hat dich dazu bestimmt, seinen Willen zu erkennen, den Gerechten zu schauen und einen Ruf aus seinem Mund zu vernehmen.

15 Denn du sollst vor allen Menschen sein Zeuge dafür sein, was du gesehen und gehört hast.

16 Nun denn, was zögerst du noch? Steh auf, rufe seinen Namen an, laß dich taufen und deine Sünden abwaschen.'

17 Als ich dann wieder nach Jerusalem zurückgekehrt war und im Tempel betete, geriet ich in Verzückung.

18 Ich sah ihn, und er sagte zu mir: 'Beeile dich, von Jerusalem bald wegzuziehen! Denn sie werden dein Zeugnis über mich nicht annehmen.'

19 Da entgegnete ich: 'Herr, sie wissen doch, daß ich gerade deine Gläubigen ins Gefängnis werfen und in den Synagogen geißeln ließ.

20 Und als das Blut deines Zeugen Stephanus vergossen wurde, stand ich selbst dabei, stimmte zu und verwahrte die Kleider seiner Mörder.'

21 Doch er sagte zu mir: 'Zieh weg, denn ich will dich in die Ferne zu den Heiden senden.'"

 

Paulus in der Burg Antonia

22 Bis dahin hörten sie ihm zu. Jetzt aber erhoben sie ihre Stimme und schrien: "Hinweg von der Erde mit einem solchen Menschen! Er darf nicht am Leben bleiben!"

23 So schrien sie, schleuderten ihre Mäntel hin und her und wirbelten Staub in die Luft.

24 Deshalb ließ ihn der Oberst in die Kaserne führen und gab Befehl, ihn unter Geißelhieben zu verhören. Auf diese Weise wollte er herausbringen, warum sie so gegen ihn tobten.

25 Schon hatte man Paulus in die Riemen gespannt, als er dem dabeistehenden Hauptmann entgegenhielt: "Dürft ihr einen römischen Bürger geißeln, dazu noch ohne Richterspruch?"

26 Auf diese Worte hin ging der Hauptmann zum Obersten, machte Meldung und sagte: "Was hast du vor? Dieser Mann ist ja römischer Bürger!"

27 Da ging der Oberst hin und fragte ihn: "Sage mir, bist du römischer Bürger?" Er antwortete: "Ja!"

28 Der Oberst entgegnete: "Ich habe mir dieses Bürgerrecht für eine große Summe erworben." Paulus erwiderte: "Ich dagegen besitze es von Geburt an."

29 Sofort ließ man von der beabsichtigten Folter ab; und auch der Oberst geriet in Furcht, nachdem er erfahren hatte, daß er römischer Bürger sei, – weil er ihn hatte fesseln lassen.

 

Vor dem Hohen Rat

30 Weil er Gewißheit darüber haben wollte, welche Klagen die Juden gegen ihn vorzubringen hätten, berief er am folgenden Tag die Hohenpriester und den ganzen Hohen Rat zusammen, ließ Paulus die Fesseln abnehmen, ihn vorführen und ihn dann hinabbringen und ihnen gegenüberstellen.

 

Kapitel 23:

1 Festen Blickes sah Paulus den Hohen Rat an und sagte: "Brüder, bis auf den heutigen Tag habe ich mit völlig gutem Gewissen vor Gott gelebt."

2 Da befahl der Hohepriester Hananias den neben ihm Stehenden, ihn auf den Mund zu schlagen.

3 Paulus aber sagte zu ihm: "Gott wird dich schlagen, du übertünchte Wand! Du sitzt da, um mich nach dem Gesetz zu richten und läßt mich entgegen dem Gesetz schlagen?"

4 Die Umstehenden hielten ihm entgegen: "Du schmähst den Hohenpriester Gottes?"

5 Paulus erwiderte: "Brüder, ich wußte nicht, daß es der Hohepriester ist. Denn es steht geschrieben: 'Den Vorsteher deines Volkes sollst du nicht schmähen.'"

6 Da Paulus wußte, daß der eine Teil Sadduzäer, der andere Pharisäer waren, rief er in den Hohen Rat hinein: "Brüder, ich bin ein Pharisäer und stamme von Pharisäern. – Wegen der Hoffnung auf die Auferstehung der Toten stehe ich vor Gericht."

7 Bei diesen Worten brach zwischen den Pharisäern und Sadduzäern ein Streit aus; die Versammlung spaltete sich. –

8 Die Sadduzäer leugnen nämlich die Auferstehung sowie das Dasein von Engeln und Geistern. Die Pharisäer dagegen bekennen sich zu beidem. –

9 So erhob sich denn ein großer Lärm. Einige Schriftgelehrte von der Partei der Pharisäer erhoben sich und erklärten in aller Schärfe: "Wir finden an diesem Mann nichts Böses. Wie, wenn (wirklich) ein Geist oder ein Engel mit ihm geredet hätte?"

