Das Evangelium nach Matthäus

Kapitel 1: Kindheitsgeschichte Jesu

Stammbaum Jesu

1 Stammbaum von Jesus Christus, dem Sohn Davids, dem Sohn Abrahams:

2 Von Abraham stammt Isaak, von Isaak Jakob, von Jakob Juda und seine Brüder,

3 von Juda Perez und Serach; ihre Mutter war Tamar, von Perez Hezron, von Hezron Aram,

4 von Aram Amminadab, von Amminadab Nachschon, von Nachschon Salmon,

5 von Salmon Boas, dessen Mutter war Rahab, von Boas Obed, dessen Mutter war Rut, von Obed Isai,

6 von Isai der König David. Von David stammt Salomo, dessen Mutter die Frau des Urija war,

7 von Salomo Rehabeam, von Rehabeam Abija, von Abija Asa,

8 von Asa Joschafat, von Joschafat Joram, von Joram Usija,

9 von Usija Jotam, von Jotam Ahas, von Ahas Hiskija,

10 von Hiskija Manasse, von Manasse Amos, von Amos Joschija.

11 von Joschija Jojachin und seine Brüder; das war zur Zeit der Babylonischen Gefangenschaft.

12 Nach der Babylonischen Gefangenschaft: Von Jojachin stammt Schealtiël, von Schealtiël Serubbabel,

13 von Serubbabel Abihud, von Abihud Eljakim, von Eljakim Azor,

14 von Azor Zadok, von Zadok Achim, von Achim Eliud,

15 von Eliud Eleasar, von Eleasar Mattan, von Mattan Jakob,

16 von Jakob stammt Josef, der Mann Marias; von ihr wurde Jesus geboren, der 'der Christus' genannt wird.

17 So sind es von Abraham bis David insgesamt vierzehn Generationen, von David bis zur Babylonischen Gefangenschaft vierzehn Generationen und von der Babylonischen Gefangenschaft bis Christus vierzehn Generationen.

18 Mit der Geburt Jesu Christi verhielt es sich so: Als seine Mutter Maria, mit Josef verlobt war, fand es sich, daß sie empfangen hatte vom Heiligen Geist, noch ehe sie zusammenkamen.

19 Josef aber, ihr Mann, war gerecht und wollte sie nicht bloßstellen; er beschloß, sie in aller Stille zu entlassen.

20 Während er sich mit diesem Gedanken trug, erschien ihm im Traum ein Engel des Herrn und sagte: "Josef, Sohn Davids, scheue dich nicht, Maria, deine Frau, heimzuführen; denn das in ihr Gezeugte stammt vom Heiligen Geist.

21 Sie wird einen Sohn gebären: Dem sollst du den Namen Jesus geben. Er nämlich wird retten sein Volk von seinen Sünden."

22 Dies alles ist geschehen, damit in Erfüllung gehe, was der Herr durch den Propheten gesagt hat:

23 "Seht, die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären, und man wird ihm den Namen Immanuël geben", das heißt übersetzt: "Gott mit uns."

24 Josef stand vom Schlaf auf, tat, wie ihm der Engel des Herrn geboten hatte, und führte seine Frau heim.

25 Und er erkannte sie nicht, bis sie einen Sohn gebar. Und er gab ihm den Namen Jesus.

 

Kapitel 2: Die Weisen aus dem Morgenland

1 Als Jesus in den Tagen des Königs Herodes in Betlehem in Judäa geboren war, kamen Magier aus dem Morgenland nach Jerusalem

2 und fragten: "Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben nämlich seinen Stern im Morgenland gesehen und sind gekommen, ihm zu huldigen."

3 Als König Herodes das hörte, erschrak er und ganz Jerusalem mit ihm.

4 Er versammelte alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes und legte ihnen die Frage vor, wo der Messias geboren werden sollte.

5 Sie sagten ihm: "In Betlehem in Judäa; denn es steht beim Propheten geschrieben:

6 'Du, Betlehem im Lande Judas, bist keineswegs die geringste unter den Fürsten von Juda. Denn aus dir wird ein Fürst hervorgehen, der mein Volk Israel regieren soll.'"

7 Da ließ Herodes die Weisen heimlich zu sich kommen und erkundigte sich bei ihnen genau nach der Zeit, da der Stern erschienen war.

8 Dann wies er sie nach Betlehem und sagte: "Zieht hin und forscht sorgfältig nach dem Kind. Sobald ihr es gefunden habt, gebt mir Nachricht; dann will auch ich kommen und ihm huldigen."

9 Sie hörten den König an und machten sich auf den Weg. Und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten, zog vor ihnen her, bis er am Ende über dem Ort stehenblieb, wo das Kind war.

10 Als sie den Stern sahen, empfanden sie eine überaus große Freude.

11 Sie traten in das Haus und sahen das Kind mit Maria, seiner Mutter. Sie fielen nieder und huldigten ihm. Dann holten sie ihre Schätze hervor und brachten ihm Geschenke dar: Gold, Weihrauch und Myrrhe.

12 In einem Traum erhielten sie die Weisung, nicht zu Herodes zurückzukehren. So zogen sie auf einem anderen Weg in ihr Land zurück.

 

Flucht nach Ägypten

13 Als sie weggezogen waren, erschien Josef im Traum ein Engel des Herrn und sagte: "Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und flieh nach Ägypten. Bleibe dort, bis ich dir Weisung gebe. Denn Herodes wird nach dem Kind suchen, um es zu ermorden."

14 Da stand er auf, nahm bei Nacht das Kind und seine Mutter und zog nach Ägypten.

15 Dort blieb er bis zum Tod des Herodes. So sollte der Spruch des Herrn in Erfüllung gehen, der durch den Propheten sagt: "Aus Ägypten berief ich meinen Sohn."

 

Der Kindermord

16 Als sich Herodes von den Weisen hintergangen sah, geriet er in heftigen Zorn. Er ließ in Betlehem und in dessen ganzem Gebiet alle Knaben von zwei Jahren und darunter umbringen, entsprechend der Zeit, die er von den Weisen erfahren hatte.

17 Damals erfüllte sich das Wort des Propheten Jeremia, der da spricht:

18 "In Rama wird Klage laut, viel Weinen und Wehgeschrei; Rahel weint um ihre Kinder und will sich nicht trösten lassen, weil sie nicht mehr sind."

 

Rückkehr nach Nazaret

19 Als Herodes gestorben war, erschien Josef in Ägypten ein Engel des Herrn im Traum

20 und sagte: "Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und ziehe in das Land Israel. Denn die dem Kind nach dem Leben trachteten, sind gestorben."

21 Da stand er auf, nahm das Kind und seine Mutter und zog in das Land Israel.

22 Als er aber hörte, daß Archelaus an Stelle seines Vaters Herodes über Judäa regiere, fürchtete er sich, dorthin zu gehen. Auf eine Weisung, die er im Traum erhielt, zog er in das Gebiet von Galiläa

23 und ließ sich in einer Stadt mit Namen Nazaret nieder. So sollte das Prophetenwort in Erfüllung gehen: "Man wird ihn einen Nazoräer nennen."

 

Kapitel 3: Vorbereitung des öffentlichen Wirkens Jesu

Johannes der Täufer

1 In jenen Tagen trat Johannes der Täufer auf und predigte in der Wüste von Judäa:

2 "Bekehrt euch, denn das Himmelreich ist nahe."

3 Ihn meinte der Prophet Jesaja, wenn er sagt: "Eines Herolds Stimme in der Wüste: 'Bereitet den Weg des Herrn! Ebnet ihm die Straßen!'"

4 Johannes trug ein Gewand aus Kamelhaaren und um seine Hüften einen ledernen Gürtel. Seine Nahrung waren Heuschrecken und wilder Honig.

5 Jerusalem, ganz Judäa und das ganze Jordanland zog zu ihm hinaus.

6 Sie ließen sich im Jordan von ihm taufen und bekannten dabei ihre Sünden.

7 Als er viele Pharisäer und Sadduzäer zu seiner Taufe kommen sah, sagte er zu ihnen: "Ihr Schlangenbrut, wer hat euch denn beigebracht, ihr würdet dem kommenden Zorngericht entrinnen?

8 Bringt Frucht hervor, die der Bekehrung würdig ist.

9 Meint ja nicht, bei euch sagen zu dürfen: Wir haben Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott kann aus diesen Steinen Kinder für Abraham erwecken.

10 Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gesetzt. Jeder Baum, der keine gute Frucht trägt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen.

11 Ich taufe euch nur mit Wasser, damit ihr euch bekehrt. Der aber nach mir kommt, ist mächtiger als ich. Ich bin nicht wert, ihm die Schuhe zu tragen. Er wird euch mit Heiligem Geist und Feuer taufen.

12 Er hat die Wurfschaufel in seiner Hand und wird seine Tenne reinigen. Und er wird seinen Weizen in die Scheune bringen, die Spreu aber in unauslöschlichem Feuer verbrennen."

 

Taufe Jesu

13 Damals kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, um sich von ihm taufen zu lassen.

14 Johannes aber wollte ihn zurückhalten und sagte: "Ich hätte nötig, von dir getauft zu werden, und du kommst zu mir?"

15 Jesus antwortete ihm: "Laß es jetzt zu; denn so müssen wir alle Gerechtigkeit erfüllen." Da ließ er ihn zu.

16 Als Jesus getauft war, stieg er sogleich aus dem Wasser. Da öffnete sich der Himmel. Er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabschweben und über sich kommen.

17 Und eine Stimme aus dem Himmel rief: "Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe."

 

Kapitel 4: Versuchung Jesu

1 Dann wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, um vom Teufel versucht zu werden.

2 Er fastete vierzig Tage und vierzig Nächte. Zuletzt hungerte ihn.

3 Da trat der Versucher an ihn heran und sagte zu ihm: "Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl, daß die Steine da zu Brot werden."

4 Er gab zur Antwort: "Es steht geschrieben: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus dem Mund Gottes kommt."

5 Dann nahm ihn der Teufel mit in die Heilige Stadt, stellte ihn auf die Zinne des Tempels

6 und sagte zu ihm: "Wenn du Gottes Sohn bist, so stürze dich hinab. Es steht ja geschrieben: 'Seinen Engeln gebot er deinetwegen. Sie werden dich auf Händen tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt'."

7 Jesus sagte zu ihm: "Es steht auch geschrieben: 'Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen'."

8 Sodann nahm ihn der Teufel mit auf einen sehr hohen Berg, zeigte ihm alle Reiche der Welt samt ihrer Herrlichkeit

9 und sagte zu ihm: "Dies alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest."

10 Da gebot ihm Jesus: "Hinweg, Satan! Es steht geschrieben: 'Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und ihm allein dienen'."

11 Da verließ ihn der Teufel, und siehe, Engel kamen herbei und bedienten ihn.

 

Jesu öffentliches Wirken in Galiläa – Die frohe Botschaft an Israel

Schauplatz des Wirkens Jesu

12 Als Jesus hörte, daß Johannes gefangengesetzt sei, zog er sich nach Galiläa zurück.

13 Er verließ die Stadt Nazaret und nahm seinen Wohnsitz in Kafarnaum am See, im Gebiet von Sebulon und Naftali.

14 So sollte das Wort des Propheten Jesaja in Erfüllung gehen, der da sagt:

15 "Land Sebulon und Land Naftali, Landstrich gegen den See hin, jenseits des Jordan, Galiläa der Heiden!

16 Das Volk, das im Finsteren sitzt, sieht ein helles Licht; denen, die im Land des Todesschattens wohnen, strahlt ein Licht auf."

17 Von da an begann Jesus zu predigen und zu rufen: "Bekehrt euch, denn das Himmelreich ist nahe."

 

Die ersten Jünger

18 Als er am See von Galiläa entlangging, sah er, wie zwei Brüder, Simon, der Petrus genannt wird, und sein Bruder Andreas, ein Netz in den See warfen. Sie waren nämlich Fischer.

19 Er sagte zu ihnen: "Folgt mir! Dann will ich euch zu Menschenfischern machen."

20 Auf der Stelle verließen sie die Netze und folgten ihm.

21 Als er von da weiterging, sah er zwei andere Brüder, Jakobus, den (Sohn) des Zebedäus, und seinen Bruder Johannes, wie sie mit ihrem Vater Zebedäus ihre Netze im Boot ausbesserten. Und er rief sie.

22 Auf der Stelle verließen sie das Boot und ihren Vater und folgten ihm.

 

Überblick über das Wirken Jesu

23 Jesus zog in ganz Galiläa umher. Er lehrte in den Synagogen, verkündete das Evangelium vom Reich und heilte jegliche Krankheit und jegliches Gebrechen im Volk.

24 Sein Ruf verbreitete sich über ganz Syrien. Man brachte zu ihm alle, die an mancherlei Krankheiten und Plagen litten, Besessene, Mondsüchtige und Gelähmte, und er heilte sie.

25 Große Volksscharen aus Galiläa und der Dekapolis, aus Jerusalem, Judäa und aus dem Gebiet jenseits des Jordan folgten ihm.

 

Kapitel 5: Die Bergpredigt

1 Als Jesus die Volksscharen sah, stieg er auf den Berg. Und als er sich gesetzt hatte, traten seine Jünger zu ihm.

2 Dann begann er zu reden und lehrte sie.

 

Die acht Seligkeiten

3 "Selig die Armen im Geist; denn ihrer ist das Himmelreich.

4 Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden.

5 Selig die Sanftmütigen; denn sie werden das Land als Erbe besitzen.

6 Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden gesättigt werden.

7 Selig die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.

8 Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen.

9 Selig die Friedenstifter; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden.

10 Selig, die Verfolgung leiden um der Gerechtigkeit willen; denn ihrer ist das Himmelreich.

 

Aufgabe der Jünger

11 Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und euch lügnerisch alles Böse nachreden!

12 Freut euch und jubelt: denn groß ist euer Lohn im Himmel. Ebenso haben sie ja die Propheten, die vor euch waren, verfolgt.

13 Ihr seid das Salz der Erde. Wenn aber das Salz schal wird, womit soll man es salzig machen? Es taugt zu nichts mehr; man wirft es hinaus und es wird von den Leuten zertreten.

14 Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben.

15 Man zündet auch nicht eine Lampe an und stellt sie unter einen Scheffel, sondern auf den Leuchter; dann leuchtet sie allen im Haus.

16 So leuchte euer Licht vor den Menschen, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.

 

Jesus und das Gesetz

17 Glaubt nicht, ich sei gekommen, das Gesetz oder die Propheten aufzuheben. Ich bin nicht gekommen, um sie aufzuheben, sondern um sie zur Vollendung zu führen.

18 Denn wahrlich, ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird kein Jota oder Häkchen vom Gesetz vergehen, bis alles erfüllt ist.

19 Wer darum eines von diesen ganz geringfügigen Geboten aufhebt und so die Menschen lehrt, wird im Himmelreich "Geringster" heißen. Wer sie aber hält und lehrt, wird "Großer" genannt werden im Himmelreich.

20 Denn ich sage euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit vollkommener ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, werdet ihr in das Himmelreich nicht eingehen.

 

Das fünfte Gebot

21 Ihr habt gehört, daß den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht töten! Wer tötet, soll dem Gericht verfallen.

22 Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder zürnt, wird dem Gericht verfallen sein; wer aber zu seinem Bruder sagt: Du Tor!, wird dem Hohen Rat verfallen sein; wer aber zu ihm sagt: Du Gottloser!, wird dem Feuer der Hölle verfallen sein.

23 Wenn du also deine Gabe zum Altar bringst und dich dort erinnerst, daß dein Bruder etwas gegen dich hat,

24 so laß deine Gabe dort vor dem Altar, und geh, zuerst versöhne dich mit deinem Bruder; dann komm und opfere deine Gabe.

25 Verständige dich ohne Verzug mit deinem Gegner, solange du noch mit ihm unterwegs bist. Sonst könnte dich dein Gegner dem Richter übergeben und der Richter dem Gerichtsdiener, und man würde dich ins Gefängnis werfen.

26 Wahrlich, ich sage dir: Du kommst von dort nicht heraus, bis du den letzten Heller bezahlt hast.

 

Das sechste Gebot

27 Ihr habt gehört, daß gesagt worden ist: Du sollst nicht ehebrechen!

28 Ich aber sage euch: Jeder, der eine Frau lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen.

29 Wenn also dein rechtes Auge dich zum Bösen verführt, reiß es aus und wirf es weg! Denn es ist besser für dich, eines deiner Glieder geht verloren, als daß dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird.

30 Und wenn dich deine rechte Hand zum Bösen verführt, hau sie ab und wirf sie weg! Denn es ist besser für dich, eines deiner Glieder geht verloren, als daß dein ganzer Leib in die Hölle fährt.

31 Es ist gesagt worden: Wer seine Frau entlassen will, stelle ihr einen Scheidebrief aus.

32 Ich aber sage euch: Jeder, der seine Frau entläßt – ausgenommen der Fall von Unzucht – der macht sie zur Ehebrecherin; und wer eine Entlassene zur Ehe nimmt, begeht Ehebruch.

 

Vom Schwören

33 Weiter habt ihr gehört, daß den Alten gesagt worden ist: Du sollst keinen Meineid schwören, und du sollst halten, was du dem Herrn geschworen hast.

34 Ich aber sage euch: Ihr sollt überhaupt nicht schwören, weder beim Himmel, weil er Gottes Thron ist,

35 noch bei der Erde, weil sie der Schemel seiner Füße ist, noch bei Jerusalem, denn es ist die Stadt des großen Königs.

36 Auch bei deinem Haupt sollst du nicht schwören, weil du nicht ein einziges Haar weiß oder schwarz machen kannst.

37 Eure Rede soll sein: Ja, ja – nein, nein. Was darüber hinausgeht, ist vom Bösen.

 

Wiedervergeltung

38 Ihr habt gehört, daß gesagt worden ist: Auge um Auge, Zahn um Zahn!

39 Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich jemand auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin.

40 Will jemand mit dir rechten und dir deinen Rock nehmen, dann laß ihm auch den Mantel.

41 Nötigt dich jemand, eine Meile weit mitzugehen, dann geh zwei mit ihm.

42 Wer dich bittet, dem gib; wer von dir borgen will, den weise nicht ab.

 

Feindesliebe

43 Ihr habt gehört, daß gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen.

44 Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen,

45 damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet, der seine Sonne aufgehen läßt über Böse und Gute, und es regnen läßt über Gerechte und Ungerechte.

46 Denn wenn ihr nur jene liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten? Tun das gleiche nicht auch die Zöllner?

47 Und wenn ihr nur eure Freunde grüßt, was tut ihr da Besonderes? Tun das gleiche nicht auch die Heiden?

48 Seid also vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.

 

Kapitel 6: Almosengeben

1 Hütet euch, eure Gerechtigkeit vor den Menschen zur Schau zu stellen; sonst habt ihr keinen Lohn von eurem Vater im Himmel zu erwarten.

