Das Buch Judit
Kapitel 1: Einfall der Assyrer in Palästina
Nebukadnezzars Herrschaft
1 Arphaxad, der König der Meder, hatte viele Volksstämme seiner Herrschaft unterworfen und eine sehr feste Stadt ausgebaut, die er Ekbatana nannte.
2 Er ließ die Mauern aus behauenen Quadersteinen in einer Breite von 70 Ellen und in einer Höhe von 30 Ellen errichten und Türme von 100 Ellen Höhe aufführen.
3 Jede Seite maß 20 Fuß. Den Torbauten gab er die gleiche Höhe wie den Türmen.
4 Er rühmte sich wie ein Machthaber der Stärke seines Heeres und seiner ruhmreichen Streitwagen.
5 Im 12. Jahr seiner Herrschaft unternahm Nebukadnezzar, der König von Assyrien, der in der großen Stadt Ninive residierte, einen Feldzug gegen Arphaxad und besiegte ihn
6 auf der weiten Ebene, die Regu heißt, am Eufrat, Tigris und Hydaspes, im Gebiet Arjochs, des Königs der Elamiter.
7 Dadurch wurde Nebukadnezzars Herrschaft noch mächtiger, und sein Herz wurde übermütig. Er sandte Boten an alle Bewohner von Zilizien, Damaskus und dem Libanon,
8 an die Stämme am Karmel und in Kedar, an die Bewohner von Galiläa in der großen Ebene Esdrelon,
9 an alle, die in Samaria und jenseits des Jordan bis nach Jerusalem hin wohnten, und an das ganze Land Jesse bis an die Grenze von Äthiopien.
10 An alle diese schickte Nebukadnezzar, der König von Assyrien, Boten.
11 Doch alle lehnten einmütig ab und entließen die Boten mit leeren Händen und ohne Ehrengeschenke.
12 Da ergrimmte König Nebukadnezzar über alle diese Länder und schwur bei seinem Thron und seiner Herrschaft, an allen diesen Ländern Rache zu nehmen.
Kapitel 2: Des Holofernes Kriegszug
1 Im 13. Jahr des Königs Nebukadnezzar, am 22. Tag des ersten Monats, ward im Palast Nebukadnezzars, des Königs von Assyrien, der Beschluß gefaßt, einen Rachezug zu unternehmen.
2 Er berief alle Ältesten, alle seine Feldherren und Hauptleute, hielt mit ihnen einen geheimen Kriegsrat ab
3 und erklärte, es sei seine Absicht, die ganze Welt seiner Herrschaft zu unterwerfen.
4 Da dieser Plan allgemeinen Beifall fand, rief König Nebukadnezzar seinen Heerführer Holofernes
5 und befahlt ihm: "Zieh aus gegen alle Reiche des Westens, insbesondere gegen jene, die meine Herrschaft abgelehnt haben!
6 Dein Auge soll kein Reich übersehen! Jede befestigte Stadt sollst du mir unterwerfen!"
7 Holofernes ließ die Führer und Obersten der assyrischen Streitkräfte einberufen und musterte die Mannschaften für den Feldzug aus, wie der König ihm geboten hatte, 120.000 Fußtruppen und 12.000 berittene Bogenschützen.
8 Seinem ganzen Zug ließ er eine ungezählte Menge von Kamelen mit reichlichen Vorräten für das Heer vorausziehen, auch Herden von Rindern und Schafen ohne Zahl.
9 Er verordnete, daß für seinen Durchzug Getreide aus ganz Syrien zu liefern sei.
10 Auch nahm er Gold und Silber in großen Mengen aus dem königlichen Schatz mit.
11 So zog er mit seinem ganzen Heer aus, mit den Streitwagen und berittenen Bogenschützen, die gleich Heuschrecken den Erdboden bedeckten.
12 Als er die Grenze Assyriens überschritten hatte, kam er zu dem hohen Gebirge Ange, das links von Zilizien liegt, erstürmte alle Burgen und nahm jede Festung.
13 Dann eroberte er die berühmte Stadt Melothi und plünderte alle Bewohner von Tarsus und die Söhne Ismaels, die gegen die Wüste hin südlich der Landschaft Kellon wohnten.
14 Darauf überschritt er abermals den Eufrat und kam nach Mesopotamien. Dort eroberte er alle befestigten Städte vom Fluß Habor bis zum Meer hin
15 und bemächtigte sich seiner Länder von Zilizien bis an die Grenze von Jafet im Süden
16 Alsdann führte er alle Midianiter gefangen weg, erbeutete ihren ganzen reichen Besitz und tötete mit der Schärfe des Schwertes alle, die ihm Widerstand leisteten.
17 Danach stieg er zur Zeit der Ernte in die Ebene von Damaskus hinab, ließ alle Felder in Brand stecken und alle Bäume und Weinstöcke umhauen.
18 Furcht vor ihm befiel alle Bewohner des Landes.
Kapitel 3: Weiterer Siegeszug des Holofernes
1 Da sandten die Könige und Fürsten aller Städte und Länder, aus dem syrischen Mesopotamien und der syrischen Landschaft Sobal, aus Libyen und Zilizien, Boten zu Holofernes und ließen sagen:
2 "Zürne uns nicht weiter! Es ist besser, wir bleiben am Leben und dienen dem Großkönig Nebukadnezzar und unterwerfen uns dir, als daß wir in Knechtschaft geraten und im Tod untergehen.
3 Alle unsere Städte und das ganze Besitztum, alle Berge, Hügel und Ebenen, die Herden der Rinder, der Schafe und Ziegen, der Pferde und Kamele, all unser Habe und das Gesinde gehören dir.
4 Alles, was wir haben, steht dir zur Verfügung.
5 Wir und unsere Kinder sind deine Knechte.
6 Komm zu uns als friedlicher Gebieter und mache nach Belieben Gebrauch von unseren Diensten!"
7 Da zog er mit starker Reitermacht aus dem Gebirge heraus und bemächtigte sich aller Städte und aller Bewohner des Landes.
8 Aus allen Städten hob er kräftige und auserlesene Männer als Hilfstruppen aus.
9 Der Schrecken, der jene Länder befiel, war so groß, daß die Bewohner aller Städte, die Fürsten und Angesehenen wie das gewöhnliche Volk, bei seiner Ankunft im entgegengingen
10 und ihn mit Kränzen und Fackeln, mit Reigen, Pauken und Flöten empfingen.
11 Trotzdem vermochten sie seine grausame Gesinnung nicht zu besänftigen.
12 Er zerstörte vielmehr ihre Städte und ließ ihre Haine umhauen.
13 König Nebukadnezzar hatte ihm nämlich befohlen, alle Götter der Erde zu vernichten, damit er allein von den Völkern, die durch die Macht des Holofernes unterworfen werden könnten, als Gott verehrt würde.
14 So zog er durch das syrische Sobal, durch ganz Apamea und ganz Mesopotamien und kam in das Gebiet von Gibeon zu den Idumäern.
15 Er eroberte ihre Städte und rastete dort 30 Tage. Während dieser Zeit ließ er seine ganze Heeresmacht sammeln.
Kapitel 4: Die Bedrohung und der Wille zum Widerstand
1 Als die Israeliten im Land Juda davon hörten, fürchteten sie sich sehr vor ihm.
2 Angst und Schrecken befiel sie, er möchte mit Jerusalem und dem Tempel des Herrn ebenso verfahren wie mit den anderen Städten und ihren Tempeln.