10 Bei der gewaltigen Aufregung befürchtete der Oberst, Paulus möchte von ihnen in Stücke gerissen werden. Deshalb ließ er seine Mannschaft herabkommen, ihn aus ihrer Mitte wegholen und wieder in die Kaserne bringen.

11 In der folgenden Nacht erschien ihm der Herr und sagte: "Sei guten Mutes! Wie du in Jerusalem Zeugnis für mich abgelegt hast, so sollst du auch in Rom Zeugnis ablegen."

 

Verschwörung gegen Paulus

12 Als es Tag geworden war, rotteten sich die Juden zusammen und verschworen sich, weder zu essen noch zu trinken, bis sie Paulus getötet hätten.

13 Es waren über vierzig, die sich so verschworen hatten.

14 Sie gingen zu den Hohenpriestern und den Ältesten und sagten: "Wir wollen verflucht sein, wenn wir etwas genießen, bevor wir Paulus getötet haben.

15 Bittet zusammen mit dem Hohen Rat den Obersten, er möge ihn zu euch hinabführen lassen, als hättet ihr die Absicht, seine Sache genauer zu untersuchen. Wir aber halten uns bereit, ihn zu ermorden, noch ehe er in die Nähe kommt."

16 Von diesem Anschlag erfuhr der Schwestersohn des Paulus. Er ging in die Kaserne und teilte es Paulus mit.

17 Paulus ließ einen der Hauptleute rufen und bat ihn: "Führe diesen jungen Mann zum Obersten. Er hat ihm etwas zu melden."

18 Der führte ihn zum Obersten und sagte: "Der Gefangene Paulus ließ mich rufen und bat mich, diesen jungen Mann zu dir zu führen, weil er dir etwas zu melden habe."

19 Der Oberst nahm ihn bei der Hand, ging mit ihm beiseite und fragte ihn: "Was hast du mir zu melden?"

20 Er antwortete: "Die Juden haben sich verabredet, dich zu bitten, du möchtest morgen Paulus vor den Hohen Rat hinabführen lassen, angeblich um eine genauere Untersuchung über ihn anzustellen.

21 Sei ihnen nicht zu Willen! Denn über vierzig Mann von ihnen lauern ihm auf. Die haben sich verschworen, weder zu essen noch zu trinken, bis sie ihn ermordet hätten. Schon sind sie bereit und warten nur noch auf deine Zusage."

22 Der Oberst entließ nun den jungen Mann und schärfte ihm ein: "Plaudere vor niemand aus, daß du mir das angezeigt hast."

 

Überführung nach Cäsarea

23 Dann ließ er zwei von seinen Hauptleuten kommen und gab ihnen den Befehl: "Haltet von der dritten Nachtstunde an zweihundert Fußsoldaten, siebzig Reiter und zweihundert Lanzenträger bereit zum Marsch nach Cäsarea."

24 Auch Reittiere sollten sie bereitstellen, um Paulus daraufzusetzen und ihn so sicher zum Statthalter Felix zu bringen.

25 Dazu schrieb er einen Brief folgenden Inhalts:

26 "Klaudius Lysias entbietet dem edlen Statthalter Felix seinen Gruß.

27 Dieser Mann wurde von den Juden ergriffen und war nahe daran, von ihnen getötet zu werden. Da schritt ich mit der Mannschaft ein und befreite ihn, weil ich erfuhr, daß er römischer Bürger ist.

28 Ich wollte dann den Grund ihrer Anklage gegen ihn ermitteln und ließ ihn daher vor ihren Hohen Rat bringen.

29 Dabei fand ich, daß er wegen Streitfragen über ihr Gesetz angeklagt war, aber keines Verbrechens schuldig ist, auf das Tod oder Gefängnis steht.

30 Es wurde mir aber angezeigt, daß ein Anschlag gegen den Mann geplant sei. Darum sende ich ihn sofort zu dir. Zugleich habe ich seine Ankläger angewiesen, bei dir ihre Klage gegen ihn vorzubringen. Lebe wohl!"

31 Ihrem Befehl gemäß führten die Soldaten Paulus bei Nacht nach Antipatris.

32 Tags darauf ließen sie die Reiter mit ihm weiterziehen, während sie selbst in die Kaserne zurückkehrten.

33 Jene trafen in Cäsarea ein, überreichten dem Statthalter den Brief und führten ihm auch Paulus vor.

34 Er las das Schreiben und erkundigte sich dann, aus welcher Provinz er sei. Als er hörte, aus Zilizien,

35 sagte er: "Ich werde dich verhören, wenn auch deine Ankläger zur Stelle sind." – Dann ließ er ihn im Palast des Herodes in Gewahrsam halten.