2 Wenn du also Almosen gibst, so posaune es nicht aus, wie es die Heuchler in den Synagogen und auf den Straßen tun, um von den Leuten geehrt zu werden. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben schon ihren Lohn.

3 Wenn du Almosen gibst, soll deine Linke nicht wissen, was deine Rechte tut,

4 damit dein Almosen im Verborgenen bleibt. Dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird es dir vergelten.

 

Gebet

5 Wenn ihr betet, macht es nicht wie die Heuchler! Die beten am liebsten in den Synagogen und an den Straßenecken, um den Menschen in die Augen zu fallen. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben schon ihren Lohn.

6 Du aber geh in deine Kammer, wenn du betest, schließ die Tür und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist. Dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird es dir vergelten.

7 Wenn ihr betet, so plappert nicht wie die Heiden! Die meinen, sie fänden Erhörung, wenn sie viele Worte machen.

8 Macht es nicht wie sie! Euer Vater weiß ja, was ihr braucht, ehe ihr ihn bittet.

9 So sollt ihr nun beten: Vater unser, der du bist im Himmel, geheiligt werde dein Name,

10 dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel, so auf der Erde.

11 Unser tägliches Brot gib uns heute.

12 Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.

13 Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns vom Bösen.

14 Wenn ihr nämlich den Menschen ihre Fehler vergebt, so wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben.

15 Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euer Vater eure Fehler auch nicht vergeben.

 

Fasten

16 Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler! Sie geben sich ein düsteres Aussehen, damit die Leute es ihnen ansehen, daß sie fasten. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben schon ihren Lohn.

17 Du aber salbe dein Haupt, wenn du fastest, und wasche dein Gesicht,

18 damit die Leute nicht sehen, daß du fastest, sondern nur dein Vater, der im Verborgenen ist. Dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird es dir vergelten.

 

Irdische Güter

19 Sammelt euch nicht Schätze auf Erden, wo Motte und Rost sie vernichten und Diebe einbrechen und stehlen.

20 Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Rost sie vernichten, noch Diebe einbrechen und sie stehlen.

21 Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.

22 Die Leuchte des Leibes ist das Auge. Ist nun dein Auge lauter, so ist dein ganzer Leib voller Licht.

23 Ist aber dein Auge böse, so ist dein ganzer Leib in Finsternis. Wenn nun das Licht in dir Finsternis ist, wie groß wird erst die Finsternis sein!

24 Niemand kann zwei Herren dienen. Entweder wird er den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird zu dem einen halten und den anderen verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.

 

Ängstliche Sorge

25 Darum sage ich euch: Macht euch keine Sorgen um euer Leben, was ihr essen und was ihr trinken sollt, noch um euren Leib, was ihr anziehen sollt. Ist das Leben nicht mehr als die Nahrung und der Leib nicht mehr als die Kleidung?

26 Betrachtet die Vögel des Himmels: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in Scheunen: doch euer himmlischer Vater ernährt sie. Seid ihr nicht mehr wert als sie?

27 Wer von euch vermag mit seinen Sorgen seine Lebenszeit um nur eine kleine Spanne zu verlängern?

28 Und was seid ihr besorgt um eure Kleidung? Betrachtet die Lilien des Feldes! Wie sie wachsen! Sie arbeiten nicht und spinnen nicht.

29 Ich sage euch aber: Selbst Salomo in all seiner Pracht war nicht gekleidet wie eine von ihnen.

30 Wenn nun Gott das Gras des Feldes, das heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird, so kleidet, wieviel mehr euch, ihr Kleingläubigen!

31 Seid also nicht besorgt und fragt nicht: Was sollen wir essen? Was sollen wir trinken? Womit sollen wir uns bekleiden?

32 Denn nach all dem trachten die Heiden. Euer himmlischer Vater weiß ja, daß ihr dies alles nötig habt.

33 Sucht vielmehr zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, und dies alles wird euch hinzugegeben werden.

34 Seid nicht so besorgt um den morgigen Tag; denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. – Jeder Tag hat genug seiner eigenen Plage.

 

Kapitel 7: Liebloses Richten

1 Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet!

2 Denn das Urteil, das ihr fällt, wird über euch gefällt, und mit dem Maß, mit dem ihr meßt, wird euch zugemessen werden.

3 Was siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, den Balken aber in deinem Auge beachtest du nicht?

4 Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: 'Laß mich den Splitter aus deinem Auge ziehen!' – und dabei steckt in deinem Auge ein Balken?

5 Du Heuchler! Zieh erst den Balken aus deinem Auge, dann magst du sehen, wie du den Splitter aus dem Auge deines Bruders ziehst.

6 Gebt das Heilige nicht den Hunden, und werft eure Perlen nicht den Schweinen vor, damit sie sie nicht mit ihren Füßen zertreten, sich umwenden und euch zerreißen.

 

Bittgebet

7 Bittet, und es wird euch gegeben; sucht, und ihr werdet finden; klopft an, und es wird euch aufgetan.

8 Denn jeder, der bittet, empfängt; wer sucht, der findet; wer anklopft, dem wird aufgetan.

9 Oder ist einer unter euch, der seinem Sohn einen Stein gibt, wenn er um Brot bittet?

10 Oder wird er ihm eine Schlange geben, wenn er um einen Fisch bittet?

11 Wenn nun ihr, obwohl ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wißt, wieviel mehr wird euer Vater im Himmel denen Gutes geben, die ihn bitten!

 

Goldene Regel

12 Alles, was ihr wollt, daß es euch die Menschen tun, das tut auch ihr ihnen! Denn dies ist das Gesetz und die Propheten.

 

Die enge Pforte und der schmale Weg

13 Tretet ein durch die enge Pforte! Denn weit ist die Pforte und breit ist der Weg, der ins Verderben führt, und viele gehen auf ihm.

14 Wie eng ist die Pforte und wie schmal der Weg, der zum Leben führt, und nur wenige finden ihn.

 

Warnung vor falschen Propheten

15 Hütet euch vor den falschen Propheten! Sie kommen in Schafskleidern zu euch, in Wirklichkeit aber sind sie reißende Wölfe.

16 An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Sammelt man etwa von Dornen Trauben oder von Disteln Feigen?

17 Jeder gute Baum bringt gute Früchte, ein schlechter Baum aber bringt schlechte Früchte.

18 Ein guter Baum kann keine schlechten Früchte tragen, und ein schlechter Baum trägt keine guten Früchte.

19 Jeder Baum, der keine guten Früchte bringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen.

20 An ihren Früchten also sollt ihr sie erkennen.

 

Selbsttäuschung

21 Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich eingehen. Nur wer den Willen meines Vaters tut, der im Himmel ist, wird in das Himmelreich eingehen.

22 An jenem Tag werden viele zu mir sagen: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt? Haben wir nicht in deinem Namen Dämonen ausgetrieben? Haben wir nicht in deinem Namen viele Machttaten vollbracht?

23 Dann werde ich ihnen antworten: Ich habe euch nie gekannt! Hinweg von mir, ihr Übeltäter!

 

Gleichnis vom Hausbau

24 Wer nun diese meine Worte hört und befolgt, gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf Felsen baute.

25 Da kam ein Wolkenbruch, Fluten kamen, Stürme brausten und tobten gegen jenes Haus: doch es stürzte nicht ein; weil es auf Felsengrund gebaut war.

26 Wer jedoch meine Worte hört, sie aber nicht befolgt, gleicht einem törichten Mann, der sein Haus auf Sand baute.

27 Da kam ein Wolkenbruch, Fluten kamen, Stürme brausten und rüttelten an jenem Haus. Es stürzte ein und sein Sturz war groß."

 

Schluß der Bergpredigt

28 Als Jesus diese Rede beendet hatte, wurden die Volksscharen von Staunen über seine Lehre ergriffen.

29 Denn er lehrte sie wie einer, der Macht hat, und nicht wie ihre Schriftgelehrten.

 

Kapitel 8: Heilung eines Aussätzigen

1 Als Jesus von dem Berg herabstieg, folgte ihm eine große Volksmenge.

2 Da kam ein Aussätziger, fiel vor ihm nieder und bat: "Herr, wenn du willst, kannst du mich rein machen."

3 Jesus streckte die Hand aus, berührte ihn und sagte: "Ich will es; sei rein!" Sogleich wurde er von seinem Aussatz geheilt.

4 Und Jesus sagte zu ihm: "Sieh zu, daß du es niemand sagst. Geh vielmehr hin, zeig dich dem Priester und opfere die Gabe, die Mose vorgeschrieben hat, ihnen zum Zeugnis."

 

Der Hauptmann von Kafarnaum

5 Als er nach Kafarnaum kam, trat ein Hauptmann an ihn heran und bat ihn:

6 "Herr, mein Knecht liegt gelähmt zu Hause und leidet große Qual."

7 Jesus sagte zu ihm: "Ich will kommen und ihn gesund machen."

8 Der Hauptmann entgegnete: "Herr, ich bin nicht würdig, daß du eingehst unter mein Dach; doch sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund.

9 Denn auch ich bin ein Mann, der unter Befehl steht und der Soldaten unter sich hat. Sage ich zu diesem: Geh!, so geht er; zu einem anderen: Komm!, so kommt er; und zu meinem Knecht: Tu das!, so tut er es."

10 Als Jesus das hörte, wunderte er sich und sagte zu denen, die ihm folgten: "Fürwahr, ich sage euch, bei niemandem in Israel habe ich so großen Glauben gefunden!

11 Ich sage euch aber: Viele werden von Osten und Westen kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen.

12 Die Kinder des Reiches jedoch werden hinausgeworfen in die Finsternis draußen. Dort wird Heulen und Zähnenknirschen sein."

13 Zum Hauptmann aber sagte Jesus: "Geh hin, dir geschehe, wie du geglaubt hast." In jener Stunde ward der Knecht gesund.

 

Im Haus des Petrus

14 Als Jesus in das Haus des Petrus kam, fand er dessen Schwiegermutter mit Fieber daniederliegen.

15 Da nahm er sie bei der Hand, und das Fieber wich von ihr. Sie stand auf und bediente ihn.

16 Am Abend brachte man viele Besessene zu ihm. Er trieb die Geister durch sein Wort aus und heilte alle Kranken.

17 So sollte sich das Wort des Propheten Jesaja erfüllen, der da sagt: "Er hat unsere Leiden auf sich genommen und unsere Krankheiten getragen."

 

Unvollkommene Jünger

18 Als Jesus die vielen Menschen sah, die um ihn waren, ließ er sich an das andere Ufer fahren.

19 Da trat ein Schriftgelehrter an ihn heran und sagte zu ihm: "Meister, ich will dir folgen, wohin du auch gehen magst."

20 Jesus erwiderte ihm: "Die Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels Nester. Der Menschensohn aber hat keine Stätte, wohin er sein Haupt legen könnte."

21 Ein anderer aber, einer seiner Jünger, sagte zu ihm: "Herr, erlaube mir, daß ich vorher hingehe und meinen Vater begrabe."

22 Jesus entgegnete ihm: "Folge mir und laß die Toten ihre Toten begraben."

 

Der Sturm auf dem See

23 Jesus stieg in ein Boot, und seine Jünger folgten ihm.

24 Plötzlich erhob sich auf dem See ein schwerer Sturm, so daß das Boot von den Wellen überflutet wurde. Er aber schlief.

25 Da traten die Jünger zu ihm, weckten ihn und riefen: "Herr, hilf uns, wir gehen zugrunde!"

26 Er sagte zu ihnen: "Was seid ihr so furchtsam, ihr Kleingläubigen?" Dann stand er auf, gebot dem Sturm und dem See, und es trat eine große Stille ein.

27 Voll Staunen sagten die Leute: "Wer ist doch dieser, daß selbst die Winde und der See ihm gehorchen!"

 

Die Besessenen von Gadara

28 Als Jesus an das andere Ufer, in das Gebiet von Gadara kam, liefen ihm zwei Besessene entgegen, die aus den Grabhöhlen herauskamen. Sie waren so gefährlich, daß niemand den Weg, der dort vorbeiführte, benutzen konnte.

29 Sie fingen an zu schreien: "Was haben wir mit dir zu tun, Sohn Gottes? Bist du hierher gekommen, uns vor der Zeit zu quälen?" *

30 Nun weidete abseits von ihnen eine große Herde Schweine.

31 Die Dämonen baten ihn: "Wenn du uns austreibst, dann schicke uns in die Schweineherde."

32 Er sagte zu ihnen: "Fahrt hin!" Da fuhren sie aus und zogen in die Schweine. Und die ganze Herde raste den Abhang hinab in den See und kam in den Fluten um.

33 Die Hirten aber liefen davon, gingen in die Stadt und erzählten alles, auch das, was mit den Besessenen geschehen war.

34 Da zog die ganze Stadt hinaus, Jesus entgegen. Als sie ihn sahen, baten sie, er möge ihr Gebiet verlassen.

 

Kapitel 9: Heilung eines Gelähmten

1 Jesus stieg in ein Boot, fuhr über den See und kam in seine Stadt.

2 Da brachte man auf einer Bahre einen Gelähmten zu ihm. Als Jesus ihren Glauben sah, sagte er zu dem Gelähmten: "Habe Mut, mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben!"

3 Da sagten einige Schriftgelehrte bei sich: "Der lästert Gott!"

4 Jesus durchschaute ihre Gedanken und sagte: "Warum denkt ihr Böses in euren Herzen?

5 Was ist denn leichter – zu sagen: Deine Sünden sind dir vergeben!, oder zu sagen: Steh auf und geh umher?

6 Ihr sollt aber wissen, daß der Menschensohn die Vollmacht hat, auf Erden Sünden zu vergeben." – Dann sagte er zu dem Gelähmten: "Steh auf, nimm deine Bahre und geh nach Haus!"

7 Der Mann stand auf und ging nach Haus.

8 Als die Leute das sahen, erschraken sie und priesen Gott, der den Menschen solche Vollmacht gegeben hat.

 

Berufung des Matthäus

9 Als Jesus von dort weiterging, sah er einen Mann mit Namen Matthäus an der Zollstätte sitzen. Er sagte zu ihm: "Folge mir!" Da stand Matthäus auf und folgte ihm.

10 Und als Jesus sich im Haus zum Essen niederließ, kamen viele Zöllner und Sünder und setzten sich mit ihm und seinen Jüngern an den Tisch.

11 Die Pharisäer sahen das und sagten zu seinen Jüngern: "Warum ißt euer Meister mit Zöllnern und Sündern?"

12 Jesus hörte es und sagte: "Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken.

13 Geht hin und lernt, was das heißt: 'Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer'. Denn ich bin nicht gekommen, Gerechte zu berufen, sondern Sünder."

 

Fastenfrage

14 Da kamen die Jünger des Johannes zu ihm und fragten: "Warum fasten wir und die Pharisäer so häufig, während deine Jünger nicht fasten?"

15 Jesus antwortete ihnen: "Können die Hochzeitsgäste trauern, solange der Bräutigam bei ihnen ist? Es werden aber Tage kommen, da ihnen der Bräutigam entrissen wird. Dann werden sie fasten.

16 Niemand setzt einen Flicken von neuem Tuch auf ein altes Kleid; denn der Flicken reißt vom Kleid ab, und es entsteht ein noch größerer Riß.

17 Auch füllt man neuen Wein nicht in alte Schläuche ab, sonst platzen die Schläuche, der Wein läuft aus, und die Schläuche sind unbrauchbar. Neuen Wein füllt man in neue Schläuche, dann bleiben beide erhalten."

 

Die Tochter des Synagogenvorstehers

18 Während er dies zu ihnen sagte, kam ein Synagogenvorsteher, warf sich vor ihm nieder und sagte: "Meine Tochter ist eben gestorben. Doch komm und leg ihr deine Hand auf, dann wird sie wieder lebendig."

19 Jesus machte sich auf und folgte ihm mit seinen Jüngern.

20 Da trat eine Frau, die schon zwölf Jahre an Blutungen litt, an ihn heran und berührte von hinten den Saum seines Gewandes.

21 Denn sie sagte sich: "Wenn ich auch nur sein Gewand berühre, werde ich gesund."

22 Jesus wandte sich um, sah sie und sagte: "Habe keine Angst, meine Tochter, dein Glaube hat dich gerettet." Und von der Stunde an war die Frau gesund.

23 Als Jesus in das Haus des Synagogenvorstehers kam und die Flötenspieler und die laut klagende Menge erblickte,

24 sagte er: "Geht weg! Das Mädchen ist nicht gestorben, es schläft nur." Da lachten sie ihn aus.

25 Jesus wies aber die Leute hinaus und trat ein. Er faßte das Mädchen bei der Hand, und es erhob sich.

26 Die Kunde davon verbreitete sich in jener ganzen Gegend.

 

Jesus heilt zwei Blinde

27 Als Jesus von dort weiterging, folgten ihm zwei Blinde, die laut riefen: "Sohn Davids, erbarme dich unser!"

28 Kaum war er ins Haus gekommen, da traten sie zu ihm heran. Jesus fragte sie: "Glaubt ihr, daß ich euch helfen kann?" Sie antworteten: "Ja, Herr."

29 Da berührte er ihre Augen und sagte: "Nach eurem Glauben geschehe euch!"

30 Da öffneten sich ihre Augen. Jesus aber gab ihnen die strenge Weisung: "Gebt acht! Niemand soll es erfahren."

31 Sie aber gingen weg und erzählten von ihm in der ganzen Gegend.

 

Jesus heilt einen Besessenen

32 Als sie weggegangen waren, brachte man zu Jesus einen Stummen, der von einem Dämon besessen war.

33 Sobald der Dämon ausgetrieben war, konnte der Stumme reden. Voll Verwunderung rief das Volk: "So etwas ist in Israel noch nie geschehen."

34 Die Pharisäer aber sagten: "Mit Hilfe des Obersten der Dämonen treibt er die Dämonen aus."

 

Abweisung der messianischen Botschaft durch Israel

Das große Arbeitsfeld

35 Jesus zog durch alle Städte und Dörfer. Er lehrte in ihren Synagogen, verkündete die Frohbotschaft vom Reich und heilte alle Krankheiten und Gebrechen.

36 Als er die vielen Menschen sah, wurde er von Mitleid mit ihnen ergriffen; denn sie waren abgehetzt und erschöpft wie Schafe, ohne Hirten.

37 Da sagte er zu seinen Jüngern: "Die Ernte ist groß, aber der Arbeiter sind wenige.

38 Bittet darum den Herrn der Ernte, daß er Arbeiter in seine Ernte sende."

 

Kapitel 10: Die Apostelwahl

1 Jesus rief seine zwölf Jünger zu sich und verlieh ihnen Macht, unreine Geister auszutreiben sowie jede Krankheit und jedes Gebrechen zu heilen.