3 So sandten sie denn Boten in die ganze Landschaft Samaria bis nach Jericho und besetzten alle Berghöhen.
4 Ihre Ortschaften umgaben sie mit Mauern und sammelten Getreide, um zum Kampf gerüstet zu sein.
5 Auch schrieb der Priester Eljakim an alle, die gen Jesreel zu wohnten, das vor der großen Ebene nahe bei Dotan liegt, und an alle anderen, bei denen der Durchzug stattfinden könnte,
6 sie sollten die Gebirgspässe besetzen, durch die man nach Jerusalem gelangen könnte, und wo zwischen Bergen ein Engpaß sei, sollten sie Wachposten aufstellen.
Gebet und Buße des Gottesvolkes
7 Die Israeliten taten, wie Eljakim, der Priester des Herrn, ihnen geboten hatte.
8 Alles Volk aber rief inständig zum Herrn und verdemütigte sich durch Fasten und Beten – Männer und Frauen.
9 Die Priester legten Bußgewänder an, ließen die Kinder vor dem Tempel des Herrn sich niederwerfen und bedeckten den Altar des Herrn mit einem Trauertuch.
10 Einmütig riefen sie zum Herrn, dem Gott Israels, er möge doch nicht zulassen, daß ihre Kinder geraubt, ihre Frauen erbeutet, ihre Städte zerstört, ihr Heiligtum entweiht und sie den Heiden zum Gespött würden.
11 Dann zog Eljakim, der Hohepriester des Herrn, in ganz Israel umher, redete ihnen zu und sprach:
12 "Wisset, der Herr wird euer Gebet erhören, wenn ihr in Fasten und Beten vor dem Herrn verharrt.
13 Denkt an Mose, den Knecht des Herrn, der die Amalekiter, die auf ihre Stärke und Macht auf ihr Heer und ihre Schilde, auf ihre Streitwagen und Reiter vertrauten, nicht im Kampf mit dem Schwert besiegte, sondern im Gebet durch frommes Flehen.
14 So wird es allen Feinden Israels ergehen, wenn ihr in dem ausharrt, was ihr begonnen habt."
15 Auf solchen Zuspruch hin verharrten sie vor Gott im Gebet zum Herrn.
16 Sogar jene, die dem Herrn die Brandopfer darbringen mußten, waren mit Bußgewändern bekleidet und brachten mit Asche auf dem Haupt dem Herrn die Opfer dar.
17 Aus ganzem Herzen flehten alle zu Gott, er möge sein Volk Israel gnädig anschauen.
Kapitel 5: Achiors Rede vor Holofernes
1 Dem assyrischen Heerführer Holofernes ward gemeldet, daß die Israeliten sich zum Widerstand rüsteten und die Gebirgspässe besetzt hielten.
2 Da ward er sehr zornig und geriet in große Wut. Er rief alle Fürsten der Moabiter und die Führer der Ammoniter zusammen und sprach zu ihnen:
3 "Sagt mir, was ist das für ein Volk, das die Berge besetzt hält? Welche Städte hat es? Wie sind sie beschaffen und wie viele sind es? Wie steht es mit ihrer Heeresmacht, und wie groß ist ihre Zahl? Wer ist ihr Anführer?
4 Warum verachten uns diese allein von allen, die im Osten wohnen, und sind uns nicht entgegengekommen, um uns in Frieden aufzunehmen?"
5 Darauf erwiderte Achior, der Anführer aller Ammoniter, und sprach: "Wenn du, mein Herr, geruhst, mich anzuhören, will ich dir über dieses Volk, das auf dem Gebirge wohnt, einen wahrheitsgetreuen Bericht erstatten; kein falsches Wort soll aus meinem Mund kommen.
6 Dieses Volk stammt von den Chaldäern ab und wohnte anfangs in Mesopotamien.
7 Weil sie aber den Göttern ihrer Väter, die im Land der Chaldäer waren, nicht dienen wollten,
8 gaben sie die religiösen Gebräuche ihrer Väter, die in Vielgötterei bestanden, auf
9 und verehrten den einen Gott des Himmels, der ihnen auch befahl, von dort wegzuziehen und sich in Haran niederzulassen. Als aber eine Hungersnot über das ganze Land kam, zogen sie nach Ägypten hinab. Dort vermehrten sie sich in 400 Jahren so, daß man ihre Menge nicht mehr zählen konnte.
10 Als aber der König von Ägypten sie bedrückte und sie beim Bau seiner Städte zum Frondienst in der Herstellung von Lehmziegeln zwang, riefen sie zum Herrn, und dieser schlug das ganze Land Ägypten mit verschiedenen Plagen.
11 Nachdem die Ägypter sie vertrieben hatten und die Plage von ihnen abließ, wollten sie dieselben wieder einholen und zum Frondienst zurückführen.
12 Da öffnete der Gott des Himmels ihnen auf ihrer Flucht das Meer, so daß die Wasser auf beiden Seiten wie eine Mauer feststanden und die Israeliten trockenen Fußes auf dem Meersboden hinüberzogen.
13 Während aber das ungezählte Heer der Ägypter ihnen nachjagte, wurde es von den Fluten bedeckt, so daß nicht ein einziger übrigblieb, der das Geschehene den Nachkommen hätte berichten können.
14 Nach dem Durchzug durch das Rote Meer lagerten sie sich in der Wüste des Sinaigebirges, wo noch kein Mensch gewohnt, kein Menschenkind sich niedergelassen hatte.
15 Dort wurden die Bitterquellen für sie zu süßem Trinkwasser, und 40 Jahre lang erhielten sie ihre Nahrung vom Himmel.
16 Wohin sie zogen ohne Bogen und Pfeil, ohne Schild und Schwert, kämpfte ihr Gott für sie und siegte.
17 Niemand konnte diesem Volk widerstehen, außer wenn es vom Dienst des Herrn, seines Gottes, abgewichen war.
18 Sooft sie nämlich neben ihrem Gott noch einen anderen verehrten, wurde sie der Plünderung, dem Schwert und der Schmach preisgegeben.
19 Sobald sie es aber bereuten, vom Dienst ihres Gottes abgewichen zu sein, gab ihnen der Gott des Himmels Kraft zum Widerstand.
20 So schlugen sie schließlich die Könige der Kanaaniter, Jebusiter, Perisiter, Hetiter, Hiwiter, Amoriter und alle Machthaber in Heschbon und nahmen deren Länder und Städte in Besitz.
21 Solange sie nicht gegen ihren Gott sündigten, war das Glück auf ihrer Seite; denn ihr Gott haßt das Unrecht.
22 So wurden sie auch vor Jahren, als sie von dem Weg, den Gott sie gewiesen, abgewichen waren, in vielen Kämpfen von den Völkern aufgerieben und sehr viele von ihnen in ein fremdes Land als Gefangene weggeführt.
23 Neuerdings aber haben sie sich wieder zum Herrn, ihrem Gott, bekehrt und sich aus den Ländern, in die sie zerstreut waren, wieder zusammengefunden, sind auf alle diese Berge gezogen und besitzen wieder Jerusalem, wo ihr Heiligtum ist.
24 Nun forsche nach, mein Herr! Wenn sie gegen ihren Gott ein Unrecht begangen haben, dann wollen wir gegen sie ziehen; denn ihr Gott wird sie dir preisgeben, und sie werden sich beugen unter das Joch deiner Macht.
25 Ist aber an diesem Volk keine Schuld vor seinem Gott, so werden wir ihm nicht widerstehen können; denn sein Gott wird es verteidigen, und wir werden der ganzen Welt zum Gespött."
26 Nach diesen Worten Achiors wurden alle Großen des Holofernes zornig und wollten ihn töten. Sie sagten zueinander:
27 "Wer wagt zu behaupten, daß die Israeliten dem König Nebukadnezzar und seinem Heer widerstehen können, Menschen ohne Wissen, ohne Tapferkeit und ohne Kenntnis der Kriegskunst?