 

Kapitel 24: Anklage des Hohen Rates vor Felix

1 Fünf Tage später kam der Hohepriester Hananias mit einigen Ältesten und einem Anwalt Tertullus herab, um beim Statthalter die Klage gegen Paulus vorzubringen.

2 Dieser wurde vorgeladen, und Tertullus begann seine Anklagerede: "Durch dich leben wir in tiefem Frieden, und deiner Fürsorge verdankt dieses Volk treffliche Einrichtungen.

3 Das erkennen wir, edler Felix, in jeder Weise und überall mit Dankbarkeit an.

4 Um dich aber nicht lange hinzuhalten, bitte ich dich, schenke uns in deiner Güte für kurze Zeit Gehör.

5 Diesen Mann da haben wir als eine Pest kennengelernt, als einen Aufruhrstifter unter allen Juden in der ganzen Welt und als einen Vorkämpfer der Sekte der Nazoräer.

6 Er hat sogar den Versuch gemacht, den Tempel zu entweihen. Da haben wir ihn festgenommen [und wollten ihn nach unserem Gesetz richten.

7 Doch der Oberst Lysias trat dazwischen, entriß ihn uns mit starker Gewalt

8 und befahl, seine Ankläger sollten vor dir erscheinen.] Wenn du selbst ihn verhörst, kannst du all das ermitteln, wessen wir ihn anklagen."

9 Da griffen auch die Juden ein und behaupteten, daß es sich so verhalte.

 

Selbstverteidigung des Paulus vor Felix

10 Mit einem Zeichen gab der Statthalter Paulus das Wort zur Gegenrede und Paulus entgegnete: "Ich weiß, daß du schon viele Jahre Richter über dieses Volk bist. Darum gehe ich guten Mutes an meine Verteidigung.

11 Wie du feststellen kannst, bin ich erst vor zwölf Tagen nach Jerusalem hinaufgezogen, um den Herrn anzubeten.

12 Aber weder im Tempel noch in den Synagogen noch in der Stadt hat man mich angetroffen, daß ich mit jemand eine Auseinandersetzung gehabt oder einen Volksauflauf erregt hätte.

13 Sie können dir überhaupt keinen Beweis für die Anklagen erbringen, die sie jetzt gegen mich erheben.

14 Das allerdings bekenne ich dir: Ich diene dem Gott meiner Väter nach der Lehre, die sie eine Sekte nennen. Ich glaube an alles, was im Gesetz und in den Propheten geschrieben steht.

15 Ich hege die gleiche Hoffnung zu Gott, die auch diese hier teilen, daß es dereinst eine Auferstehung der Gerechten und Ungerechten geben wird.

16 Deshalb bemühe ich mich auch, jederzeit vor Gott und den Menschen ein reines Gewissen zu haben.

17 Nach mehreren Jahren bin ich gekommen, um Spenden für mein Volk zu überbringen und um zu opfern.

18 Als ich mich dabei im Tempel einer Weihe unterzog, jedoch ohne Volksauflauf und Lärm,

19 trafen mich einige Juden aus Asien. Die müßten vor dir erscheinen und Klage erheben, wenn sie etwas gegen mich haben sollten.

20 Oder diese hier mögen angeben, was für ein Vergehen sie an mir festgestellt haben, als ich vor dem Hohen Rat stand.

21 Es müßte denn das eine Wort sein, das ich in ihrer Mitte ausrief: 'Wegen der Auferstehung der Toten stehe ich heute vor euch im Gericht'."

 

Verschleppung des Prozesses

22 Obwohl Felix genaue Kenntnis von der Lehre hatte, vertagte er ihre Sache und sagte: "Wenn der Oberst Lysias herabkommt, will ich euren Fall entscheiden."

23 Er gab dem Hauptmann Weisung, er solle ihn in milder Haft halten und keinen von den Seinen daran hindern, für ihn zu sorgen.

24 Einige Tage später kam Felix mit seiner Gattin Drusilla, die Jüdin war, (in das Prätorium). Er ließ Paulus holen und erkundigte sich bei ihm über den Glauben an Christus Jesus.

25 Als der aber auf Gerechtigkeit, Enthaltsamkeit und das künftige Gericht zu sprechen kam, geriet Felix in Furcht und sagte: "Für diesmal kannst du gehen. Wenn ich einmal Zeit habe, werde ich dich rufen lassen."

26 Zugleich hoffte er, von Paulus Geld zu erhalten. Deshalb ließ er ihn noch öfters holen und unterhielt sich mit ihm.

27 Nach zwei Jahren wurde Porcius Festus Nachfolger von Felix. Um den Juden entgegenzukommen, ließ Felix Paulus im Gefängnis zurück.