2 Die Namen der zwölf Apostel sind: An erster Stelle Simon mit dem Beinamen Petrus und sein Bruder Andreas; Jakobus, der (Sohn) des Zebedäus, und sein Bruder Johannes;

3 Philippus und Bartholomäus; Thomas und Matthäus, der Zöllner; Jakobus – der des Alphäus – und Thaddäus;

4 Simon Kananäus und Judas Iskariot, der ihn auch verraten hat.

 

Aussendung der Apostel

5 Diese Zwölf sandte Jesus aus und gebot ihnen: "Geht nicht zu den Heiden, und betretet keine Stadt der Samariter.

6 Geht vielmehr zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.

7 Geht hin und verkündet: Das Himmelreich ist nahe.

8 Heilt die Kranken, weckt die Toten auf, macht die Aussätzigen rein, treibt Dämonen aus! – Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben.

9 Erwerbt euch kein Gold noch Silber noch Kupfermünzen in euren Gürtel,

10 (nehmt) keine Vorratstasche (mit), kein zweites Hemd, keine Schuhe, keinen Stab – denn der Arbeiter ist seines Unterhaltes wert.

11 Kommt ihr in eine Stadt oder in ein Dorf, so erkundigt euch, wer darin würdig ist. Bleibt dort, bis ihr weiterzieht.

12 Betretet ihr ein Haus, dann grüßt und sagt: Friede diesem Haus!

13 Ist das Haus dessen wert, soll Friede bei ihm einkehren; ist es dessen nicht wert, dann soll euer Friedensgruß zu euch zurückkehren.

14 Wenn man euch nicht aufnimmt und eure Worte nicht hört, dann zieht aus dem Haus und jener Stadt weiter und schüttelt den Staub von euren Füßen ab.

15 Wahrlich, ich sage euch: Dem Gebiet von Sodom und Gomorra wird es am Tag des Gerichts erträglicher ergehen als jener Stadt.

 

Künftige Verfolgungen

16 Seht, ich sende euch wie Schafe mitten unter Wölfe; seid darum listig wie die Schlangen und arglos wie die Tauben!

17 Nehmt euch aber vor den Menschen in acht! Denn sie werden euch den Gerichten ausliefern und in ihren Synagogen geißeln.

18 Um meinetwillen werdet ihr vor Statthalter und Könige geschleppt werden, um Zeugnis abzulegen vor ihnen und vor den Heiden.

19 Wenn man euch aber ausliefert, macht euch keine Sorge, wie oder was ihr reden sollt; denn in jener Stunde wird euch eingegeben werden, was ihr sagen sollt.

20 Nicht ihr werdet dann reden, sondern der Geist eures Vaters wird durch euch reden.

21 Der Bruder wird den Bruder, der Vater den Sohn dem Tod überliefern. Kinder werden sich gegen die Eltern auflehnen und sie töten.

22 Um meines Namens willen werdet ihr von allen gehaßt werden. Wer aber ausharrt bis zum Ende, der wird gerettet werden.

23 Wenn man euch in der einen Stadt verfolgt, so flieht in eine andere. Wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende sein, bis der Menschensohn kommt.

 

Mut in der Verfolgung

24 Der Jünger steht nicht über dem Meister und der Knecht nicht über seinem Herrn.

25 Der Jünger muß zufrieden sein, wenn es ihm wie seinem Meister geht, und der Sklave, wenn es ihm wie seinem Herrn geht. Hat man schon den Hausherrn Beelzebul genannt, dann erst recht seine Hausgenossen.

26 Also fürchtet euch nicht vor ihnen! Denn nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt, nichts geheim, was nicht bekannt würde.

27 Was ich euch im Dunkeln sage, das kündet im Licht; was euch ins Ohr geflüstert wird, das predigt von den Dächern.

28 Fürchtet euch nicht vor denen, die wohl den Leib, nicht aber die Seele töten können. Fürchtet vielmehr den, der Seele und Leib in der Hölle verderben kann.

29 Kauft man nicht zwei Spatzen für ein paar Pfennige? Und doch fällt ohne euren Vater keiner von ihnen zur Erde.

30 Bei euch aber sind auch alle Haare des Hauptes gezählt.

31 Fürchtet euch also nicht! Ihr seid mehr wert als viele Spatzen.

32 Wer immer sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen.

33 Wer mich aber vor den Menschen verleugnet, den werde auch ich vor meinem Vater im Himmel verleugnen.

 

Scheidung der Geister

34 Denkt nicht, ich sei gekommen, Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert.

35 Denn ich bin gekommen, um den Sohn mit seinem Vater zu entzweien, die Tochter mit ihrer Mutter, die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter.

36 Des Menschen Feinde werden seine Hausgenossen sein.

37 Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert. Und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert.

38 Wer sein Kreuz nicht auf sich nimmt und mir nicht nachfolgt, ist meiner nicht wert.

39 Wer sein Leben gewinnt, wird es verlieren; und wer sein Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen.

 

Vom Lohn für die Aufnahme der Jünger

40 Wer euch aufnimmt, nimmt mich auf. Wer mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat.

41 Wer einen Propheten aufnimmt, weil er ein Prophet ist, wird den Lohn eines Propheten empfangen. Wer einen Gerechten aufnimmt, weil er ein Gerechter ist, wird den Lohn eines Gerechten empfangen.

42 Wer einem von diesen Kleinen nur einen Becher frischen Wassers zu trinken gibt, weil er ein Jünger ist – wahrlich, ich sage euch: Er wird gewiß nicht um seinen Lohn kommen."

 

Kapitel 11:

1 Als Jesus die Unterweisung der zwölf Jünger beendet hatte, zog er weiter, um in den umliegenden Städten zu lehren und zu predigen.

 

Die Gesandtschaft des Täufers

2 Als Johannes im Gefängnis vom Wirken Christi hörte, schickte er seine Jünger zu ihm

3 und ließ ihn fragen: "Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?"

4 Jesus antwortete ihnen: "Geht und berichtet Johannes, was ihr hört und seht:

5 Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein, Taube hören wieder, Tote stehen auf, Armen wird die Frohbotschaft verkündet,

6 und selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt."

 

Jesu Zeugnis für den Täufer

7 Als sie gegangen waren, sprach Jesus zum Volk über Johannes: er sagte: "Wozu seid ihr in die Wüste hinausgezogen? Ein Schilfrohr zu sehen, das vom Wind hin und her bewegt wird?

8 Oder wozu seid ihr hinausgezogen? Einen Mann in feinen Kleidern zu sehen? – Leute, die feine Kleider tragen, sind in den Palästen der Könige.

9 Wozu also seid ihr hinausgezogen? Um einen Propheten zu sehen? Ja, ich sage euch, noch mehr als einen Propheten habt ihr gesehen.

10 Er ist es, von dem geschrieben steht: 'Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her; auf daß er den Weg vor dir bereite'.

11 Wahrlich, ich sage euch: Unter allen Menschen ist kein größerer aufgetreten als Johannes der Täufer. Dennoch ist der Geringste im Himmelreich größer als er.

12 Seit den Tagen Johannes' des Täufers bis heute bricht sich das Himmelreich machtvoll Bahn, und die stürmisch Drängenden werden seiner teilhaftig.

13 Denn alle Propheten und das Gesetz bis auf Johannes haben davon geweissagt.

14 Und wenn ihr es annehmen wollt: Er ist Elija, der da kommen soll.

15 Wer Ohren hat, der höre!

 

Eigensinnige Kinder

16 Mit wem soll ich dieses Geschlecht vergleichen? Es gleicht Kindern, die auf dem Markt sitzen und anderen zurufen:

17 Wir haben für euch Lieder gespielt, und ihr habt nicht getanzt; wir haben Klagelieder gesungen, und ihr habt nicht geweint.

18 Johannes trat auf: Er aß nicht und trank nicht, da heißt es: Er ist von einem Dämon besessen.

19 Der Menschensohn trat auf: Er ißt und trinkt; da heißt es: Seht den Fresser und Säufer, den Freund der Zöllner und Sünder! Aber die Weisheit ist durch ihre Taten gerechtfertigt worden."

 

Die unbußfertigen Städte

20 Dann begann er die Städte, in denen die meisten seiner Machttaten geschehen waren, zu schelten, weil sie sich nicht bekehrt hatten:

21 "Weh dir, Chorazin! Weh dir, Betsaida! Wären in Tyrus und Sidon die Machttaten geschehen, die bei euch geschehen sind – sie hätten schon längst in Sack und Asche Buße getan.

22 Ich sage euch: Tyrus und Sidon wird es am Tag des Gerichts erträglicher ergehen als euch.

23 Und du, Kafarnaum, wirst du etwa bis zum Himmel erhoben werden? – Bis in die Unterwelt wirst du hinabgeschleudert werden. Denn wären in Sodom die Machttaten geschehen, die in dir geschahen, es stände noch heute.

24 Doch ich sage euch: Dem Gebiet von Sodom wird es am Tag des Gerichts erträglicher ergehen als dir."

 

Jesu Jubel- und Erlösungsruf

25 In jener Zeit sprach Jesus: "Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, daß du dies vor Weisen und Klugen verborgen, Kleinen aber geoffenbart hast.

26 Ja, Vater, so hat es dir gefallen.

27 Alles ist mir von meinem Vater übergeben worden; niemand kennt den Sohn als nur der Vater, und niemand kennt den Vater als nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will.

28 Kommt alle zu mir, ihr Mühseligen und Beladenen, ich will euch erquicken,

29 nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und demütig von Herzen, und ihr werdet Erquickung finden für eure Seele.

30 Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht."

 

Kapitel 12: Ährenrupfen am Sabbat

1 In jener Zeit ging Jesus am Sabbat durch Kornfelder. Seine Jünger waren hungrig, rupften Ähren ab und aßen davon.

2 Die Pharisäer sahen das und sagten zu ihm: "Siehe, deine Jünger tun, was man am Sabbat nicht tun darf."

3 Er aber sagte zu ihnen: "Habt ihr nicht gelesen, was David tat, als er und seine Gefährten hungrig waren?

4 Daß er in das Haus Gottes ging und die Schaubrote aß, die weder er noch seine Gefährten essen durften, sondern nur die Priester?

5 Oder habt ihr nicht im Gesetz gelesen, daß die Priester am Sabbat im Tempel die Sabbatruhe entweihen und ohne Schuld sind?

6 Ich sage euch aber: Hier ist mehr als der Tempel.

7 Wenn ihr begriffen hättet, was es heißt: 'Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer', hättet ihr die Schuldlosen nicht verurteilt.

8 Denn der Menschensohn ist Herr über den Sabbat."

 

Heilung am Sabbat

9 Von dort zog er weiter und begab sich in ihre Synagoge.

10 Da war ein Mann mit einer gelähmten Hand. Um Anklage gegen ihn erheben zu können, fragten sie ihn: "Darf man am Sabbat heilen?"

11 Er erwiderte ihnen: "Wenn einem von euch am Sabbat das einzige Schaf, das er besitzt, in eine Grube fällt, wird er nicht nach ihm greifen und es herausziehen?

12 Wieviel wertvoller aber ist ein Mensch als ein Schaf! Also darf man am Sabbat Gutes tun."

13 Dann sagte er zu dem Mann: "Strecke deine Hand aus!" Er streckte sie aus, und sie wurde wiederhergestellt und war gesund wie die andere.

14 Die Pharisäer aber gingen hinaus und faßten den Beschluß, ihn umzubringen.

 

Jesu stilles Wirken

15 Als Jesus das erfuhr, zog er sich von dort zurück. Viele folgten ihm, und er heilte alle.

16 Doch verbot er ihnen, ihn in der Öffentlichkeit bekannt zu machen.

17 So sollte sich das Wort des Propheten Jesaja erfüllen, der sagt:

18 "Das ist mein Knecht, den ich erwählt, mein Geliebter, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe. Ich will meinen Geist auf ihn legen, und er wird den Völkern das Recht verkünden.

19 Er wird nicht zanken und nicht lärmen, und auf den Straßen wird man seine Stimme nicht hören.

20 Das geknickte Rohr wird er nicht brechen und den glimmenden Docht nicht löschen, bis er das Recht zum Sieg geführt hat.

21 Und auf seinen Namen werden die Völker ihre Hoffnung setzen."

 

Anschuldigung der Pharisäer

22 Da brachte man zu ihm einen Besessenen, der blind und stumm war. Jesus heilte ihn, so daß der Stumme reden und sehen konnte.

23 Das Volk geriet außer sich und sagte: "Ist dieser etwa der Sohn Davids?"

24 Als die Pharisäer das hörten, sagten sie: "Mit Hilfe von Beelzebul, dem Obersten der Dämonen, treibt dieser die Dämonen aus"

 

Die Verteidigung Jesu

25 Jesus durchschaute ihre Gedanken, und sagte zu ihnen: "Jedes Reich, das in sich uneins ist, wird verwüstet; keine Stadt, kein Haus, das in sich uneins ist, kann Bestand haben.

26 Wenn der Satan den Satan austreibt, so ist er mit sich selbst uneins: Wie soll dann sein Reich Bestand haben?

27 Und wenn ich die Dämonen durch Beelzebul austreibe, durch wen treiben sie eure Jünger aus? Sie werden eure Richter sein.

28 Wenn ich aber die Dämonen durch den Geist Gottes austreibe, dann ist das Reich Gottes zu euch gekommen.

29 Niemand vermag in das Haus eines Starken einzudringen und dessen Habe zu rauben, ohne den Starken vorher zu fesseln – erst dann kann er sein Haus plündern.

30 Wer nicht mit mir ist, ist gegen mich; wer nicht mit mir sammelt, zerstreut.

 

Die Sünde gegen den Heiligen Geist

31 Darum sage ich euch: Jede Sünde und Lästerung wird den Menschen vergeben, aber die Lästerung gegen den Geist wird nicht vergeben.

32 Wer etwas gegen den Menschensohn sagt, dem wird vergeben. Wer aber ein Wort gegen den Heiligen Geist sagt, dem wird nicht vergeben werden, weder in dieser noch in der zukünftigen Welt.

33 Entweder erklärt ihr den Baum für gut, dann müßt ihr auch seine Früchte für gut erklären. Oder ihr erklärt den Baum für schlecht, dann müßt ihr auch seine Früchte für schlecht erklären. An den Früchten aber erkennt man den Baum.

34 Ihr Schlangenbrut, wie könnt ihr Gutes reden, da ihr böse seid? Denn wovon das Herz voll ist, davon redet der Mund.

35 Der gute Mensch bringt aus seinem guten Herzen Gutes hervor. Der böse Mensch bringt aus seinem bösen Herzen Böses hervor.

36 Ich sage euch aber: Über jedes unnütze Wort, das die Menschen reden, müssen sie am Tag des Gerichts Rechenschaft ablegen.

37 Denn nach deinen Worten wirst du gerechtgesprochen, und nach deinen Worten wirst du verurteilt werden."

 

Zeichen des Jona

38 Einige Schriftgelehrte und Pharisäer wandten sich an ihn und sagten: "Meister, wir möchten von dir ein Zeichen sehen."

39 Er entgegnete ihnen: "Ein böses und treuloses Geschlecht verlangt ein Zeichen. Aber es wird ihm kein anderes Zeichen gegeben werden als das Zeichen des Propheten Jona.

40 Wie Jona nämlich drei Tage und drei Nächte im Bauch des Meerungeheuers war, so wird auch der Menschensohn drei Tage und drei Nächte im Inneren der Erde sein.

41 Die Männer von Ninive werden mit diesem Geschlecht vor dem Gericht auftreten und es verurteilen. Denn sie haben sich auf die Predigt des Jona hin bekehrt. Hier aber ist mehr als Jona.

42 Die Königin des Südens wird mit diesem Geschlecht vor dem Gericht auftreten und es verurteilen. Denn sie kam vom Ende der Erde, um die Weisheit Salomos zu hören. Hier aber ist mehr als Salomo.

 

Rückfall in die Sünde

43 Wenn ein unreiner Geist aus einem Menschen ausgefahren ist, schweift er durch die Wüste und sucht eine Ruhestätte, findet aber keine.

44 Da denkt er: Ich will in mein Haus zurückkehren, aus dem ich ausgezogen bin. Und wenn er kommt und es leer, ausgefegt und geschmückt vorfindet,

45 geht er hin und holt noch sieben andere Geister, die schlimmer sind als er selbst. Sie ziehen ein und lassen sich darin nieder. Und die letzten Dinge jenes Menschen werden schlimmer sein als die ersten. So wird es auch diesem bösen Geschlecht ergehen."

 

Scheidung vom Volk und seinen Führern

Jesu wahre Familie

46 Während Jesus noch zum Volk redete, standen seine Mutter und seine Brüder draußen und wollten ihn sprechen.

47 Jemand sagte zu ihm: "Deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und wünschen, dich zu sprechen."

48 Er aber erwiderte dem, der es ihm gesagt hatte: "Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder?"

49 Und er streckte seine Hand über seine Jünger aus und sagte: "Da sind meine Mutter und meine Brüder!

50 Denn wer den Willen meines Vaters im Himmel tut, der ist mir Bruder, Schwester und Mutter."

 

Kapitel 13: Gleichnis vom Sämann

1 An jenem Tag ging Jesus aus dem Haus und setzte sich ans Ufer des Sees.

2 Viel Volk strömte bei ihm zusammen. Darum bestieg er ein Boot und ließ sich darin nieder, während das ganze Volk am Ufer stand.

3 Und er redete zu ihm über vieles in Gleichnissen. Er sagte: "Ein Sämann ging aus, um zu säen.

4 Beim Säen fiel einiges auf den Weg, und die Vögel kamen und pickten es auf.

5 Anderes fiel auf steinigen Boden, wo es nicht viel Erde hatte. Es schoß schnell auf, denn es lag nicht tief in der Erde.

6 Als aber die Sonne hochstieg, wurde es versengt und verdorrte, weil es keine Wurzeln hatte.

7 Anderes fiel unter die Dornen. Die Dornen wuchsen auf und erstickten es.

8 Anderes aber fiel auf gutes Erdreich und brachte Frucht, hundertfach, sechzigfach, dreißigfach.

9 Wer Ohren hat, der höre!"

 

Warum Gleichnisse

10 Da kamen die Jünger und fragten ihn: "Warum redest du zu ihnen in Gleichnissen?"

11 Er antwortete ihnen: "Euch ist es gegeben, die Geheimnisse des Himmelreichs zu verstehen. Jenen aber ist es nicht gegeben.

12 Denn wer hat, dem wird gegeben, und er wird im Überfluß haben; wer aber nicht hat, dem wird noch weggenommen, was er hat.

13 Darum rede ich zu ihnen in Gleichnissen, weil sie sehen und doch nicht sehen, hören und doch nicht hören und nicht verstehen.