28 Damit aber Achior erfährt, daß er uns täuscht, wollen wir in das Gebirge hinaufziehen. Wenn dann die Machthaber dort gefangen sind, wird er samt ihnen mit dem Schwert durchbohrt.
29 So soll jedes Volk erkennen, daß Nebukadnezzar der Gott der Welt ist und außer ihm kein anderer."
Kapitel 6: Achior in Betulia
Achiors Auslieferung an die Israeliten
1 Als sie gesprochen hatten, sagte Holofernes in heftigem Zorn zu Achior:
2 "Du hast uns geweissagt, daß das Volk Israel von seinem Gott beschützt wird. Darum will ich dir zeigen, daß es keinen anderen Gott gibt als Nebukadnezzar.
3 Wenn wir alle wie einen Man erschlagen, sollst auch du mit ihnen durch das Schwert der Assyrer umkommen, und ganz Israel soll mit dir den Untergang finden.
4 Du sollst dich überzeugen, daß Nebukadnezzar der Herr der ganzen Welt ist. Dann wird das Schwert meiner Soldaten durch deine Seite dringen. Durchbohrt sollst du unter den Erschlagenen Israels liegen und nicht mehr zu Atem kommen, bis du mit ihnen vertilgt bist.
5 Wenn du aber deine Weissagung für wahr hältst, dann brauchst du nicht niedergeschlagen zu sein. Laß die Blässe, die dein Antlitz bedeckt, verschwinden, falls du glaubst, daß diese meine Worte nicht in Erfüllung gehen können.
6 Du sollst aber wissen, daß du zugleich mit ihnen dasselbe Schicksal erleidest. Darum sollst du von dieser Stunde an jenem Volk zugesellt werden, und, wenn sie die verdiente Strafe durch mein Schwert erleiden, zugleich mit ihnen der Rache verfallen."
7 Darauf befahl Holofernes seinen Dienern, Achior zu ergreifen, nach Betulia zu führen und den Händen der Israeliten auszuliefern.
8 Die Diener des Holofernes nahmen ihn fest und zogen mit ihm durch die Ebene. Als sie an das Gebirge kamen, rückten Schleuderer gegen sie aus.
9 Jene banden Achior mit Händen und Füßen an einen Baum, entfernten sich vom Gebirge und überließen ihn mit Stricken gefesselt seinem Schicksal. Dann kehrten zu ihrem Herrn zurück.
10 Die Israeliten gingen von Betulia herab und kamen hinzu. Sie banden ihn los und führten ihn nach Betulia. Dann stellten sie ihn mitten unter das Volk und fragten ihn, warum die Assyrer ihn gebunden zurückgelassen hätten.
11 In jenen Tagen waren Usija, der Sohn Michas, aus dem Stamm Simeon, und Karmi, der auch Gothoniel genannt wurde, daselbst Vorsteher.
12 Inmitten der Ältesten und in Gegenwart des ganzen Volkes erzählte Achior alles, was er auf die Frage des Holofernes erwidert hatte, wie das Kriegsvolk des Holofernes ihn wegen seiner Worte habe töten wollen, und wie Holofernes selbst im Zorn befohlen hatte,
13 ihn den Israeliten auszuliefern, damit er nach Besiegung der Israeliten auch Achior unter allerlei Qualen könne hinrichten lassen, weil er behauptete, der Gott des Himmels sei ihr Beschützer.
14 Als Achior dies alles berichtet hatte, fiel das ganze Volk nieder, um den Herrn anzubeten, und brachte unter allgemeinem Klagen und Weinen seine Bitten einmütig vor den Herr und sprach:
15 "Herr, Gott des Himmels und der Erde, schau ihren Übermut und sieh auf uns Gedemütigte! Blicke gnädig auf dein heiliges Volk und zeige, daß du die nicht verläßt, die auf dich vertrauen, und daß du die erniedrigst, die auf sich selbst vertrauen und ihrer Macht sich rühmen!"
16 Als sie sich ausgeweint und den ganzen Tag gebetet hatten, trösteten sie Achior
17 und sprachen: "Der Gott unserer Väter, dessen Macht du gepriesen hast, wird dich ihren Untergang sehen lassen.
18 Wenn aber der Herr, unser Gott, seinen Knechten dadurch die Freiheit schenkt, dann sei unser Gott, der in unserer Mitte wohnt, auch dein Gott, und, wenn es dir gefällt, sollst du mit all den Deinen bei uns wohnen."
19 Als sich die Versammlung aufgelöst hatte, nahm Usija ihn in sein Haus und veranstaltete ihm zu Ehren ein großes Mahl.
20 Er lud alle Ältesten dazu ein. Alle stärkten sich nach beendetem Fasten.
21 Dann rief man das ganze Volk wieder zusammen, und es betete die ganze Nacht am Versammlungsort und flehte den Gott Israels um Hilfe an.
Kapitel 7: Die Belagerung Betulias
1 Am anderen Tag ließ Holofernes sein Heer gegen Betulia vorrücken.
2 Es waren 120.000 Mann Fußvolk und 22.000 Reiter, ohne die ausgerüsteten Männer, die er hatte gefangennehmen und aus Stadt und Land wegführen lassen.
3 Alle rüsteten sich miteinander zum Kampf gegen die Israeliten. Sie zogen den Berghang entlang bis zum Gipfel, der Dotan beherrscht, und lagerten vor dem Ort, der Belma heißt, bis nach Kyamon, Jesreel gegenüber.
4 Als die Israeliten die Menge sahen, warfen sie sich zur Erde nieder, streuten Asche auf ihr Haupt und beteten einmütig, der Gott Israels möge sich seines Volkes erbarmen.
5 Dann griffen sie zu ihren Waffen, besetzten die Plätze, an denen ein Engpaß zwischen den Bergen hindurchführte, und bewachten sie Tag und Nacht.
6 Als Holofernes die Umgegend in Augenschein nahm, fand er eine fließende Quelle, die eine Wasserleitung von der Südseite außerhalb der Stadt speiste. Er befahl, die Wasserleitung abzuschneiden.
7 Indes befanden sich unweit der Stadtmauer noch andere Quellen, aus denen man heimlich Wasser schöpfte, aber anscheinend mehr, um sich zu erquicken als um zu trinken.
8 Die Ammoniter und Moabiter gingen zu Holofernes und sprachen: "Die Israeliten vertrauen nicht auf Lanze und Pfeil, sondern auf den Schutz der Berge und auf die Sicherheit der steil abfallenden Hügel.
9 Willst du sie besiegen, ohne dich in eine Schlacht einzulassen, stelle Wachen an die Quellen, daß sie daraus kein Wasser schöpfen können! So kannst du sie ohne Schwertstreich dem Tod überliefern, oder sie werden vor Durst ihre Stadt übergeben, die sie für unüberwindlich halten, weil sie auf dem Berg liegt."
10 Dieser Vorschlag gefiel Holofernes und seinen Dienern. Er stellte rings um jede Quelle hundert Mann als Wache auf.
Beschluß der Übergabe Betulias
11 Nach zwanzigtägiger Bewachung der Quellen waren bei allen Einwohner Betulias Zisternen und Wasserbehälter leer. In der Stadt war nicht mehr so viel Wasser, daß man auch nur einen Tag zu trinken hatte. Das Wasser wurde Tag für Tag dem Volk genau abgemessen.
12 Da kamen alle Männer und Frauen, junge Leute und Kinder zu Usija und sagten alle einstimmig:
13 "Gott sei Richter zwischen uns und dir, daß du uns ins Unglück gestürzt hast. Weil du keine Friedensverhandlungen mit den Assyrern führen wolltest, hat uns Gott in ihre Hand gegeben.