 

Kapitel 25: Paulus vor Festus

1 Nachdem Festus in der Provinz eingetroffen war, ging er drei Tage später von Cäsarea nach Jerusalem hinauf.

2 Die Hohenpriester und die angesehensten Juden brachten nun bei ihm ihre Klage gegen Paulus vor. Sie ersuchten Festus,

3 gegen Paulus vorzugehen, und baten ihn um den Gefallen, Paulus nach Jerusalem bringen zu lassen. Unterwegs aber wollten sie ihn überfallen und ermorden.

4 Festus entgegnete jedoch, Paulus werde in Cäsarea in Gewahrsam gehalten, und er selbst werde alsbald wieder dahin abreisen.

5 Er sagte: "Es können also Bevollmächtigte von euch mitkommen und, falls dieser Mann ein Verbrechen begangen hat, Anklage gegen ihn erheben."

6 Nicht mehr als acht bis zehn Tage hielt er sich bei ihnen auf und ging dann hinab nach Cäsarea. Am folgenden Tag setzte er sich auf den Richterstuhl und ließ Paulus vorführen.

7 Als er erschien, umringten ihn die Juden, die von Jerusalem herabgekommen waren, und brachten viele schwere Anklagen vor, konnten sie aber nicht beweisen.

8 Paulus dagegen legte zu seiner Verteidigung dar: "Ich habe mich weder gegen das jüdische Gesetz noch gegen den Tempel noch gegen den Kaiser irgendwie verfehlt."

9 Festus wollte aber den Juden entgegenkommen und stellte an Paulus die Frage: "Willst du nach Jerusalem hinaufgehen und dich dort hierüber von mir richten lassen?"

10 Paulus erwiderte: "Ich stehe vor dem Richterstuhl des Kaisers. Da muß ich gerichtet werden. Den Juden habe ich kein Unrecht zugefügt, wie auch du ganz gut weißt.

11 Wenn ich nun wirklich schuldig bin und etwas getan habe, was den Tod verdient, so weigere ich mich nicht zu sterben. Ist aber nichts an den Klagen, die diese gegen mich erheben, so darf mich niemand ihnen ausliefern. Ich lege Berufung an den Kaiser ein."

12 Da besprach sich Festus mit dem Gerichtshof und erklärte dann: "Du hast Berufung an den Kaiser eingelegt; vor den Kaiser sollst du kommen."

 

Festus und Agrippa

13 Einige Tage später trafen König Agrippa und Berenike in Cäsarea ein, um Festus zu begrüßen.

14 Sie hielten sich mehrere Tage dort auf. Da trug Festus dem König den Fall des Paulus vor. Er sagte: "Hier ist noch ein Mann, den Felix im Gefängnis zurückgelassen hat.

15 Als ich in Jerusalem war, wurden die Hohenpriester und die Ältesten der Juden seinetwegen bei mir vorstellig und forderten seine Verurteilung.

16 Ich entgegnete ihnen, es sei bei den Römern nicht Sitte, einen Angeklagten auszuliefern, bevor er den Anklägern persönlich gegenübergestanden und Gelegenheit gehabt hätte, sich gegen die Anschuldigungen zu verteidigen.

17 Darauf kamen sie hierher, und ich hielt unverzüglich am folgenden Tag Gerichtssitzung und ließ den Mann vorführen.

18 Die Ankläger traten auf, brachten aber gegen ihn keine Klage wegen solcher Verbrechen vor, wie ich sie vermutete.

19 Sie hatten gegen ihn nur einige Streitfragen über ihre Religion sowie über einen gewissen Jesus, der bereits tot ist, von dem Paulus aber behauptet, daß er lebe.

20 Weil ich aber in Verlegenheit war, wie ich diese Fragen untersuchen sollte, fragte ich, ob er nicht nach Jerusalem gehen und sich dort darüber richten lassen wolle.

21 Doch Paulus legte Berufung ein und wollte bis zur Entscheidung des Kaisers in Gewahrsam bleiben. So befahl ich, ihn weiter in Haft zu halten, bis ich ihn an den Kaiser überweisen könnte."

22 Da sagte Agrippa zu Festus: "Ich möchte auch einmal den Mann hören." Dieser erwiderte: "Gleich morgen sollst du ihn hören."

 

Paulus vor König Agrippa

23 Am folgenden Tag erschienen Agrippa und Berenike mit großem Gepränge und betraten mit den Obersten und Vornehmen der Stadt den Gerichtssaal. Auf Geheiß des Festus wurde Paulus vorgeführt.

24 Festus sagte: "König Agrippa und alle Anwesenden! Hier seht ihr den Mann, um dessentwillen mich alle Juden in Jerusalem wie auch hier mit lautem Geschrei bestürmt haben, indem sie riefen, er dürfe nicht länger am Leben bleiben.