14 So erfüllt sich für sie die Weissagung Jesajas: 'Mit den Ohren sollt ihr hören und doch nicht verstehen; mit den Augen sollt ihr sehen und doch nicht erkennen.

15 Denn verstockt ist das Herz dieses Volkes. Mit den Ohren hört es schwer, seine Augen hat es geschlossen, damit es mit den Augen nicht sieht und mit den Ohren nicht hört, mit dem Herzen nicht versteht und sich nicht bekehrt, daß ich es heile.'

16 Selig aber sind eure Augen, daß sie sehen, und eure Ohren, daß sie hören!

17 Denn wahrlich, ich sage euch: Viele Propheten und Gerechte sehnten sich zu sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen, und zu hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört.

 

Auslegung des Gleichnisses vom Sämann

18 So hört nun, was das Gleichnis vom Sämann bedeutet:

19 Zu jedem, der das Wort vom Reich hört, es aber nicht begreift, kommt der Böse und raubt, was in sein Herz gesät ward. Das ist das auf den Weg Gesäte.

20 Auf steinigen Grund ist bei dem gesät, der das Wort anhört und es mit Freuden aufnimmt.

21 Es kann aber wegen seiner Unbeständigkeit in ihm keine Wurzeln schlagen. Wenn um des Wortes willen Bedrängnis oder Verfolgung über ihn hereinbricht, kommt er zu Fall.

22 Unter die Dornen gesät ist bei dem, der das Wort zwar hört, es wird in ihm aber von weltlicher Sorge und trügerischem Reichtum erstickt, so daß es ohne Frucht bleibt.

23 Doch auf gutes Erdreich gesät ist bei dem, der das Wort hört und begreift; der bringt dann auch Frucht, hundertfach oder sechzigfach oder dreißigfach."

 

Gleichnis vom Unkraut

24 Ein anderes Gleichnis trug er ihnen vor: "Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Mann, der guten Samen auf seinen Acker säte.

25 Während die Leute schliefen, kam sein Feind, säte Unkraut unter den Weizen und ging davon.

26 Als nun die Saat aufging und Frucht ansetzte, kam auch das Unkraut zum Vorschein.

27 Da kamen die Knechte zum Hausherrn und sagten: 'Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher hat er dann das Unkraut?'

28 Er antwortete ihnen: 'Das hat ein Feind ausgesät'. Da fragten ihn die Knechte: 'Sollen wir hingehen und es sammeln?'

29 Er sagte: 'Nein! Ihr könntet beim Sammeln mit dem Unkraut auch den Weizen ausreißen.

30 Laßt nur beides miteinander wachsen bis zur Ernte. Zur Zeit der Ernte werde ich den Schnittern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in Büschel zum Verbrennen. Den Weizen aber bringt in meine Scheune.'"

 

Das Gleichnis vom Senfkorn und vom Sauerteig

31 Ein anderes Gleichnis trug er ihnen vor: "Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Senfkorn, das ein Mann auf seinen Acker säte.

32 Es ist zwar kleiner als alle anderen Samenkörner, ist es aber ausgewachsen, so ist es größer als alle Kräuter. Es wird zu einem Baum, so daß die Vögel des Himmels kommen und in seinen Zweigen wohnen."

33 Er erzählte ihnen ein weiteres Gleichnis: "Das Himmelreich gleicht dem Sauerteig, den eine Frau unter drei Maß Mehl mengte, bis das Ganze durchsäuert war."

34 Dies alles redete Jesus zu den Volksscharen in Gleichnissen; er sprach übrigens nur in Gleichnissen zu ihnen.

35 So sollte sich das Wort des Propheten erfüllen, der da sagt: "Ich will meinen Mund auftun und in Gleichnissen sprechen, will offenbaren, was verborgen war seit Erschaffung der Welt."

 

Auslegung des Gleichnisses vom Unkraut

36 Darauf verließ er die Volksscharen und ging nach Haus. Da traten seine Jünger zu ihm und sagten: "Erkläre uns das Gleichnis vom Unkraut auf dem Acker."

37 Er antwortete: "Der den guten Samen sät, ist der Menschensohn.

38 Der Acker ist die Welt. Der gute Samen, das sind die Kinder des Reiches; das Unkraut sind die Kinder des Bösen.

39 Der Feind, der es gesät hat, ist der Teufel. Die Ernte ist das Ende der Welt. Die Schnitter sind die Engel.

40 Wie man nun das Unkraut sammelt und im Feuer verbrennt, so wird es auch am Ende der Welt sein:

41 Der Menschensohn wird seine Engel aussenden, und sie werden alle Verführer und Übeltäter aus seinem Reich zusammenbringen

42 und sie in den Feuerofen werfen. Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein.

43 Dann werden die Gerechten im Reich ihres Vaters leuchten wie die Sonne. Wer Ohren hat, der höre!

 

Die Gleichnisse vom vergrabenen Schatz, von der Perle und vom Fischfang

44 Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz, der in einem Acker verborgen war. Ein Mann fand ihn, deckte ihn aber wieder zu. Voll Freude ging er hin, verkaufte alles, was er besaß, und kaufte jenen Acker.

45 Mit dem Himmelreich verhält es sich auch wie mit einem Kaufmann, der edle Perlen suchte.

46 Als er eine kostbare Perle gefunden hatte, ging er hin, verkaufte alles, was er besaß, und kaufte sie.

47 Weiter ist es mit dem Himmelreich wie mit einem Fischnetz, das ins Meer geworfen wurde und Fische aller Art einfing.

48 Als es voll war, zog man es ans Ufer, setzte sich und sammelte die guten in Gefäße, die schlechten warf man weg.

49 So wird es auch am Ende der Welt sein: Die Engel werden ausziehen und die Bösen aus der Mitte der Gerechten aussondern

50 und sie in den Feuerofen werfen. Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein.

51 Habt ihr das alles verstanden?" Sie antworteten: "Ja."

52 Da sagte er zu ihnen: "Darum gleicht jeder Schriftgelehrte, der in der Lehre des Himmelreichs bewandert ist, einem Hausvater, der aus seinem Schatz Altes und Neues hervorholt."

53 Als Jesus diese Gleichnisse beendet hatte, zog er weiter.

 

Jesus in Nazaret

54 Er kam in seine Vaterstadt und lehrte sie in ihrer Synagoge. Voll Staunen fragten sie: "Woher hat er diese Weisheit und die Wunderkräfte?

55 Ist das nicht der Sohn des Zimmermanns? Heißen nicht seine Mutter Maria und seine Brüder Jakobus, Josef, Simon und Judas?

56 Leben nicht alle seine Schwestern unter uns? Woher hat er dann das alles?"

57 Und sie nahmen Anstoß an ihm. Jesus sagte zu ihnen: "Ein Prophet wird nicht verachtet, außer in seiner Vaterstadt und in seiner Familie."

58 Wegen ihres Unglaubens wirkte er dort nicht viele Machttaten.

 

Kapitel 14: Enthauptung des Täufers

1 Zu dieser Zeit vernahm der Tetrarch Herodes die Kunde von Jesus.

2 Er sagte zu seinen Hofleuten: "Das ist Johannes der Täufer. Er ist von den Toten auferstanden; deshalb wirken Wunderkräfte in ihm."

3 Herodes hatte nämlich wegen Herodias, der Frau seines Bruders Philippus, Johannes ergreifen, fesseln und ins Gefängnis werfen lassen,

4 denn Johannes hatte ihm vorgehalten: "Es ist dir nicht erlaubt, sie zur Frau zu haben."

5 Gern hätte er ihn töten lassen, jedoch fürchtete er das Volk, denn es hielt ihn für einen Propheten.

6 Am Geburtstag des Herodes tanzte die Tochter der Herodias vor den Gästen und gefiel dem Herodes.

7 Mit einem Eid versprach er ihr, ihr alles zu gewähren, was sie von ihm verlange.

8 Auf Anstiften ihrer Mutter sagte sie: "Gib mir auf einer Schüssel das Haupt Johannes des Täufers."

9 Der König war bestürzt. Aber um des Schwures und der Gäste willen befahl er, ihr den Kopf zu geben.

10 Er schickte hin und ließ Johannes im Gefängnis enthaupten.

11 Man brachte sein Haupt auf einer Schüssel und gab es dem Mädchen, und dieses brachte es seiner Mutter.

12 Die Jünger des Johannes holten den Leichnam und begruben ihn. Dann gingen sie hin und berichteten Jesus (was geschehen war).

 

Erste Brotvermehrung

13 Als Jesus das hörte, zog er sich in einem Boot an einen einsamen Ort zurück, um allein zu sein. Die Volksscharen erfuhren das und folgten ihm aus den Städten zu Fuß.

14 Als er ans Land stieg, sah er eine große Volksmenge. Von Mitleid ergriffen, heilte er ihre Kranken.

15 Am Abend traten die Jünger zu ihm und sagten: "Die Gegend ist abgelegen, und die Zeit ist schon vorgerückt. Laß daher die Scharen ziehen, damit sie in die Dörfer gehen und sich etwas zu essen kaufen."

16 Jesus aber sagte zu ihnen: "Sie brauchen nicht wegzugehen. Gebt ihr ihnen zu essen!"

17 Sie erwiderten ihm: "Wir haben hier nur fünf Brote und zwei Fische."

18 Er sagte: "Bringt sie mir her!"

19 Dann ließ er die Menschen sich auf dem Gras lagern, nahm die fünf Brote und die zwei Fische, blickte zum Himmel auf und segnete sie. Hierauf brach er die Brote und gab sie den Jüngern, und die Jünger gaben sie den Volksscharen.

20 Alle aßen und wurden satt. Und von den übriggebliebenen Brotstücken hoben sie noch zwölf Körbe voll auf.

21 Etwa fünftausend Mann waren satt geworden, nicht gerechnet Frauen und Kinder.

 

Jesus geht über den See

22 Gleich danach nötigte er die Jünger, ins Boot zu steigen und an das andere Ufer vorauszufahren. Währenddessen wollte er die Volksscharen entlassen.

23 Nachdem er sie entlassen hatte, stieg er allein auf einen Berg, um zu beten. Es war Abend, als er immer noch allein dort war.

24 Das Boot aber war bereits viele Stadien vom Land entfernt und mußte gegen die Wellen ankämpfen; es herrschte Gegenwind.

25 In der vierten Nachtwache kam Jesus auf dem See gehend auf sie zu.

26 Als die Jünger ihn so auf dem See kommen sahen, riefen sie vor Schrecken: "Ein Gespenst!" Und sie schrien vor Angst.

27 Doch Jesus redete sie sofort an und sagte: "Habt Mut! Ich bin es. Fürchtet euch nicht!"

28 Petrus entgegnete ihm: "Herr, wenn du es bist, so laß mich über das Wasser zu dir kommen."

29 Jesus sagte: "Komm!" Da stieg Petrus aus dem Boot und ging über das Wasser auf Jesus zu.

30 Als er aber den starken Wind wahrnahm, ergriff ihn Furcht. Er begann zu sinken und schrie: "Herr, rette mich!"

31 Sogleich streckte Jesus die Hand aus, ergriff ihn und sagte zu ihm: "Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?"

32 Dann stiegen sie ins Boot, und der Wind legte sich.

33 Die Jünger im Boot aber warfen sich vor ihm nieder und sagten: "Du bist wahrhaftig Gottes Sohn."

 

In der Gegend von Gennesaret

34 Sie fuhren hinüber und landeten in Gennesaret.

35 Die Leute jenes Ortes erkannten ihn. Sie schickten Boten in die ganze Umgebung und ließen alle Kranken zu ihm bringen.

36 Sie baten ihn, wenigstens den Saum seines Gewandes berühren zu dürfen. Und alle, die ihn berührten, wurden geheilt.

 

Kapitel 15: Menschensatzungen

1 Da kamen Pharisäer und Schriftgelehrte aus Jerusalem zu Jesus und fragten:

2 "Warum übertreten deine Jünger die Überlieferung der Alten? Sie waschen sich ja nicht die Hände vor der Mahlzeit."

3 Er entgegnete ihnen: "Warum übertretet ihr selbst Gottes Gebot um eurer Überlieferung willen?

4 Gott hat doch geboten: 'Du sollst Vater und Mutter ehren!', und: 'Wer Vater oder Mutter schmäht, soll des Todes sterben'.

5 Ihr aber sagt: 'Wer zu Vater oder Mutter sagt: Was dir von mir zugute kommen sollte, erkläre ich zur Opfergabe!',

6 der braucht seinen Vater oder seine Mutter nicht mehr zu ehren. So setzt ihr Gottes Gebot um eurer Überlieferung willen außer Kraft.

7 Ihr Heuchler! Treffend hat der Prophet Jesaja über euch geweissagt:

8 'Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein Herz jedoch ist fern von mir.

9 Vergebens verehrt es mich, indem es Menschensatzungen als meinen Willen ausgibt'."

 

Die wahre Unreinheit

10 Dann rief er das Volk herbei und sagte: "Hört und begreift:

11 Nicht was in den Mund hineinkommt, macht den Menschen unrein, sondern was aus dem Mund herauskommt, das macht den Menschen unrein."

12 Da traten die Jünger zu ihm und sagten: "Weißt du, daß die Pharisäer an deiner Rede Anstoß genommen haben?"

13 Er antwortete: "Jede Pflanze, die nicht mein himmlischer Vater gepflanzt hat, wird ausgerissen werden.

14 Laßt sie! Sie sind blinde Blindenführer. Wenn aber ein Blinder einen Blinden führt, fallen beide in die Grube."

15 Da nahm Petrus das Wort und sagte: "Erkläre uns den Sinn deiner Rede!"

16 Er antwortete: "Seid auch ihr noch immer ohne Verständnis?

17 Begreift ihr nicht, daß alles, was durch den Mund hineinkommt, in den Magen gelangt und dann ausgeschieden wird?

18 Was aber aus dem Mund kommt, kommt aus dem Herzen, und das macht den Menschen unrein.

19 Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsches Zeugnis und Gotteslästerung.

20 Das ist es, was den Menschen unrein macht; aber mit ungewaschenen Händen zu essen, das macht den Menschen nicht unrein."

 

Die kanaanäische Frau

21 Von dort ging Jesus weiter und zog sich in die Gegend von Tyrus und Sidon zurück.

22 Da kam eine kanaanäische Frau aus jener Gegend und rief: "Erbarme dich meiner, Herr, Sohn Davids! Meine Tochter wird von einem Dämon schrecklich geplagt."

23 Jesus aber schwieg. Da traten seine Jünger zu ihm und baten ihn: "Schick sie doch fort; sie schreit ja hinter uns her."

24 Er entgegnete: "Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt."

25 Sie aber kam herbei, fiel vor ihm nieder und bat: "Herr, hilf mir!"

26 Er erwiderte: "Es ist nicht recht, den Kindern das Brot wegzunehmen und es den Hündlein hinzuwerfen."

27 "Gewiß, Herr", sagte sie, "aber auch die Hündlein bekommen doch von den Brosamen, die vom Tisch ihrer Herren fallen."

28 Da antwortete ihr Jesus: "Frau, dein Glaube ist groß, dir geschehe nach deinem Wunsch." Von der Stunde an war ihre Tochter gesund.

 

Zweite Brotvermehrung

29 Jesus zog weiter und kam an den See von Galiläa. Er stieg auf einen Berg und setzte sich.

30 Da kamen große Volksscharen zu ihm. Sie hatten Lahme, Krüppel, Blinde, Stumme und viele andere Kranke mitgebracht und legten sie ihm zu Füßen. Und er heilte sie.

31 Als das Volk sah, wie Stumme redeten, Krüppel gesund wurden, Lahme gehen und Blinde sehen konnten, war es erstaunt und pries den Gott Israels.

32 Jesus aber rief seine Jünger zu sich und sagte: "Mich erbarmt des Volkes. Schon drei Tage harren sie bei mir aus und haben nichts mehr zu essen. Ich will sie nicht hungrig weggehen lassen, sonst könnten sie unterwegs zusammenbrechen."

33 Da sagten die Jünger zu ihm: "Woher sollen wir in dieser Einöde so viele Brote nehmen, um eine so große Menge satt zu bekommen?"

34 Jesus fragte sie: "Wie viele Brote habt ihr?" Sie sagten: "Sieben, und ein paar kleine Fische."

35 Da ließ er das Volk sich auf dem Boden lagern.

36 Dann nahm er die sieben Brote und die Fische, sprach das Dankgebet, brach die Brote und gab das Brot und die Fische seinen Jüngern, und die Jünger dem Volk.

37 Alle aßen und wurden satt. Und von den übriggebliebenen Brotstücken hoben sie noch sieben Körbe voll auf.

38 Etwa viertausend Mann waren satt geworden, nicht gerechnet die Frauen und Kinder.

39 Dann ließ er das Volk weggehen, stieg ins Boot und fuhr in die Gegend von Magadan.

 

Kapitel 16: Zeichen vom Himmel

1 Die Pharisäer und Sadduzäer traten an Jesus heran, um ihn auf die Probe zu stellen. Sie baten ihn, ihnen ein Zeichen vom Himmel vorzuführen.

2 Er aber erwiderte ihnen: "Am Abend sagt ihr: 'Es gibt schönes Wetter; denn der Himmel ist feuerrot'.

3 Am Morgen: 'Heute gibt es Regenwetter, denn der Himmel ist rot und trüb'. – Das Aussehen des Himmels versteht ihr zu beurteilen, die Zeichen der Zeit aber nicht?

4 Dieses böse und treulose Geschlecht fordert ein Zeichen. Doch wird ihm kein anderes Zeichen gegeben werden als das Zeichen des Jona." Und er ließ sie stehen und ging weg.

 

Warnung vor den Pharisäern und Sadduzäern

5 Als die Jünger am jenseitigen Ufer anlangten, hatten sie vergessen, Brot mitzunehmen.

6 Jesus sagte zu ihnen: "Gebt acht und hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer!"

7 Da machten sie sich untereinander Gedanken und sagten: "Wir haben kein Brot mitgenommen."

8 Jesus merkte das und sagte: "Ihr Kleingläubigen, was macht ihr euch untereinander Gedanken darüber, daß ihr kein Brot mitgenommen habt?

9 Begreift ihr immer noch nicht? Erinnert ihr euch nicht an die fünf Brote für die Fünftausend, und wieviele Körbe ihr aufgehoben habt?

10 Auch nicht an die sieben Brote für die Viertausend, und wieviele Körbe ihr da aufgehoben habt?

11 Warum begreift ihr nicht, daß ich nicht Brot gemeint habe, als ich zu euch sagte: Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer?"

12 Da verstanden sie, daß er nicht gemeint hatte, sie sollten sich vor dem Sauerteig, sondern vor der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer hüten.

