Das Buch Ester
Kapitel 1: Drohendes Unheil für die Juden
Das Gastmahl des Xerxes
1 Es war in den Tagen des Xerxes, jenes Xerxes, der von Indien bis Äthiopien über 127 Provinzen herrschte.
2 Als König Xerxes in der Residenz Susa auf seinem Königsthron saß,
3 gab er im dritten Jahr seiner Regierung allen seinen Fürsten und Beamten ein Festmahl, zu dem sich die Kriegobersten der Perser und Meder mit den Edelleuten und Fürsten der Provinzen bei ihm einfanden.
4 Dabei stellte er seinen Reichtum, seine königliche Herrlichkeit, seine glanzvolle Pracht und Größe gar viele Tage, 180 Tage lang, zur Schau.
5 Als diese Tage zu Ende waren, gab der König auch allem Volk, das sich in der Residenz Susa befand, hoch und niedrig, ein siebentägiges Festmahl im Hof des Gartens, der am königlichen Palast lag.
6 An silbernen Ringen und Marmorsäulen waren mittels Schnüren von Byssus und roten Purpur Behänge von weißer Baumvolle und violettem Purpur befestigt. Auf dem Fußboden, der aus Alabaster, weißem und dunklem Marmor und Perlmuttsteinen war, standen goldene und silberne Ruhelager.
7 Die Getränke wurden in goldenen Gefäßen gereicht; jedes Gefäß war von dem anderen verschieden. Königlicher Wein war dank der Freigebigkeit des Königs in Menge vorhanden.
8 Nach königlicher Anweisung durfte man niemand zum Trinken nötigen. Denn der König hatte allen seinen Hausverwaltern befohlen, jedem seinen freien Willen zu lassen.
Die Königin Waschti weigert sich, zu erscheinen
9 Auch die Königin Waschti gab für die Frauen im Palast des Königs Xerxes ein Festmahl.
10 Am siebten Tag, als er König vom Wein angeheitert war, befahl er den sieben Kämmerern: Mehuman, Biseta, Harbona, Bigta, Abagta, Setar und Karkas, die vor König Xerxes Dienst taten,
11 Königin Waschti mit der königlichen Krone vor den König zu bringen, um den Völkern und den Fürsten ihre Schönheit zu zeigen; denn sie war eine herrliche Erscheinung.
12 Doch Königin Waschti weigerte sich, auf den Befehl des Königs, den ihr die Kämmerer überbrachten, zu erscheinen. Darüber ward der König sehr erbost, und grimmiger Zorn stieg in ihm auf.
Verstoßung der Königin Waschti
13 Der König befragte die Weisen, die in der Geschichte bewandert waren; denn er pflegte alle seine Angelegenheiten den Gesetzes- und Rechtskundigen vorzulegen,
14 die ihm am nächsten standen, und das waren Karschena, Schetar, Admata, Tarschisch, Meres, Marsena und Memuchan, sieben vornehme Perser und Meder, die zum König freien Zutritt und den ersten Rang im Reich hatten.
15 Er fragte sie: "Wie muß man nach dem Gesetz mit der Königin Waschti verfahren, da sie den Befehl des König Xerxes, den ihr die Kämmerer überbrachten, nicht befolgt?"
16 Memuchan antwortete dem König und den Fürsten: "Nicht allein gegen den König hat sich die Königin Waschti verfehlt, sondern auch gegen alle Fürsten und Völker, die in den Provinzen des Königs Xerxes wohnen.
17 Das Verhalten der Königin wird allen Frauen bekannt werden, und sie werden ihre Männer verachten, wenn man erzählt: König Xerxes befahl der Königin Waschti, vor ihm zu erscheinen; aber sie kam nicht.
18 Von diesem Tag an werden die persischen und medischen Fürstinnen, die von dem Benehmen der Königin hören, dies allen Fürsten des Königs vorhalten. So wird der Mißachtung und des Verdrusses kein Ende sein.
19 Wenn es dem König genehm ist, so erlasse er eine unabänderliche königliche Verordnung und lasse sie in das Gesetzbuch der Perser und Meder eintragen: Waschti darf nicht mehr vor dem König Xerxes erscheinen. Ihre Würde als Königin gibt der König einer anderen, die besser ist als sie.
20 Wenn dann diese Verordnung des Königs in seinem ganzen so ausgedehnten Reich bekannt wird, werden alle Frauen, ob hoch oder niedrig, ihren Männern die schuldige Ehre erweisen."
21 Dieser Vorschlag gefiel dem König und den Fürsten, und der König ging auf den Rat Memuchans ein.
22 Er sandte Schreiben an alle königlichen Provinzen, und zwar an jede Provinz in ihrer Schrift und an jedes Volk in seiner Sprache: "Ein jeder Mann soll Herr in seinem Haus sein, welche Sprache er auch redet!"
Kapitel 2: Eine neue Königin soll gewählt werden
1 Als sich später der Zorn von König Xerxes gelegt hatte, dachte er wieder an Waschti, an das, was sie getan hatte und was über sie beschlossen war.
2 Da machten die Kämmerer des Königs, die ihn bedienten, den Vorschlag: Man suche für den König die schönsten Jungfrauen aus.
3 Der König bestelle in allen Provinzen seines Reiches Beamte, die alle schönen Jungfrauen nach der Residenz Susa in das Frauenhaus bringen und der Obhut des königlichen Kämmerers Hegai, des Aufsehers über die Frauen, übergeben sollen. Man gebe ihnen dann die rechten Schönheitsmittel.
4 Die Jungfrau, die dem König gefällt, soll an Waschtis Stelle Königin werden. Der König fand den Vorschlag gut und befolgte ihn.
Ester kommt an den Hof
5 In der Residenz Susa lebte ein Jude mit Namen Mordechai, der Sohn Jaïrs, eines Sohnes Schimis, eines Sohnes des Kisch, aus dem Stamm Benjamin.
6 Mit den Gefangenen aus Jerusalem, die zusammen mit Jojachin, dem König von Juda, durch Nebukadnezzar, den König von Babylon, in die Gefangenschaft geführt worden waren, ward auch er weggeführt.
7 Er war der Pflegevater der Hadassa, die auch Ester hieß, der Tochter seines Onkels; sie hatte nämlich keinen Vater und keine Mutter mehr. Das Mädchen war schön von Gestalt und eine liebliche Erscheinung. Nach dem Tod ihres Vaters und ihrer Mutter hatte Mordechai sie als seine Tochter angenommen.
8 Als der Erlaß des Königs und seine Verordnung bekanntgegeben war und man viele junge Mädchen in die Residenz Susa unter die Aufsicht Hegais brachte, kam auch Ester in den königlichen Palast unter die Obhut Hegais, des Aufsehers über die Frauen.
9 Da das Mädchen ihm gefiel und seine Gunst gewann, war er eifrig auf die wirksamsten Schönheitsmittel und gute Kost für sie bedacht. Auch gab er ihr sieben auserlesene Dienerinnen aus dem königlichen Palast und bevorzugte sie und ihre Dienerinnen im Frauenhaus.
