Um sein Volk aber auf das Kommende vorzubereiten schickt Gott zuvor stets Zeichen und Propheten. Mt 16,2-3: "Am Abend sagt ihr: 'Es gibt schönes Wetter; denn der Himmel ist feuerrot.' Am Morgen: 'Heute gibt es Regenwetter, denn der Himmel ist rot und trüb.' – Das Aussehen des Himmels versteht ihr zu beurteilen, die Zeichen der Zeit aber nicht?"
Der römische Geschichtsschreiber Tacitus schreibt in seinen Historien über die Belagerung Jerusalems, dass sich vor der Einnahme der Stadt wunderbare Vorzeichen eingestellt hätten. Flavius Josephus, der jüdische Historiker, der die Belagerung von Jerusalem im römischen Heere mitgemacht hatte, berichtet, dass das jüdische Volk den klaren, die künftige Verwüstung andeutenden Vorzeichen weder Beachtung noch Glauben geschenkt habe.
Er schreibt: "Die Unglücklichen überhörten diese Vorzeichen, als wären sie betäubt, und hatten weder Augen noch Verstand für die lauten Warnungsstimmen Gottes – so z. B., als ein schwertähnliches Gestirn über der Stadt stand und ein Komet ein ganzes Jahr lang am Himmel blieb, und ferner, als gerade vor dem Aufstand und den ersten kriegerischen Bewegungen, da das Volk beim Fest der ungesäuerten Brote am Achten des Monats Xanthikos versammelt war, um die neunte Stunde ein so starkes Licht den Altar und den Tempel umstrahlte, dass man hätte glauben sollen, es sei heller Tag, eine Erscheinung, die fast eine halbe Stunde anhielt.
Die Unkundigen sahen freilich darin ein gutes Vorzeichen, von den Schriftgelehrten aber wurde es sogleich auf das, was nachher eintraf, gedeutet. An ebendemselben Feste warf eine Kuh, die der Hohepriester als Schlachtopfer zum Altar führte, mitten im Tempel ein Lamm. Sodann sah man das östliche Tor des inneren Vorhofes, das doch von Erz und ungeheuer schwer war, so dass zwanzig Mann es nur mit Mühe abends schließen konnten, und das von einem eisenbeschlagenen Querbalken gehalten ward und Riegel hatte, welche tief in die aus einem einzigen Steinblock gearbeitete Schwelle eingelassen wurden, um Mitternacht sich plötzlich von selbst öffnen. Die Tempelwächter meldeten es eiligst ihrem Hauptmann, der sich unverzüglich hinaufbegab, aber kaum imstande war, das Tor schließen zu lassen. Abermals legten die Laien dem Vorfall eine günstige Bedeutung bei: Gott, meinten sie, öffne ihnen die Tür des Heiles. Die Schriftgelehrten aber ersahen daraus, dass es mit der Sicherheit des Tempels zu Ende gehe und dass das Tor den Feinden zulieb sich öffnen werde; man habe es also mit einem Vorzeichen der Verwüstung zu tun.
Wenige Tage nach dem Fest, am Einundzwanzigsten des Monats Artemisios, zeigte sich eine gespensterhafte, kaum glaubliche Erscheinung. Was ich erzählen will, könnte man für ein Märchen halten, wäre es nicht auch von Augenzeugen berichtet und von dem Unglück gefolgt worden, das nach derartigen Zeichen einzutreten pflegt. Vor Sonnenuntergang nämlich sah man über der ganzen Gegend in der Luft Wagen und bewaffnete Scharen durch die Wolken dahineilen und Städte umkreisen. Weiterhin vernahmen am sogenannten Pfingstfeste die Priester zuerst ein Getöse und Rauschen und später auch den vielstimmigen Ruf: "Lasset uns von hinnen ziehen!"