 

Das Felsenfundament

13 Als Jesus in die Gegend von Cäsarea Philippi kam, fragte er seine Jünger: "Für wen halten die Leute den Menschensohn?"

14 Sie antworteten: "Einige für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für Jeremia oder sonst einen Propheten."

15 Er fragte sie: "Ihr aber, für wen haltet ihr mich?"

16 Simon Petrus antwortete: "Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes!"

17 Da sagte Jesus zu ihm: "Selig bist du, Simon, Sohn des Jona! Denn nicht Fleisch und Blut haben dir das geoffenbart, sondern mein Vater im Himmel.

18 Und ich sage dir: Du bist Petrus. Auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.

19 Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben. Was du auf Erden binden wirst, wird im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, wird im Himmel gelöst sein."

20 Dann verbot er den Jüngern streng, irgend jemand zu sagen, daß er der Messias sei.

 

Jesus sagt sein Leiden voraus

21 Von da an begann Jesus seinen Jüngern klarzumachen, er müsse nach Jerusalem gehen, vieles von seiten der Ältesten, Hohenpriester und Schriftgelehrten erleiden, getötet, und am dritten Tag auferweckt werden.

22 Da nahm Petrus ihn beiseite, machte ihm Vorhaltungen und sagte: "Das möge Gott verhüten, Herr! Das darf dir nicht widerfahren!"

23 Jesus aber wandte sich um und sagte zu Petrus: "Weg mit dir, Satan! Du bist mir ein Ärgernis. Du folgst nicht den Gedanken Gottes, sondern denen der Menschen."

 

Von Nachfolge und Selbstverleugnung

24 Darauf sagte Jesus zu seinen Jüngern: "Wer mir nachfolgen will, verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.

25 Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen.

26 Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber seine Seele verliert? Was kann ein Mensch geben, um seine Seele zurückzukaufen?

27 Denn der Menschensohn wird mit seinen Engeln in der Herrlichkeit seines Vaters kommen und jedem Menschen nach seinem Tun vergelten.

28 Wahrlich, ich sage euch: Von denen, die hier stehen, werden einige den Tod nicht erleiden, bevor sie den Menschensohn mit seinem Reich kommen sehen."

 

Kapitel 17: Verklärung Jesu

1 Sechs Tage später nahm Jesus nur Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes mit sich; er führte sie auf einen hohen Berg.

2 Da wurde er vor ihren Augen umgestaltet. Sein Gesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden glänzend wie das Licht.

3 Und es erschienen ihnen Mose und Elija im Gespräch mit Jesus.

4 Da sagte Petrus zu ihm: "Herr, es ist gut, daß wir hier sind. Wenn du willst, baue ich hier drei Hütten, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija."

5 Während er noch redete, überschattete sie eine leuchtende Wolke, und eine Stimme erscholl aus der Wolke: "Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; hört auf ihn!"

6 Als die Jünger das hörten, fielen sie tief erschrocken auf ihr Angesicht nieder.

7 Da trat Jesus zu ihnen, rührte sie an und sagte: "Steht auf, fürchtet euch nicht!"

8 Als sie ihre Augen erhoben, sahen sie nur Jesus allein.

9 Während sie den Berg hinabstiegen, gebot ihnen Jesus: "Erzählt niemand etwas von der Erscheinung, bevor der Menschensohn von den Toten auferweckt ist."

 

Wiederkunft des Elija

10 Und es fragten ihn seine Jünger: "Warum sagen denn die Schriftgelehrten, zuerst müsse Elija kommen?"

11 Er antwortete: "Elija kommt zwar und wird alles wiederherstellen.

12 Ich sage euch aber: Elija ist schon gekommen. Aber sie haben ihn nicht erkannt, sondern haben ihm angetan, was sie wollten – auch der Menschensohn wird von ihnen zu leiden haben."

13 Da merkten die Jünger, daß er von Johannes dem Täufer zu ihnen gesprochen hatte.

 

Der mondsüchtige Knabe

14 Als sie zur Volksmenge kamen, trat ein Mann zu ihm, warf sich vor ihm auf die Knie

15 und sagte: "Herr, erbarme dich meines Sohnes! Er ist mondsüchtig und leidet sehr darunter, denn oft fällt er ins Feuer und oft ins Wasser.

16 Ich habe ihn zu deinen Jüngern gebracht, aber sie konnten ihn nicht heilen."

17 Jesus entgegnete: "O ungläubiges und verkehrtes Geschlecht! Wie lange soll ich noch bei euch sein? Wie lange noch euch ertragen? Bringt ihn zu mir her!"

18 Jesus gebot dem Dämon, und er fuhr von dem Knaben aus, so daß er von der Stunde an geheilt war.

19 Als die Jünger mit Jesus allein waren, fragten sie ihn: "Warum konnten wir den Dämon nicht austreiben?"

20 Er sagte: "Weil ihr so wenig Glauben habt. Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, werdet ihr zu diesem Berg sagen: Rück von hier dorthin, und er wird hinüberrücken; und nichts wird euch unmöglich sein.

21 [Diese Art (von Dämonen) aber wird nur durch Gebet und Fasten ausgetrieben."]

 

Jesus sagt aufs neue sein Leiden voraus

22 Während sie in Galiläa beisammen waren, sagte Jesus zu ihnen: "Der Menschensohn wird in die Hände der Menschen überliefert werden.

23 Sie werden ihn töten; aber am dritten Tag wird er auferweckt werden." Da wurden sie sehr betrübt.

 

Die Tempelsteuer

24 Als sie nach Kafarnaum kamen, traten die Einnehmer der Tempelsteuer an Petrus heran und fragten: "Zahlt euer Meister keine Tempelsteuer?"

25 Er antwortete: "Doch!" – Als er dann das Haus betrat, kam ihm Jesus mit der Frage zuvor: "Was meinst du, Simon, von wem erheben die Könige der Erde Abgaben oder Steuern? Von ihren Söhnen oder von den Fremden?"

26 Er antwortete: "Von den Fremden!" Da sagte Jesus zu ihm: "Also sind die Söhne frei!

27 Damit wir ihnen aber keinen Anstoß geben, geh an den See, wirf die Angel aus und nimm den ersten Fisch, den du heraufholst. Öffne ihm das Maul, und du wirst einen Stater darin finden. Den nimm und gib ihn ihnen für mich und dich."

 

Kapitel 18: Rangstreit der Jünger

1 In jener Stunde traten die Jünger zu Jesus und fragten: "Wer ist im Himmelreich der Größte?"

2 Da rief er ein Kind herbei, stellte es mitten unter sie

3 und sagte: "Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet, werdet ihr keinesfalls in das Himmelreich eingehen.

4 Wer sich nun erniedrigt wie dieses Kind, der ist der Größte im Himmelreich.

5 Und wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf.

 

Ärgernis

6 Wer aber einem von diesen Kleinen, die an mich glauben, Anlaß zur Sünde gibt, für den wäre es besser, daß ihm ein Mühlstein um den Hals gehängt und er in die Tiefe des Meeres versenkt würde.

7 Wehe der Welt wegen der Verführungen! Es müssen zwar Verführungen kommen; doch wehe dem Menschen, durch den die Verführung kommt!

8 Wenn deine Hand oder dein Fuß dich zur Sünde verführt, dann hau sie ab und wirf sie von dir. Es ist besser für dich, verstümmelt oder lahm ins Leben einzugehen, als mit zwei Händen und zwei Füßen in das ewige Feuer geworfen zu werden.

9 Und wenn dein Auge dich zur Sünde verführt, dann reiß es aus und wirf es von dir. Es ist besser für dich, mit einem Auge ins Leben einzugehen, als mit zwei Augen in das Feuer der Hölle geworfen zu werden.

10 Hütet euch, daß ihr keinen von diesen Kleinen verachtet! Denn ich sage euch: Ihre Engel sehen im Himmel allezeit das Angesicht meines himmlischen Vaters.

11 [Denn der Menschensohn ist gekommen, um zu retten, was verloren ist.]

 

Das verlorene Schaf

12 Was meint ihr: Wenn einer hundert Schafe hat und eines davon sich verirrt, läßt er da nicht die neunundneunzig anderen auf den Bergen und macht sich auf, das verirrte zu suchen?

13 Und wenn er Glück hat und es findet, wahrlich, ich sage euch: Er freut sich über dieses eine mehr als über die neunundneunzig, die sich nicht verirrt haben.

14 So will auch euer Vater im Himmel nicht, daß eins von diesen Kleinen verlorengeht.

 

Brüderliche Zurechtweisung

15 Wenn aber dein Bruder gegen dich gefehlt hat, geh hin und stelle ihn unter vier Augen zur Rede. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder gewonnen.

16 Hört er aber nicht, dann nimm noch einen oder zwei mit dir, damit durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen alles festgestellt werde.

17 Hört er auch auf sie nicht, dann sag es der Gemeinde. Hört er aber selbst auf die Gemeinde nicht, gelte er dir wie ein Heide oder Zöllner.

18 Wahrlich, ich sage euch: Alles, was ihr auf Erden bindet, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was ihr auf Erden löst, soll auch im Himmel gelöst sein.

19 Weiter sage ich euch: Wenn zwei von euch auf Erden um irgend etwas einmütig bitten, wird es ihnen von meinem himmlischen Vater zuteil werden.

20 Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen."

 

Der unbarmherzige Knecht

21 Da trat Petrus zu ihm und fragte: "Herr, wenn mein Bruder sich gegen mich versündigt, wie oft muß ich ihm vergeben? Bis zu siebenmal?"

22 Jesus sagte zu ihm: "Nicht bis zu siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal.

23 Deshalb ist es mit dem Himmelreich wie mit einem König, der mit seinen Knechten abrechnen wollte.

24 Als er mit der Abrechnung begann, führte man einen zu ihm, der ihm zehntausend Talente schuldig war.

25 Da er aber nicht bezahlen konnte, befahl der Herr, ihn, seine Frau und seine Kinder und seinen ganzen Besitz zu verkaufen und so die Schuld zu begleichen.

26 Da fiel ihm der Knecht zu Füßen und flehte: 'Herr, habe Geduld mit mir! Ich will dir alles bezahlen.'

27 Der Herr erbarmte sich jenes Knechtes, gab ihn frei und erließ ihm die Schuld.

28 Als nun jener Knecht wegging, traf er einen seiner Mitknechte, der ihm hundert Denare schuldig war. Den packte und würgte er und sagte: 'Bezahle, was du schuldig bist!'

29 Da fiel sein Mitknecht vor ihm nieder und flehte: 'Habe Geduld mit mir, ich will dir alles bezahlen.'

30 Er aber wollte nicht, sondern ging hin und ließ ihn in den Kerker werfen, bis er die Schuld bezahlt habe.

31 Seine Mitknechte waren empört, als sie sahen, was geschehen war. Sie gingen hin und meldeten den Vorfall ihrem Herrn.

32 Da ließ er ihn zu sich rufen und sagte zu ihm: 'Du böser Knecht! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich angefleht hast.

33 Hättest du nicht auch mit deinem Mitknecht Erbarmen haben müssen, wie ich mich deiner erbarmt habe?'

34 Und der Herr übergab ihn voll Zorn den Folterknechten, bis er die ganze Schuld bezahlt habe.

35 So wird auch mein himmlischer Vater mit euch verfahren, wenn nicht ein jeder von euch seinem Bruder von Herzen vergibt."

 

Kapitel 19: Jesu Wirken in Judäa und Jerusalem – Aufbruch nach Jerusalem

Unauflöslichkeit der Ehe

1 Als Jesus diese Rede beendet hatte, brach er von Galiläa auf und zog in das Gebiet von Judäa jenseits des Jordans.

2 Eine große Volksmenge folgte ihm, und er heilte sie dort.

3 Da traten Pharisäer an ihn heran, um ihn auf die Probe zu stellen, und fragten: "Ist es dem Mann erlaubt, aus jedem beliebigen Grund seine Frau aus der Ehe zu entlassen?"

4 Er antwortete: "Habt ihr nicht gelesen, daß der Schöpfer am Anfang den Menschen als Mann und Frau geschaffen

5 und gesagt hat: Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden, und die zwei werden ein Fleisch sein?

6 Sie sind also nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch. Was nun Gott verbunden hat, darf der Mensch nicht trennen."

7 Da sagten sie ihm: "Warum hat dann Mose geboten, der Frau eine Scheidungsurkunde auszustellen und sie zu entlassen?"

8 Er sagte zu ihnen: "Wegen eurer Herzenshärte hat Mose euch erlaubt, eure Frauen zu entlassen; am Anfang jedoch war es nicht so.

9 Ich sage euch aber: Wer seine Frau entläßt – außer wegen Unzucht – und eine andere heiratet, bricht die Ehe."

 

Freiwillige Ehelosigkeit

10 Da sagten die Jünger zu ihm: "Wenn es um das Verhältnis von Mann und Frau so steht, dann ist es nicht ratsam zu heiraten."

11 Er sagte ihnen: "Nicht alle fassen dieses Wort, sondern nur die, denen es gegeben ist:

12 Manche können wegen eines Geburtsfehlers nicht eine Ehe schließen, andere werden von Menschen an der Eheschließung gehindert und einige gehen aus eigener Entscheidung, um des Himmelreiches willen, nicht eine Ehe ein. Der es fassen kann, fasse es."

 

Jesus und die Kinder

13 Da brachte man Kinder zu ihm, damit er ihnen die Hände auflege und für sie bete. Die Jünger aber wiesen die Leute schroff ab.

14 Doch Jesus sagte: "Laßt die Kinder, und hindert sie nicht, zu mir zu kommen, denn den so Beschaffenen gehört das Himmelreich."

15 Er legte ihnen die Hände auf und zog von dort weiter.

 

Der reiche Jüngling

16 Da trat einer herzu und fragte ihn: "Meister, was muß ich Gutes tun, um das ewige Leben zu erlangen?"

17 Er sagte zu ihm: "Was fragst du mich nach dem Guten? Einer ist der Gute. Willst du aber ins Leben eingehen, so halte die Gebote!"

18 Er fragte ihn: "Welche?" Jesus sagte: "Du sollst nicht töten! Du sollst nicht ehebrechen! Du sollst nicht stehlen! Du sollst kein falsches Zeugnis ablegen!

19 Du sollst Vater und Mutter ehren und deinen Nächsten lieben wie dich selbst!"

20 Der junge Mann erwiderte ihm: "Dies alles habe ich befolgt. Was fehlt mir noch?"

21 Jesus sagte ihm: "Wenn du vollkommen sein willst, geh hin, verkaufe, was du hast, und gib den Erlös den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben. Dann komm und folge mir!"

22 Als der junge Mann das hörte, ging der betrübt davon; denn er besaß viele Güter.

 

Gefahr des Reichtums

23 Jesus aber sagte zu seinen Jüngern: "Wahrlich, ich sage euch: Ein Reicher wird nur schwer in das Himmelreich eingehen.

24 Noch einmal sage ich euch: Leichter ist es, daß ein Kamel durch ein Nadelöhr hindurchgeht, als daß ein Reicher in das Reich Gottes hineinkommt."

25 Als die Jünger das hörten, erschraken sie sehr und fragten: "Wer kann dann gerettet werden?"

26 Jesus schaute sie an und sagte zu ihnen: "Bei Menschen ist das unmöglich, bei Gott aber ist alles möglich."

 

Lohn der freiwilligen Armut

27 Da nahm Petrus das Wort und sagte: "Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt. Was wird uns zuteil werden?"

28 Jesus sagte ihnen: "Wahrlich, ich sage euch: Ihr, die ihr mir nachgefolgt seid, werdet bei der Erneuerung der Welt, wenn der Menschensohn auf dem Thron seiner Herrlichkeit sitzt, ebenfalls auf zwölf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten.

29 Und jeder, der um meines Namens willen Häuser oder Brüder, Schwestern, Vater, Mutter, Kinder oder Äcker verläßt, wird hundertfach empfangen und ewiges Leben gewinnen.

30 Viele, die die Ersten sind, werden die Letzten, und viele, die die Letzten sind, werden die Ersten sein.

 

Kapitel 20: Die Arbeiter im Weinberg

1 Denn mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Hausherrn, der gleich am frühen Morgen ausging, um Arbeiter für seinen Weinberg in Dienst zu nehmen.

2 Er einigte sich mit den Arbeitern auf einen Tagelohn von einem Denar und schickte sie in seinen Weinberg.

3 Auch um die dritte Stunde ging er aus, und als er andere untätig auf dem Markt herumstehen sah,

4 sagte er zu ihnen: 'Geht auch ihr in meinen Weinberg; ich will euch geben, was recht ist.'

5 Sie gingen hin. Um die sechste und neunte Stunde ging er abermals aus und machte es ebenso.

6 Als er um die elfte Stunde ausging, sah er noch andere herumstehen. Er fragte sie: 'Was steht ihr den ganzen Tag müßig herum?'

7 Sie sagten: 'Niemand hat uns eingestellt.' Er erwiderte ihnen: 'Geht auch ihr in meinen Weinberg!'

8 Als es Abend geworden war, sagte der Herr des Weinbergs zu seinem Verwalter: 'Rufe die Arbeiter und zahle ihnen den Lohn aus, angefangen mit den letzten, bis zu den ersten.'

9 Da kamen die, die er um die elfte Stunde eingestellt hatte, und erhielten je einen Denar.

10 Als dann die ersten kamen, dachten sie, sie würden mehr erhalten. Aber auch sie erhielten je einen Denar.

11 Als sie ihn aber erhielten, murrten sie gegen den Hausherrn

12 und sagten: 'Die Letzten da haben nur eine Stunde gearbeitet, und du hast sie uns gleichgestellt, die wir die Last des Tages und die Hitze ertragen haben.'

13 Da sagte er einem von ihnen: 'Freund, ich tue dir kein Unrecht. Bist du nicht für einen Denar mit mir einig geworden?

14 Nimm, was dein ist, und geh! Ich will dem Letzten ebensoviel geben wie dir.

15 Oder darf ich mit meinem Eigentum nicht machen, was ich will? Bist du etwa neidisch, wenn ich (zu anderen) gütig bin?'

16 So werden die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten sein."

 

Jesus sagt zum drittenmal sein Leiden voraus

17 Jesus zog hinauf nach Jerusalem. Unterwegs nahm er die zwölf Jünger beiseite und sagte zu ihnen:

18 "Seht, wir ziehen nun nach Jerusalem hinauf. Dort wird der Menschensohn den Hohenpriestern und Schriftgelehrten übergeben werden. Die werden ihn zum Tod verurteilen

19 und ihn den Heiden ausliefern, auf daß er verspottet, gegeißelt und gekreuzigt werde. Doch am dritten Tag wird er auferweckt."

 

Die Söhne des Zebedäus

20 Da kam die Mutter der Söhne des Zebedäus mit ihren Söhnen zu Jesus und warf sich vor ihm nieder; sie wollte ihm eine Bitte vortragen.