10 Ester aber gab ihr Volk und ihre Herkunft nicht an. Denn Mordechai hatte ihr verboten, etwas davon zu sagen.
11 Mordechai kam Tag für Tag vor den Hof des Frauenhauses, um zu erfahren, wie es um Ester stünde und was aus ihr würde.
Ester wird Königin
12 Nach zwölfmonatigem Verfahren, wie es bei den Frauen Vorschrift war, kam an jedes Mädchen die Reihe, sich zum König Xerxes zu begeben. So lange dauerte ihre Schönheitspflege: sechs Monate die Pflege mit Myrrhenöl und sechs Monate mit Balsam und anderen weiblichen Schönheitsmitteln.
13 Alsdann kam das Mädchen zum König. Alles, was es aus dem Frauenhaus in den königlichen Palast mitzunehmen wünschte, gab man ihm.
14 Am Abend ging es hinein, und am Morgen führte man es in ein anderes Frauenhaus, das unter der Obhut des königlichen Kämmerers Schaaschgas stand, des Vorstehers der Nebenfrauen des Königs. Alsdann kam es nicht mehr zum König, es sei denn, daß der König nach ihm verlangte und es mit Namen rief.
15 Als nun Ester, die Tochter Abihajils, des Onkels Mordechais, der sie als Tochter angenommen hatte, an der Reihe war, sich zum König zu begeben, verlangte sie nichts, als was der königliche Kämmerer Hegai, der Vorsteher der Frauen, bestimmte. Ester gefiel allen, die sie sahen.
16 So ward Ester im zehnten Monat, das ist im Monat Tebet, im siebten Jahr seiner Regierung zu König Xerxes in den königlichen Palast gebracht.
17 Der König gewann Ester lieber als alle anderen Frauen, und sie erwarb sich vor allen übrigen Jungfrauen seine Gunst und Zuneigung. Deshalb setzte er ihr die Königskrone aufs Haupt und erhob sie an Waschtis Statt zur Königin.
18 Sodann gab der König Ester zu Ehren allen seinen Fürsten und Beamten ein großes Festmahl, gewährte den Provinzen Steuererlaß und teilte mit königlicher Freigebigkeit Geschenke aus.
Mordechai entdeckt eine Verschwörung
19 Als abermals Jungfrauen ausgesucht wurden, weilte Mordechai im Tor des königlichen Palastes.
20 Ester aber hatte ihre Abkunft und ihr Volk nicht angegeben, wie Mordechai ihr befohlen hatte. Denn Ester befolgte die Weisungen des Mordechai gerade wie früher, da sie noch als Pflegekind bei ihm war.
21 In jenen Tagen nun, als Mordechai im Tor des königlichen Palastes weilte, gerieten Bigtan und Teresch, zwei königliche Kämmerer aus der Zahl der Torhüter, in Zorn und trachteten König Xerxes nach dem Leben.
22 Mordechai erfuhr es und zeigte es der Königin Ester an. Ester meldete es im Auftrag Mordechais dem König.
23 Als man die Sache untersuchte und als richtig befand, wurden beide am Galgen aufgehängt und das Ereignis in der Chronik für den König verzeichnet.
Kapitel 3: Hamans Feindschaft gegen Mordechai
1 Danach erhob König Xerxes Haman, den Sohn Hammedatas aus Agag, zur höchsten Würde und gab ihm den Rang über alle Fürsten in seiner Umgebung.
2 Alle Beamten des Königs, die sich am königlichen Hof aufhielten, beugten ihre Knie und warfen sich vor Haman nieder; denn so hatte es der König für ihn angeordnet. Nur Mordechai beugte kein Knie und warf sich nicht nieder.
3 Da sagten die Diener am Hof des Königs zu Mordechai: "Warum übertrittst du das Gebot des Königs?"
4 Allein er hörte nicht auf sie, obwohl sie ihm Tag für Tag zuredeten. So meldeten sie es Haman, um zu sehen, ob die Ausrede des Mordechai Geltung habe; denn er hatte ihnen gesagt, er sei ein Jude.
5 Als Haman sah, daß Mordechai seine Knie nicht vor ihm beugte und sich nicht niederwarf, geriet er in Wut.
6 Doch dünkte es ihn zu gering, nur an Mordechai Hand anzulegen; denn man hatte ihm auch die Volkszugehörigkeit des Mordechai mitgeteilt. So trachtete Haman danach, alle Juden im ganzen Reich des Xerxes als Volkgenossen des Mordechai auszurotten.
Der Ausrottungsplan
7 Am ersten Neumond, das ist der Monat Nisan, im zwölften Jahr des Königs Xerxes, wurde in Gegenwart Hamans das Pur, das ist das Los, geworfen über die einzelnen Tage und Monate, und das Los fiel auf den dreizehnten Tag des zwölften Monats, des Monats Adar.
8 Dann sprach Haman zu König Xerxes: "Unter den Völkern in allen Landen deines Reiches wohnt zerstreut und doch wieder abgesondert ein Volk, dessen Gesetze von denen eines jeden anderen Volkes verschieden sind und das die Anordnungen des Königs nicht befolgt. Es ist für den König nicht vorteilhaft, es so gewähren zu lassen.
9 Wenn es dem König genehm ist, gebe man den schriftlichen Befehl, es auszurotten. Dann kann ich den Schatzbeamten 10.000 Talente Silber auswiegen, damit sie sie in die königlichen Schatzkammern überführen."
10 Der König zog seinen Siegelring von der Hand und übergab ihn Haman, dem Sohn Hammedatas aus Agag, dem Feind der Juden.
11 Dabei sprach der König zu Haman: "Das Silber sei dir überlassen, und mit dem Volk verfahre, wie dir gut dünkt."
Der Ausrottungsbefehl
12 Am 13. Tag des ersten Monats wurden die königlichen Schreiber gerufen, und genau nach den Weisungen Hamans erging an die königlichen Satrapen und Statthalter der einzelnen Provinzen und an die Fürsten der einzelnen Völker ein schriftlicher Erlaß, und zwar für jede Provinz in ihrer Schrift und für jedes Volk in seiner Sprache. Der Erlaß war im Namen des Königs Xerxes abgefaßt und mit dem Siegelring des Königs versehen.
13 Die Schreiben wurden dann durch Eilboten in alle Provinzen des Königs versandt. Danach sollten alle Juden, jung und alt, Kinder und Frauen, an einem Tag, am 13. des zwölften Monats, das ist des Monats Adar, ausgerottet, ermordet und umgebracht und ihre Habe geplündert werden.
14 Der Inhalt des Schreibens, das als Gesetz für alle Provinzen gegeben wurde, sollte allen Völkern kundgegeben werden, daß sie auf diesen Tag gerüstet wären.
15 Sobald das Gesetz in der Residenz Susa erlassen war, machten sich die Eilboten auf Befehl des Königs eilends auf den Weg. Der König aber und Haman hielten ein Mahl. In der Stadt Susa indes herrschte große Bestürzung.