14 Deshalb bringt uns niemand Hilfe, während wir unter ihren Augen vor Durst verschmachten und elend zugrunde gehen.
15 Nun laß alle, die in der Stadt sind, zusammenkommen, daß wir uns alle freiwillig den Leuten des Holofernes übergeben.
16 Denn es ist besser, daß wir am Leben bleiben und als Gefangene den Herrn preisen, als daß wir sterben und aller Welt zum Gespött werden, weil wir zusehen, wie unsere Frauen und Kinder vor unseren Augen dahinsterben.
17 Wir rufen heute Himmel und Erde und den Gott unserer Väter, der uns für unsere Sünden straft, zum Zeugen an: Übergebt jetzt endlich die Stadt dem Heer des Holofernes, und laßt uns durch das Schwert einen raschen Tod finden; sonst wird er durch die Qual des Durstes nur allzusehr verlängert."
18 Nach diesen Worten brach die ganze Versammlung in lautes Weinen und Wehklagen aus, und viele Stunden lang riefen sie einmütig zum Herrn:
19 "Wir haben gleich unseren Vätern gesündigt, Wir haben gefrevelt und Unrecht getan.
20 Erbarme dich unser in deiner Güte, oder strafe mit deiner Geißel unsere Missetaten! Aber liefere die, die sich zu dir bekennen, nicht einem Volk aus, das dich nicht kennt.
21 Es soll unter den Heiden nicht heißen: Wo ist ihr Gott?"
22 Von diesem Rufen ermüdet und vom Weinen erschöpft, schwiegen sie.
23 Da erhob sich Usija und sprach mit Tränen in den Augen: "Seid guten Mutes, Brüder! Noch fünf Tage wollen wir warten, ob sich der Herr erbarmt.
24 Vielleicht läßt er ab von seinem Zorn und verherrlicht seinen Namen.
25 Wenn aber nach Ablauf der fünf Tage keine Hilfe kommt, dann wollen wir tun, was ihr verlangt habt."
Kapitel 8: Judits Heldentat
Die gottesfürchtige Witwe
1 Diese Worte hatte auch die Witwe Judit vernommen, die Tochter Meraris, des Sohnes des Uz, des Sohnes Josefs, des Sohnes Usiëls, des Sohnes Hilkijas, des Sohnes Hananjas, des Sohnes Gideons, des Sohnes Rafains, des Sohnes Ahitubs, des Sohnes Elijas. des Sohnes Hilkijas, des Sohnes Eliabs, des Sohnes Natanaels, des Sohnes Schelumiëls, des Sohnes Zurischaddais, des Sohnes Simeons, des Sohnes Israels.
2 Judits Mann war Manasse, der in den Tagen der Gerstenernte gestorben war.
3 Als er nämlich auf dem Feld die Garbenbinder beaufsichtigte, brannte die Sonne auf sein Haupt, und er starb in seiner Vaterstadt Betulia. Dort wurde er bei seinen Vätern begraben.
4 Judit war seitdem bereits drei Jahre und sechs Monate Witwe.
5 Im Obergeschoß ihres Hauses hatte sie sich ein abgelegenes Gemach herrichten lassen, in dem sie mit ihren Mägden ein zurückgezogenes Leben führte.
6 Um ihre Lenden trug sie ein Bußgewand und fastete alle Tage ihres Lebens mit Ausnahme der Sabbate, Neumonde und Feste des Hauses Israel.
7 Sie war von ungewöhnlicher Schönheit. Ihr Mann hatte ihr große Reichtümer hinterlassen, zahlreiches Gesinde und große Herden von Rindern und Schafen.
8 Bei allen stand sie im besten Ruf, weil sie sehr gottesfürchtig war. Es gab niemand, der über sie abfällig gesprochen hätte.
Die glaubensstarke Frau
9 Als sie nun hörte, daß Usija versprochen hatte, nach Verlauf von fünf Tagen die Stadt zu übergeben, sandte sie zu den Ältesten Kabri und Karmi.
10 Diese kamen zu ihr, und sie sprach zu ihnen: "Warum hat Usija eingewilligt, den Assyrern die Stadt zu übergeben, wenn binnen fünf Tagen keine Hilfe kommt?
11 Wer seid ihr, daß ihr den Herrn herausfordert?
12 Eine solche Sprache kann nicht sein Erbarmen erregen, sondern muß seinen Zorn entflammen und seinen Grimm entfachen.
13 Ihr habt der Erbarmung des Herrn eine Frist gesetzt und nach eurem Gutdünken ihm einen Tag bestimmt.
14 Aber der Herr ist langmütig. Darum wollen wir umkehren und unter Tränen Verzeihung von ihm erflehen.
15 Gott droht nicht wie ein Mensch und gerät nicht in Zorn wie ein Menschenkind.
16 Deshalb wollen wir uns vor ihm demütigen, in demütiger Gesinnung ihm dienen
17 und den Herrn unter Tränen bitten, er möge nach seinem Wohlgefallen an uns seine Barmherzigkeit erweisen, daß wir uns ebenso unserer Demut rühmen dürfen, wie unser Herz sich durch Übermut hat verwirren lassen.
18 Wir haben ja nicht gesündigt wie unsere Väter. Die haben ihren Gott verlassen, fremde Götter angebetet
19 und so einen Frevel begangen, für den sie dem Schwert, der Plünderung und dem Spott ihrer Feinde preisgegeben wurden. Wir kennen ja keinen anderen Gott als ihn allein.
20 Laßt uns also in Demut harren, bis er uns tröstet. Er wird unser Blut an unseren Feinden rächen, die uns bedrängen. Er wird alle Völker, die sich gegen uns erheben, demütigen und sie der Schmach verfallen lassen, er, der Herr, unser Gott."
Judits Auftrag an die Ältesten
21 Und nun, Brüder, da ihr die Ältesten im Volk Gottes seid und sein Leben von euch abhängt, so richtet die Herzen auf durch euren Zuspruch, daß sie daran denken, wie auch unsere Väter geprüft wurden, ob sie wahrhaft ihrem Gott dienten.
22 Sie sollen bedenken, wie unser Vater Abraham geprüft ward und, durch viele Trübsale erprobt, der Freund Gottes geworden ist.
23 So sind auch Isaak, Jakob, Mose und alle, die Gott wohlgefällig waren, durch viele Trübsale hindurchgegangen und als treu befunden worden.
24 Jene aber, die die Prüfungen nicht in der Furcht des Herrn hinnahmen, sondern voll Ungeduld und Murren den Herrn schmähten,
25 wurden von dem Verderber dahingerafft und von Schlangen getötet.
26 Wir aber wollen nicht vergelten, was wir leiden,
27 sondern bedenken, daß die augenblickliche Strafe im Vergleich zu unseren Sünden gering ist. Sie ist eine Geißel des Herrn, durch die wir wie Knechte gezüchtigt werden, und zwar nicht zu unserem Verderben, wie wir glauben, sondern zu unserer Besserung."
28 Usija und die Ältesten erwiderten ihr: "Alles, was du sagst, ist wahr.
29 An deinen Worten ist nichts zu tadeln. So bete für uns; denn du bist eine fromme und gottesfürchtige Frau."
30 Judit sprach zu ihnen: "Wie ihr erkennt, daß von Gott kommt, was ich reden konnte,
31 so prüft, ob auch das von Gott kommt, was ich geplant habe, und betet, daß Gott mein Vorhaben gelingen lasse.
32 Findet euch diese Nacht am Stadttor ein, daß ich mit meiner Magd hinausgehen kann. Betet, daß der Herr in fünf Tagen, wie ihr gesagt habt, sein Volk Israel gnädig ansieht.
33 Ich will aber nicht, daß ihr nachforscht, was ich vorhabe. Bis ich euch Nachricht bringe, soll man nur zum Herrn, unserem Gott, für mich beten."