21 Er fragte sie: "Was willst du?" Sie sagte zu ihm: "Laß diese meine beiden Söhne in deinem Reich den einen zu deiner Rechten und den andern zu deiner Linken sitzen."

22 Jesus entgegnete: "Ihr wißt nicht, um was ihr bittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde?" Sie sagten zu ihm: "Wir können es."

23 Da sagte er zu ihnen: "Meinen Kelch werdet ihr zwar trinken. Aber den Platz zu meiner Rechten oder zur Linken habe nicht ich zu vergeben; er ist für die, denen er von meinem Vater bereitet ist."

24 Als die übrigen zehn das hörten, ärgerten sie ich über die beiden Brüder.

25 Da rief sie Jesus zu sich und sagte: "Ihr wißt, daß die Herrscher ihre Völker mit Gewalt regieren und daß die Großen sie unterdrücken.

26 Bei euch soll es nicht so sein! Vielmehr – wer bei euch der Größte sein will, soll euer Diener sein,

27 und wer bei euch der Erste sein will, soll euer Knecht sein;

28 wie auch der Menschensohn nicht gekommen ist, sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele."

 

Die Blinden von Jericho

29 Als sie Jericho verließen, folgte ihm eine große Volksmenge.

30 Am Weg saßen zwei Blinde. Als sie hörten, Jesus gehe vorbei, riefen sie laut: "Herr, Sohn Davids, erbarme dich unser!"

31 Die Menge fuhr sie an, sie sollten schweigen. Doch sie schrien noch lauter: "Herr, Sohn Davids, erbarme dich unser!"

32 Da blieb Jesus stehen, rief sie herbei und fragte: "Was wollt ihr von mir?"

33 Sie baten ihn: "Herr, wir möchten, daß unsere Augen sich öffnen."

34 Voll Mitleid berührte Jesus ihre Augen. Sogleich konnten sie wieder sehen und folgten ihm.

 

Kapitel 21: Tage der Entscheidung

Einzug in Jerusalem

1 Als sie sich Jerusalem näherten und nach Betfage am Ölberg kamen, sandte Jesus zwei Jünger voraus

2 mit dem Auftrag: "Geht in das Dorf, das vor euch liegt; dort werdet ihr eine Eselin angebunden finden mit ihrem Fohlen. Bindet sie los und führt sie zu mir!

3 Und wenn euch deswegen jemand anspricht, so antwortet: Der Herr braucht sie, er schickt sie aber bald zurück."

4 Das ist geschehen, damit sich das Wort des Propheten erfülle:

5 "Sagt der Tochter Zion: Dein König kommt zu dir voll Sanftmut. Er sitzt auf einem Esel, auf einem Fohlen, dem Jungen eines Lasttiers."

6 Die Jünger gingen hin und taten, wie Jesus ihnen befohlen hatte.

7 Sie brachten die Eselin und das Fohlen, legten ihre Kleider auf sie, und er setzte sich darauf.

8 Sehr viele aus dem Volk breiteten ihre Kleider auf dem Weg aus, andere schnitten Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg.

9 Die Volksscharen, die ihm vorauszogen und die nachfolgten, riefen mit lauter Stimme: "Hosanna dem Sohn Davids! Gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn! Hosanna in der Höhe!"

10 Als er in Jerusalem einzog, geriet die ganze Stadt in Erregung, und fragte: "Wer ist dieser?"

11 Die Menge, die ihn begleitete, sagte: "Das ist der Prophet Jesus von Nazaret in Galiläa."

 

Reinigung des Tempels

12 Darauf ging Jesus in den Tempel, trieb alle Verkäufer und Käufer aus dem Tempel hinaus, stieß die Tische der Geldwechsler und die Stände der Taubenhändler um

13 und sagte zu ihnen: "Es steht geschrieben: 'Mein Haus soll ein Haus des Gebetes sein.' – Ihr aber macht es zu einer Räuberhöhle."

14 Im Tempel kamen Lahme und Blinde zu ihm, und er heilte sie.

15 Als die Hohenpriester und die Schriftgelehrten die Wunder sahen, die er wirkte, und die Kinder hörten, die im Tempel laut: "Hosanna dem Sohn Davids!" riefen, wurden sie ungehalten

16 und sagten zu ihm: "Hörst du, was sie rufen?" Jesus aber sagte ihnen: "Gewiß! Habt ihr noch nie gelesen: 'Aus dem Mund von Kindern und Säuglingen hast du dir Lob bereitet?'"

17 Damit ließ er sie stehen, ging aus der Stadt hinaus nach Betanien und blieb dort über Nacht.

 

Der unfruchtbare Feigenbaum

18 Als er frühmorgens in die Stadt zurückkehrte, hungerte ihn.

19 Da sah er am Weg einen Feigenbaum. Er ging auf ihn zu, fand an ihm aber nichts als Blätter. Da sagte er zu ihm: "In Ewigkeit soll an dir keine Frucht mehr wachsen." Der Feigenbaum verdorrte auf der Stelle.

20 Als die Jünger das sahen, fragten sie verwundert: "Wie konnte der Feigenbaum auf der Stelle verdorren?"

21 Jesus antwortete ihnen: "Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr Glauben habt und nicht zweifelt, dann werdet ihr nicht nur vollbringen, was am Feigenbaum geschehen ist; selbst wenn ihr zu diesem Berg sagt: 'Erhebe dich und stürze dich ins Meer!', so wird es geschehen;

22 und alles, was ihr im Gebet gläubig erbittet, werdet ihr erhalten."

 

Die Vollmachtsfrage

23 Dann ging er in den Tempel und lehrte. Da traten die Hohenpriester und die Ältesten des Volkes zu ihm und fragten: "Mit welcher Vollmacht tust du dies? Und wer hat dir diese Vollmacht gegeben?"

24 Jesus erwiderte ihnen: "Ich will euch auch eine Frage vorlegen. Wenn ihr sie mir beantwortet, sage ich euch auch, mit welcher Vollmacht ich dies tue:

25 Woher stammte die Taufe des Johannes? Vom Himmel oder von Menschen?" Sie überlegten untereinander: "Sagen wir: Vom Himmel, so wird er uns entgegnen: Warum habt ihr ihm dann nicht geglaubt?

26 Sagen wir aber: Von Menschen, so haben wir das Volk zu fürchten; denn alle halten Johannes für einen Propheten."

27 So gaben sie Jesus zur Antwort: "Wir wissen es nicht." Da sagte er zu ihnen: "Dann sage ich euch auch nicht, mit welcher Vollmacht ich dies tue."

 

Die ungleichen Brüder

28 "Was meint ihr? Ein Mann hatte zwei Söhne. Er ging zum ersten und sagte: 'Mein Sohn, geh und arbeite heute im Weinberg!'

29 Der antwortete: 'Ich gehe, Herr!' – ging aber nicht hin.

30 Da ging er zum zweiten und sprach ebenso. Der antwortete: 'Ich will nicht!'; nachher aber tat es ihm leid, und er ging hin.

31 Wer von den beiden hat den Willen des Vaters erfüllt?" Sie antworteten: "Der zweite." Da sagte Jesus zu ihnen: "Wahrlich, ich sage euch: Die Zöllner und Dirnen kommen noch vor euch in das Reich Gottes.

32 Denn Johannes kam zu euch auf dem Weg der Gerechtigkeit, und ihr habt ihm nicht geglaubt. Die Zöllner und die Dirnen aber haben ihm geglaubt. Ihr habt das gesehen und habt auch später nicht bereut und ihm geglaubt.

 

Die bösen Winzern

33 Hört ein anderes Gleichnis: Ein Hausherr legte einen Weinberg an. Er umgab ihn mit einem Zaun, grub darin eine Kelter und baute einen Turm. Dann verpachtete er ihn an Winzer und ging außer Landes.

34 Als die Zeit der Weinlese kam, schickte er seine Knechte zu den Winzern, um seine Früchte abzuholen.

35 Doch die Winzer ergriffen seine Knechte: den einen schlugen sie, den anderen töteten sie, einen dritten steinigten sie.

36 Er schickte wieder andere Knechte, mehr als zuvor. Mit diesen verfuhren sie ebenso.

37 Zuletzt sandte er seinen Sohn zu ihnen, weil er sich sagte: 'Vor meinem Sohn werden sie Respekt haben.'

38 Als aber die Winzer den Sohn erblickten, sagten sie zueinander: 'Das ist der Erbe! Auf, laßt uns ihn töten und sein Erbe in Besitz nehmen.'

39 Sie ergriffen ihn also, warfen ihn aus dem Weinberg hinaus und töteten ihn.

40 Wenn nun der Herr des Weinbergs kommt: Was wird er wohl mit jenen Winzern tun?"

41 Sie sagten zu ihm: "Er wird diesen Bösewichten ein schlimmes Ende bereiten und seinen Weinberg an andere Winzer verpachten, die ihm den Ertrag zur rechten Zeit abliefern."

42 Da sagte Jesus zu ihnen: "Habt ihr noch nie in der Schrift gelesen: 'Der Stein, den die Bauleute verwarfen, der ist zum Eckstein geworden; das ist das Werk des Herrn, als ein Wunder steht es vor unseren Augen?'

44 Und wer auf diesen Stein fällt, der wird zerschellen; auf wen er aber fällt, den wird er zermalmen.

43 Darum sage ich euch: Das Reich Gottes wird euch genommen und einem Volk gegeben werden, das seine Früchte bringt."

45 Als die Hohenpriester und die Pharisäer seine Gleichnisse hörten, merkten sie, daß er über sie redete.

46 Sie hätten ihn gern festnehmen lassen; aber sie fürchteten sich vor dem Volk, weil es ihn für einen Propheten hielt.

 

Kapitel 22: Das königliche Hochzeitsmahl

1 Jesus fuhr fort, zu ihnen in Gleichnissen zu reden.

2 Er sagte: "Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem König, der für seinen Sohn die Hochzeitsfeier bereitete.

3 Er schickte seine Knechte, die Geladenen zur Hochzeit zu rufen. Doch sie wollten nicht kommen.

4 Er sandte nochmals andere Knechte aus und gab ihnen den Auftrag, den Geladenen zu sagen: 'Seht, ich habe mein Mahl bereitet, meine Ochsen und mein Mastvieh sind geschlachtet, alles steht bereit. Kommt zur Hochzeit!'

5 Sie aber kümmerten sich nicht darum, sondern gingen fort: der eine auf sein Landgut, der andere zu seinem Geschäft,

6 die übrigen aber fielen über seine Knechte her, mißhandelten sie und schlugen sie tot.

7 Als der König das erfuhr, wurde er zornig, sandte sein Heer aus, ließ die Mörder töten und ihre Stadt in Brand stecken.

8 Dann sagte er zu seinen Knechten: 'Die Hochzeit ist zwar bereitet, aber die Geladenen waren nicht würdig.

9 Geht also hinaus auf die Straßenkreuzungen und ladet zur Hochzeitsfeier, wen ihr nur findet.'

10 Die Knechte gingen auf die Straßen hinaus und brachten alle herbei, die sie fanden, Gute und Böse, und der Hochzeitssaal füllte sich mit Gästen.

11 Als nun der König eintrat, um sich die Gäste anzusehen, fiel sein Blick auf einen, der nicht mit einem Gewand für die Hochzeit bekleidet war.

12 Er sagte zu ihm: 'Freund, wie konntest du es wagen, hier ohne Hochzeitsgewand zu erscheinen?' – Der aber schwieg.

13 Da befahl der König den Dienern: 'Bindet ihm Hände und Füße, und werft ihn hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein.'

14 Viele sind zwar berufen, wenige aber auserwählt."

 

Die Steuerfrage

15 Darauf planten die Pharisäer, ihn zu Äußerungen zu verleiten, wegen der man ihn anklagen könnte.

16 Sie schickten ihre Jünger zusammen mit Herodianern zu ihm und ließen sagen: "Meister, wir wissen, daß du wahrhaftig bist und den Weg Gottes der Wahrheit gemäß lehrst; du nimmst auf niemand Rücksicht, denn du achtest nicht auf das Ansehen des Menschen.

17 So sage uns denn deine Meinung: Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuern zu zahlen, oder nicht?"

18 Jesus aber durchschaute ihre Bosheit und sagte: "Was versucht ihr mich, ihr Heuchler?

19 Zeigt mir eine Steuermünze!" Da brachten sie einen Denar herbei.

20 Jesus fragte sie: "Wessen Bild und Aufschrift ist das?"

21 Sie sagten: "Des Kaisers." Da sagte Jesus zu ihnen: "Dann gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört."

22 Als sie das hörten, waren sie verblüfft, ließen ihn stehen und gingen davon.

 

Die Auferstehungsfrage

23 Am selben Tag kamen Sadduzäer zu Jesus, die behaupteten, es gäbe keine Auferstehung. Sie fragten ihn:

24 "Meister, Mose hat geboten: Wenn ein Mann kinderlos stirbt, so soll sein Bruder dessen Frau heiraten und für seinen Bruder Nachkommen erwecken.

25 Nun waren bei uns sieben Brüder. Der erste heiratete und starb. Da er kinderlos geblieben war, hinterließ er seine Frau seinem Bruder.

26 Ebenso ging es mit dem zweiten und dem dritten bis zum siebten.

27 Zuletzt von allen starb die Frau.

28 Wem von den Sieben wird die Frau nun bei der Auferstehung gehören? Alle haben sie ja geheiratet."

29 Jesus gab ihnen zur Antwort: "Ihr seid im Irrtum; ihr kennt weder die Schrift noch die Macht Gottes.

30 Denn nach der Auferstehung heiraten sie nicht mehr und werden auch nicht geheiratet; sie werden sein wie die Engel im Himmel.

31 Was aber die Auferstehung der Toten betrifft: Habt ihr nicht den Ausspruch Gottes an euch gelesen, der da sagt:

32 'Ich bin der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs?' – Er ist doch nicht der Gott von Toten, sondern von Lebenden."

33 Als die Volksscharen das hörten, staunten sie über seine Lehre.

 

Das größte Gebot

34 Als die Pharisäer erfuhren, daß er die Sadduzäer zum Schweigen gebracht hatte, kamen sie zusammen,

35 und einer von ihnen, ein Gesetzeslehrer, stellte ihn auf die Probe und fragte:

36 "Meister, welches ist das größte Gebot im Gesetz?"

37 Er sagte: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand.

38 Das ist das größte und erste Gebot.

39 Das zweite aber ist diesem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.

40 An diesen beiden Geboten hängen das ganze Gesetz und die Propheten."

 

Der Sohn Davids

41 Als die Pharisäer beisammen waren, richtete Jesus an sie eine Frage:

42 "Was haltet ihr vom Messias? Wessen Sohn ist er?" Sie antworteten ihm: "Davids."

43 Da sagte er zu ihnen: "Inwiefern nennt ihn dann David im Geist 'Herr', da er sagt:

44 'Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich dir deine Feinde als Schemel zu Füßen lege?'

45 Wenn nun David ihn 'Herr' nennt, inwiefern ist er da sein Sohn?"

46 Darauf konnte ihm niemand eine Antwort geben. Von dem Tag an wagte auch niemand mehr, ihm Fragen zu stellen.

 

Kapitel 23: Wehrufe über die Pharisäer

1 Dann sprach Jesus zu den Volksscharen und zu seinen Jüngern.

2 Er sagte: "Die Schriftgelehrten und die Pharisäer sitzen auf dem Lehrstuhl des Mose.

3 Tut und befolgt darum alles, was sie euch sagen; aber nach ihren Werken richtet euch nicht. Denn sie reden zwar, handeln aber nicht danach.

4 Sie binden schwere und untragbare Lasten und legen sie den Menschen auf die Schultern, selbst aber krümmen sie keinen Finger, um sie zu heben.

5 Alle ihr Werke tun sie, um sich vor den Menschen zur Schau zu stellen. Sie machen ihre Gebetsriemen breit und die Quasten an ihren Gewändern lang,

6 bei Festmahlen und in der Synagoge nehmen sie gern die ersten Sitze ein,

7 und auf den öffentlichen Plätzen wollen sie gegrüßt und von den Leuten Meister genannt werden.

8 Ihr aber sollt euch nicht Meister nennen lassen; denn nur einer ist euer Meister, ihr alle aber seid Brüder.

9 Auch Vater nennt niemanden auf Erden; denn nur einer ist euer Vater, der im Himmel.

10 Und laßt euch nicht Lehrer nennen; denn nur einer ist euer Lehrer, Christus.

11 Wer der Größte unter euch ist, soll euer Diener sein.

12 Wer aber sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.

13 Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr verschließt das Himmelreich vor den Menschen. Ihr selbst tretet nicht ein, und ihr laßt auch die nicht hinein, die hinein wollen.

14 [Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr reißt die Häuser der Witwen an euch und sprecht dabei lange Gebete; ein desto strengeres Gericht habt ihr darum zu erwarten.]

15 Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr zieht durch Länder und Meere, um einen einzigen Proselyten zu gewinnen; und sobald ihr ihn gewonnen habt, macht ihr ihn zu einem Sohn der Hölle, doppelt so schlimm wie ihr.

16 Wehe euch, ihr blinden Führer! Ihr sagt: Wenn einer beim Tempel schwört, so gilt das nicht; schwört er aber beim Gold des Tempels, so ist er gebunden.

17 Ihr Toren und Blinden, was ist denn größer: das Gold oder der Tempel, der das Gold erst heiligt?

18 Ihr sagt auch: Wenn einer beim Altar schwört, so gilt das nicht; schwört er aber bei der Opfergabe, die darauf liegt, so ist er gebunden.

19 Ihr Blinden, was ist denn größer: die Opfergabe oder der Altar, der die Opfergabe erst heiligt?

20 Wer beim Altar schwört, der schwört bei diesem und bei allem, was darauf liegt.

21 Wer beim Tempel schwört, der schwört bei diesem und bei dem, der darin wohnt.

22 Und wer beim Himmel schwört, der schwört bei Gottes Thron und bei dem, der auf dem Thron sitzt.

23 Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr gebt den Zehnten von Minze, Anis und Kümmel, das Wichtigste des Gesetzes aber laßt ihr außer acht: Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Treue. Das eine soll man tun, das andere nicht lassen.

24 Ihr blinden Führer! Ihr seiht die Mücke und verschluckt das Kamel.

25 Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr reinigt das Äußere von Bechern und Schüsseln, inwendig aber sind sie voll Raub und Gier.

26 Du blinder Pharisäer, reinige zuerst das Innere des Bechers, dann wird auch das Äußere rein werden.

27 Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr gleicht übertünchten Gräbern, von außen sehen sie zwar schön aus; innen aber sind sie voll von Totengebein und allem Unrat.