Kapitel 4: Abwendung des Unheils durch Esters Vermittlung
Trauer Mordechais und der Juden
1 Als Mordechai von all diesen Vorgängen Kenntnis erhielt, zerriß er sein Gewand, hüllte sich in Sacktuch und Asche, ging so in die Stadt hinein und erhob bittere Wehklage.
2 So kam er bis vor das Tor des königlichen Palastes. In das Tor des Palastes durfte man im Trauergewand nicht treten.
3 Auch in allen Provinzen, wohin nur der Erlaß des Königs und seine Verordnung gelangte, herrschte große Trauer unter den Juden. Sie fasteten, weinten und wehklagten, und viele hüllten sich in Sacktuch und Asche.
Mordechais Auftrag an Ester
4 Als die Dienerinnen und Kämmerer zu Ester kamen und ihr davon Nachricht brachten, wurde die Königin sehr bestürzt. Sie sandte dem Mordechai Kleider, daß er sie anzöge und das Sacktuch ablege. Doch nahm er sie nicht an.
5 Da rief Ester den königlichen Kämmerer Hatach, der ihr zu Diensten stand, und schickte ihn zu Mordechai, um zu erfahren, was das bedeute und warum das geschehe.
6 Hatach ging zu Mordechai hinaus auf den Stadtplatz, der vor dem Tor des königlichen Palastes lag.
7 Mordechai erzählte ihm alles, was geschehen war, und nannte ihm die Geldsumme, die Haman für die Ausrottung der Juden in die königliche Schatzkammer zu liefern versprochen hatte.
8 Auch gab er ihm eine Abschrift des Erlasses, der in Susa betreffs ihrer Vernichtung angeschlagen war, um ihn Ester zu zeigen, ihr Bericht zu erstatten und sie aufzufordern, zum König zu gehen und ihn um die Begnadigung ihres Volkes zu bitten.
9 Hatach kehrte zurück und meldete Ester, was Mordechai gesagt hatte.
10 Ester ließ Mordechai durch Hatach sagen:
11 "Alle Diener des Königs und das Volk der königlichen Provinzen wissen, daß jeder, Mann oder Frau, der, ohne gerufen worden zu sein, den inneren Hof des Königs betritt, nach einem und demselben Gesetz dem Tod verfallen ist, und daß er nur dann am Leben bleibt, wenn ihm der König sein goldenes Zepter entgegenstreckt. Nun bin ich aber seit dreißig Tagen nicht mehr zum König gerufen worden."
12 Als Hatach dem Mordechai Esters Antwort brachte,
13 ließ Mordechai der Ester erwidern: "Glaube ja nicht, daß du allein von allen Juden dein Leben retten wirst, weil du im Palast des Königs bist.
14 Denn wenn du dich jetzt in Schweigen hüllst, wird den Juden von anderer Seite Hilfe und Rettung kommen. Du aber wirst samt deinem Haus umkommen. Wer weiß, ob du nicht gerade deshalb in dieser Zeit Königin geworden bist?"
15 Da ließ Ester dem Mordechai melden:
16 "Geh hin, versammele alle Juden von Susa und fastet für mich, indem ihr drei Tage und drei Nächte nichts eßt und trinkt. Auch ich will mit meinen Dienerinnen fasten. Dann will ich zum König gehen, obwohl es gegen das Gesetz verstößt. Wenn ich deswegen sterben muß, so sterbe ich eben."
17 Mordechai ging weg und tat alles, was Ester ihm aufgetragen hatte.
Kapitel 5: Esters Gastmahl
1 Am dritten Tag legte Ester ihre königlichen Gewänder an und begab sich in den inneren Hof des königlichen Palastes, dem königlichen Palast gegenüber. Der König saß gerade auf seinem Thron im königlichen Palast, dem Eingang gegenüber.
2 Als der König die Königin Ester im Hof sah, fand sie Gnade vor ihm Der König streckte das goldene Zepter, das er in seiner Hand hielt, ihr entgegen. Ester trat hinzu und berührte die Spitze des Zepters.
3 Dann sprach der König zu ihr: "Was hast du, Königin Ester? Was ist dein Begehr? Wäre es die Hälfte meines Reiches, sie sei dir gewährt!"
4 Ester erwiderte: "Wenn es dem König genehm ist, so komme der König heute mit Haman zu dem Mahl, das ich für ihn bereitet habe."
5 Der König befahl: "Holt schnell Haman, damit Esters Wunsch erfüllt wird!" So kamen der König und Haman zu dem Mahl, das Ester bereitet hatte.
6 Beim Weingelage sprach der König zu Ester: "Was ist deine Bitte? Sie sei dir gewährt! Was ist dein Begehr? Wäre es auch die Hälfte meines Reiches, sie sei dir bewilligt!"
7 Ester erwiderte: "Meine Bitte und mein Begehr ist:
8 Wenn ich in den Augen des Königs Gnade gefunden habe, und wenn es dem König beliebt, meine Bitte zu gewähren und meinen Wunsch zu erfüllen, so komme der König wieder mit Haman zu dem Mahl, das ich ihm bereiten werde. Morgen will ich dann des Königs Wunsch erfüllen."
Haman will Mordechai hängen lassen
9 An jenem Tag ging Haman froh und guten Mutes von dannen. Als aber Haman den Mordechai im Tor des königlichen Palastes erblickte und er vor ihm nicht aufstand und ihn nicht beachtete, ward Haman über Mordechai erbittert.
10 Doch hielt Haman noch an sich, bis er nach Haus kam. Da ließ er seine Freunde und seine Frau Seresch zu sich kommen.
11 Und Haman erzählte ihnen von seinen großen Reichtümern, von seinen vielen Söhnen und wie hoch ihn der König geehrt und über die Fürsten und königlichen Diener erhoben hätte.
12 Haman fuhr fort: "Sogar die Königin Ester hat außer dem König niemand als mich zu dem Mahl gebeten, das sie veranstaltet hat. Auch für morgen bin ich wieder mit dem König von ihr eingeladen.
13 Aber das alles ist für mich wertlos, solange ich noch den Juden Mordechai im Tor des königlichen Palastes weilen sehe."
14 Da sprachen seine Frau Seresch und alle seine Freunde zu ihm: "Laß einen fünfzig Ellen hohen Galgen errichten und rede morgen früh mit dem König, daß man Mordechai darauf aufhängt. Dann kannst du fröhlich mit dem König zum Mahl gehen." Der Vorschlag gefiel Haman, und er ließ einen Galgen errichten.
Kapitel 6: Mordechais Ehrung
1 In jener Nacht konnte der König nicht schlafen. Daher ließ er sich das Buch mit den geschichtlichen Denkwürdigkeiten bringen. Man las sie dem König vor.
2 Da fand sich aufgezeichnet, wie Mordechai den Anschlag der beiden Kämmerer aus der Zahl der Torhüter, Bigtan und Teresch, die König Xerxes ums Leben bringen wollten, angezeigt hatte.