34 Da sprach Usija, der Fürst von Juda: "Geh in Frieden! Der Herr helfe dir, Rache zu nehmen an unseren Feinden." Dann kehrten sie um und gingen nach Hause.
Kapitel 9: Judits Gebet
1 Als die Ältesten weggegangen waren, begab sich Judit in ihren Gebetsraum und legte ein Bußgewand an. Dann streute sie Asche auf ihr Haupt, warf sich vor dem Herrn nieder und flehte:
2 "Herr, Gott meines Stammvaters Simeon! Du hast ihm das Schwert gereicht zur Bestrafung der Fremdlinge, die in ihrer Verkommenheit eine Jungfrau vergewaltigt und geschändet haben.
3 Du hast deinen Dienern, die für dich eiferten, die Frauen als Beute, die Töchter als Gefangene und alle Habe zur Verteilung überlassen. Komm, ich bitte dich, Herr, mein Gott, mir, einer Witwe, zu Hilfe!
4 Auch was früher geschah, hast du bewirkt, und was später sich ereignete, hattest du ausgedacht, und immer geschah, was du wolltest.
5 Denn alle deine Wege sind geebnet, und deine Ratschlüsse hast du nach deiner Vorsehung festgesetzt.
6 Blicke nun auf das Lager der Assyrer, wie du damals dich gewürdigt hast, auf das Lager der Ägypter zu schauen, als sie im Vertrauen auf ihre Streitwagen, auf ihre Reiter und die Menge ihrer Krieger in voller Rüstung deinen Knechten nachsetzten.
7 Du schautest nieder auf ihr Lager, und Finsternis beraubte sie ihrer Kraft.
8 Der Abgrund hielt ihre Füße fest, und die Wasser bedeckten sie.
9 So möge es, Herr, auch diesen ergehen, die da vertrauen auf ihre Menge und sich rühmen ihrer Wagen, Speere und Schilder, ihrer Pfeile und Lanzen
10 und nicht wissen, daß du unser Gott bist, der von jeher die Kriegsmacht vernichtet, und daß dein Name ist 'der Herr'.
11 Erhebe deinen Arm wie von alters her und zerschmettere ihre Macht durch deine Macht! Laß in deinem Zorn ihre Kraft dahinsinken, die dein Heiligtum entweihen, das Zelt deines Namens verunreinigen und mit ihrem Schwert die Hörner deines Altars abschlagen wollen!
12 Gib, Herr, daß das stolze Haupt mit seinem eigenen Schwert abgehauen wird!
13 Laß meinen Anblick ihn bestricken! Schlage ihn durch die Anmut meiner Lippen!
14 Gib mir standhaften Sinn, daß ich ihn verachte, und Kraft, daß ich ihn zugrunde richte!
15 Denn das wird ein Denkmal deines Namens sein, wenn ihn die Hand einer Frau zu Fall gebracht hat.
16 Deine Macht, o Herr, beruht ja nicht auf der Menge, noch hast du Wohlgefallen an der Pferde Stärke, noch warst du den Übermütigen je geneigt, sondern das Gebet der Demütigen und Sanftmütigen gefiel dir allezeit.
17 Gott des Himmels, Schöpfer der Gewässer, Herr der ganzen Schöpfung! Erhöre mich Arme, die zu dir fleht und auf deine Barmherzigkeit vertraut!
18 Gedenke, Herr, deines Bundes und lege das Wort in meinen Mund und gib meinem Herzen Kraft für mein Vorhaben, daß dein Haus dir geheiligt bleibt
19 und alle Völker erkennen, daß du Gott bist und kein anderer außer dir ist!"
Kapitel 10: Vorbereitung und Abschied
1 Als sie ihr Gebet zum Herrn beendet hatte, erhob sie sich von der Stelle, wo sie sich vor dem Herrn hingeworfen hatte.
2 Sie rief ihre Magd, ging ins Haus hinab, zog ihr Bußgewand aus und legte ihre Witwenkleider ab.
3 Dann wusch sie sich, salbte sich mit feinster Myrrhe, ordnete kunstvoll ihr Haar, setzte ihren Kopfbund auf, zog ihre Feierkleider an, befestigte Sandalen an ihren Füßen, legte Armbänder, Spangen, Ohrgehänge und Ringe an, kurz, ihren ganzen Schmuck.
4 Dazu verlieh ihr der Herr noch glänzende Schönheit; denn all diesen Schmuck legte sie nicht an aus böser Lust, sondern in frommer Gesinnung. Darum erhöhte der Herr noch ihre Schönheit so sehr, daß sie in aller Augen unvergleichlich anmutig erschien.
5 Hierauf legte sie ihrer Magd einen Schlauch mit Wein auf, ein Gefäß mit Öl, geröstetes Mehl, Feigenkuchen, Brot und Käse und machte sich auf den Weg.
6 Als sie ans Stadttor kam, traf sie dort Usija und die Ältesten der Stadt, die auf sie warteten.
7 Bei ihrem Anblick wunderten sie sich und staunten sehr über ihre Schönheit.
8 Doch stellten sie keine Frage an sie, sondern ließen sie vorüberziehen und sagten: "Der Gott unserer Väter verleihe dir Gnade und lasse durch seine Macht alles gelingen, was du in deinem Herzen beschlossen hast, auf daß Jerusalem sich deiner rühme und dein Name in der Zahl der Heiligen und Gerechten stehe."
9 Alle, die zugegen waren, sprachen einmütig: "So geschehe es, so geschehe es!"
10 Judit aber schritt mit ihrer Magd durch das Tor und betete zum Herrn.
Im feindlichen Lager
11 Als sie bei Tagesanbruch den Berg hinabstieg, kamen ihr assyrische Vorposten entgegen. Diese hielten sie an und fragten: "Woher kommst du und wohin willst du gehen?"
12 Sie antwortete: "Ich bin eine Tochter der Hebräer. Ich bin heimlich von ihnen weggegangen, weil ich voraussehe, daß sie eure Beute werden, weil sie aus Verachtung gegen euch sich nicht freiwillig euch ergeben wollten, um Gnade bei euch zu finden.
13 Deshalb dachte ich bei mir: Ich will vor den Heerführer Holofernes hintreten, um ihm ihre Geheimnisse zu offenbaren und ihm zu zeigen, auf welchem Weg er sie überwältigen kann, ohne daß auch nur ein Mann von seinem Heer fällt."
14 Als jene Männer ihre Worte vernahmen, schauten sie ihr ins Gesicht und waren entzückt. Ihre Schönheit erregte ihre höchste Bewunderung.
15 Sie sprachen zu ihr: "Du hast dein Leben gerettet, weil du den Entschluß gefaßt hast, zu unserem Herrn herabzukommen.
16 Sei überzeugt, wenn du vor ihm stehst, wird er dich gut behandeln. Du wirst ihm sehr willkommen sein." Sie führten sie zum Zelt des Holofernes und meldeten sie an.
Beim feindlichen Feldherrn
17 Kaum war sie eingetreten, waren die Augen des Holofernes gefesselt.
18 Seine Diener sprachen zu ihm: "Wer kann das Volk der Hebräer verachten, das so schöne Frauen hat? Lohnt es sich nicht, daß wir schon um ihretwillen gegen jene kämpfen?"
19 Sobald Judit den Holofernes sah, wie er unter einem Fliegennetz saß, das aus Purpur und Gold gewirkt und mit Smaragden und anderen Edelsteinen besetzt war,
20 und ihn angeschaut hatte, warf sie sich huldigend vor ihm zur Erde nieder. Auf Befehl ihres Herrn Holofernes hoben die Diener sie wieder auf.