25 Ich stellte jedoch fest, daß er kein todeswürdiges Verbrechen begangen hat. Weil er selbst aber Berufung an den Kaiser eingelegt hat, habe ich entschieden, ihn dahin zu schicken.

26 Doch weiß ich dem Herrn nichts Bestimmtes über ihn zu schreiben. Darum habe ich ihn euch, zumal dir, König Agrippa, vorführen lassen, damit ich nach dieser Untersuchung weiß, was ich schreiben soll.

27 Denn es scheint mir unvernünftig, einen Gefangenen hinzuschicken, ohne zugleich die Klagen gegen ihn anzugeben."

 

Kapitel 26: Verteidigungsrede des Paulus

1 Agrippa sagte zu Paulus: "Es ist dir erlaubt, für dich selbst zu sprechen." Da streckte Paulus seine Hand aus und begann seine Verteidigungsrede:

2 "König Agrippa, ich schätze mich glücklich, daß ich mich heute gegen alle Anklagen der Juden vor dir verteidigen darf.

3 Vor allem, weil du ein vorzüglicher Kenner aller jüdischen Gebräuche und Streitfragen bist. Darum bitte ich dich, mich geduldig anzuhören.

4 Mein Lebenswandel, angefangen von der Jugend in meiner Heimat und in Jerusalem, ist allen Juden bekannt.

5 Sie kennen mich von früher her und können, wenn sie wollen, bezeugen, daß ich nach der strengsten Richtung unserer Religion gelebt habe: als Pharisäer.

6 Und jetzt stehe ich vor Gericht wegen der Hoffnung auf die Verheißung, die unseren Vätern von Gott zuteil geworden ist.

7 Unser Zwölfstämmevolk hofft, sie zu erlangen und dient darum Gott unablässig bei Tag und bei Nacht. Wegen dieser Hoffnung werde ich, o König, von den Juden angeklagt.

8 Warum wird es bei euch für unglaublich gehalten, daß Gott Tote auferweckt?

9 Einst glaubte ich zwar selbst, gegen den Namen Jesu des Nazoräers viel Feindseliges tun zu müssen.

10 Das habe ich denn auch in Jerusalem getan. Ich erhielt von den Hohenpriestern Vollmacht, ließ viele der Heiligen ins Gefängnis werfen, und wenn sie hingerichtet werden sollten, stimmte ich dafür.

11 Überall in den Synagogen suchte ich sie oftmals durch Strafen zur Lästerung zur zwingen, und in meiner maßlosen Wut verfolgte ich sie sogar bis in die auswärtigen Städte.

12 So zog ich mit Vollmacht und im Auftrag der Hohenpriester nach Damaskus.

13 Auf dem Weg dahin sah ich, o König, am Mittag, wie vom Himmel her mich und meine Reisegefährten ein Licht umstrahlte, das an Glanz die Sonne übertraf.

14 Wir stürzten alle zu Boden, und ich vernahm eine Stimme, die mir auf hebräisch zurief: 'Saul, Saul, warum verfolgst du mich? Es ist hart für dich, gegen den Stachel auszuschlagen.'

15 Ich fragte: 'Wer bist du, Herr?' Der Herr sagte: 'Ich bin Jesus, den du verfolgst.

16 Doch stehe auf und stelle dich auf deine Füße. Denn dazu bin ich dir erschienen, um dich zum Diener und zum Zeugen dessen zu bestellen, was du gesehen hast und was ich dir noch offenbaren werden.

17 Ich werde dich erretten vor dem Volk und vor den Heiden, zu denen ich dich sende.

18 Du sollst ihnen die Augen öffnen, daß sie sich aus der Finsternis zum Licht, aus der Gewalt Satans zu Gott bekehren. So sollen sie durch den Glauben an mich Vergebung der Sünden und das Erbe bei den Heiligen erlangen.'

19 Deswegen, König Agrippa, habe ich mich der himmlischen Erscheinung nicht widersetzt.

20 Im Gegenteil, ich predigte zuerst den Leuten in Damaskus und Jerusalem, dann im ganzen Land Judäa und weiterhin den Heiden, sie möchten sich bekehren, sich zu Gott wenden und Werke vollbringen, die der Bekehrung würdig sind.

21 Deshalb ergriffen mich die Juden im Tempel und versuchten, mich zu töten.

22 Aber ich habe Gottes Beistand erfahren, und so stehe ich noch heute da und lege vor groß und klein Zeugnis ab. Dabei sage ich nichts anderes, als was die Propheten und Mose vorausgesagt haben:

23 Der Messias werde leiden müssen, als erster von den Toten auferstehen und dem Volk wie den Heiden das Licht verkünden."

 

Erfolg der Rede

24 Als er sich so verteidigte, rief Festus mit lauter Stimme: "Du bist von Sinnen, Paulus. Das viele Studieren treibt dich in den Wahnsinn."