3 Der König fragte: "Welche Ehre und Auszeichnung hat Mordechai dafür erhalten?" Die Diener des Königs, die den Dienst bei ihm hatten antworteten: "Er hat nichts erhalten."
4 Da fragte der König: "Wer ist im Vorhof?" Haman war gerade in den äußeren Hof des königlichen Palastes getreten, um dem König vorzuschlagen, man solle Mordechai an den Galgen hängen, den er für ihn hatte aufrichten lassen.
5 Die Diener des Königs antworteten ihm: "Haman steht im Vorhof." – "Er soll hereinkommen", sprach der König.
6 Haman trat herein, und der König fragte ihn: "Was kann man dem Mann tun, den der König besonders ehren möchte?" Haman dachte bei sich: Wen anders wird der König besonders ehren wollen als mich?
7 So antwortete Haman dem König: "Wenn der König jemand ehren will,
8 bringe man ein königliches Gewand herbei, das der König schon getragen, und ein Pferd, auf dem der König schon geritten hat und auf dessen Kopf eine Königskrone angebracht ist.
9 Man übergebe dann das Gewand samt dem Pferd einem der vornehmsten Fürsten des Königs und ziehe es dem Mann an, den der König ehren will, und lasse ihn auf dem Pferd über den Stadtplatz reiten und vor ihm her ausrufen: Das wird dem Mann zuteil, den der König ehren will."
10 Da sprach der König zu Haman: "Hole eilends das Gewand und das Pferd, so wie du gesagt hast, und tue so mit dem Juden Mordechai, der im Tor des königlichen Palastes weilt! Unterlaß nichts von all dem, was du vorgeschlagen hast!"
11 Haman holte das Gewand und das Pferd, bekleidete Mordechai damit, ließ ihn über den Stadtplatz reiten und vor ihm ausrufen: "Das wird dem Mann zuteil, den der König ehren will."
12 Mordechai kehrte hierauf an das Tor des königlichen Palastes zurück. Haman aber eilte traurig und mit verhülltem Haupt nach Hause
13 und erzählte seiner Frau Seresch und allen seinen Freunden, was ihm begegnet war. Da sprachen seine Ratgeber und seine Frau Seresch zu ihm: "Wenn Mordechai, vor dem du zu fallen begonnen hast, vom Geschlecht der Juden ist, wirst du gegen ihn nichts vermögen, sondern von ihm gestürzt werden."
14 Während sie noch mit ihm redeten, kamen schon die Kämmerer des Königs und führten Haman eilends zu dem Mahl, das Ester hergerichtet hatte.
Kapitel 7: Hamans Sturz
1 Als der König mit Haman zum Mahl bei der Königin Ester erschien,
2 sagte der König auch am zweiten Tag beim Weingelage zu Ester: "Was ist deine Bitte, Königin Ester? Sie sei dir gewährt! Was ist dein Begehr? Wäre es auch die Hälfte meines Reiches, es soll erfüllt werden!"
3 Da antwortete die Königin Ester: "Wenn ich in deinen Augen Gnade gefunden haben, o König, und wenn es dem König genehm ist, so schenke er mir mein Leben, um das ich bitte, und mein Volk, für das ich flehe.
4 Denn wir sind verkauft, ich und mein Volk, um ausgerottet, ermordet und umgebracht zu werden. Sollten wir nur als Sklaven und Sklavinnen verkauft werden, hätte ich geschwiegen; denn der Feind wiegt nimmer den Schaden auf, der dem König dadurch entsteht."
5 König Xerxes fragte die Königin Ester: "Wer ist es? Wo ist der, der eine solche Tat plant?" Ester antwortete:
6 "Der Feind und Widersacher ist dieser schlimme Haman da."
7 Voll Zorn erhob sich der König vom Weingelage und ging in den Garten des Palastes. Haman blieb zurück und bat die Königin Ester um sein Leben; denn er sah, daß der König Schlimmes mit ihm vorhatte.
8 Als der König aus dem Garten des Palastes in den Saal zum Weingelage zurückkam, hatte sich Haman vor das Polster niedergeworfen, auf dem Ester lag. Der König rief aus: "Will er gar der Königin in meinem eigenen Haus Gewalt antun?" Kaum war das Wort dem königlichen Mund entflohen, verhüllte man schon Hamans Gesicht.
9 Harbona, einer der Kämmerer, die im Dienst des Königs standen, sprach: "Beim Haus Hamans steht ein Galgen, fünfzig Ellen hoch. Haman hat ihn für Mordechai errichten lassen, der doch zum Besten des Königs geredet hat." Der König befahl: "Hängt ihn daran auf!"
10 So hängte man Haman an dem Galgen auf, den er für Mordechai hatte errichten lassen. Dann legte sich der Zorn des Königs.
Kapitel 8:
1 An jenem Tag schenkte König Xerxes der Königin Ester das Haus Hamans, des Widersachers der Juden, und Mordechai erhielt Zutritt zum König; denn Ester hatte dem König mitgeteilt, in welchem Verhältnis er zu ihr stand.
2 Der König zog den Siegelring ab, den er Haman hatte abnehmen lassen, und gab ihn Mordechai. Ester aber setzte den Mordechai über das Haus Hamans.
Erlaß zum Schutz der Juden
3 Ester sprach nochmals mit dem König, warf sich ihm zu Füßen und bat ihn unter Tränen, er möge den ruchlosen Anschlag vereiteln, den Haman aus Agag wider die Juden ersonnen hatte.
4 Der König streckte Ester das golden Zepter entgegen. Ester erhob sich, trat vor den König und sprach:
5 "Wenn es dem König genehm ist, wenn ich vor ihm Gnade gefunden habe, wenn mein Bitte dem König angemessen dünkt und ich seine Zuneigung habe, lasse er durch einen schriftlichen Befehl die Schreiben mit dem Anschlag Hamans, des Sohnes Hammedatas, aus Agag, zurücknehmen, in denen er die Ausrottung der Juden in allen königlichen Provinzen angeordnet hat.
6 Denn wie könnte ich das Unheil mitansehen, das mein Volk treffen soll? Wie könnte ich ruhig dem Untergang meines Geschlechtes zusehen?"
7 Da antwortete König Xerxes: "Seht, ich habe Hamans Haus der Ester geschenkt und ihn selber an den Galgen hängen lassen, weil er seine Hand gegen die Juden ausstreckte.
8 Ihr mögt nun nach Belieben im Namen des Königs zugunsten der Juden Verordnungen erlassen und sie mit dem königlichen Siegelring versiegeln. Ein Schreiben, das im Namen des Königs erlassen und mit seinem Siegelring versiegelt ist, darf nicht zurückgenommen werden."