28 So erscheint auch ihr äußerlich gerecht vor den Menschen, innen aber seid ihr voll Heuchelei und Gesetzlosigkeit.

29 Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr baut den Propheten Grabstätten und schmückt die Denkmäler der Gerechten

30 und sagt: Hätten wir in den Tagen unserer Väter gelebt, hätten wir uns am Blut der Propheten nicht mitschuldig gemacht.

31 Also stellt ihr euch selbst das Zeugnis aus, daß ihr die Söhne von Prophetenmördern seid.

32 Macht nur das Maß eurer Väter voll!

33 Ihr Schlangen und Natterngezücht! Wie wollt ihr der Verurteilung zur Hölle entrinnen?

34 Seht: Ich sende zu euch Propheten, Weise und Schriftgelehrte. Die einen von ihnen werdet ihr töten und kreuzigen, die anderen in euren Synagogen geißeln und von Stadt zu Stadt verfolgen,

35 damit über euch das Blut aller Gerechten komme, das auf Erden vergossen ward, vom Blut des gerechten Abel bis zum Blut des Zacharias, des Sohnes des Barachias, den ihr zwischen dem Tempel und dem Altar ermordet habt.

36 Wahrlich, ich sage euch: Dies alles wird über dieses Geschlecht kommen.

 

Wehruf über Jerusalem

37 Jerusalem, Jerusalem! Du mordest die Propheten und steinigst, die zu dir gesandt sind! Wie oft wollte ich deine Kinder sammeln, wie eine Henne ihre Küken unter die Flügel sammelt; aber ihr habt nicht gewollt.

38 Siehe, euer Haus soll euch verödet überlassen werden.

39 Denn ich sage euch: Ihr werdet mich von nun an nicht mehr sehen, bis ihr ruft: Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn!"

 

Kapitel 24: Weissagung vom Ende

Anlaß

1 Jesus verließ den Tempel und ging des Weges, als seine Jünger herzutraten und auf die Prachtbauten des Tempels hinwiesen.

2 Er sagte zu ihnen: "Seht ihr das alles? Wahrlich, ich sage euch: Hier wird nicht ein Stein auf dem anderen bleiben, der nicht niedergerissen wird."

3 Als er sich dann auf dem Ölberg niedergelassen hatte, traten die Jünger, die mit ihm allein waren, zu ihm und sagten: "Sag uns, wann wird dies geschehen, und was ist das Zeichen deiner Ankunft und des Weltendes?"

 

Vorausgehende Drangsale

4 Jesus antwortete ihnen: "Seht zu, daß euch niemand irreführt!

5 Denn viele werden unter meinem Namen auftreten und sagen: 'Ich bin der Messias!' Und sie werden viele irreführen.

6 Ihr werdet von Kriegen und Kriegsgerüchten hören. Habt acht, laßt euch nicht erschrecken! Denn das alles muß kommen, bedeutet aber noch nicht das Ende.

7 Denn Volk wird sich gegen Volk, Reich gegen Reich erheben. Hungersnot und Pest und Erdbeben wird es allenthalben geben.

8 Doch das alles ist erst der Anfang der Wehen.

9 Dann wird man euch bedrängen und euch töten; um meines Namens willen werdet ihr von allen Völkern gehaßt sein.

10 Dann werden viele zu Fall kommen, einander verraten und hassen.

11 Falsche Propheten werden in großer Zahl auftreten und viele irreführen.

12 Weil die Gesetzlosigkeit überhandnimmt, wird die Liebe der meisten erkalten.

13 Wer aber ausharrt bis ans Ende, wird gerettet werden.

14 Dieses Evangelium vom Reich wird in der ganzen Welt verkündet werden, zum Zeugnis für alle Völker. – Dann erst kommt das Ende.

 

Vorzeichen der Zerstörung Jerusalems

15 Wenn ihr nun den 'verwüstenden Greuel' an heiliger Stätte stehen seht, von dem der Prophet Daniel gesprochen hat – wer es liest, der beachte es wohl! –

16 dann sollen die Leute in Judäa ins Gebirge flüchten.

17 Wer auf dem Dach ist, steige nicht hinab, um noch die Sachen aus seinem Haus zu holen.

18 Wer auf dem Feld ist, kehre nicht zurück, um seinen Mantel zu holen.

19 Wehe den hoffenden und stillenden Müttern in jenen Tagen!

20 Betet aber, daß eure Flucht nicht in den Winter fällt oder auf einen Sabbat.

 

Die große Drangsal

21 Denn dann wird eine so große Drangsal kommen, wie es von Anbeginn der Welt bis jetzt noch keine gegeben hat, noch je geben wird.

22 Und würden jene Tage nicht abgekürzt, so würde kein Mensch gerettet werden. Aber um der Auserwählten willen werden jene Tage abgekürzt.

23 Wenn dann jemand zu euch sagt: 'Seht, hier ist der Messias!', oder: 'dort!' – glaubt es nicht!

24 Denn es werden falsche Messias und falsche Propheten auftreten und große Zeichen und Wunder wirken, um – wenn möglich – selbst die Auserwählten irrezuführen.

25 Seht, ich habe es euch vorausgesagt.

26 Wenn man also zu euch sagt: 'Seht, er ist in der Wüste!', so geht nicht hinaus; oder: 'Seht, er ist in den Gemächern!', so glaubt es nicht.

27 Denn wie der Blitz im Osten aufzuckt und bis zum Westen hin leuchtet, so wird es auch mit der Ankunft des Menschensohnes sein.

28 Wo ein Aas ist, da sammeln sich die Geier.

 

Wiederkunft Christi

29 Sogleich nach der Drangsal jener Tage wird sich die Sonne verfinstern und der Mond seinen Schein verlieren, die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels erschüttert werden.

30 Dann wird das Zeichen des Menschensohnes am Himmel erscheinen. Da werden alle Stämme der Erde wehklagen. Sie werden den Menschensohn auf den Wolken des Himmels mit großer Macht und Herrlichkeit kommen sehen.

31 Er wird seine Engel aussenden mit lautem Posaunenschall, und sie werden seine Auserwählten von den vier Windrichtungen zusammenführen, von einem Ende des Himmels bis zum anderen.

 

Gleichnis vom Feigenbaum

32 Vom Feigenbaum lernt das Gleichnis: Wenn seine Zweige saftig werden und Blätter treiben, wißt ihr, daß der Sommer nahe ist.

33 So sollt auch ihr, wenn ihr dies alles seht, wissen, daß er nahe ist, vor der Tür.

34 Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bevor das alles eintrifft.

35 Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.

36 Um jenen Tag aber und jene Stunde weiß niemand etwas, auch nicht die Engel des Himmels, auch nicht der Sohn, sondern allein der Vater.

 

Mahnung zur Wachsamkeit

37 Wie in den Tagen des Noach, so wird es bei der Ankunft des Menschensohnes sein.

38 Denn in den Tagen vor der Sintflut aßen und tranken sie, heirateten und verheirateten, bis zu dem Tag, da Noach in die Arche ging;

39 und sie kamen nicht zur Einsicht, bis die Sintflut hereinbrach und alles hinwegraffte. So wird es auch bei der Ankunft des Menschensohnes sein.

40 Dann werden zwei auf dem Feld sein: der eine wird aufgenommen, der andere zurückgelassen.

41 Zwei Frauen werden auf einer Mühle mahlen: die eine wird aufgenommen, die andere zurückgelassen.

42 Seid also wachsam! Denn ihr wißt nicht, an welchem Tag euer Herr kommt.

43 Seht: Wenn der Hausherr wüßte, zu welcher Stunde der Nacht der Dieb kommt, würde er sicherlich wachen und nicht in sein Haus einbrechen lassen.

44 Darum haltet auch ihr euch bereit: denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, da ihr es nicht vermutet.

 

Der treue Knecht

45 Wer ist wohl der treue und verständige Knecht, den der Herr über sein Gesinde gestellt hat, daß er ihm Speise gebe zur rechten Zeit?

46 Selig ist jener Knecht, den der Herr das tuend antrifft, wenn er heimkehrt.

47 Wahrlich, ich sage euch: Er wird ihn über alle seine Güter setzen.

48 Wenn aber der böse Knecht bei sich denkt: 'Mein Herr kommt noch lange nicht!',

49 und beginnt, seine Mitknechte zu schlagen und mit Trunkenbolden Gelage zu feiern,

50 wird der Herr dieses Knechtes an einem Tag kommen, da er es nicht erwartet, zu einer Stunde, die er nicht kennt.

51 Er wird ihn in Stücke hauen und ihm seinen Platz bei den Heuchlern anweisen. Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein.

 

Kapitel 25: Die zehn Jungfrauen

1 Mit dem Himmelreich wird es sein wie mit zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und dem Bräutigam entgegengingen.

2 Fünf von ihnen waren töricht, fünf klug.

3 Die törichten hatten zwar ihre Lampen mitgenommen, aber keinen Ölvorrat,

4 die klugen dagegen hatten außer den Lampen in Krügen noch Öl mitgebracht.

5 Als nun der Bräutigam länger ausblieb, wurden alle schläfrig und schliefen ein.

6 Um Mitternacht erhob sich Geschrei: 'Der Bräutigam! Kommt heraus, ihm entgegen!'

7 Da erhoben sich die Jungfrauen und richteten ihre Lampen her.

8 Die törichten aber sagten zu den klugen: 'Gebt uns von eurem Öl! Unsere Lampen sind am Erlöschen.'

9 Die klugen erwiderten: 'Dann würde es nicht für uns und auch nicht für euch reichen. Geht doch lieber zu den Händlern und kauft es euch.'

10 Während sie hingingen, um zu kaufen, kam der Bräutigam. Die bereit waren, gingen mit ihm in den Hochzeitssaal, und die Tür ward verschlossen.

11 Endlich kamen auch die anderen Jungfrauen und riefen: 'Herr, Herr, mache uns auf!'

12 Er aber erwiderte: 'Wahrlich, ich sage euch: Ich kenne euch nicht!'

13 Seid also wachsam; denn ihr kennt weder den Tag noch die Stunde!

 

Die fünf Talente

14 Es ist wie bei einem Mann, der in die Fremde ziehen wollte. Er rief seine Knechte und übergab ihnen sein Vermögen.

15 Dem einen gab er fünf Talente, dem anderen zwei, dem dritten eins, jedem nach seiner besonderen Tüchtigkeit. Dann reiste er ab.

16 Der fünf Talente empfangen hatte, ging hin, arbeitete mit ihnen und gewann noch fünf dazu.

17 Ebenso gewann auch der mit den zwei Talenten noch zwei andere hinzu.

18 Der aber das eine erhalten hatte, ging hin, grub ein Loch in die Erde und verbarg darin das Geld seines Herrn.

19 Nach geraumer Zeit kam der Herr jener Knechte zurück und hielt Abrechnung mit ihnen.

20 Der die fünf Talente empfangen hatte, trat heran, brachte fünf weitere Talente mit und sagte: 'Herr, fünf Talente hast du mir übergeben, siehe, fünf weitere Talente habe ich dazugewonnen.'

21 Da sagte sein Herr zu ihm: 'Recht so, du guter und treuer Knecht. Über weniges bist du treu gewesen, über vieles will ich dich setzen. Geh ein in die Freude deines Herrn!'

22 Auch der mit den zwei Talenten trat heran und sagte: 'Herr, zwei Talente hast du mir übergeben, siehe, zwei Talente habe ich dazugewonnen.'

23 Da sagte sein Herr zu ihm: 'Recht so, du guter und treuer Knecht. Über weniges bist du treu gewesen, über vieles will ich dich setzen. Geh ein in die Freude deines Herrn!'

24 Es trat aber auch der heran, der das eine Talent erhalten hatte, und sagte: 'Herr, ich kenne dich, du bist ein strenger Mann. Du erntest, wo du nicht gesät, und sammelst ein, wo du nicht ausgestreut hast.

25 Darum fürchtete ich mich, ging hin und vergrub dein Talent in der Erde. Hier hast du dein Eigentum.'

26 Da erwiderte ihm sein Herr: 'Du schlechter und fauler Knecht, du wußtest, daß ich ernte, wo ich nicht gesät, und sammle, wo ich nicht ausgestreut habe?

27 Dann hättest du mein Geld bei den Wechslern anlegen sollen, so daß ich bei meiner Heimkehr mein Geld mit Zinsen hätte abheben können.

28 Nehmt ihm darum das Talent und gebt es dem, der die zehn Talente hat!

29 Denn jedem, der hat, wird gegeben werden, und er wird Überfluß haben; wer aber nicht hat, dem wird noch genommen werden, was er hat.

30 Den unnützen Knecht aber werft hinaus in die Finsternis draußen! Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein.'

 

Das Weltgericht

31 Wenn der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommt und alle Engel mit ihm, dann wird er sich auf den Thron seiner Herrlichkeit setzen.

32 Alle Völker werden vor ihm versammelt werden. Er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet.

33 Die Schafe wird er zu seiner Rechten stellen, die Böcke zu seiner Linken.

34 Dann wird der König denen zu seiner Rechten sagen: 'Kommt, ihr Gesegneten meines Vaters! Nehmt das Reich in Besitz, das seit der Erschaffung der Welt für euch bereitet ist.

35 Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben, ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben, ich war fremd, und ihr habt mich beherbergt,

36 nackt, und ihr habt mich bekleidet, ich war krank, und ihr habt mich besucht, ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen.'

37 Dann werden ihm die Gerechten erwidern: 'Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und haben dir zu essen gegeben, oder durstig und haben dir zu trinken gegeben?

38 Und wann haben wir dich als Fremdling gesehen und haben dich beherbergt, oder nackt und haben dich bekleidet?

39 Und wann haben wir dich krank gesehen oder im Gefängnis und sind zu dir gekommen?'

40 Der König wird ihnen antworten: 'Wahrlich, ich sage euch: Was ihr einem dieser meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.'

41 Dann wird er auch zu denen zur Linken sagen: 'Hinweg von mir, ihr Verfluchten, ins ewige Feuer, das für den Teufel und seine Engel bereitet ist!

42 Denn ich war hungrig, und ihr habt mir nicht zu essen gegeben, ich war durstig, und ihr habt mir nicht zu trinken gegeben,

43 ich war fremd, und ihr habt mich nicht beherbergt, nackt, und ihr habt mich nicht bekleidet, krank und im Gefängnis, und ihr habt mich nicht besucht.'

44 Dann werden auch sie erwidern: 'Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig oder fremd oder nackt oder krank oder im Gefängnis gesehen und hätten dir nicht gedient?'

45 Darauf wird er ihnen antworten: 'Wahrlich, ich sage euch: Was ihr einem von diesen Geringsten da nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan.'

46 Diese werden hingehen in ewige Pein, die Gerechten aber in ewiges Leben."

 

Kapitel 26: Jesu Leiden, Tod und Auferstehung

Das letzte Abendmahl

Beschluß des Hohen Rates

1 Als Jesus alle diese Reden beendet hatte, sagte er zu seinen Jüngern:

2 "Ihr wißt, daß in zwei Tagen das Paschafest ist und der Menschensohn überliefert wird, um gekreuzigt zu werden."

3 Damals versammelten sich die Hohenpriester und die Ältesten des Volkes im Palast des Hohenpriesters namens Kajaphas.

4 Sie kamen überein, Jesus mit List festzunehmen und zu töten.

5 Sie sagten aber: "Nur nicht am Fest! Sonst entsteht ein Aufruhr im Volk."

 

Salbung in Betanien

6 Als Jesus zu Betanien im Haus Simons des Aussätzigen weilte,

7 kam eine Frau mit einem Alabastergefäß voll kostbaren Salböls zu ihm. Das goß sie über sein Haupt, während er zu Tisch saß.

8 Als die Jünger das sahen, wurden sie unwillig und sagten: "Wozu diese Verschwendung?

9 Man hätte das doch teuer verkaufen und das Geld den Armen geben können."

10 Jesus bemerkte es und sagte zu ihnen: "Warum kränkt ihr die Frau? Sie hat doch ein gutes Werk an mir getan.

11 Arme habt ihr stets bei euch, mich aber habt ihr nicht allezeit.

12 Wenn sie dieses Salböl über meinen Leib ausgoß, hat sie es für mein Begräbnis getan.

13 Wahrlich, ich sage euch: Überall in der ganzen Welt, wo dieses Evangelium verkündet wird, wird man auch zu ihrem Andenken erzählen, was sie getan hat."

 

Verabredung des Judas

14 Darauf ging einer von den Zwölfen mit Namen Judas Iskariot zu den Hohenpriestern

15 und sagte: "Was wollt ihr mir geben, wenn ich ihn euch überliefere?" Sie setzten ihm dreißig Silberlinge aus.

16 Von da an suchte er nach einer günstigen Gelegenheit, ihn zu überliefern.

 

Das Paschamahl

17 Am ersten Tag der Ungesäuerten Brote traten die Jünger zu Jesus und fragten: "Wo sollen wir das Paschamahl für dich bereiten?"

18 Er sagte: "Geht in die Stadt zu einem gewissen Mann und sagt zu ihm: Der Meister läßt sagen: Meine Zeit ist nahe, bei dir will ich mit meinen Jüngern das Paschamahl halten."

19 Die Jünger taten, wie Jesus ihnen aufgetragen hatte, und bereiteten das Paschamahl.

20 Als es Abend geworden war, setzte er sich mit den zwölf Jüngern zu Tisch.

21 Während sie beim Mahl waren, sagte er: "Wahrlich, ich sage euch: Einer von euch wird mich verraten."

22 Da wurden sie tief betrübt, und einer nach dem anderen fragte ihn: "Doch nicht etwa ich, Herr?"

23 Er gab zur Antwort: "Der mit mir die Hand in die Schüssel tunkt, der wird mich verraten.

24 Der Menschensohn geht zwar hin, wie von ihm geschrieben steht. Wehe aber jenem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird. Für jenen Menschen wäre es besser, wenn er nicht geboren wäre."

25 Da fragte Judas, der ihn überlieferte: "Bin ich es etwa, Meister?" Er sagte zu ihm: "Du hast es gesagt."

26 Während des Mahles nahm Jesus Brot, segnete es, brach es und gab es den Jüngern mit den Worten: "Nehmt hin und esset, das ist mein Leib."

27 Dann nahm er einen Kelch, dankte und reichte ihn ihnen mit den Worten: "Trinket alle daraus;

28 denn dies ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden.

29 Ich sage euch aber: Von jetzt an werde ich nicht mehr von dieser Frucht des Weinstocks trinken, bis zu jenem Tag, da ich von ihr aufs neue mit euch trinken werde im Reich meines Vaters."

30 Nachdem sie den Lobgesang gesungen hatten, gingen sie hinaus zum Ölberg.

 

Beteuerung der Jünger

31 Da sagte Jesus zu ihnen: "Ihr alle werdet heute Nacht an mir irre werden. Denn es steht geschrieben: Ich werde den Hirten erschlagen, und zerstreuen werden sich die Schafe der Herde.