Kapitel 11: Judit stärkt Holofernes in seiner Siegeszuversicht
1 Holofernes sprach zu ihr: "Sei guten Mutes! Dein Herz bange nicht! Noch nie habe ich dem ein Leid zugefügt, der dem König Nebukadnezzar dienen wollte.
2 Hätte dein Volk mich nicht verachtet, hätte ich meine Lanze nicht gegen dasselbe erhoben.
3 Nun aber sage mir: Weshalb bist du von ihnen weggegangen und hast dich entschlossen, zu uns zu kommen?"
4 Judit entgegnete ihm: "Vernimm die Worte deiner Magd! Wenn du die Worte deiner Magd befolgst, wird der Herr mit dir das Werk vollbringen:
5 so wahr Nebukadnezzar, der König der Welt, lebt und seine Macht dir zur Züchtigung aller Betörten anvertraut ist. Um deinetwillen dienen ihm nicht nur die Menschen. Auch die Tiere des Feldes sind ihm gehorsam.
6 Die Klugheit deines Geistes ist allen Völkern kund geworden, und alle Welt hat erfahren, daß du der einzige tüchtige und fähige Mann bist im ganzen Reich, und in allen Landen rühmt man deine Kriegskunst.
7 Auch blieb nicht verborgen, was Achior geredet hat, und man weiß, was du ihm zugedacht hast.
8 Gewiß ist unser Gott durch Sünden so beleidigt worden, daß er durch seine Propheten dem Volk verkünden ließ, er werde es um seiner Sünden willen preisgeben.
9 Da nun die Israeliten wissen, daß sie ihren Gott beleidigt haben, hat Furcht vor dir sie befallen.
10 Dazu hat Hungersnot sie heimgesucht, und wegen des Wassermangels darf man sie bereits zu den Toten zählen.
11 Schon haben sie angeordnet, ihr Vieh zu töten, um sein Blut zu trinken.
12 Was an Getreide, Wein und Öl dem Herrn, ihrem Gott, geheiligt ist, und was anzutasten Gott verboten hat, gedenken sie für sich zu verwenden. Sie wollen verzehren, was sie nicht einmal mit den Händen berühren sollten. Wegen dieser Handlung werden sie gewiß dem Verderben anheimfallen.
13 Als ich, deine Magd, dies wahrnahm, ging ich von ihnen weg, und der Herr sandte mich, dir dies zu melden.
14 Denn ich, deine Magd, verehre Gott auch jetzt bei dir, und deine Magd wird hinausgehen und zu Gott beten.
15 Dann wird er mir offenbaren, wann sie ihre Sünden begehen, und ich werde es dir sofort mitteilen. Dann werde ich dich mitten durch Jerusalem führen, und du wirst das ganze Volk Israel in deine Gewalt bekommen wie eine Herde Schafe, die keinen Hirten hat. Nicht einmal ein Hund wird gegen dich bellen.
16 Dies ist mir durch Gottes Vorsehung geoffenbart worden.
17 Weil Gott ihnen zürnt, bin ich gesandt worden, dir dies kundzutun."
18 Alle diese Worte gefielen Holofernes und seinen Dienern. Sie staunten über ihre Weisheit und sagten zueinander:
19 "Es gibt in der Welt keine Frau, die ihr an Gestalt und Schönheit und kluger Rede gleichkäme."
20 Holofernes sprach zu ihr: "Gott hat wohlgetan, daß er dich aus deinem Volk hersandte, damit du es unseren Händen überlieferst.
21 Deine Verheißung ist gut. Wenn dein Gott sie mir erfüllt, soll er auch mein Gott sein, und du sollst im Palast Nebukadnezzars hochgeehrt sein, und dein Name wird in der ganzen Welt genannt werden."
Kapitel 12: Judit geht im Lager frei ein und aus
1 Darauf ließ er sie dort eintreten, wo seine Schätze aufbewahrt wurden. Er hieß sie bleiben und bestimmte, was ihr von seinem Tisch gereicht werden sollte.
2 Judit erwiderte ihm: "Ich darf jetzt von dem, was du mir vorzusetzen befiehlst, nicht essen, damit ich mich nicht verfehle.
3 Ich will von dem essen, was ich mir mitgebracht habe." Holofernes entgegnete ihr: "Wenn deine mitgebrachten Vorräte zu Ende sind, was sollen wir dann für dich tun?"
4 Judit antwortete: "So wahr du lebst, mein Herr, deine Magd wird dies alles nicht brauchen, bis Gott durch meine Hand gelingen läßt, was ich vorhabe." Da führten seine Diener sie in das Zelt, das er ihr angewiesen hatte.
5 Während sie eintrat, bat sie um die Erlaubnis, bei Nacht und vor Tagesanbruch zum Gebet aus dem Lager gehen und den Herrn anrufen zu dürfen.
6 Er befahl seinen Kämmerern, sie nach ihrem Belieben drei Tage lang aus- und eingehen zu lassen, damit sie zu ihrem Gott bete.
7 Sie ging des Nachts hinaus in das Tal von Betulia und wusch sich an einer Wasserquelle.
8 Während sie wieder hinaufging, betete sie zum Herrn, dem Gott Israels, daß er ihr den Weg zur Befreiung ihres Volkes ebne.
9 Dann trat sie wieder in das Zelt und blieb dort nüchtern, bis sie am Abend ihre Speise zu sich nahm.
Das Gastmahl des Holofernes
10 Am vierten Tag gab Holofernes seinen Dienern ein Mahl und befahl seinem Kämmerer Bagoas: "Geh und berede jene Hebräerin, daß sie sich freiwillig entschließt, bei mir zu wohnen.
11 Denn es gilt bei den Assyrern als Schande, wenn eine Frau einen Mann zum besten hält und unberührt von ihm weggeht."
12 Bagoas ging zu Judit und sprach: "Das schöne Mädchen braucht sich nicht zu scheuen, zu meinem Herrn hineinzugehen, um vor ihm geehrt zu werden und mit ihm fröhlich zu essen und Wein zu trinken."
13 Judit antwortete ihm: "Wer bin ich, daß ich meinem Herrn widersprechen dürfte?
14 Was er für gut und für das Beste hält, will ich tun. Was ihm gefällt, soll für mich das Beste sein alle Tage meines Lebens."
15 Sie erhob sich, legte ihren Kleiderschmuck an, ging hinein und trat vor ihn hin.
16 Das Herz des Holofernes schlug rascher; denn er war von Begierde zu ihr entbrannt.
17 Holofernes sprach zu ihr: "Nun trinke, nimm Platz und sei fröhlich; denn du hast Gnade bei mir gefunden."
18 Judit erwiderte: "Ich will trinken, Herr; denn heute bin ich mehr geehrt worden als jemals in meinem ganzen Leben."
19 Sie griff zu, aß und trank vor ihm, was ihre Magd für sie bereitet hatte.
20 Holofernes freute sich über sie und trank sehr viel Wein, so viel, wie er noch nie in seinem Leben getrunken hatte.
Kapitel 13: Judit enthauptet Holofernes
1 Als es spät geworden war, suchten sein Diener eilends ihre Zelte auf. Bagoas schloß die Tür des Schlafgemachs und ging weg.
2 Denn alle waren vom Wein schläfrig geworden.
3 So war Judit allein im Schlafgemach.
4 Holofernes lag auf seinem Bett und war vor allzu großer Trunkenheit fest eingeschlafen.
5 Judit aber hatte ihrer Magd befohlen, draußen vor dem Gemach zu bleiben und achtzugeben.
6 Da trat Judit vor das Bett und betete unter Tränen, indem sie leise ihre Lippen bewegte.
7 Sie sprach: "Gib mir Kraft, Herr, Gott Israel, und schau in dieser Stunde auf das, was meine Hände vollbringen wollen, damit du deine Stadt Jerusalem wieder aufrichtest, wie du verheißen hast, und daß ich vollbringe, was ich im Vertrauen auf deinen Beistand ausführen zu können glaubte."