9 Am 23. Tag des dritten Monats, das ist im Monat Siwan, wurden also die königlichen Schreiber gerufen, und man setzte genau nach der Anweisung des Mordechai einen schriftlichen Befehl auf an die Juden, an die Satrapen, Statthalter und Fürsten der 127 Provinzen von Indien bis Äthiopien, für jede Provinz in ihrer Schrift und für jedes Volk in seiner Sprache, auch an die Juden in ihrer Schrift und Sprache.
10 Die schriftlichen Befehle wurden im Namen von König Xerxes ausgefertigt, mit dem Siegelring des Königs versiegelt und die Schreiben dann durch berittene Eilboten versandt, die auf Rennpferden aus den Gestüten ritten.
11 Danach gestattete der König den Juden in allen Städten, sich zusammenzuscharen und ihr Leben zu verteidigen, jede Mannschaft der Völker und Provinzen, die sie angreifen würde, mit Frauen und Kindern zu vertilgen, zu töten und zu vernichten und ihre Habe zu plündern.
12 Das sollte in allen Provinzen des Königs Xerxes an einem Tag, am 13. Tag des zwölften Monats, das ist im Monat Adar, geschehen.
13 Eine Abschrift des Erlasses sollte als Gesetz in allen Provinzen öffentlich allen Volksstämmen bekanntgegeben werden. Die Juden sollten dann an jenem Tag bereit sein, sich an ihren Feinden zu rächen.
14 Sobald das Gesetz in der Residenz Susa erlassen war, ritten die Eilboten auf Rennpferden mit dem Befehl des Königs eiligst aus.
Die Freude der Juden
15 Mordechai trat aus dem Palast des Königs in königlicher Kleidung von purpurblauer und weißer Farbe, mit einer großen goldenen Krone auf dem Haupt und einem Mantel von Byssus und Purpur. Die Stadt Susa jubelte und freute sich.
16 Den Juden war nun Glück, Freude, Wonne und Ehre zuteil geworden.
17 In alle Provinzen und in allen Städten, wohin immer der Erlaß des Königs und seine Verordnung gelangten, gab es bei den Juden Freude und Jubel, Gastmahle und Festlichkeiten. Viele von der heidnischen Bevölkerung des Landes gaben sich als Juden aus; denn sie fürchteten sich vor den Juden.
Kapitel 9: Der Sieg der Juden
1 Im zwölften Monat, das ist im Monat Adar, am 13. Tag, an dem der Erlaß des Königs und seine Verordnung ausgeführt werden sollten und die Feinde der Juden sie zu überwältigen gehofft hatten, wandte sich das Blatt, und die Juden überwanden ihre Feinde.
2 In allen Provinzen des Königs Xerxes scharten sich die Juden in ihren Städten zusammen, um Hand an die zu legen, die ihnen Unheil zuzufügen trachteten. Niemand konnte ihnen widerstehen; denn alle Völker fürchteten sich vor ihnen.
3 Alle Fürsten in den Provinzen, die Satrapen, Statthalter und Beamten des Königs unterstützen die Juden, weil sie sich vor Mordechai fürchteten.
4 Denn Mordechai war hochangesehen am Hof des Königs. Sein Ruf verbreitete sich durch alle Provinzen; denn er wurde immer mächtiger.
5 So schlugen die Juden ihre Feinde mit dem Schwert, ermordeten und vernichteten sie und verfuhren mit ihren Widersachern nach Gutdünken.
6 In der Residenz Susa töteten und vernichteten die Juden 500 Mann,
7 auch Parschandata, Dalfon, Aspata,
8 Porata, Adalja, Aridata,
9 Parmaschta, Arisai, Aridai und Wajesata,
10 die zehn Söhne des Widersachers der Juden, Hamans, des Sohnes Hammedatas, töteten sie. Doch nach der Beute streckten sie ihre Hand nicht aus.
11 Noch an demselben Tag wurde dem König die Zahl der in der Hauptstadt Susa Ermordeten gemeldet.
12 Da sprach der König zur Königin Ester: "In der Residenz Susa sind 500 Mann getötet und ums Leben gebracht worden, auch die zehn Söhne Hamans. Wie mögen sie da erst in den anderen Provinzen des Reiches vorgegangen sein! Was ist nun deine Bitte? Sie soll dir gewährt werden. Was verlangst du weiter? Es soll geschehen!" Ester antwortete:
13 "Wenn es dem König genehm ist, dann sei es den Juden in Susa gestattet, auch morgen ganz wie heute zu verfahren. Die zehn Söhne Hamans aber möge man an den Galgen hängen."
14 Der König gestattete, daß das geschehe. Für Susa ward ein Erlaß gegeben, und die zehn Söhne Hamans wurden aufgehängt.
15 So scharten sich denn die Juden in Susa auch am 14. Tag des Monats Adar zusammen und töteten zu Susa 300 Mann. Doch nach der Beute streckten sie ihre Hand nicht aus.
Das Freudenfest
16 Die anderen Juden, die in den Provinzen des Reiches wohnten, hatten sich ebenfalls zusammengeschart, um ihr Leben zu verteidigen. Sie nahmen Rache an ihren Feinden und töteten von ihren Widersachern 75.000. Doch nach der Beute streckten sie ihre Hand nicht aus.
17 Dies geschah am 13. Tag des Monats Adar. Am 14. ruhten sie aus und machten ihn zu einem Tag der Schmauserei und der Freude.
18 Die Juden in Susa hatten sich sowohl am 13. als auch am 14. Tag zusammengeschart, ruhten am 15. Tag aus und machten diesen zu einem Tag der Schmauserei und der Freude.
19 So machten denn die Juden auf dem Land, die in den Ortschaften des offenen Landes wohnten, den 14. des Monats Adar zu einem Tag der Freude und der Schmauserei, an dem sie sich gegenseitig Leckerspeisen zusandten.
Mordechais Purimverordnung
20 Mordechai schrieb diese Begebenheiten auf und sandte Briefe an alle Juden in sämtlichen Provinzen des König Xerxes, den nahen und den fernen,
21 um es ihnen für immer zur Pflicht zu machen, den 14. und 15. Tag des Monats Adar alljährlich zu feiern
22 als die Tage, an denen die Juden sich an ihren Feinden gerächt hatten, und als den Monat, der ihren Kummer in Freude, ihre Trauer in einen Festtag verwandelt hatte. Sie sollten diese Tage feiern als Tage der Schmauserei und der Freude, an denen sie sich gegenseitig Leckerspeisen senden und die Armen beschenken.
23 So machten die Juden das, was sie damals zum erstenmal gefeiert hatten, nach der Weisung Mordechais zu einem feststehenden Brauch.
24 Haman, der Sohn Hammedatas aus Agag, der Feind aller Juden, hatte die Ausrottung der Juden geplant und das 'Pur', das ist das Los werfen lassen, um sie zu töten und zu vernichten.
25 Als aber die Sache vor den König kam, gab dieser den schriftlichen Befehl, der boshafte Anschlag, den Haman gegen die Juden ersonnen hatte, solle auf sein eigenes Haupt zurückfallen, und man solle ihn und seine Söhne an den Galgen hängen.