32 Nachdem ich aber auferweckt worden bin, werde ich euch nach Galiläa vorausgehen."

33 Petrus aber erwiderte ihm: "Wenn alle an dir irre werden, ich lasse mich niemals beirren!"

34 Jesus sagte ihm: "Wahrlich, ich sage dir: In dieser Nacht, ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen."

35 Petrus beteuerte ihm: "Selbst wenn ich mit dir sterben müßte – nie werde ich dich verleugnen!" Ebenso redeten auch alle anderen Jünger.

 

Von Getsemani nach Golgota

Todesangst Jesu

36 Darauf kam Jesus mit ihnen zu einem Landgut, Getsemani genannt. Er sagte zu den Jüngern: "Setzt euch hier nieder, während ich dorthin gehe und bete."

37 Petrus und die beiden Söhne des Zebedäus nahm er mit; und es überkam ihn Traurigkeit und Angst.

38 Da sagte er zu ihnen: "Tiefbetrübt ist meine Seele bis zum Tod: bleibt hier und wacht mit mir!"

39 Und er ging ein wenig weiter, fiel auf sein Angesicht nieder und betete: "Mein Vater, wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an mir vorüber. Doch nicht wie ich will, sondern wie du willst."

40 Er kam zu den Jüngern zurück und fand sie schlafend. Da sagte er zu Petrus: "So hattet ihr nicht die Kraft, eine einzige Stunde mit mir zu wachen?

41 Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet; der Geist ist zwar willig, aber das Fleisch ist schwach."

42 Wieder, zum zweitenmal, entfernte er sich und betete: "Mein Vater, wenn dieser Kelch nicht vorübergehen kann, ohne daß ich ihn trinke, geschehe dein Wille!"

43 Und als er zurückkam, fand er sie wieder schlafend. Denn die Lider waren ihnen schwer geworden.

44 Da verließ er sie, ging abermals hin und betete zum drittenmal mit den gleichen Worten.

45 Dann kehrte er zu den Jüngern zurück und sagte zu ihnen: "Schlaft weiter und ruht euch aus! Seht, die Stunde ist gekommen, daß der Menschensohn in die Hände der Sünder überliefert wird.

46 Steht auf, laßt uns gehen! Seht, mein Verräter ist da."

 

Gefangennahme

47 Während er noch redete, kam Judas, einer von den Zwölfen, und mit ihm im Auftrag der Hohenpriester und Ältesten des Volkes eine große Schar mit Schwertern und Knüppeln.

48 Sein Verräter hatte ihnen ein Zeichen angegeben und gesagt: "Den ich küssen werde, der ist es; den ergreift!"

49 Sogleich trat er auf Jesus zu und sagte: "Sei gegrüßt, Meister!" und küßte ihn.

50 Jesus aber sagte zu ihm: "Freund, dazu bist du gekommen?" Da traten sie herzu, legten Hand an Jesus und nahmen ihn fest.

51 Einer von den Begleitern Jesu erhob die Hand und zog sein Schwert. Er schlug nach dem Knecht des Hohenpriesters und hieb ihm ein Ohr ab.

52 Da sagte Jesus zu ihm: "Stecke dein Schwert wieder in die Scheide. Denn alle, die zum Schwert greifen, kommen durch das Schwert um.

53 Oder meinst du, daß auf meine Bitte hin mein Vater mir nicht sogleich mehr als zwölf Legionen Engel bereitstellen würde?

54 Wie sollte dann aber die Schrift erfüllt werden, nach der es so kommen muß?"

55 Zu den Scharen aber sagte Jesus in jener Stunde: "Wie gegen einen Räuber seid ihr mit Schwertern und Knüppeln ausgezogen, mich zu ergreifen. Tag für Tag saß ich im Tempel und lehrte, und ihr habt mich nicht festgenommen.

56 Das alles aber ist geschehen, damit die Schriften der Propheten erfüllt würden." Da verließen ihn alle Jünger und flohen.

 

Jesus vor dem Hohen Rat

57 Sie ergriffen Jesus und brachten ihn zum Hohenpriester Kajaphas, bei dem sich die Schriftgelehrten und die Ältesten versammelt hatten.

58 Petrus aber folgte ihm von weitem bis zum Palast des Hohenpriesters. Er ging hinein und setzte sich unter die Diener, um abzuwarten, wie die Sache ausgehen werde.

59 Die Hohenpriester und der ganze Hohe Rat suchten nach einem falschen Zeugnis gegen Jesus, damit sie ihn töten könnten.

60 Doch fanden sie keines, trotz der vielen falschen Zeugen, die auftraten. Zuletzt kamen noch zwei

61 und sagten: "Dieser hat behauptet: Ich kann den Tempel Gottes niederreißen und ihn in drei Tagen wieder aufbauen."

62 Da erhob sich der Hohepriester und fragte ihn: "Sagst du nichts zu dem, was diese gegen dich bezeugen?"

63 Jesus aber schwieg. Da sagte der Hohepriester zu ihm: "Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, daß du uns sagst, ob du der Messias bist, der Sohn Gottes."

64 Jesus antwortete ihm: "Du hast es gesagt! Doch ich sage euch: Von nun an werdet ihr den Menschensohn zur Rechten des Allmächtigen sitzen und auf den Wolken des Himmels kommen sehen."

65 Darauf zerriß der Hohepriester sein Gewand mit den Worten: "Er hat gelästert! Wozu brauchen wir noch Zeugen? Jetzt habt ihr die Lästerung gehört.

66 Was meint ihr?" Sie erwiderten: "Er ist des Todes schuldig!"

67 Da spien sie ihm ins Angesicht und schlugen ihn mit Fäusten. Andere gaben ihm Backenstreiche

68 und sagten: "Offenbare uns, Messias: Wer ist es, der dich geschlagen hat?"

 

Verleugnung des Petrus

69 Petrus aber saß draußen im Hof. Da kam eine Magd auf ihn zu und sagte: "Auch du warst bei Jesus, dem Galiläer!"

70 Er jedoch leugnete vor allen und sagte: "Ich weiß nicht, wovon du redest."

71 Als er zur Torhalle weggegangen war, erblickte ihn eine andere Magd und sagte zu den Leuten dort: "Der war auch bei Jesus, dem Nazoräer."

72 Und wieder leugnete er mit einem Schwur: "Ich kenne den Menschen nicht!"

73 Nach einer kleinen Weile traten die Umstehenden an Petrus heran und sagten: "Du gehörst wirklich auch zu ihnen, selbst deine Sprache verrät dich."

74 Da fing er an zu fluchen und zu schwören: "Ich kenne den Menschen nicht." Und sogleich krähte ein Hahn.

75 Und Petrus erinnerte sich des Wortes, das Jesus gesagt hatte: "Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen." Und er ging hinaus und weinte bitterlich.

 

Kapitel 27: Auslieferung an Pilatus

1 Als es Morgen geworden war, faßten alle Hohenpriester und Ältesten des Volkes gegen Jesus den Beschluß, ihn zu töten.

2 Sie führten ihn gefesselt ab und übergaben ihn dem Statthalter Pilatus.

 

Das Ende des Verräters

3 Als nun Judas, der ihn überliefert hatte, sah, daß er verurteilt worden war, wurde er von Reue ergriffen. Er brachte den Hohenpriestern und Ältesten die dreißig Silberlinge zurück

4 und sagte: "Ich habe gesündigt. Ich habe unschuldiges Blut überliefert!" Die aber sagten: "Was geht uns das an? Sieh du selber zu!"

5 Da warf er die Silberlinge gegen den Tempel, lief weg und erhängte sich.

6 Die Hohenpriester hoben die Silberlinge auf und meinten: "Man darf sie nicht in den Tempelschatz legen; denn es ist Blutgeld."

7 Sie beschlossen, dafür den Töpferacker als Begräbnisstätte für die Fremden zu kaufen.

8 Deshalb heißt jener Acker bis auf den heutigen Tag "Blutacker".

9 So erfüllte sich das Wort des Propheten Jeremia, der sagt: "Sie nahmen die dreißig Silberlinge, den Preis für den Geschätzten, den die Söhne Israels abgeschätzt haben,

10 und gaben sie für den Töpferacker. So hat der Herr mir aufgetragen."

 

Jesus vor Pilatus

11 Jesus aber wurde vor den Statthalter gestellt. Der Statthalter richtete an ihn die Frage: "Bist du der König der Juden?" Jesus sagte: "Ich bin es."

12 Doch auf die Anklagen der Hohenpriester und Ältesten entgegnete er nichts.

13 Da sagte Pilatus zu ihm: "Hörst du nicht, was sie alles gegen dich vorbringen?"

14 Doch er antwortete ihm auf keine einzige Frage, so daß der Statthalter sehr verwundert war.

15 An jedem Fest pflegte der Statthalter dem Volk einen Gefangenen freizugeben, den es haben wollte.

16 Die Römer hatten damals einen berüchtigten Gefangenen namens Barabbas.

17 Als sie nun versammelt waren, fragte sie Pilatus: "Wen, wollt ihr, soll ich euch freigeben, Barabbas oder Jesus, der 'Messias' genannt wird?"

18 Er wußte nämlich, daß sie ihn aus Mißgunst überliefert hatten.

19 Während er aber auf dem Richterstuhl saß, schickte seine Frau zu ihm und ließ ihm sagen: "Habe nichts zu schaffen mit jenem Gerechten. Denn seinetwegen hatte ich heute im Traum viel auszustehen."

20 Die Hohenpriester und die Ältesten aber überredeten das Volk, Barabbas zu fordern, Jesus aber töten zu lassen.

21 Der Statthalter ergriff das Wort und fragte sie: "Wen von den beiden soll ich euch freigeben?" Sie riefen: "Barabbas!"

22 Pilatus sagte zu ihnen: "Was soll ich denn mit Jesus machen, der 'Messias' genannt wird?" Da schrien alle: "Er soll gekreuzigt werden."

23 Er sagte: "Was hat er denn Böses getan?" Da schrien sie noch lauter: "Er soll gekreuzigt werden."

24 Pilatus sah, daß er nichts erreichte, sondern der Lärm nur noch größer wurde. Er ließ sich Wasser reichen und wusch sich vor dem Volk die Hände, indem er sagte: "Unschuldig bin ich an diesem Blut. Seht ihr selber zu!"

25 Und das ganze Volk entgegnete: "Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!"

26 Da gab er ihnen Barabbas frei. – Jesus aber ließ er geißeln und übergab ihn zur Kreuzigung.

 

Dornenkrönung

27 Darauf nahmen die Soldaten des Statthalters Jesus mit in das Prätorium und versammelten um ihn die ganze Abteilung.

28 Sie zogen ihm die Kleider aus und legten ihm einen scharlachroten Mantel um.

29 Dann flochten sie aus Dornen einen Kranz, setzten ihn ihm aufs Haupt und gaben ihm einen Rohrstock in die rechte Hand. Sie fielen vor ihm aufs Knie und verspotteten ihn mit den Worten: "Heil dir, König der Juden!"

30 Dabei spien sie ihn an, nahmen den Rohrstock und schlugen ihm damit aufs Haupt.

31 Nachdem sie ihn verspottet hatten, nahmen sie ihm den Mantel ab, zogen ihm seine Kleider an und führten ihn zur Kreuzigung.

 

Kreuzigung Jesu

32 Auf dem Weg trafen sie einen Mann aus Zyrene namens Simon. Den zwangen sie, sein Kreuz zu tragen.

33 So gelangten sie an den Ort, der Golgota, das heißt Schädelstätte, genannt wird.

34 Dort gaben sie ihm Wein mit Galle gemischt zu trinken. Er kostete davon, wollte aber nicht trinken.

35 Nachdem sie ihn gekreuzigt hatten, verteilten sie seine Kleider unter sich, wobei sie das Los warfen.

36 Darauf setzten sie sich nieder und bewachten ihn.

37 Über seinem Kopf brachten sie eine Inschrift mit Angabe seiner Schuld an: "Das ist Jesus, der König der Juden."

38 Mit ihm wurden zwei Räuber gekreuzigt, der eine zur Rechten, der andere zur Linken.

 

Verspottung Jesu

39 Die Vorübergehenden aber lästerten ihn, schüttelten den Kopf

40 und sagten: "Du willst doch den Tempel niederreißen und in drei Tagen wiederaufbauen! Rette dich selbst! – Wenn du Gottes Sohn bist, so steig herab vom Kreuz!"

41 Ebenso höhnten auch die Hohenpriester mitsamt den Schriftgelehrten und Ältesten und sagten:

42 "Anderen hat er geholfen, sich selbst kann er nicht helfen. Er ist der König Israels? Er steige jetzt vom Kreuz herab, dann werden wir an ihn glauben.

43 Er hat auf Gott vertraut, Gott befreie ihn jetzt, wenn er an ihm sein Wohlgefallen hat. Er hat ja gesagt: 'Ich bin der Sohn Gottes.'"

44 In gleicher Weise schmähten ihn auch die Räuber, die mit ihm gekreuzigt waren.

 

Jesu Tod

45 In der sechsten Stunde brach eine Finsternis über das ganze Land herein, die bis zur neunten andauerte.

46 Um die neunte Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: "Eli, Eli, lema sabachtani?", das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

47 Einige der dort Stehenden hörten das und sagten: "Er ruft Elija."

48 Einer von ihnen lief hin, nahm einen Schwamm, füllte ihn mit Essig, steckte ihn auf einen Rohrstock und gab ihm zu trinken.

49 Die anderen sagten: "Laß das, wir wollen sehen, ob Elija kommt, ihn zu retten."

50 Jesus aber schrie noch einmal mit lauter Stimme. – Dann gab er den Geist auf.

51 Da riß der Vorhang des Tempels von oben bis unten entzwei, die Erde bebte, die Felsen barsten,

52 die Gräber öffneten sich, und viele der entschlafenen Heiligen wurden auferweckt;

53 sie kamen nach seiner Auferweckung aus den Gräbern heraus, gingen in die Heilige Stadt und erschienen vielen.

54 Als der Hauptmann und seine Leute, die bei Jesus Wache hielten, das Erdbeben und die anderen Ereignisse wahrnahmen, gerieten sie in große Furcht und sagten: "Dieser war wirklich der Sohn Gottes!"

55 Es waren dort auch viele Frauen, die von ferne zuschauten. Sie hatten Jesus von Galiläa her begleitet, um für ihn zu sorgen.

56 Unter ihnen befanden sich Maria aus Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus und Josef, und die Mutter der Söhne des Zebedäus.

 

Grablegung

57 Am Abend kam ein reicher Mann aus Arimathäa namens Josef. Auch er war ein Jünger Jesu.

58 Er ging zu Pilatus und bat um den Leichnam Jesu. Da befahl Pilatus, ihn herauszugeben.

59 Josef nahm den Leichnam, wickelte ihn in ein reines Leinentuch

60 und legte ihn in das Grab, das er sich neu in den Felsen hatte hauen lassen. Vor den Eingang zum Grab wälzte er einen großen Stein und ging weg.

61 Maria aus Magdala und die andere Maria waren auch dort; sie saßen dem Grab gegenüber.

 

Die Grabwache

62 Tags darauf, nach dem Rüsttag, kamen die Hohenpriester und Pharisäer gemeinsam zu Pilatus

63 und sagten: "Herr, es ist uns eingefallen, daß jener Betrüger, als er noch lebte, gesagt hat: 'Nach drei Tagen werde ich auferweckt.'

64 Laß darum das Grab bis zum dritten Tag bewachen. Sonst könnten seine Jünger kommen, ihn stehlen und zum Volk sagen: 'Er ist von den Toten auferweckt worden!' Dann wäre der letzte Betrug noch schlimmer als der erste."

65 Pilatus erwiderte ihnen: "Ihr sollt eine Wache haben. Geht und bewacht das Grab, so gut ihr könnt."

66 Sie gingen hin und sicherten das Grab, indem sie den Stein in Gegenwart der Wache versiegelten.

 

Kapitel 28: Auferstehung Jesu

Die Frauen am Grab

1 Nach dem Sabbat, beim Morgengrauen des ersten Wochentages, machten sich Maria aus Magdala und die andere Maria auf den Weg, um nach dem Grab zu sehen.

2 Und siehe, die Erde erbebte gewaltig, denn ein Engel des Herrn stieg vom Himmel herab, trat hinzu, wälzte den Stein weg und setzte sich darauf.

3 Sein Aussehen war wie der Blitz und sein Gewand weiß wie Schnee.

4 Aus Furcht vor ihm erbebten die Wächter und waren wie tot.

5 Der Engel sprach zu den Frauen: "Fürchtet euch nicht! Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten.

6 Er ist nicht hier; denn er ist auferweckt worden, wie er gesagt hat. Kommt her und seht die Stelle, wo er gelegen hat.

7 Geht eilends hin zu seinen Jüngern und meldet ihnen: Er ist von den Toten auferweckt worden und geht euch voraus nach Galiläa, dort werdet ihr ihn sehen. Tut nun, was ich euch gesagt habe!"

8 Mit Furcht und großer Freude liefen sie vom Grab weg und eilten, seinen Jüngern die Botschaft zu überbringen.

9 Da kam Jesus ihnen entgegen und sagte: "Seid gegrüßt!" Sie traten näher, umfaßten seine Füße und warfen sich vor ihm nieder.

10 Da sagte Jesus zu ihnen: "Fürchtet euch nicht! Geht hin und berichtet meinen Brüdern, sie sollen nach Galiläa gehen. Dort werden sie mich sehen."

 

Bestechung der Wächter

11 Während sie hingingen, kamen einige von der Wache in die Stadt und meldeten den Hohenpriestern alles, was sich zugetragen hatte.

12 Diese kamen mit den Ältesten zusammen und hielten Rat. Sie gaben den Soldaten viel Geld

13 und wiesen sie an: "Sagt: Nachts sind seine Jünger gekommen und haben ihn, während wir schliefen, gestohlen.

14 Sollte dies dem Statthalter zu Ohren kommen, werden wir ihn beschwichtigen und dafür sorgen, daß ihr nichts zu befürchten habt."

15 Sie nahmen das Geld und taten, wie man sie angewiesen hatte. Und verbreitet wurde dieses Gerede bei den Juden bis auf den heutigen Tag.

 

Der Missionsbefehl

16 Die elf Jünger aber gingen nach Galiläa auf den Berg, wohin Jesus sie beschieden hatte.

17 Als sie ihn erblickten, fielen sie vor ihm nieder. Einige aber hatten Zweifel.

18 Da trat Jesus näher, redete sie an und sagte: "Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden.

19 So geht denn hin und macht alle Völker zu Jüngern, indem ihr sie tauft auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes,

20 und sie lehrt, alles zu halten, was ich euch geboten habe. Seht, ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt."