Die Sechs Clementinische Messen

Die sechs Clementinischen Messen, welche für Lebendige und Verstorbene, zu Gottes höchstem Lobe, zu dessen Ehre und Danksagung und für die Armen Seelen im Fegefeuer mit großen Verdiensten und zum Nutzen und Trost angewendet und verrichtet werden können, wie aus folgendem zu vernehmen ist.

Wenn ein Mensch bei einem geweihten Priester für Lebendige und Verstorbene sechs heilige Messen nach folgender Ordnung lesen läßt, so wird unfehlbar die Seele desjenigen, für welchen jene heiligen Messen geopfert werden, sogleich aus der schmerzlichen Gefangenschaft des Fegefeuers erlöst werden. Ein hochgelehrter, gottseliger Priester der Gesellschaft Jesu und Lehrer der Heiligen Schrift hat, durch Offenbarungen erleuchtet, dem Volk öffentlich gepredigt, dass, wenn man diese heiligen Messen einem Verstorbenen lesen lasse, dessen Seele augenblicklich aus dem Fegefeuer erlöst werde, wenn sie auch bestimmt gewesen sei, bis zum jüngsten Tag zu leiden. Zwei Frauen, welche in der Predigt waren und dieses gehört hatten, versprachen einander, sobald eine vor der anderen sterbe, wolle die Überlebende der Verstorbenen jene sechs heiligen Messen lesen lassen, welches auch geschah. Nachdem eine dieser beiden Frauen verstorben war, ließ die andere ihres Versprechens eingedenk, für jene die sechs heiligen Messen lesen, worauf ihr in der Nacht die Verstorbene in so unaussprechlicher Schönheit und Klarheit erschien, dass sie vor Freude und Vergnügen ganz außer sich war, und drei Tage hindurch weder Speise noch Trank zu sich nahm. Als sie wieder zu sich selbst kam, war ihr einziger Wunsch, ebenfalls zu sterben; sie verordnete, dass die sechs heiligen Messen für sie selbst gelesen wurden, und starb fröhlich und selig, nachdem dieses geschehen, den siebten Tag darauf.

Zu bedenken ist, dass diese sechs heiligen Messen von einem Priester in folgender Ordnung und Meinung gelesen werden sollen:

Die erste heilige Messe soll zu Ehren der unschuldigen Gefangennehmung unseres lieben Herrn Jesu Christi geopfert werden, damit die Seele, welche man beabsichtigt, aus ihrer Gefangenschaft und von der schmerzlichen Pein im Fegefeuer wegen ihrer auf der Welt begangenen Sünden, zu befreien, erlöst werde.

Die zweite heilige Messe soll zu Ehren des unschuldigen Gerichts, welches unser lieber Herr Jesu Christus über sich hat ergehen lassen, geopfert werden, damit die arme Seele von den schweren Peinen, wozu sie ihrer begangenen Sünden wegen durch das strenge Gericht Gottes verdammt war, freigesprochen werde.

Die dritte heilige Messe soll zu Ehren der unschuldigen Verspottung unseres lieben Herrn Jesu Christi, die er sein ganzes heiliges Leben hindurch, und sonderlich in seinen letzten schmerzlichen Leiden am Stamme des heiligen Kreuzes erduldet hat, geopfert werden, damit er die arme Seele von aller peinlichen Verfolgung und Strafe, die sie wegen ihrer Sünden billig verdient hat, lossprechen wolle.

Die vierte heilige Messe soll zu Ehren der heiligen Wunden und Schmerzen unseres lieben Herrn Jesu Christi, sowie des Elendes und Todes, den er am Stamme des heiligen Kreuzes gelitten hat, geopfert werden, damit er die arme Seele von all den tödlichen Wunden, die sie durch ihre großen Sünden erhalten hat, heiligen und von der verdienten Strafe freisprechen wolle.

Die fünfte heilige Messe soll zu Ehren des Begräbnisses unseres lieben Herrn Jesu Christi geopfert werden, um denselben zu bitten, dass er alle von der armen Seele begangenen Sünden und Missetaten in seiner unendlichen Barmherzigkeit ewig begraben und dieselbe von der verdienten Strafe lossprechen möge.

Die letzte heilige Messe soll zu Ehren unseres lieben Herrn Jesu Christi Auferstehung und Himmelfahrt gelesen werden, damit er die arme Seele aus dem Schatten des Todes an das ewige Licht bringen und ihr eine fröhliche Auferstehung und schnelle Himmelfahrt verleihen wolle.

Hiebei ist zu bemerken, dass niemand aussprechen kann, welch große Verdienste sich derjenige bei Gott erwirbt, der den Nutzen der vorgemeldeten sechs heiligen Messen, und in welcher Weise sie gelesen werden sollen, bekannt macht. Es wird darüber gesagt: "Wenn ein Mensch durch die ganze Welt von einem heiligen Ort zum andern wallfahrtet, so kann er sich nicht so viele und große Verdienste erwerben, als wenn er andere Menschen ermahnt, von diesen sechs heiligen Messen Gebrauch zu machen, weil dadurch viele Arme Seelen erfreut und erlöst werden." Auch darf nicht vergessen werden, zu bemerken, welchen großen Nutzen sich jeder Mensch schafft, wenn er diese sechs heiligen Messen schon bei seinen Lebzeiten für sich selbst lesen lässt; denn er erlangt dadurch nicht allein Verzeihung seiner Sünden, sondern kommt auch durch die Kraft jener heiligen Messen, selbst wenn er bei Gott in Ungnaden steht, zur Erkenntnis und Reue derselben, und entrinnt dadurch der ewigen Verdammnis.

O Gott, du hast durch das Leiden Deines eingeborenen Sohnes und durch das Blut, das aus Seinen fünf Wunden floß – die durch die Sünde schwer getroffene Menschennatur wieder erneuert. Wir verehren Seine Wunden hier auf Erden, und bitten Dich demütigst: Gib, dass wir einst auch die Frucht Seines Kostbaren Blutes genießen dürfen im Himmel. Durch Ihn, Christus unseren Herrn. Amen. (Fünf Jahre Ablass; Poenit 12.12.1939)

Die Übung der sechs heiligen Messen wurde von Papst Klemens XII. (1730-1740) gutgeheißen und empfohlen, weshalb sie auch "Clementinische Messen" genannt werden.