26 Deshalb nannte man diesen Tag 'Purim' nach dem Wort 'Pur'. Nach dem Inhalt obigen Schreibens und nach dem, was sie selbst gesehen und erlebt hatten,
27 machten es die Juden für sich, für ihre Nachkommen und für alle, die sich ihnen anschließen würden, zum festen und unabänderlichen Brauch, daß diese beiden Tage in der vorgeschriebenen Weise und zu der bestimmten Zeit jedes Jahr zu feiern seien,
28 und daß diese Tag im Andenken behalten und zu allen Zeiten, von allen Geschlechtern, in allen Provinzen und Städten feierlich begangen werden sollen. So sollten diese Purimtage nie bei den Juden schwinden, und die Erinnerung daran bei ihren Nachkommen nie erlöschen.
Esters Purimerlaß
29 Neben dem von Mordechai erging auch von der Königin Ester, der Tochter Abihajils, ein zweiter Erlaß, durch den die Feier des Purimfestes mit allem Nachdruck bestätigt wurde.
30 Man sandte Schreiben an alle Juden der 127 Provinzen des Königreichs des Xerxes mit den besten Friedenswünschen.
31 Danach sollten diese Purimtage zu der Zeit gefeiert werden, die der Jude Mordechai und die Königin Ester festgesetzt hatten. Ebenso sollen die Vorschriften des Fastens und Weinens beobachtet werden, die sie für sich und ihre Nachkommen übernommen hatten.
32 Esters Erlaß machte diese Purimvorschriften zum Gesetz, und sie wurden in einer Urkunde aufgezeichnet.
Kapitel 10: Mordechais Erhöhung
1 König Xerxes legte dem Festland und den Inseln eine Steuer auf.
2 Alle Erweise seiner gewaltigen Macht und die genaue Beschreibung der hohen Stellung, zu der der König den Mordechai erhob, sind in der Chronik der Könige von Medien und Persien aufgezeichnet.
3 Denn der Jude Mordechai hatte den ersten Rang nach König Xerxes. Er stand bei den Juden in hohem Ansehen und war bei seinen zahlreichen Landsleuten beliebt. Denn er suchte das Wohl seines Volkes und trat für die Sache seines ganzen Geschlechtes ein.
Nachträge
Mordechais Traumdeutung
4 Mordechai sprach: "Von Gott ist das geschehen.
5 Ich erinnere mich eines Traumgesichtes, das ich über diese Dinge schaute. Nichts davon blieb unerfüllt.
6 Die kleine Quelle, die zum Strom anschwoll, in Sonnenlicht sich wandelte und in ein großes Wasser sich ergoß, ist Ester, die der König zur Gemahlin nahm und zur Königin machten.
7 Die zwei Drachen, das bin ich und Haman.
8 Die Völker, die zusammenkamen, sind die, die den Namen der Juden zu vertilgen trachteten.
9 Mein Volk ist Israel, das zu Gott rief und gerettet wurde. Der Herr hat sein Volk errettet, von allen Übeln uns erlöst und große Zeichen und Wunder getan, wie sie unter den Heidenvölkern nie geschehen sind.
10 Deshalb machte er zwei Lose, das eine für das Volk Gottes, das andere für alle anderen Völker.
11 Beide Lose kamen heraus zu der Stunde, der Zeit und dem Tag, den Gott für all die Völker festgesetzt hatte.
12 Gott gedachte seines Volkes und schaffte Recht seinem Erbe.
13 Diese Tage im Monat Adar, der 14. und 15. dieses Monats, sollen in der Gemeinde des versammelten Volkes mit allem Eifer und mit Freuden gefeiert werden durch alle Geschlechter des Volkes Israel."
Kapitel 11: Das Buch Ester wird nach Ägypten gebracht
1 Im vierten Jahr der Regierung des Ptolemäus und der Kleopatra brachten Dositheus, der sich für einen Priester aus dem Stamm Levi ausgab, und sein Sohn Ptolemäus den vorliegenden Purimbericht. Sie erklärten, das sei er, und Lysimachus, des Ptolemäus Sohn aus Jerusalem, habe ihn übersetzt.
Der Traum des Mordechai
2 Im zweiten Jahr der Regierung des Großkönigs Artaxerxes, am ersten Nisan, hatte Mordechai, der Sohn Jaïrs, des Sohnes Schimis, des Sohnes des Kisch, ein Traumgesicht.
3 Er war ein Jude aus dem Stamm Benjamin, der in der Stadt Susa wohnte, ein angesehener Mann und einer der ersten Beamten am königlichen Hof.
4 Er gehörte zu den Gefangenen, die Nebukadnezzar, der König von Babel, zusammen mit Jojachin, dem König von Juda, aus Jerusalem weggeführt hatte.
5 Dies war sein Traumgesicht: Lautes Rufen und Lärmen, Donner und Erdbeben ließen sich vernehmen, und große Verwirrung war auf Erden.
6 Alsbald stellten sich zwei große Drachen kampfbereit gegenüber.
7 Auf ihr Geschrei wurden alle Völker aufgereizt, wider das Volk der Gerechten zu streiten.
8 Da kam ein finsterer Tag, voller Gefahr, Angst und Drangsal und gewaltiger Bestürzung für die Erde.
9 Das Volk der Gerechten geriet in Verwirrung. Es fürchtete Unheil für sich und bereitete sich auf den Tod vor.
10 Es rief zu Gott, und auf sein Flehen schwoll eine kleine Quelle zu einem mächtigen Strom an mit gewaltigen Wassermengen.
11 Licht und Sonne erschienen wieder. Die Niedrigen wurden erhöht und vernichteten die Angesehenen. –
12 Als Mordechai dies geschaut hatte und erwachte, dachte er darüber nach, was Gott wohl vorhabe. Beständig lag es ihm im Sinn, und gern hätte er noch im Verlauf der Nacht völlige Klarheit gehabt.
Kapitel 12: Mordechai entdeckt eine Verschwörung
1 Mordechai schlief im Palast mit Bigtan und Teresch zusammen, den zwei Kämmerern des Königs, die den Palast zu bewachen hatten.
2 So vernahm er ihre Pläne, forschte ihrem Vorhaben nach und erfuhr, daß sie einen Anschlag gegen König Artaxerxes planten. Das zeigte er dem König an.
3 Der König verhörte die beiden Kämmerer, und da sie geständig waren, wurden sie hingerichtet.
4 Der König ließ den Vorfall zur Erinnerung aufschreiben, und auch Mordechai schrieb einen Bericht darüber.
5 Dann übertrug der König dem Mordechai den Dienst im Palast und beschenkte ihn für seine Tat.
6 Doch Haman, der Sohn Hammedatas, der Bugäer, der beim König in hohem Ansehen stand, ging darauf aus, Mordechai und sein Volk ins Verderben zu stürzen aus Rache für die beiden königlichen Kämmerer, die hingerichtet worden waren.