25 Paulus entgegnete: "Ich bin nicht von Sinnen, edler Festus, sondern die Worte, die ich verkünde, sind wahr und wohlüberlegt.

26 Der König hat ja Verständnis für diese Dinge; so spreche ich zu ihm auch ganz freimütig. Ich kann nicht glauben, daß ihm etwas davon entgangen ist. Die Sache hat sich ja nicht in einem entlegenen Winkel zugetragen.

27 König Agrippa, glaubst du den Propheten? Ich weiß, du glaubst."

28 Da sagte Agrippa zu Paulus: "Bald schaffst du es, aus mir einen Christen zu machen."

29 Paulus erwiderte: "Wollte Gott, daß über kurz oder lang nicht bloß du, sondern auch alle, die mich heute hören, das würden, was ich bin – abgesehen von diesen Fesseln."

30 Darauf erhoben sich der König, der Statthalter, Berenike und die übrigen Anwesenden.

31 Im Weggehen sagten sie zueinander: "Der Mann tut nichts, was Tod oder Fesseln verdient."

32 Agrippa bemerkte zu Festus: "Dieser Mann könnte frei sein, wenn er nicht Berufung an den Kaiser eingelegt hätte."

 

Kapitel 27: Als Gefangener nach Rom

Von Cäsarea bis Kreta

1 Als unsere Abfahrt nach Italien festgesetzt war, übergab man Paulus mit noch anderen Gefangenen einem Hauptmann namens Julius von der kaiserlichen Kohorte.

2 Wir bestiegen ein adramyttenisches Schiff, das die asiatischen Küstenplätze anlaufen sollte, und fuhren ab. Bei uns war noch Aristarch aus Thessalonich in Mazedonien.

3 Am folgenden Tag legten wir in Sidon an. Julius, der Paulus wohlwollend behandelte, erlaubte ihm, seine Freunde aufzusuchen und sich versorgen zu lassen.

4 Von da fuhren wir weiter und segelten dicht an Zypern vorbei, weil wir Gegenwind hatten.

5 Wir durchfuhren also das Meer längs der Küste von Zilizien und Pamphylien und gelangten nach Myra in Lyzien.

6 Dort fand der Hauptmann ein alexandrinisches Schiff, das auf der Fahrt nach Italien war, und brachte uns da an Bord.

7 Die Fahrt ging eine Reihe von Tagen nur langsam voran, und nur mit Mühe gelangten wir auf die Höhe von Knidos. Da uns der Wind nicht anlegen ließ, fuhren wir dicht an Kreta vorbei auf Salmone zu.

8 Nach beschwerlicher Fahrt längs der Küste gelangten wir an einen Platz namens Kalói-Liménes, in dessen Nähe die Stadt Lasäa liegt.

9 Unterdessen war geraume Zeit verstrichen, und die Schiffahrt wurde bereits gefährlich; denn auch das Fasten war schon vorbei. Deshalb warnte Paulus:

10 "Ihr Männer, ich sehe, daß die Fahrt nicht nur der Ladung und dem Schiff, sondern auch unserem Leben Gefahr und großen Schaden bringen wird."

11 Aber der Hauptmann glaubte dem Steuermann und dem Schiffseigentümer mehr als den Worten des Paulus.

12 Da der Hafen zum Überwintern nicht günstig war, beschloß die Mehrheit, von dort weiterzufahren, um womöglich Phönix zu erreichen und dort zu überwintern. Es ist das ein Hafen Kretas, der nach Südwest und nach Nordwest offen ist.

 

Auf hoher See

13 Da ein schwacher Südwind einsetzte, glaubten sie, ihr Vorhaben durchführen zu können. Sie lichteten die Anker und fuhren dicht an Kreta hin.

14 Doch nicht lange, da brach von dort herab ein Wirbelwind los; es war der Nordoststurm.

15 Das Schiff wurde von ihm erfaßt und man vermochte nicht, es gegen den Wind zu drehen; wir gaben auf und ließen uns treiben.

16 Wir kamen an einer kleinen Insel, Kauda genannt, vorbei. Nur mit Mühe konnten wir das Rettungsboot halten.

17 Dieses zogen sie hoch und umgürteten das Schiff zur Sicherheit mit Tauen. Aus Furcht, in die Syrte zu geraten, ließen sie den Treibanker hinab und ließen sich treiben.

18 Furchtbar setzte uns der Sturm zu. Deshalb warf man am folgenden Tag einen Teil der Ladung über Bord.

19 Am dritten Tag warfen die Leute eigenhändig das Takelwerk hinaus.

20 Mehrere Tage lang sah man weder Sonne noch Sterne. Der Sturm tobte ungeschwächt weiter. So schwand schließlich alle Hoffnung auf unsere Rettung dahin.