8 Nach diesen Worten trat sie an die Säule, die zu Häupten des Bettes war und löste das Schwert, das daran herabhing.
9 Als sie es aus der Scheide gezogen hatte, faßte sie sein Haupthaar und betete: "Gib mir Kraft, Herr, in dieser Stunde!"
10 Dann hieb sie zweimal in seinen Nacken, schlug ihm den Kopf ab, nahm das Fliegennetz von der Säule und wälzte den Rumpf auf den Boden.
11 Alsbald ging sie hinaus, übergab das Haupt des Holofernes ihrer Magd und befahl, es in den Reisesack zu stecken.
Rückkehr nach Betulia
12 Dann gingen beide ihrer Gewohnheit gemäß hinaus, als wollten sie beten, durchschritten das Lager, durchquerten das Tal und kamen an das Stadttor.
13 Schon von weitem rief Judit den Wächtern auf der Mauer zu: "Öffnet die Tore; denn Gott, der seine Macht an Israel erzeigt hat, ist mit uns."
14 Als die Männer ihre Stimme hörten, riefen sie die Ältesten der Stadt.
15 Da eilte alles herbei, groß und klein; denn man hatte nicht mehr mit ihrer Rückkehr gerechnet.
16 Man zündete Fackeln an, und alle umringten sie. Sie stieg auf einen erhöhten Platz und gebot Stillschweigen.
17 Als alle ruhig waren, sprach Judit: "Lobt den Herrn, unseren Gott, der die nicht verlassen hat, die auf ihn vertrauen!
18 An mir, seiner Magd, hat er die Verheißung seines Erbarmens, die er dem Haus Israel gab, erfüllt. Durch meine Hand hat er den Feind seines Volkes in dieser Nacht getötet."
19 Dann zog sie das Haupt des Holofernes auf dem Reisesack und zeigte es ihnen mit den Worten: "Seht sein Fliegennetz, unter dem er lag in seiner Trunkenheit, als ihn der Herr, unser Gott, durch die Hand einer Frau erschlug.
20 So wahr der Herr lebt: Sein Engel hat mich behütet, als ich wegging, während ich dort weilte und als ich von dort zurückkehrte. Der Herr ließ nicht zu, daß seine Magd verunreinigt wurde. Ohne Verunreinigung durch eine Sünde rief er mich zu euch zurück, daß ich mich freue über seinen Sieg, meine Rettung und eure Freiheit.
21 Danket ihm alle; denn er ist gut, und sein Erbarmen währt ewig."
Lobpreis des Volkes
22 Da beteten alle den Herrn an uns sprachen zu ihr: "Der Herr hat dich mit seiner Kraft gesegnet, da er durch dich unsere Feinde zunichte gemacht hat."
23 Usija, der Fürst des Volkes Israel, sprach zu ihr: "Gesegnet bis tu, Tochter, vor allen Frauen auf Erden von dem Herrn, dem erhabenen Gott.
24 Gepriesen sei der Herr, der Himmel und Erde erschaffen, der dich geleitet hat, dem Führer unserer Feinde das Haupt abzuschlagen.
25 Denn heute hat er deinen Namen so verherrlicht, daß nie schwinden wird dein Lob aus dem Mund der Menschen, die der Macht des Herrn gedenken in Ewigkeit. Für sie hast du um der Bedrängnis und der Trübsal willen deines Lebens nicht geschont, hast abgewandt den Untergang vor dem Angesicht unseres Gottes."
26 Und das ganze Volk sprach: "Amen! Amen!"
Eindruck auf Achior
27 Dann ward Achior gerufen. Als er kam, sprach Judit zu ihm: "Der Gott Israels, von dem du erklärt hast, er werde sich an seinen Feinden rächen, hat das Haupt aller Ungläubigen heute nacht durch meine Hand gefällt.
28 Du sollst dich davon überzeugen: Sieh das Haupt des Holofernes, der in seinem stolzen Übermut den Gott Israels verachtet und dir den Untergang angedroht hat mit den Worten: Wenn das Volk Israel gefangengenommen wird, werde ich dir die Seite mit dem Schwert durchbohren lassen."
29 Als Achior das Haupt des Holofernes sah, erfaßte ihn Entsetzen. Er fiel zu Boden auf sein Angesicht und sank in Ohnmacht.
30 Nachdem er wieder zu sich gekommen war und sich erholt hatte, warf er sich Judit zu Füßen, huldigte ihr und sprach:
31 "Sei gesegnet von deinem Gott in allen Zelten Jakobs; denn unter allen Völkern, die deinen Namen hören, wird um deinetwillen der Gott Israels verherrlicht werden."
Kapitel 14: Judits Anweisungen
1 Judit sprach zu allem Volk: "Hört mich, ihr Brüder! Hängt dies Haupt an unserer Mauer auf,
2 und bei Sonnenaufgang greife jeder zu seinen Waffen und eile mit Ungestüm hinaus. Steigt aber nicht hinab, sondern tut, als wolltet ihr einen Ausfall machen!
3 Dann müssen die Vorposten zu ihrem Heerführer eilen, um ihn zum Kampf zu wecken.
4 Wenn dann ihre Hauptleute zum Zelt des Holofernes laufen und dessen Rumpf in seinem Blut liegen finden, wird Schrecken sie befallen.
5 Sobald ihr sie fliehen seht, eilt ihnen unbedenklich nach; denn der Herr wird sie unter euren Füßen zermalmen."
Achiors Bekehrung
6 Als Achior sah, wie machtvoll sich der Gott Israels erwies, schwur er den heidnischen Gebräuchen ab und nahm den Glauben an Gott an. Er ließ sich beschneiden und wurde dem Volk Gottes beigezählt; ebenso alle seine Nachkommen bis auf den heutigen Tag.
Die Verwirrung der Assyrer
7 Bei Tagesanbruch hängten sie das Haupt des Holofernes an der Mauer auf. Alle griffen zu den Waffen und stürmten mit großem Lärm und Geschrei hinaus.
8 Bei ihrem Anblick eilten die Vorposten nach dem Zelt des Holofernes.
9 Die im Zelt sich aufhielten, machten vor dem Eingang zum Schlafgemach Geräusch, um ihn aufzuwecken. Sie verursachten mit Absicht Lärm, damit Holofernes nicht durch Wecken, sondern durch den Lärm erwache.
10 Denn niemand wagte, an das Schlafgemach des assyrischen Machthabers zu klopfen oder es zu öffnen und hineinzugehen.
11 Als aber die Obersten, Hauptleute und alle Befehlshaber des Assyrerkönigs versammelt waren, sagten sie zu den Kämmerern:
12 "Geht hinein und weckt ihn auf; denn die Mäuse sind aus ihren Löchern gekrochen und wagen es, uns zum Kampf herauszufordern."
13 Da ging Bagoas in das Schlafgemach, trat vor den Bettvorhang und klatschte mit den Händen; denn er vermutete, daß er mit Judit schlafe.
14 Als er wahrnahm, daß sich niemand bewegte, trat er näher an den Vorhang heran und hob ihn auf. Da sah er den Leichnam des Holofernes ohne Haupt in seinem Blut auf dem Boden liegen. Er schrie laut auf, weinte und zerriß seine Kleider.
15 Dann trat er in das Zelt der Judit, fand sie aber nicht. Nun eilte er zu den Soldaten hinaus
16 und sprach: "Eine hebräische Frau hat dem Haus des Königs Nebukadnezzar Schande gebracht. Seht, Holofernes liegt am Boden, ohne Haupt!"