Kapitel 13: Erlaß des Königs zur Ausrottung der Juden
1 Der Wortlaut des Schreibens war folgender: "Der Großkönig Artaxerxes schreibt an die Statthalter und die ihnen untergebenen Landpfleger der 127 Provinzen von Indien bis Äthiopien:
2 Als Herrscher über viele Völker und Herr der ganzen Welt will ich mich nicht in stolzem Machtgefühl überheben, sondern bestrebt sein, milde und sanft zu regieren, das Leben meiner Untertanen allezeit vor Unruhen zu sichern, dem Reich bis an die Grenzen gangbare und bequeme Straßen zu geben und ihm den von jedermann ersehnten Frieden wiederherzustellen.
3 Als ich meine Räte befragte, wie dies zu erreichen sei, hat Haman, der der nächste nach dem König ist und sich durch Besonnenheit, unwandelbare Ergebenheit, Zuverlässigkeit und Treue auszeichnet,
4 uns vorgetragen: 'Unter allen Völkerstämmen der Erde lebt ein Volk von feindseliger Gesinnung. Es stellt sich durch seine Gesetz zu allen andere Völkern in Gegensatz und übertritt beständig die Verordnungen der Könige, so daß die von uns tadellos geleitete Regierung des Reiches nicht zur Ruhe kommen kann.'
5 Wir zogen nun in Betracht, daß allein dieses Volk allezeit gegen jedermann eine feindselige Stellung einnimmt, nach fremden Gesetzen lebt, sich unseren Verordnungen widersetzt, die schlimmsten Übeltaten verübt und das Wohlergehen des Reiches verhindert.
6 Deshalb verordnen wir: Alle, die euch Haman, der Leiter der Reichsangelegenheiten und unser zweiter Vater, schriftlich bezeichnet, sollen mit Weib und Kind am 14. Tag des zwölften Monats Adar in diesem Jahr durch ihrer Feinde Schwert ohne Gnade und Erbarmen gänzlich ausgerottet werden.
7 So sollen die seit langem und bis jetzt feindlich gesinnten Menschen an einem Tag gewaltsam in die Unterwelt hinabfahren und die Reichsangelegenheiten in Zukunft immerfort in guter Ordnung und ohne Störung bleiben." –
Mordechais Gebet
8 In Erinnerung an alle Werke des Herrn betete Mordechai:
9 "Herr, Herr, allmächtiger König, in deiner Macht steht das All, und niemand vermag dir zu widerstehen, wenn du Israel retten willst.
10 Du hast Himmel und Erde erschaffen und all das Wunderbare unter dem Himmel.
11 Du bist der Herr über alles, und niemand kann deiner Majestät widerstehen.
12 Dir ist alles bekannt. Du weißt, Herr, nicht aus Hochmut, nicht aus Überhebung oder Ehrgeiz wollte ich mich vor dem hochmütigen Haman nicht niederwerfen.
13 Denn gern hätte ich seine Fußstapfen geküßt, wenn es Israel zur Rettung gedient hätte.
14 Vielmehr wollte ich nicht die Ehre, die Gott gebührt, auf einen Menschen übertragen. Niemand will ich anbeten als dich, meinen Herrn. Ich handle aber so nicht aus Überhebung.
15 Und nun, Herr, mein Gott und König, du Gott Abrahams, erbarme dich deines Volkes! Denn sie lauern uns auf, um uns zu verderben; sie trachten danach, dein uraltes Erbe zu vernichten.
16 Verschmähe nicht dieses dein Eigentum, das du dir aus Ägypten errettet hast!
17 Erhöre mein Gebet, sei gnädig deinem Erbteil und wandle unsere Trauer in Freude um, daß wir am Leben bleiben und deinen Namen preisen, Herr! Laß den Mund derer, die dir lobsingen, nicht verstummen!"
18 Auch alle Israeliten flehten aus allen Kräften; denn sie hatten den sicheren Tod vor Augen.
Kapitel 14: Esters Gebet
1 Auch König Ester nahm in ihrer Todesangst ihre Zuflucht zum Herrn.
2 Sie legte ihre Prachtgewänder ab und zog das Gewand der Betrübnis und der Trauer an. Statt der Wohlgerüche streute sie Asche und Staub auf ihr Haupt, kasteite ihren Leib und bedeckte alle Stellen, die sie sonst freudig schmückte, mit ihrem aufgelösten Haar.
3 Dann betete sie zum Herrn, dem Gott Israels: "Mein Herr, du allein bist unser König. Hilf mir, der Verlassenen, die keinen anderen Helfer hat als dich allein!
4 Und doch ist die Gefahr für mich so nahe.
5 Von meiner Kindheit an hörte ich im Kreis meiner Familie, daß du, Herr, Israel vor allen Völkern auserwählt und unsere Väter von allen ihren Vorfahren zum ewigen Eigentum angenommen und an ihnen alle deine Verheißungen erfüllt hast.
6 Jetzt aber haben wir vor dir gesündigt, und du hast uns der Gewalt unserer Feind preisgegeben,
7 weil wir ihre Götter verehrten. Herr, du bist gerecht!
8 Aber nun ist ihnen unsere harte Knechtschaft nicht genug: in die Hände ihren Götzen haben sie geschworen,
9 deine Verheißungen zu vereiteln, dein Erbe zu vernichten, denen den Mund zu schließen, die dich lobpreisen, und den Glanz deines Tempels und deines Altares auszulöschen,
10 dagegen den Heiden den Mund zum Preis ihrer nichtigen Götzen zu öffnen und einen irdischen König auf ewig zu feiern.
11 Überlasse, Herr, dein Zepter nicht den nichtigen Götzen und laß die Heiden nicht spotten über unseren Untergang! Kehre ihren Anschlag gegen sie selbst und gib den der Schmach preis, der so gegen uns ist!
12 Gedenke unser, o Herr, und zeige dich uns zur Zeit unserer Trübsal! Gib mir Mut, Herr, König über die Götter und Herrscher über alle Gewalten!
13 Leg mir das rechte Wort in den Mund vor dem Löwen und stimme sein Herz um zum Haß gegen unseren Feind, daß er und sein ganzer Anhang zugrunde gehe!
14 Uns aber errette durch deine Hand und hilf mir, der Verlassenen, die niemand hat als dich, o Herr.
15 Du weißt alles. Du weißt auch, daß ich den Glanz der Gottlosen hasse und das Lager der Unbeschnittenen und aller Fremden verabscheue.
16 Du kennst meinen Zwang. Du weißt, daß es mir ein Greuel ist, wenn ich öffentlich das Zeichen meiner Hoheit tragen muß. Ich verabscheue es wie ein unreines Tuch und trage es nicht, wenn ich für mich allein bin.
17 Deine Magd aß nie am Tisch Hamans mit, noch half sie, ein Trinkgelage des Königs zu verherrlichen, noch trank sie Wein vom Trankopfer.