21 Niemand dachte mehr ans Essen. Da trat Paulus unter die Leute und sagte: "Ihr Männer, man hätte mir folgen und nicht von Kreta abfahren sollen. Dann hätte man sich dieses Unglück und den Schaden erspart.

22 Trotzdem ermahne ich euch, guten Mutes zu sein. Keiner von euch wird verlorengehen, nur das Schiff.

23 Denn heute nacht erschien mir ein Engel Gottes, dem ich angehöre und dem ich diene,

24 und sagte: 'Sei ohne Furcht, Paulus! Du mußt vor den Kaiser treten. Und da hat Gott dir alle geschenkt, die mit dir auf dem Schiff sind.'

25 Darum seid guten Mutes, ihr Männer! Denn ich vertraue auf Gott, daß es so kommt, wie mir gesagt wurde.

26 Wir werden aber an einer Insel stranden."

 

Schiffbruch

27 Als wir schon die vierzehnte Nacht im Adriatischen Meer umhertrieben, vermuteten die Schiffsleute um Mitternacht, daß wir uns Land näherten.

28 Sie warfen das Senkblei und fanden eine Tiefe von zwanzig Faden. In kurzem Abstand warfen sie es wieder und fanden nur noch fünfzehn Faden.

29 Aus Furcht, wir könnten irgendwo auf Klippen geraten, warfen sie vom Heck des Schiffes vier Anker aus und erwarteten sehnsüchtig den Anbruch des Tages.

30 Als aber die Schiffsleute versuchten, vom Schiff zu fliehen und schon das Rettungsboot ins Meer hinabgelassen hatten, angeblich um vom Bug des Schiffes Anker auszuwerfen,

31 erklärte Paulus dem Hauptmann und den Soldaten: "Wenn diese nicht auf dem Schiff bleiben, könnt ihr nicht gerettet werden."

32 Darauf kappten die Soldaten die Taue des Rettungsbootes und ließen es forttreiben.

33 Bis es Tag werden sollte, ermunterte Paulus alle, Nahrung zu sich zu nehmen. "Heute sind es schon vierzehn Tage", sagte er, "daß ihr ohne Nahrung verharrt und nichts zu euch nehmt.

34 Darum ermahne ich euch, etwas zu essen. Denn das hilft mit zu eurer Rettung. Keinem von euch wird auch nur ein Haar vom Haupt verlorengehen."

35 Nach diesen Worten nahm er Brot, dankte Gott vor aller Augen, brach es und fing an zu essen.

36 Da faßten alle wieder Mut und nahmen ebenfalls Nahrung zu sich.

37 Im ganzen waren zweihundertsechsundsiebzig Personen auf dem Schiff.

38 Nachdem sie sich gesättigt hatten, warfen sie das Getreide ins Meer, um das Schiff zu erleichtern.

39 Als der Tag anbrach, zeigte sich, daß das Land ihnen unbekannt war; sie bemerkten aber eine Bucht mit einem flachen Strand; auf ihn gedachten sie, wenn möglich, das Schiff auflaufen zu lassen.

40 Sie kappten die Ankerleine und ließen die Anker im Meer zurück, lösten die Riemen von den Steuerrudern, stellten das Vordersegel auf den Wind ein und hielten auf den Strand zu.

41 Dabei gerieten sie auf eine Sandbank und liefen mit dem Schiff auf. Der Bug bohrte sich ein und saß unbeweglich fest, das Heck dagegen zerschellte nach und nach unter dem Anprall der Wogen.

42 Die Soldaten faßten nun den Beschluß, die Gefangenen zu töten, damit keiner durch Schwimmen entkomme.

43 Doch der Hauptmann wollte Paulus retten und verhinderte ihr Vorhaben. Er befahl, daß zuerst jene, die schwimmen konnten, über Bord springen und versuchen sollten, ans Land zu kommen,

44 die übrigen sollten ihnen teils auf Planken, teils auf sonstigen Schiffstrümmern folgen. So geschah es; alle wurden ans Land gerettet.

 

Kapitel 28: Auf Malta

1 Als wir gerettet waren, erfuhren wir, daß die Insel Malta genannt wird.

2 Die Einheimischen zeigten sich außerordentlich menschenfreundlich gegen uns. Wegen des einsetzenden Regens und der Kälte zündeten sie ein Feuer an und nahmen uns zu sich.

3 Paulus raffte ein Bündel Reisig zusammen und legte es auf das Feuer. Da fuhr infolge der Hitze eine Schlange heraus und biß sich an seiner Hand fest.

4 Sobald die Eingeborenen das Tier an seiner Hand hängen sahen, sagten sie zueinander: "Der Mensch da ist gewiß ein Mörder! Er ist zwar dem Meer entronnen, aber die Rachegöttin will ihn nicht am Leben lassen."