17 Als die Obersten der assyrischen Heeresmacht dies hörten, zerrissen alle ihre Kleider. Unsägliche Angst und Furcht befiel sie, und sie wurden ganz verwirrt.
18 Ein Lärm ohnegleichen erhob sich in ihrem Lager.
Kapitel 15: Die Flucht der Assyrer
1 Als das ganze Heer vernahm, daß Holofernes enthauptet war, wurde es kopflos und ratlos. Von Furcht und Schrecken getrieben, suchte es sein Heil in der Flucht.
2 Keiner sprach mit dem anderen. Gesenkten Hauptes und alles im Stich lassend, beeilten sie sich, den Hebräern zu entkommen, da sie hörten, daß diese bewaffnet gegen sie heranstürmten.
3 Als die Israeliten ihre Flucht bemerkten, setzten sie ihnen nach. Sie zogen unter Trompetenschall hinab und erhoben hinter ihrem Rücken ein großes Geschrei.
4 Die Assyrer blieben nicht beisammen, sondern ergriffen Hals über Kopf die Flucht. Die Israeliten dagegen verfolgten sie in geschlossenen Reihen und machten alle nieder, die sie erreichen konnten.
5 Usija sandte Boten in alle Städte und Landschaften Israels.
6 Jede Landschaft und jede Stadt sandte ihnen eine auserlesene Jungmannschaft nach und verfolgte sie mit der Schärfe des Schwertes bis an die Grenzen ihres Gebietes.
7 Die übrigen, die in Betulia zurückgeblieben waren, gingen in das Lager der Assyrer, trugen die Beute, die die Assyrer bei ihrer Flucht zurückgelassen hatten, weg und kehrten reich beladen heim.
8 Die als Sieger nach Betulia zurückkehrten, brachten alles übrige mit, was den Feinden gehört hatte, Kleinvieh und Großvieh und alle bewegliche Habe ohne Zahl, so daß alle, hoch und niedrig, durch ihre Beute reich wurden.
Der Hohepriester kommt nach Betulia
9 Der Hohepriester Jojakim kam mit allen Ältesten von Jerusalem nach Betulia, um Judit zu sehen.
10 Als sie vor ihnen erschien, priesen alle sie einmütig und sprachen: "Du bist der Ruhm Jerusalems, die Freude Israels und der Stolz unseres Volkes.
11 Du hast männlich gehandelt, und dein Herz war mutig, weil du die Keuschheit geliebt hast und nach dem Tod deines Mannes von keinem anderen wissen wolltest. Darum hat dich die Hand des Herrn gestärkt, und daher wirst du gepriesen sein in Ewigkeit."
12 Das ganze Volk sprach: "Amen! Amen!"
13 Das Volk Israel konnte in dreißig Tagen kaum die Beute der Assyrer zusammentragen.
14 Alles, was sich als Eigentum des Holofernes erwies, gab man Judit: Gold, Silber, Kleider, Edelsteine und allerlei Geräte. Alles wurde ihr vom Volk zum Geschenk gemacht.
15 Das Volk, Frauen, Jungfrauen und Jünglinge, allesamt, freuten sich bei Harfen- und Zitherspiel.
Kapitel 16: Judits Lobgesang
1 Damals sang Judit dem Herrn folgendes Lied:
2 "Laßt dem Herrn erschallen ein neues Lied, stimmt es an mit Pauken, singt ihm beim Klang der Zimbeln! Erhebt und rühmt seinen Namen!
3 Der Herr hat die Kriegsmacht vernichtet – 'Herr' ist sein Name!
4 Sein Lager schlug er auf inmitten seines Volkes, um uns zu erretten aus der Hand unserer Feinde.
5 Von den Bergen des Nordens stieg Assur herab mit gewaltiger Macht. Seine Massen stauten die Bäche, die Pferde füllten die Täler.
6 Sengen wollte er mein Gebiet, töten mit dem Schwert meine Jugend, fortschleppen als Raub meine Kinder, als Gefangene meine Jungfrauen.
7 Doch ihn machte zunichte der allmächtige Herr, gab ihn in eines Weibes Hand: Sie hat ihn durchbohrt!
8 Ihr Gewaltiger fiel nicht durch junge Recken, nicht Titanensöhne stießen ihn nieder, nicht standen auf zum Kampf gegen ihn mächtige Riesen: Judit, Meraris Tochter, hat ihn bezwungen – durch ihres Angesichts Schönheit.
9 Ihr Witwengewand streifte sie ab, Prunkgewänder legte sie an – es jubelten Israels Söhne!
10 Mit Öl salbte sie ihr Antlitz, raffte im Kopfbund ihre Locken, ihn zu berücken wählte sie ein neues Kleid.
11 Ihr Schuh bezauberte seine Augen, gebannt hielt ihre Schönheit seinen Sinn – doch ihr Schwert durchhieb seinen Nacken.
12 Zittern erfaßte die Perser vor ihrem Mut, die Meder vor ihrer Kühnheit.
13 Auf heulte der Assyrer Lager, als meine Schwachen sich zeigten, von Durst erschöpft.
14 Unsere Söhne durchbohrten sie, hieben sie nieder gleich fliehenden Kindern: Im Kampf kamen sie um vor Gott, meinem Herrn.
15 Singen laßt uns dem Herrn ein Lied, ein neues Lied laßt uns singen unserem Gott:
16 Herr, Allmächtiger, groß bist du! Herrlich in deiner Kraft! Niemand kann dich bezwingen!
17 Dir dienen all deine Geschöpfe; ein Wort nur hast du gesprochen: da wurden sie alle. Deinen Odem hast du gesandt: schon standen sie da. Niemand hält stand vor deiner Stimme.
18 Wie die Gewässer schwanken in ihren Grundfesten die Berge, vor deinen Antlitz zerrinnen wie Wachs die Felsen;
19 doch groß über alles machst du die, die dich fürchten!
20 Weh dem Volk, das wider mein Volk sich erhebt! An ihnen nimmt Rache der Herr, der Allmächtige. Am Tag des Gerichtes sucht er sie heim,
21 läßt Feuer und Würmer zerwühlen ihr Fleisch, in Qualen brennen sie ewiglich!"
Siegesfeier in Jerusalem
22 Nach der Siegesfeier zog das ganze Volk nach Jerusalem, den Herrn anzubeten. Sobald alle sich gereinigt hatten, brachten sie Brand- und Gelübdeopfer dar, die sie versprochen hatten.
23 Judit schenkte als Weihegabe zum ewigen Andenken das ganze Kriegsgerät des Holofernes, das ihr das Volk gegeben, sowie das Fliegennetz, das sie aus seinem Schlafgemach genommen hatte.
24 Das Volk war fröhlich vor dem Heiligtum; drei Monate feierte man mit Judit das freudige Ereignis dieses Sieges.
Judits Lebensende
25 Nach dieser Zeit kehrte jeder in sein Haus zurück. Judit ward in Betulia hochgeehrt und im ganzen Land Israel berühmt.
26 Denn mit dem Mut verband sie die Keuschheit. Seitdem ihr Mann Manasse gestorben war, erkannte sie keinen Mann mehr alle Tage ihres Lebens.
27 An den Festtagen erschien sie in großer Pracht.
28 Sie lebte im Haus ihres Mannes und wurde 105 Jahre alt. Ihrer Magd schenkte sie die Freiheit. Als sie starb, wurde sie neben ihrem Mann in Betulia begraben.
29 Das ganze Volk trauerte um sie sieben Tage.
30 Die ganze Zeit ihres Lebens und noch viele Jahre nach ihrem Tod wurde Israel von keiner Seite beunruhigt.
31 Der Tag dieses Sieges ward von den Hebräern in die Zahl der heiligen Tage aufgenommen und von den Juden seit jener Zeit bis auf den heutigen Tag gefeiert.