18 Seitdem deine Magd hierher gebracht wurde bis heute, freute sie sich nur in dir, Herr, Gott Abrahams.
19 Gott, der du an Stärke alle überragst, erhöre das Flehen der Hoffnungslosen, rette uns aus der Hand der Gottlosen und befreie mich von meiner Angst!"
Kapitel 15: Esters Gang zum König
1 Am dritten Tag hörte Ester zu beten auf, legte ihr Trauerkleid ab und zog ihre Prachtgewänder an.
2 Nachdem sie sich herrlich geschmückt und den allsehenden Gott und Retter angerufen hatte, nahm sie zwei Dienrinnen mit.
3 Auf die eine stützte sie sich als eine vornehme Frau.
4 Die andere folgte ihr und trug ihr die Schleppe nach.
5 Sie strahlte im vollen Glanz ihrer Schönheit. Ihr Antlitz war heiter und liebenswürdig. Aber ihr Herz war beklommen vor Angst.
6 So durchschritt sie alle Türen und blieb dann dem König gegenüber stehen. Er saß auf seinem königliche Thron, war mit seiner ganzen Prachtgewandung angetan und strahlte von Gold und Edelsteinen. Sein Anblick erregte Schrecken.
7 Als er sein Gesicht erhob und durch die funkelnden Augen seine innere Wut zu erkennen gab, sank die Königin ohnmächtig zusammen, wechselte ihre Farbe und ließ ihr Haupt auf die Dienerin sinken, die vor ihr herging.
8 Gott wandte das Herz des Königs zur Sanftmut. Besorgt sprang er vom Thron auf, nahm sie in seine Arme, bis sie wieder zu sich kam, und redete ihr freundlich zu:
9 "Was hast du, Ester? Ich bin dein Bruder. Sei guten Mutes!
10 Du sollst nicht sterben! Was wir geboten, gilt nur für die Allgemeinheit.
11 So tritt herzu!"
12 Und er erhob den goldenen Stab, legte ihn auf ihren Nacken, küßte sie und sprach: "Nun rede mit mir!"
13 Sie sprach zu ihm: "Du erschienst mir, Herr, wie ein Engel Gottes, und mein Herz erschrak aus Furcht vor deiner Herrlichkeit
14 Du bist ja wunderbar, Herr. Dein Antlitz ist voll Anmut."
15 Während sie so redete, sank sie aufs neue ohnmächtig zusammen.
16 Der König war sehr bestürzt, und seine ganze Dienerschaft sprach ihr zu.
Kapitel 16: Der Erlaß zugunsten der Juden
1 Das Schreiben lautete: "Der Großkönig Artaxerxes entbietet den Statthaltern in den 127 Provinzen von Indien bis Äthiopien sowie unseren anderen Beamten seinen Gruß.
2 Viele, die durch übergroße Güte ihrer Wohltäter ausgezeichnet werden, wollen noch höher hinaus.
3 Sie suchen nicht nur unseren Untertanen zu schaden, sondern können das Übermaß ihres Glückes so wenig ertragen, daß sie auch gegen ihre eigenen Wohltäter Ränke schmieden.
4 Sie möchten nicht nur die Dankbarkeit aus den Menschen verbannen, sondern überheben sich auch in prahlerischer Weise, als hätten sie nie Wohltaten empfangen. Dabei glauben sie, dem Gericht des allsehenden Gottes, der das Böse haßt, entfliehen zu können.
5 Oft schon haben mit Staatsgeschäften betraute Beamte durch ihre Überredungskunst die Machthaber zu Mitschuldigen am Blut Unschuldiger gemacht und sie in unheilbares Unglück verwickelt.
6 Das gelingt ihnen durch Lügen und Ränke, mit denen sie gutgesinnte und rechtwollende Herrscher hintergehen.
7 Das läßt sich nicht so sehr aus der alten, uns überlieferten Geschichte ersehen, als vielmehr aus dem, was sich vor unseren Augen abspielt. Wie viele Freveltaten werden nicht durch die Schlechtigkeit der Regierungsbeamten begangen!
8 Darum ist für die Folgezeit darauf zu achten, daß wir allen Völkern im Reich ungestörte Sicherheit verschaffen.
9 Wir dürfen Verleumdungen kein Gehör geben, sondern müssen das, was uns vor die Augen kommt, untersuchen und nach Billigkeit entscheiden.
10 So ward Haman, der Sohn Hammedatas, ein Mazedonier, obwohl er dem persischem Blut und unserer Güte fern stand, von uns gastlich aufgenommen.
11 Er erfuhr die Menschenliebe, die wir gegen alle Völker hegen, in solchem Maße, daß er 'Vater' genannt und von allen als der nächste nach dem König verehrt wurde.
12 Doch wußte er seinen Hochmut nicht niederzuhalten und trachtete danach, uns der Herrschaft und des Lebens zu berauben.
13 Mit arglistigen Vorspiegelungen forderte er den Tod unseres Retters und beständigen Wohltäters Mordechai und der tadellosen Mitinhaberin des Königsthrones Ester und ihres ganzen Volkes.
14 Durch solche Ränke hoffte er uns ohne Stütze zu finden und dann die Oberherrschaft über die Perser auf die Mazedonier übertragen zu können.
15 Wir aber finden, daß die Juden, die von diesem Erzschurken zur Ausrottung bestimmt waren, keine Verbrecher sind, sondern, daß sie nach durchaus gerechten Gesetzen als ruhige Bürger leben,
16 als Kinder des höchsten, größten und lebendigen Gottes, der uns und unseren Vorfahren das Reich in schönster Verfassung erhalten hat.
17 Darum tut ihr wohl daran, wenn ihr euch nicht nach dem Schreiben richtet, das Haman, der Sohn Hammedatas, ausgesandt hat.
18 Sein Urheber wurde mit seiner ganzen Familie vor Susas Toren aufgehängt. Der allwaltende Gott hat ihn schnell der verdienten Strafe unterzogen.
19 Eine Abschrift dieses Briefes sollt ihr aber an allen Orten öffentlich anschlagen, daß man die Juden nach ihren eigenen Gesetzen leben läßt.
20 Ihr sollt ihnen behilflich sein, damit sie sich jener, die sich zu ihrer Ausrottung gerüstet haben, an eben dem 13. Tag des 12. Monats, der Adar heißt, erwehren können.
21 Denn diesen Tag hat der allwaltende Gott dem auserwählten Volk statt zum Verderben zu einem Freudentag gemacht.
22 So feiert nun neben den herkömmlichen Festen mit aller Fröhlichkeit einen besonders ausgezeichneten Tag!
23 Er soll jetzt und auch in Zukunft euch und die euch wohlgesonnenen Perser an die Errettung erinnern, unsere Todfeinde aber an ihren Untergang.
24 Jede Stadt und Landschaft, die nicht nach diesem Erlaß handelt, soll ohne Erbarmen mit Feuer und Schwert verheert und verwüstet werden. Sie soll nicht nur den Menschen unzugänglich, sondern auch den wilden Tieren und Vögeln allezeit zum Abscheu werden."