5 Doch er schüttelte das Tier ins Feuer ab, ohne Schaden zu nehmen.

6 Die Leute erwarteten, er werde anschwellen oder plötzlich tot niedersinken. Lange warteten sie. Als sie aber sahen, daß ihm kein Leid widerfuhr, wurden sie anderer Meinung und sagten, er sei ein Gott.

7 Der Erste der Insel, namens Publius, besaß dort in der Umgegend ein Landgut. Dieser nahm uns auf und gewährte uns drei Tage lang liebevolle Gastfreundschaft.

8 Der Vater des Publius lag gerade an Fieber und Ruhr krank danieder. Paulus ging zu ihm, legte ihm unter Gebet die Hände auf und machte ihn gesund.

9 Daraufhin kamen auch die anderen Kranken der Insel herbei und wurden geheilt.

10 Sie überhäuften uns dann mit Ehren und versahen uns bei der Abfahrt mit dem Nötigen.

 

Von Malta nach Rom

11 Nach drei Monaten fuhren wir weiter mit einem alexandrinischen Schiff, das auf der Insel überwintert hatte. Es führte das Wappen der Dioskuren.

12 Wir liefen Syrakus an, wo wir drei Tage blieben.

13 Von dort fuhren wir um die Küste herum und kamen nach Rhegion. Da tags darauf Südwind einsetzte, erreichten wir am zweiten Tag Puteoli.

14 Dort trafen wir Brüder; auf ihre Bitte hin blieben wir sieben Tage bei ihnen. – Und so kamen wir nach Rom.

15 Die Brüder dort hatten von uns gehört und kamen uns bis Forum Appii und Tres Tabernae entgegen. Bei ihrem Anblick dankte Paulus Gott und schöpfte Mut.

 

Paulus in Rom

16 Nach unserer Ankunft in Rom erhielt Paulus die Erlaubnis, mit dem Soldaten, der ihn bewachte, eine eigene Wohnung zu beziehen.

17 Nach drei Tagen berief er die führenden Juden zu sich. Als sie sich versammelt hatten, sagte er zu ihnen: "Brüder, ich habe nichts gegen das Volk oder gegen die Sitten der Väter getan. Gleichwohl wurde ich von Jerusalem aus als Gefangener der Gewalt der Römer überliefert.

18 Diese wollten mich nach der Untersuchung in Freiheit setzen, weil kein todeswürdiges Verbrechen bei mir vorlag.

19 Da aber die Juden Einspruch erhoben, sah ich mich genötigt, Berufung an den Kaiser einzulegen, jedoch nicht, als hätte ich eine Klage gegen mein Volk zu erheben.

20 Deshalb habe ich nun gebeten, euch sehen und zu euch sprechen zu dürfen. Denn um der Hoffnung Israels willen trage ich diese Kette."

21 Sie erwiderten ihm: "Wir haben über dich weder eine schriftliche Nachricht aus Judäa erhalten, noch ist einer von den Brüdern gekommen und hat etwas Übles über dich berichtet oder erzählt.

22 Doch möchten wir von dir erfahren, welche Ansichten du hegst. Denn von dieser Sekte ist uns nur bekannt, daß sie überall auf Widerspruch stößt."

 

Religionsgespräch

23 So bestimmten sie ihm einen Tag und fanden sich in größerer Zahl bei ihm in der Wohnung ein. Er erläuterte und bezeugte ihnen von morgens bis abends das Reich Gottes und suchte sie im Anschluß an das Gesetz des Mose und die Propheten für Jesus zu gewinnen.

24 Die einen ließen sich durch die Worte überzeugen, die anderen glaubten nicht.

25 Untereinander uneins gingen sie weg, wobei Paulus noch das eine Wort sagte: "Treffend hat der heilige Geist durch den Propheten Jesaja zu euren Vätern gesagt:

26 'Tritt hin vor dieses Volk und sprich: Hören sollt ihr, hören, und doch nicht verstehen, sehen sollt ihr, sehen, und doch nicht erkennen.

27 Denn verstockt ist das Herz dieses Volkes. Mit den Ohren hört es schwer, seine Augen hat es verschlossen, damit es mit den Augen nicht sieht, mit den Ohren nicht hört, mit dem Herzen nicht versteht und sich nicht bekehrt und ich es heile.'

28 So sei euch kundgetan: Den Heiden ist dieses Heil Gottes gesandt worden. Und sie werden hören."

29 [Nach diesen Worten gingen die Juden in heftigem Streit miteinander von ihm weg.]

 

Schluß

30 Er blieb zwei volle Jahre in seiner Mietwohnung und nahm alle auf, die zu ihm kamen.

31 Mit allem Freimut und ungehindert verkündete er das Reich Gottes und lehrte über den Herrn Jesus Christus.